"Weiße" als Minorität in Südafrika


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

30 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Überblick zur Geschichte der "Weißen" in Südafrika
1.1 Apartheid - Motivation und Umsetzung
1.2 Demografische Entwicklung bis Anfang der 90er Jahre und
Wanderungsbewegung

2 1990 bis 1994 - Die Transformationsphase
2.1 Gründe für das Ende der Apartheid
2.2 African National Congress (ANC)

3 Sozioökonomische Disparitäten

4 Die Aktuelle Situation der "Weißen"
4.1 Demografie und Wanderungsbewegung
4.2 Wohnkrise
4.3 Kriminalität
4.3.1 Vertrauensverlust in Regierung und Exekutive
4.3.2 "Lager - Mentalität"
4.4 "Weiße" Farmer

5 Zukünftige Entwicklungen

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Situation der "Weißen" in Südafrika als eine Minorität, welche aufgrund ihrer Rolle in der Geschichte des Landes heute mehr bedroht sind den je. Noch vor 20 Jahren waren ihre Rechte durch die "weiße" Minderheitsregierung abgesichert. Jetzt, nach dem Ende der Apartheid, sind sie eine Minderheit, die jedoch nach wie vor den größten Teil der Reichtümer des Landes kontrolliert. Ihr gegenüber steht eine heterogene "schwarze" Bevölkerungsmehrheit. Die meisten verfügen weder über Land, Eigentum und Arbeit, noch über eine Schulbildung oder sogar Hochschulbildung, sodass es für sie um das nackte Überleben geht. Anderen geht es nach dem Ende der Apartheid etwas besser, da sie nun Arbeit haben oder sogar in den Staatsdienst getreten sind. Einige wenige haben sich innerhalb der letzten Jahre hochgearbeitet und gehören nun der Oberschicht an. Die Fragen die sich stellen sind:

Wie entwickeln sich die verschiedenen Bevölkerungsgruppen und in welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Was ist die heutige Situation der "Weißen" und welche Rolle werden sie in der Zukunft in Südafrika spielen oder gibt es für sie dort keine Zukunft?

Neben diverser Literatur zu diesem Thema wurde auch ein Interview mit Stefanie Müller, einer Deutschen die in Sambia geboren und in Südafrika zur Schule gegangen ist, berücksichtigt.

1 Überblick zur Geschichte der "Weißen" in Südafrika

Den Grundstein für die Besiedlung von Südafrika durch "Weiße" wurde von holländischen Siedlern, den Buren, schon Ende des 17. Jahrhundert gelegt, indem sie die erste Kolonie am Kap gründeten. Durch die Emigration weiterer Buren aus Holland nach Südafrika, wuchs die erste Siedlung schnell heran. Mit den ersten Erkundungstouren in das Landesinnere und der Erschließung natürlicher Ressourcen zur Deckung des Bedarfs an Lebensmitteln und Rohstoffen, wie zum Beispiel Feuerholz, trafen die Buren auf in der Gegend heimische Stämme, wie die Hottentotten, die Buschmänner und Xhosa. Schon bald kam es zu den ersten Konflikten, die mit den Kaffernkriegen und der Vertreibung der genannten Stämme endeten.[1]

Ab 1820 kamen britische Siedler ans Kap, welches zunehmend für die Schiffs- und Handelsroute nach Indien eine bedeutende Rolle spielte. Durch die schnell anwachsende Gemeinschaft "weißer" Siedler und durch die Auseinandersetzungen zwischen den Buren und den Engländern, kam es schon 1834 zur Gründung der Transvaal Republiken und des Oranjefreistaats. Der Burenkrieg, geführt von den Buren zur Wahrung der Unabhängigkeit ihrer beiden Republiken, aus welchem jedoch die Engländer erfolgreich hervorgingen, fand zwischen 1899 und 1902 statt. Er gehört zu den härtesten und blutigsten Kolonialkriegen der Geschichte. Rund 40 000 der holländischen Siedler kamen in Konzentrationslager, andere wurden von den Engländern weiter in Richtung Norden vertrieben.[2]

