Zur Unabhängigkeit und Stabilitätsperformance der EZB


Seminararbeit, 2005

50 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Verzeichnis der Abkürzungen

Verzeichnis der Symbole

1. Einleitung

2. Entstehungsgeschichte
2.1 Die ersten Zentralbanken - ein kurzer historischer Abriss
2.2 Die ersten Ideen eines gemeinsamen Marktes
2.3 Das EWS-I-System
2.4 Das EWS-II-System
Exkurs: Handelsgeschichte: Wie wirkte der Euro auf den Handel seit 1999?

3. Notenbanken
3.1 Definition „Notenbank“
3.2 Die Europäische Zentralbank
3.2.1 Aufbau der EZB
3.2.2 Zielsetzung der EZB
3.2.3 Geldpolitische Strategie
3.2.4 Geldpolitische Instrumente
a) Offenmarktgeschäfte
b) Ständige Fazilitäten
c) Mindestreserven
3.3 Strategien anderer nationaler Notenbanken

4. Unabhängigkeit und Geldpolitik
4.1 Definition „Unabhängigkeit“
4.1.1 Dimensionen der Unabhängigkeit
a) Personelle Unabhängigkeit
b) Institutionelle Unabhängigkeit
c) Finanzielle Unabhängigkeit
d) Funktionale Unabhängigkeit
4.1.2 Rechtfertigung
4.2 Glaubwürdigkeit
4.2.1 Definition „Glaubwürdigkeit“ und Lucas-Kritik
4.2.2 Bedeutung der Glaubwürdigkeit unabhängiger Geldpolitik am Beispiel der USA.
4.3 Zeitinkonsistenz
4.4 Der Policy-Mix
4.4.1 Definition „Policy-Mix“
4.4.2 Möglichkeiten und Gefahrenfelder zwischen Geld- und Fiskalpolitik an Hand des IS-LM-Modells am Beispiel der USA unter Greenspan und Clinton ab 1993
4.4.3 Gefahrenfelder des Zusammenwirkens von Geld- und Fiskalpolitik an Hand der deutschen Wiedervereinigung und der Bundesbankpolitik
4.5 Problematik asymmetrischer Schocks und die Theorie der optimalen Währungsräume
4.5.1 Definition „Schock“ und „asymmetrische Schocks“
4.5.2 Beispiele für die Problematik der Reaktion einer Zentralbank auf Schocks in Bolivien 1985/1986 und Venezuela 1981
4.5.3 Die Problematik möglicher asymmetrischer Schocks auf den Euroraum und die Theorie der optimalen Währungsräume

5. Unabhängigkeit der EZB
5.1 Juristische Sicherung der Unabhängigkeit
5.1.1 Im Europarecht (Maastricht-Verträgen)
5.1.2 Im deutschen Gesetz
5.1.3 In der Europäischen Verfassung
5.2 Regelungen bei Erweiterung des Euroraums
5.3 Gefahren für die Unabhängigkeit

6. Die Stabilitätsperformance der EZB
6.1 Definition „Stabilität“
6.2 Performance der EZB seit Gründung
6.3 Gefahren für die Stabilität
6.3.1 Strukturelle Problemfelder
a) Fiskalpolitik und Verschuldung der Mitgliedstaaten
b) Tarif-und Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten

7. Zusammenhang zwischen Unabhängigkeit und Stabilitätsperformance
7.1 Studienergebnisse

8. Status, aktuelle Probleme und Zukunftsaussichten des ESZB
8.1 Versuchte Einflussnahme auf die Geldpolitik durch Medien und Politiker
8.2 Überschussliquidität und widersprüchliche Aussagen der Zwei-Säulen-Theorie
8.3 Hedge-Fonds und Kapitalsammelstellen
8.4 Grundlegende Infragestellung der Zwei-Säulen-Strategie
8.5 Bedeutung nationaler Wirtschaftspolitik
8.6 Bedeutung des US-Außenhandelsdefizits für den Euro
8.7 Szenarien der Euro-Gemeinschaft

9. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Abbildung 1: Inflation und Zentralbankunabhängigkeit

Abbildung 2: Aufgabenverteilung in ESZB und Eurosystem

Abbildung 3: Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie der EZB

Abbildung 4: Der kurzfristige Tradeoff zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation

Abbildung 5: Federal Funds Rate und Inflationsrate in den USA, 1979 - 1984

Abbildung 6: Defizitreduktion und expansive Geldpolitik

Abbildung 7: Geld- und Fiskalpolitik in Deutschland nach der Wiedervereinigung

Abbildung 8: Inflationsrate: Jährliche durchschnittliche Veränderungen der Harmonisierten Verbraucherpreisindizes (HVPIs)

Abbildung 9: Inflationsraten in Euro-Ländern

Abbildung 10: Öffentlicher Schuldenstand: Konsolidierter Bruttoschuldenstand des Staates in Prozent des BIP

Abbildung 11: Unabhängigkeit verschiedener Zentralbanken

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„The ECB doesn’t have the job of steering the economy. The best contribution monetary policy can make to growth and employment is to keep prices stable.” Ernst Welteke, ehem. Bundesbankpräsident