Im Jahre 1910 wurde die Südafrikanische Union durch das britische Parlament gegründet und 1931 wurde Südafrika unabhängig.[3]

Der Wahlsieg der NP (National Party) im Jahre 1948 und dem Beginn der Amtszeit von Daniel Francois Malan als Premierminister Südafrikas, der das Apartheidssystem mit einer weltweit einzigartigen, umfassenden und gesetzlich verankerten Rassentrennung institutionalisierte, war von fundamentaler Bedeutung für die zukünftige Politik der "weißen" Minderheitsregierungen.[4]

1.1 Apartheid - Motivation und Umsetzung

Eine vollständige Aufzählung der Motive für eine Politik der Apartheid ist nur schwer möglich, doch muss in erster Linie die Situation der "Weißen" im Hinblick auf die anderen Bevölkerungsgruppen in Südafrika betrachtet werden um die verschiedenen Motive zu verstehen. In dem Manifest der Jugendbewegung des ANC (African National Congress) von 1948 steht:

"South Africa is a country of four chief nationalities, three of which (the Europeans, Indians and Coloureds) are minorities, and three of which (the African, Coloureds and

Indians) suffer national oppression"[5].

Dieser Auszug verdeutlicht sehr gut, dass die "Weißen" (Europeans), die Farbigen (Coloureds) und die Inder (Indians) im Verhältnis zu den "Schwarzen" (African) in der Minderheit waren. Dieses Verhältnis hat sich bis heute nicht geändert. Der Anteil der "Weißen" an der Bevölkerung Südafrikas lag bei knapp 11 %, jedoch kontrollieren sie seit der Gründung der ersten Republiken einen grossteil des Acker- und Farmlandes, später auch der Kapital- und Industriegüter, wobei besonders der Besitz von Land für die Existenz fundamental war, da die "Schwarzen" Subsistenzwirtschaft betrieben. Noch heute strebt ein großer Teil der "schwarzen" ländlichen Bevölkerung danach ihre eigenen kleinen Acker- und Weideflächen zu besitzen. Seit je her sind die sozialen Strukturen und die Existenzen von Familien und Gemeinschaften, aber auch die des Staates eng mit dem primären Sektor verknüpft.[6]

Die Existenzangst der "Weißen" spielte eine der zentralen Rollen, wenn es um die Motivation der Apartheid geht. Die ökonomische Überlegenheit wurde durch Gesetze gezielt verbessert und ausgebaut. So sah zum Beispiel der "Group Areas Act" vor, dass "Schwarze" nur in den für sie vorgesehenen Gebieten Handel treiben dürfen.[7] Da aber in den „schwarzen“ Wohngebieten kaum Kapital vorhanden ist, es an Infrastruktur, Schulen etc. fehlt ist eine positive Entwicklung der Verhältnisse der „Schwarzen“ so gut wie unmöglich.

Die Vorstellung, dass "Schwarze" wesentliche unhygienischer seien als "Weiße" und sie Krankheiten und Seuchen verbreiten, existierte seit Ende des 19. Jahrhunderts und stellte die Begründung für eine Segregation zum Schutz der Gesundheit der "Weißen" Bevölkerung dar.[8] Später kam die Angst vor der Kriminalität als ein weiteres Motiv für die Apartheid hinzu und es kam zu einer Aufsplittung in unsichere "nicht-weiße" und sichere "weiße" Räume.[9]

Der Politik der Apartheid lag der Grundsatz "conditio sina qua non" (für den Rassenfrieden und Wohlstand) zugrunde. So werden zum Beispiel bis 1980 alleine in Johannesburg 3,5 Millionen Menschen zur "Optimierung" der sozialen und räumlichen Segregation zwangsumgesiedelt.[10]

1.2 Demografische Entwicklung bis Anfang der 1990er Jahre und Wanderungsbewegung

Bis Anfang der 90er Jahre lässt sich anhand der offiziellen Statistiken erkennen, dass die Bevölkerung Südafrikas gewachsen ist. Man muss jedoch bei der Begründung für diesen Wachstum zwischen den "Weißen" und den anderen drei Rassen differenzieren. Wie man der Tabelle I[11] entnehmen kann, liegt die Bevölkerungswachstumsrate der "Schwarzen" mit 2,4 % deutlich höher als die der "Weißen" (1,1 %). Die Farbigen und Asiaten liegen mit 1,9 % und 1,8 % in der Mitte. Generell erinnert die Bevölkerungsstruktur der "Schwarzen" (hohe Geburten- aber auch Sterberate, hoher Anteil von ländlicher Bevölkerung und geringes Durchschnittalter) an die eines Entwicklungslandes, wobei die der "Weißen" (geringe Geburten- und Sterberate, höheres Durchschnittsalter, hoher Urbanisierungsgrad) ein Industrieland widerspiegelt.

Maßgeblich für das Bevölkerungswachstum unter den "Weißen" sind die Immigranten aus Europa, vornehmlich dem Vereinigten Königreich verantwortlich. Bei der Analyse der Statistiken, lässt sich beobachten, dass in den Jahren innenpolitischer Probleme und Unsicherheit, aufgrund von sozialen Unruhen, aber auch wirtschaftlichen Problemen, die Zahlen der Immigranten zurückgehen und die der Emigranten steigen. So war die internationale Wanderungsbewegung immer recht starken Schwankungen unterlegen, jedoch in den meisten Jahren mit zwischen 20 000 und 40 000 mehr Einwanderer als Auswanderer.[12]

"Schwarzen" Einwanderern und Flüchtlingen aus den benachbarten Ländern Botswana, Namibia, Simbabwe oder Mozambique war die Einreise nach Südafrika generell untersagt. Eventuellen illegalen Einwanderern kam man durch strenge und lückenlose Grenzkontrollen zuvor.[13]

2 1990 bis 1994 - Die Transformationsphase

Der offizielle Anfang vom Ende der "Weißen" Minderheitsregierung läutete Frederik Willem De Klerk am 15.8.1989 ein, als er P. W. Botha drei Wochen vor dessen offiziellem Mandatsende als Staatspräsident ablöste. Bei den kurz darauf folgenden Parlamentswahlen, welche die Farbigen und Asiaten aus Solidarität zu der nicht zugelassenen "schwarzen" Bevölkerung boykotierten, wurde de Klerk im Amt bestätigt.

Am 2.2.1990 folgte die berühmte Rubicon Speech, in der Frederik De Klerk vor allem die Abschaffung der diskriminierenden Gesetze, der Zensur der Medien und die Aufhebung des Verbots oppositioneller Parteien ankündigte. Schon neun Tage später wurde der politische Gefangene Nelson Mandela nach 27 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen und übernahm sofort den Vorsitz des ANC. Schon im März nahmen De Klerk und Mandela gemeinsam an den Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit Namibias teil. Bis Ende 1991 wurden fast alle Apartheidsgesetze außer Kraft gesetzt. Allerdings wurde De Klerk von den Folgen seiner Rubicon Speech selbst überrollt. Er beabsichtigte nicht, dass seine Reformen noch während der 90er Jahre durchgesetzt würden und somit die burische Machtherrschaft von einer "schwarzen" Mehrheitsregierung abgelöst werden würde.[14]

Da die NP (National Party) innerhalb der "Weißen" an Unterstützung zu verlieren schien, sogar die Idee von einem "weißen" Freiheitsstaat aufflammte und um seine Position innerhalb der Partei zu stärken und seinen Kurs zu legitimieren, berief De Klerk ein Referendum ein. 68,7 % der "Weißen" stimmten für seinen Kurs und sprachen sich somit gegen die Apartheid aus.[15]

Am 29.4.1994 ging Nelson Mandela und seine Partei ANC mit 68,7 %[16] als Sieger aus den ersten demokratischen und freien Wahlen Südafrikas hervor und übernahm das Amt des Staatspräsidenten.