Eine zentrale Herausforderung der neu gegründeten Europäischen Zentralbank (EZB) war die Schaffung einer glaubwürdigen Position im Währungsraum, da die EZB Anfang 1999 ohne „Track Record“, also ohne Verweis auf frühere Erfolge, ihre Arbeit aufnehmen musste. Für eine glaubwürdige und unabhängige Notenbankpolitik kann man, entweder durch die Schaffung einfacher Regeln, der Zentralbank rigide Beschränkungen auferlegen oder der Zentralbank gesetzliche Unabhängigkeit zusichern, um ihr geldpolitischen Spielraum zu lassen, und Zentralbanker mit entsprechender Einstellung wählen. Diese Verantwortlichen müssen konservativ sein und Inflation ablehnen, was bedeutet, dass sie ein Mehr an Inflation im Austausch gegen weniger Arbeitslosigkeit nicht zu akzeptieren bereit sind. Trotz des kurzen Bestehens der EZB versuchen wir im Folgenden, eine Analyse der bisherigen Performance darzustellen und zu bewerten.

2. Entstehungsgeschichte

2.1 Die ersten Zentralbanken - ein kurzer historischer Abriss

Die zunehmende Wirtschaftstätigkeit in Europa zur Zeit des Merkantilismus und die Entwicklung des Kredit- und Wechselwesens von Norditalien ausgehend, erforderten ab dem 16. Jahrhundert die Notwendigkeit, größere Mengen Geld bzw. Gold an einem sicheren Ort zu lagern. Die ersten Zentralbanken waren die 1609 in Amsterdam gegründete Bank von Amsterdam sowie die 1656 gegründete Stockholms Banco in Schweden. Sie waren damit beauftragt, die Regierungskonten und Ersparnisse der Händler zu verwalten, wobei die Stockholms Banco die Gewinne mit dem Staat teilen musste. Ab 1668 emittierte Schweden die ersten Schuldscheine mit einem festem Nennwert, wobei die Regierung die Zeichner der Schuldscheine mit selbst gedruckten Banknoten bediente. Dieses System führte in fast allen Ländern Europas bis Anfang des 20. Jahrhunderts zu immer wiederkehrenden Inflationen. Ebenfalls führten die Kriegsschulden der niederländischen Regierung sowie die Zahlungsunfähigkeit der East India Company zur Insolvenz der Zentralbank. Die Bank of England entstand 1694 unter dem Schotten William Patterson. Durch den Country Bankers Act 1826 sowie den Bank Charter Act 1844 wurden die Aufgaben konkretisiert, bis sie 1921 eine Monopolstellung für die Ausgabe neuer Geldnoten erhielt. In den USA wurde das amerikanische Federal Reserve System (Fed) als bundesweite, zentrale aber föderalistische Vereinigung von zwölf regionalen Zentralbanken unter Kontrolle des Board of Governors (BoG) in Washington D.C. durch das Bundesbankgesetz von 1913 begründet. An diesem System orientierte sich auch die von den Alliierten errichtete Deutsche Bundesbank. Deren

Vorgänger, die 1871 nach dem Sieg über Frankreich und der Gründung des Zweiten Deutschen Reiches entstandene Reichsbank, nach den gescheiterten Plänen von Dawes und Young in den 1920ern sowie dem Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, 1945 aufgelöst wurde. Die Unabhängigkeit und Konkretisierung der zentralen Aufgaben des Direktoriums als oberste Instanz wurde durch das deutsche Bundesbankgesetz nach langem Streit 1957 gesetzlich gesichert (vgl. Köhler et al.: Grundzüge der Wirtschaftspolitik: Die Geschichte der Zentralbanken. Stand: 07.10.2005).

2.2 Die ersten Ideen eines gemeinsamen Marktes

Historischer Gegenpart zum heutigen Eurosystems war das internationale Bretton-Woods- System, da Europa 1957 in den Römischen Verträgen ausdrücklich auf eine monetäre Integration verzichtete. Beim Bretton-Woods-System wurde der Kurs des USD auf 35 USD je Unze Gold festgelegt. Alle teilnehmenden Währungen standen im festen Verhältnis zum Dollar, so dass die US-Notenbank verpflichtet war, US-Dollar der ausländischen Notenbanken in Gold umzutauschen, während die ausländischen Notenbanken verpflichtet waren, durch USD-Käufe die Wechselkurse zu stützen. Nachdem die USA den Vietnamkrieg durch Drucken von Dollargeld alimentiert hatten, konnten die Kurse nicht mehr gehalten werden. Als Frankreich 1969 seine gesamten Dollarreserven in Gold umtauschen wollte, war die US-Notenbank zahlungsunfähig. 1971 kündigte Nixon das Umtauschrecht von USD gegen Gold und nach zahlreichen Realignments brach das System 1973 zusammen. Daraufhin folgte erst der Werner-Plan 1971, also die Schaffung einer gemeinsamen Währung in Europa in drei Stufen von 1970 bis 1980, und ab 1972 der Europäische Wechselkursverbund mit einer Schwankungsbreite von +/- 1,25 Prozent („Schlange im Tunnel“) (vgl. Vorlesungsbegleiter Prof. H. Löffler. SS 2005).

2.3 Das EWS-I-System

Diese ersten Versuche eines engeren Wechselkursverbundes in Europa sind allerdings zunächst gescheitert, da Vietnam-Krieg und Ölkrise eine Reihe struktureller Anpassungen erforderten. Hingegen war das von Helmut Schmidt und Valéry Giscard d'Estaing initiierte Europäische Währungssystem EWS-I sehr erfolgreich: Es wurden feste Kurse zwischen den europäischen Währungen festgelegt, die im Wert von +/- 2,25 Prozent schwanken durften. Im Zentrum stand die Deutsche Mark als stabile Ankerwährung, die einen Anpassungs- und Harmonisierungsdruck auf die Mitgliedsländer ausübte, was für den heutigen Euro sehr förderlich war. Dieses System wurde durch gegenseitige An- und Verkäufe gestützt (sog. „Multiwährungsinterventionssystem“). Man „schuf“ eine künstliche Währung, den ECU, der aus einem gewichteten Korb der bestehenden Währungen berechnet wurde. ECU und die teilnehmenden Währungen hatten einen festen Kurs zu- und untereinander („Paritätengitter“). Ziel des EWS war es, eine größere ökonomische Stabilität der teilnehmenden Länder zu erreichen und den Weg zu einer Europäischen Währungsunion zu ebnen. Dieses System war relativ stabil, bis nach zahlreichen Krisen und Ausscherungen einzelner Währungen 1993 die Schwankungsbreite auf 15 Prozent erweitert wurde, was eigentlich einem Aussetzen des Wechselkurssystems gleichbedeutend war. Allerdings wurden trotzdem die 1968 vollendete Zollunion der EG, die Einheitliche Europäische Akte von 1985 und der Vertrag über die Europäische Union („Vertrag von Maastricht“) von 1991 zum Grundpfeiler der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU): Die erste Stufe begann am 1. Juli 1990 mit der Herstellung des freien Kapitalverkehrs zwischen den EU-Ländern und einer Verpflichtung der Liberalisierung des Kapitalverkehrs und einer engeren Kooperation in der Wirtschafts-, Finanz- und Geldpolitik. Die zweite Stufe war die Gründung des Europäischen Währungsinstituts (EWI) am 1. Januar 1994 (dem Vorläufer der Europäischen Zentralbank) und darauf folgte am 1. Januar 1999 die dritte Stufe der Währungsunion: Die Wechselkurse der Mitglieder der Währungsunion wurden untereinander festgelegt und der Euro als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt. Der Euro als Bargeld wurde hingegen erst drei Jahre später ausgegeben. Die Geldpolitik wird somit seit 1999 nicht mehr von den Notenbanken der Mitgliedsländer betrieben, sondern vom Europäischen System der Zentralbanken (ESZB), das sich aus der EZB und den nationalen Notenbanken aller EU-Mitgliedstaaten zusammensetzt und sich im Wesentlichen am deutschen Bundesbank-System orientiert (vgl. Vorlesungsbegleiter Prof. H. Löffler. SS 2005).

2.4 Das EWS-II-System

Das EWS-I-System löste sich mit Einführung des Euro am 1. Januar 1999 auf. Allerdings wurde als Nachfolgeregelung für die EU-Länder, die noch nicht Mitglieder der Währungsunion sind, der Wechselkursmechanismus II (WKM II) eingeführt. Für die aktuellen Euroländer galt, dass sie mindestens zwei Jahre ohne Währungsabwertungen im EWS-System sein mussten. Faktisch gesehen ist der Euro der Nachfolger des ECU (vgl. Vorlesungsbegleiter Prof. H. Löffler. SS 2005).

Exkurs: Handelsgeschichte: Wie wirkte der Euro auf den Handel seit 1999? Das wichtigste Argument für die Euro-Einführung war der erhoffte belebende Effekt auf den Handel im Euroraum. Doch ist diese Frage aufgrund der kurzen Zeitspanne und vieler anderer Einflussfaktoren sehr schwierig zu beantworten. Der Handelstheoretiker Baldwin vermutet eine Steigerung des Handels um 10 bis 15 Prozent. Dafür verweist er auf Außenhandelsstatistiken, die einen sehr starken Anstieg der Exporte innerhalb des Währungsraums seit Einführung des Euros 1999 deutlich aufzeigen. Doch stellt sich schon die Frage: Ist dieses Wachstum auf den Euro zurückzuführen? Dadurch müsste der Handel innerhalb des Euroraums schneller gewachsen sein als der Welthandel. Doch hier könnte man entgegnen, dass es auch eine Spätfolge des Abbaus der Handelsschranken innerhalb des europäischen Binnenmarktes sein könnte. Auch blähen die Einfuhr von Tabak und Alkohol, die von den Seehäfen in Rotterdam und Amsterdam früher im Transit nach Deutschland transportiert wurden, die Handelsstatistiken auf, da sie nun als niederländische Exporte und deutsche Importe gekennzeichnet sind. Noch interessanter ist allerdings ein wirtschaftstheoretisches Problem: Eigentlich müsste der Euro einen handelsumlenkenden Effekt haben, da es für einen deutschen Unternehmer günstiger ist, Waren aus Frankreich als aus Großbritannien zu beziehen. Aber der Handel stieg nicht nur innerhalb des Euroraums, sondern auch von Außen in den Euroraum stark an. Er wirkte wie eine einseitige Handelsliberalisierung. Nun müssen Volkswirte dafür neue Erklärungen finden. Die Frage der Bedeutung des Euro für den Handel ist also noch nicht abschließend geklärt (vgl. Welter 2005a: 122).