Schon während den Verhandlungen zur Übergangsverfassung, einigte sich die "weiße" Minderheitsregierung mit der Opposition, dass es nicht Ziel sei, den Staat nun den "Schwarzen" zu übergeben, sondern die Gestaltung eines gemeinsamen Staates für alle Rassen und Ethnien zu erreichen.[17]

2.1 Gründe für das Ende der Apartheid

Schon seit Mitte der 1970er Jahren bahnte sich das Ende der Apartheid an. Die Wirtschaft war von längeren Rezessionsphasen und kürzeren Aufschwüngen geprägt, die politischen Unruhen wurden immer lauter und forderten vehementer das Ende der "weißen" Minderheitsregierung, die nur halbherzige politische und gesellschaftliche Reformen durchgesetzt hatte, während sie aufgrund der steigenden Staatsausgaben zur Aufrechterhaltung des Apartheidsregimes, dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und den internationalen Sanktionen in eine "organische Krise"[18] kam. Zudem waren auch die finanziellen Ressourcen für weitere Umsiedlungsmaßnahmen erschöpft. Da politische Unruhen und bürgerkriegsähnliche Zustände zur Regel wurden, folgte dann 1985 die Ausrufung des Ausnahmezustandes.[19]

Nicht zuletzt durch die internationale Ächtung und die wirtschaftliche und politische Isolation musste der "Traum" von der Rassentrennung begraben werden.

"… the apartheid dream of separate residential areas for each racial classification had become too expansive to uphold"[20]

Die Rassentrennung war schlichtweg unbezahlbar geworden.

2.2. African National Congress (ANC)

Der ANC, eine der ältesten oppositionellen "schwarzen" Bewegungen war während des Apartheidregimes verboten und musste sich im Untergrund bewegen. Ihr berühmtester Anhänger und späterer Führer ist Nelson Mandela. Sie ist zudem die größte und auch am besten organisierte oppositionelle Bewegung, wenn sie auch anfänglich, nachdem ihr Verbot aufgehoben wurde, mit den Anforderungen der Demokratie überfordert war. Immerhin hatte sie Jahrzehnte lang im Untergrund gearbeitet, unbewaffnete, später aber auch vermehrt bewaffnete Aufstände organisiert. Erfahrungen auf dem demokratischen Parkett hatte der ANC jedoch noch nicht gemacht.[21]

[...]


[1] Vgl. Holz-Kemmler (2001), S. 17 ff.

[2] Vgl. ebd., S. 62 ff.

[3] Vgl. ebd., S. 69 f.

[4] Vgl. ebd., S. 91 f.

[5] Ernst (2002), S. 102.

[6] Vgl. Jürgens/Bähr (2002), S. 65 f.

[7] Vgl. Gnad (2002), S. 54.

[8] Vgl. Jürgens/Bähr (2002), S. 189.

[9] Vgl. Gnad (2002), S. 87.

[10] Vgl. ebd., S. 43.

[11] siehe Tab. I im Anhang

[12] siehe Tab.II im Anhang

[13] Vgl. Holz-Kemmler (2001), S. 93.

[14] Vgl. ebd., S. 172 f.

[15] Vgl. ebd., S. 173 f.

[16] siehe Tab III im Anhang

[17] Vgl. Holz-Kemmler (2001), S. 178.

[18] Gnad (2002), S. 51.

[19] Vgl. Holz-Kemmler (2001), S. 167.

[20] Gnad, Martin (2002), S. 52.

[21] Vgl. Holz-Kemmler (2001), S. 160 ff.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
"Weiße" als Minorität in Südafrika
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Veranstaltung
Globalisierung und multikulturelle Gesellschaft: Minoritäten und soziale Randgruppen
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
30
Katalognummer
V63455
ISBN (eBook)
9783638565103
ISBN (Buch)
9783656791966
Dateigröße
578 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weiße, Minorität, Südafrika, Globalisierung, Gesellschaft, Minoritäten, Randgruppen
Arbeit zitieren
Amadeus Müller-Daubermann (Autor:in), 2005, "Weiße" als Minorität in Südafrika, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63455

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