3. Notenbanken

Dieser Abschnitt beschreibt den Aufbau, die Organisation und die Zielsetzung der EZB, um für eine allgemeine Grundlage zum weitere Verständnis der Arbeit zu sorgen. Im Vergleich zur Europäischen Zentralbank, die detailliert beschrieben wird, werden die Strategien anderer internationaler Notenbanken kurz angesprochen.

3.1 Definition „Notenbank“

Eine Notenbank, oder auch Zentralbank, ist eine, meist vom Staat initiierte Einrichtung. Sie ist für die Ausführung der Geld- und Währungspolitik innerhalb eines abgegrenzten Währungsraumes zuständig. Da es Währungsräume auf nationaler, aber auch auf supranationaler Ebene gibt, sind auch Notenbanken auf diesen entsprechenden Ebenen vorzufinden. Das bekannteste Beispiel einer supranationalen Notenbank ist die Europäische Zentralbank (vgl. Wikipedia: Die freie Enzyklopädie 2005a, Stand: 11.9.2005).

3.2 Die Europäische Zentralbank

Das Kernstück dieser Arbeit stellt die Europäische Zentralbank dar. Im Folgenden werden die grundlegenden Eigenschaften der EZB erläutert, die im weiteren Verlauf der Arbeit zum Teil noch einmal in detaillierterer Form aufgegriffen werden.

3.2.1 Aufbau der EZB

Das so genannte Eurosystem wird durch die Europäische Zentralbank zusammen mit den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der zwölf Mitgliedstaaten repräsentiert. Als Vorbild für die EZB dient in Aufbau, Organisation und Zielsetzung die Deutsche Bundesbank (vgl. De Grauwe 2000: 151).

Die Europäische Zentralbank selbst, die dafür verantwortlich ist, dass alle Aufgaben des Eurosystems durch eigene Tätigkeit oder die der nationalen Zentralbanken erfüllt wird, basiert auf drei Organen: dem EZB-Rat, dem EZB-Direktorium und dem Erweiterten EZB-Rat (vgl. Tilch 2000: 38).

Das zentrale Entscheidungsgremium ist der EZB-Rat, der sich in der Regel zweimal monatlich trifft. In diesen Sitzungen werden durch Abstimmung die Leitlinien und Entscheidungen festgelegt, die notwendig sind, um die Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken zu erfüllen, sowie die Geld- und Währungspolitik der Gemeinschaft und die dafür erforderlichen Grundsätze. Dieses Gremium wird aus dem Direktorium der EZB und den Präsidenten der nationalen Notenbanken gebildet (vgl. Tilch 2000: 39).

Die vom EZB-Rat beschlossene Geldpolitik wird vom EZB-Direktorium umgesetzt und durch entsprechende Weisungen an die nationalen Zentralbanken zur direkten Ausführung weitergegeben. Das EZB-Direktorium besteht aus dem Präsidenten der EZB, dem VizePräsidenten und vier weiteren Mitgliedern, die für acht Jahre nominiert werden und deren Amtszeit nicht verlängert werden kann (vgl. Europäische Zentralbank 2004: 11).

Im Erweiterten EZB-Rat, der nur so lange Bestand hat, bis alle EU-Mitgliedstaaten den Euro als nationale Währung eingeführt haben, werden sämtliche EU-Mitgliedstaaten über die Präsidenten ihrer nationalen Zentralbanken repräsentiert (vgl. Europäische Zentralbank 2004: 11).

Eine grafische Darstellung der Organe und des Aufbaus der EZB findet sich unter Abbildung 2 im Anhang.

3.2.2 Zielsetzung der EZB

Gemäß Art. 4.2 und Art. 105 EG-Vertrag besteht das vorrangige Ziel der EZB darin, Preisstabilität durch eine entsprechende Geld- und Wechselkurspolitik zu gewährleisten (vgl. Europäische Zentralbank 2004: 14). Genauer gesagt handelt es sich um die Stabilität der Verbraucherpreisindizes. Somit ist die EZB weltweit die einzige Zentralbank, deren Ziel verfassungsmäßig an mehreren Stellen des EG-Vertrags verankert ist (vgl. Junius et al. 2002: 33). Das diesem Ziel beigemessene Gewicht begründet sich dadurch, dass die Gewährleistung der Preisstabilität den signifikantesten Beitrag für ein wirtschaftlich gesundes Umfeld leisten kann (vgl. Europäische Zentralbank 2004: 10). Soweit es mit dem Ziel der Preisstabilität vereinbar ist, sollte die Zentralbank laut Art. 2 der Satzung die allgemeine Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft unterstützen (vgl. Junius et al. 2002: 35).

Das entscheidende Maß für die Preisstabilität liefert im Eurowährungsraum ein harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI), anhand dessen die Preisstabilität als Anstieg des HVPI von nahe bei, aber unter zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr definiert wurde (vgl. Europäische Zentralbank 2004: 122). Somit hat die EZB im Mai 2003 festgelegt, dass auch eine Deflation mit Preisstabilität unvereinbar ist (vgl. Junius et al. 2002: 34). Ein weiterer Vorschlag wäre, als Definitionsgrundlage die „Kerninflationsrate“ zu wählen, dem Inflationsindex ohne die Öl- und Nahrungsmittelpreise. Diese stark schwankenden Variablen sollten herausgefiltert werden, damit fundamentale Trends der Preisentwicklung eindeutiger identifiziert werden können. Diese Empfehlung wurde allerdings wegen großer Manipulationsspielräume in der Berechnung verworfen. Der HVPI, ein Preisindex basierend auf Laspeyres, erwies sich als der für die Öffentlichkeit bekannteste (vgl. Junius et al. 2002: 144).

3.2.3 Geldpolitische Strategie

Die geldpolitische Strategie der EZB basiert auf einem Zwei-Säulen-Konzept, der monetären und der wirtschaftlichen Analyse, die am 8. Mai 2003 präzisiert wurde. Heute vorgenommene, geldpolitische Maßnahmen wirken erst mit einer zeitlichen Verzögerung von einigen Monaten. Aus diesem Grund baut die EZB ihre geldpolitischen Entscheidungen auf dem Prinzip des „Vorausschauens“ auf, wobei nicht heutige Inflationsraten ausschlaggebend für Entscheidungen sind, sondern die für die nahe Zukunft zu erwartenden. Das Zwei-Säulen- Konzept beschreibt daher Vorgehensweisen, um die zukünftige Entwicklung der Preise abzuschätzen (vgl. Junius et al. 2002, 141). Unter Abbildung 3 im Anhang wird der Zusammenhang der beiden Säulen verdeutlicht.

Die monetäre Analyse konzentriert sich auf die Entwicklung der Geldmenge M3, da mittelbis langfristig eine enge Korrelation zwischen Inflation und Wachstum der Geldmenge, weil nach Milton Friedman jede Inflation monetär begründet ist, unterstellt wird. Problematisch ist dabei allerdings unter anderem, dass der für M3 definierte Referenzwert von 4,5 Prozent mit aktuell 7,9 Prozent (vgl. Häring 2005: 17) stark abweicht. Gründe hierfür liegen in der außergewöhnlich lang anhaltenden Schwankung der Vermögenspreise, die eine stärkere Liquiditätspräferenz hervorgerufen hat (sprich: viel Geld auf kurzfristiger Kasse), was eine geldpolitische Entscheidung problematisch macht.

Die wirtschaftliche Analyse hingegen, die zur Feststellung der kurz- bis mittelfristigen Risiken der Preisstabilität dient, erfolgt durch eine umfassende Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung im Euroraum. Der wirtschaftlichen Analyse wird auf Grund der Erfassung der tatsächlichen Geldmenge eine vorrangige Rolle in der Zwei-Säulen-Strategie zugedacht (vgl. Heine/Herr 2004: 64).

3.2.4 Geldpolitische Instrumente

Im Europäischen Währungsraum soll mit Hilfe geldpolitischer Instrumente den privaten Geschäftsbanken Zentralbankgeld zur Verfügung gestellt werden, um das Ziel der Preisniveaustabilität bei ausreichender Versorgung der Volkswirtschaft mit monetärer Liquidität zu gewährleisten. Das Preisniveau wird dabei über den Transmissionsmechanismus gesteuert: Hierbei werden Verhaltensänderungen der Nichtbanken (Konsumenten und Unternehmer) erst über Veränderungen der Zentralbankgeldmenge, dann der Bankenliquidität und schließlich des Zinsniveaus beeinflusst.

a) Offenmarktgeschäfte

Sie bestehen aus vier verschiedenen Instrumenten: dem Hauptrefinanzierungsinstrument, den längerfristigen Refinanzierungsgeschäften, den Feinsteuerungsoperationen sowie den strukturellen Operationen. Beim Hauptrefinanzierungsinstrument soll über ein so genanntes Tenderverfahren den Geschäftsbanken Zentralbankgeld für maximal zwei Wochen und in Mindesthöhe von einer Million Euro gegen Sicherheiten und einem Zinssatz zur Verfügung gestellt werden. Sie sind deshalb Kassa- und Termingeschäft zugleich. Angeboten wird das Zentralbankgeld mittels Zinstenderverfahren, d.h. die Geschäftsbanken müssen sowohl die gewünschte Menge an Geld sowie den Zins anbieten, den sie zu zahlen bereit sind. Hierbei soll eindeutig ein geldpolitischer Kurs signalisiert werden, u.a. durch einen Mindestbietungssatz und einen Festzinssatz. Der Hauptrefinanzierungszinssatz ist der Leitzins auf dem Geldmarkt im Euroland. Daneben werden noch längerfristige Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit bis zu drei Monaten monatlich ebenfalls im Zinstenderverfahren und in einem vorher bestimmten Gesamtvolumen angeboten. Hier sollen allerdings keine Signale an den Markt gegeben werden. Feinsteuerungsoperationen sind z.B. Swapgeschäfte (vgl. Blanchard 2003: 673).

b) Ständige Fazilitäten

Hinter diesem Begriff steckt die Notwendigkeit der Geschäftsbanken Übernachtliquidität abrufen zu können, sollte die Mindestreserve zum Beispiel durch Lohn- oder Steuerzahlungen der Bankkunden unterschritten werden. Der Zinssatz wird von der EZB vorgegeben und soll für den allgemeinen geldpolitischen Kurs der EZB die Ober- und Untergrenzen der Geldmarktsätze aufzeigen. Der Spitzenrefinanzierungssatz (quantitativ unbegrenzt leihbare Geldmittel) bildet die Zinsobergrenze des Tagesgeldsatzes, die Einlagenfazilität, d.h. die Einlagen der Geschäftsbanken bei den Notenbanken über Nacht, die Zinsuntergrenze. Dazwischen bewegt sich der oben erwähnte Hauptrefinanzierungszinssatz (zurzeit bei 2,5 Prozent) (vgl. Blanchard 2003: 673).

c) Mindestreserven

Die EZB verlangt zur Stabilisierung der Bankenliquidität eine Mindestreserve von den Banken, damit diese im Zuge der Giralgeldschöpfung einen Mindestbetrag als Sicherheit für die Einlagen der Kunden zurückhalten und nicht weiterverleihen. Dieses Guthaben muss bei den nationalen Notenbanken hinterlegt werden und wird in Höhe des Hauptrefinanzierungszinssatzes verzinst. Sie dient der Stabilisierung der Geldmarktzinsen und bei Erhöhung des Mindestreservesatzes kann strukturell Liquiditätsknappheit bei den Geschäftsbanken herbeigeführt werden, wodurch eine Senkung des Kreditvergabeverhaltens der Banken und damit eine Erhöhung des Zinses bewirkt wird. So werden die Banken in Aktivgeschäfte der EZB gezwungen, da eine höhere Mindestreserve eine größere Nachfrage nach Fazilitäten bewirkt (vgl. Blanchard 2003: 673).

3.3 Strategien anderer nationaler Notenbanken

Die beiden wichtigsten internationalen Pendants zur Europäischen Zentralbank sind das Federal Reserve System (Fed), das Zentralbanksystem der USA und die Bank of Japan. Um die EZB im weltweiten Kontext besser einordnen zu können, werden hier die Strategien dieser nationalen Notenbanken kurz erörtert.

Das durch den Federal Reserve Act im Jahre 1913 gegründete und dezentral organisierte Federal Reserve System besteht aus dem Direktorium (Board of Governors) und zwölf regionalen Federal Reserve Banks (vgl. Görgens et al. 2004: 64). Die sieben Mitglieder des Direktoriums werden vom Präsidenten für eine Amtszeit von höchstens 14 Jahren ernannt, der Vorsitzende jedoch nur für eine Amtszeit von vier Jahren. Zur Durchführung seiner Strategie, bedient sich das Fed, ebenso wie die EZB, der drei geldpolitische Instrumente, den Offenmarktgeschäften, der Refinanzierungspolitik und den Mindestreserven, um die Verfügbarkeit von Geld und die Kreditkosten zu beeinflussen. Während das Direktorium ausschließlich für die Zinssätze und die Mindestreservesätze verantwortlich ist, liegen die Offenmarktgeschäfte im Verantwortungsbereich des Federal Open Market Committees - dem FOMC (vgl. Board of Governors of the Federal Reserve System, 2006, Homepage). Im Jahre 1978 wurde ergänzend zum Federal Reserve Act und dem Employment Act von 1946 der Full Employment and Balanced Growth Act von Augustus Hawkins und Hubert Humphrey entwickelt. Er diente als Antwort auf die steigende Arbeitslosigkeit in den 1970er Jahren. Der Kongressabgeordnete und der Senator entwickelten zwei wesentliche, einander gleichbedeutende Ziele für das Fed: Vollbeschäftigung und Preisstabilität. Dieser so genannten Humphrey-Hawkins-Act gilt als eine der bedeutendsten Anpassungen des Federal Reserve Act an aktuelle Gegebenheiten und stellt die notwendige Verbindung zwischen Geldpolitik und staatlicher Wirtschaftspolitik dar (vgl. Wikipedia: The free Encyclopedia, 2005b).

Ein gravierender Unterschied zwischen Fed und EZB zeigt sich in der Kommunikation ihrer Geldpolitiken. In den USA wird die Geldpolitik durch die 19 Mitglieder des FOMC bestimmt. Die Abstimmungen finden auf Grundlage von zuvor veröffentlichen Reden der 19 Mitglieder des Offenmarktausschusses statt, die ebenso viele Meinungen widerspiegeln. Die Kommunikation der Geldpolitik der EZB hingegen ist einheitlich und harmonisch, Zinsentscheidungen werden im EZB-Rat durch einen Konsens getroffen. Diese Arten der Kommunikation beeinflussen die Finanzmärkte auf verschiedene Weise, Fakt ist jedoch, dass Aussagen von Zentralbankern die Marktzinsen bewegen. Im Euroraum kommt es durch die einheitliche Kommunikation und die Konsensbildung selten zu Überraschungen. Doch auch das Federal Reserve System bereitet die Öffentlichkeit trotz divergierender Meinungen gut auf ihre Entscheidungen vor. Der Grund dafür ist, dass die Finanzmärkte das größte Gewicht auf die Aussagen des Vorsitzenden Alan Greenspan legen - im Gegensatz zum Euroraum, in dem die Meinungen des EZB-Präsidenten und anderer Ratsmitglieder im gleichen Maße wahrgenommen werden. Deutlich wird dieser Unterschied erst werden, wenn Greenspan im Jahre 2006 abtreten wird - dem Fed wird zumindest vorübergehen ein strategisches Rückgrat fehlen. Deshalb verfolgt die EZB, die ihre gut vorhersehbare Geldpolitik und die einheitliche Kommunikation auf geldpolitische Strategien und nicht auf Personen gründet, einen nachhaltigeren Kurs als das Fed (vgl. Welter 2005b: 22).

Die Bank of Japan, Japans Zentralbank, hat das Ziel, durch eine entsprechende Geldpolitik Preisstabilität zu erreichen und dadurch die nationale Wirtschaft zu unterstützen (vgl. Bank of Japan 2005a). Die wichtigsten Organe der Bank of Japan sind das Policy Board, das Management Committee und das Compliance Committee sowie die Direktion (Head Office). Das Policy Board besteht aus neun Mitgliedern, die zu regelmäßigen Treffen zusammenkommen, in denen unter anderem der Diskontzinssatz, der Darlehenszinssatz und die Mindestreservesätze bestimmt werden, sowie die Richtlinien der Geldpolitik. Dem Finanzminister und dem Wirtschaftsminister ist unter bestimmten Umständen eine Teilnahme an diesen Treffen erlaubt - ein wichtiges Indiz für die politische Abhängigkeit der japanischen Notenbank (vgl. Bank of Japan 2005b). Die Zentralbank verfügt über die üblichen Instrumente, das stärkste Gewicht liegt hier auf der Diskontpolitik. Die Bezeichnung „Bank des Staates“ rührt daher, dass die Bank of Japan zum Beispiel den Schuldendienst und die Ausgabe von Staatsschuldverschreibungen für die Regierung übernimmt (vgl. Hein 1971: 16).

4. Unabhängigkeit und Geldpolitik

Im Vergleich zu anderen nationalen Zentralbanken, verfügt das Eurosystem mit der Europäischen Zentralbank über das höchste Maß an Unabhängigkeit (vgl. Bofinger 2001: 218f). Wie sich die Unabhängigkeit zeigt, wo sie verankert ist und welche Auswirkungen dies hat, wollen wir in diesem Abschnitt aufzeigen.

4.1 Definition „Unabhängigkeit“

Die EZB selbst definiert Unabhängigkeit als „Rechtsvorschrift, die garantiert, dass eine Zentralbank ihre Aufgaben und Pflichten ohne Einflussnahme der Politik ausüben kann“ (Europäische Zentralbank 2004, 126).

4.1.1 Dimensionen der Unabhängigkeit

Im Europäischen System der Zentralbanken wird der Status der Unabhängigkeit in vier Kategorien unterteilt (vgl. Junius et al. 2002, 37). Es fanden in das Schrifttum vor allem folgende, aus dem Konvergenzreport des European Monetary Institute von 1996 definierte Ausprägungen (features) Bedeutung.

a) Personelle Unabhängigkeit

Die personelle Unabhängigkeit gilt als zentraler Punkt, mit ihm sind jedoch erhebliche Schwierigkeiten in der praktischen Durchführung verbunden. Lange Amtszeiten der Direktoriums-Mitglieder und des Präsidenten sollen verhindern, dass aus Sorge um die berufliche Zukunft nach der Amtszeit, opportunistische Entscheidungen getroffen werden. Eine Wiederernennung des Präsidenten oder des Vize-Präsidenten ist nicht möglich. Bei geldpolitischen Abstimmungen erhält jedes EZB-Rats-Mitglied eine Stimme mit gleichem Gewicht, unabhängig von der Größe des jeweiligen Heimatlandes. Dadurch soll verhindert werden, dass nationale Interessen im Vordergrund stehen oder sich die Präsidenten der nationalen Notenbank als Repräsentanten ihrer Heimatländer sehen. Für alle Mitglieder der Beschlussorgane einer nationalen Zentralbank gilt ein Kündigungsschutz. Somit soll verhindert werden, dass das Abstimmungsverhalten bei geldpolitischen Entscheidungen als Druckmittel zur Amtsenthebung verwendet werden können (vgl. Junius et al. 2002: 39ff).

b) Institutionelle Unabhängigkeit

Die institutionelle oder auch gesetzliche Unabhängigkeit der EZB gilt als unberührbar, da in Art. 7 der Satzung im EG-Vertrag verankert. Sie umfasst die im Art. 108 EGV und § 12 BBankG festgelegte Weisungsfreiheit. Sie bezieht sich sowohl auf die Weisungsfreiheit der Institution der EZB an sich und seiner natürlichen Mitglieder, als auch auf die Finanzierung staatlicher Defizite durch die EZB.

c) Finanzielle Unabhängigkeit

Als finanziell unabhängig gilt eine Notenbank dann, wenn sie in der Lage ist, sich selbst mit allen notwendigen finanziellen Mitteln zu versorgen, um die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen (vgl. Tilch 2000: 58). Die EZB bestreitet ihre Aufgaben aus den Überschüssen, die sie selbst erwirtschaftet, ihr Budget ist nicht Bestandteil des Haushaltes der Gemeinschaft (vgl. Heine/Herr 2004: 50). Somit sollen Zielkonflikte durch finanziellen Einfluss anderer Interessensgruppen vermieden werden.

d) Funktionale Unabhängigkeit

Die funktionale Unabhängigkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass die Zentralbank das explizit festgelegte Ziel der Preisstabilität nach eigener Definition, Strategie und mit eigens ausgewählten Instrumenten erfüllen kann. Dieser Aspekt der Unabhängigkeit wird lediglich durch zwei Einschränkungen beschnitten: Sämtliche von der EZB vorgenommenen Handlungen müssen mit dem Konzept einer „offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ (Art. 4.2 EG-Vertrag) vereinbar sein und es dürfen keine Kredite an öffentliche Stellen eines Mitgliedstaates vergeben werden (vgl. Junius et al.2002: 38).

4.1.2 Rechtfertigung

Während der letzten Jahre gab es einen weltweiten Trend hin zu unabhängigen Zentralbanken, zu dem auch die EZB durch die verfassungsmäßige Verankerung beigetragen hat (vgl. Liebscher 1999: 72). Es stellt sich nun die Frage, aus welchen Gründen, sich die Europäische Union für das Konzept einer unabhängigen Zentralbank entschieden hat.

Allgemein könnte man sagen, dass schlechte Erfahrungen mancher Länder mit abhängigen Zentralbanken ein Grund für diese Entwicklung sein könnte. Die Hyperinflation in Deutschland in den 1920er Jahren entstand unter anderem deshalb, da die Regierung die Zentralbank zu einer überhöhten Kreditfinanzierung des Ersten Weltkrieges genötigt hat. Einer unabhängigen Zentralbank wird eine solche Motivation sicher nicht unterstellt (vgl. Heine/Herr 2004: 45).

Die öffentliche, über staatliche Grenzen hinausgehende Meinung ist im Zeitalter der Internationalisierung und der Liberalisierung des Kapitalverkehrs ein weiterer Gesichtspunkt für Unabhängigkeit. Auf dem internationalen Finanzmarkt wird Geld am ehesten in der Währung angelegt, die als am wertstabilsten gilt. Eine Zentralbank, die Preisstabilität nicht als ihr oberstes Ziel betrachtet und unbeeinflusst verfolgen kann, könnte somit unter Druck geraten (vgl. Heine/Herr 2004: 47).

Ein weiterer Ansatz, um die Entscheidung für eine unabhängige Zentralbank zu erklären, sieht die Geldpolitik als ein Instrument zur Erreichung wirtschaftspolitischer Ziele an. Theorien der 1960er Jahre beschäftigten sich mit der Beziehung zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation, die als Phillips-Kurve bezeichnet wird. Preisstabilität und Wachstum sollen dabei in einem Austauschverhältnis zueinander stehen, wie in Abbildung 4 zu erkennen ist. So gesehen, würde moderate Inflation zu Arbeitsplätzen führen. Jedoch führte diese Politik Mitte der 1970er Jahre zu einer überhöhten Inflation, während die Arbeitslosigkeit allerdings nicht dauerhaft niedrig gehalten werden konnte. Neuere Theorien stellten fest, dass langfristig kein Austauschverhältnis zwischen den beiden ökonomischen Größen besteht.

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Details

Titel
Zur Unabhängigkeit und Stabilitätsperformance der EZB
Hochschule
Hochschule Pforzheim
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
50
Katalognummer
V62663
ISBN (eBook)
9783638558693
Dateigröße
1119 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unabhängigkeit, Stabilitätsperformance
Arbeit zitieren
Sabine Kelber (Autor:in), 2005, Zur Unabhängigkeit und Stabilitätsperformance der EZB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62663

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Titel: Zur Unabhängigkeit und Stabilitätsperformance der EZB



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