Die friedliche Revolution in der DDR


Referat (Ausarbeitung), 2002

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ereignisfolge des Umbruchs in der DDR
2.1. Krisenhafte Entwicklungen im Vorfeld des 40. Jahrestages
2.2. Der 09. Oktober 1989
2.3. Der Sturz Honeckers und die Beschleunigung der Krise
2.4. Die Maueröffnung
2.5. Die Post-Ära beginnt: „Die Revolution frisst ihre Kinder“
2.6. Der "Runde Tisch" und das Ende der SED-Alleinherrschaft
2.7. Die Volkskammerwahl

3. Faktoren des Umbruchs
3.1. Die nationale Frage
3.2. Die Reformprozesse in den anderen osteuropäischen Staaten
3.3. Die Konstruktion der DDR
3.4. Die Führer der SED
3.5. Opposition und Kirche

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

"Wir sind das Volk" - dieser schlichte Satz hat Weltgeschichte gemacht. Dieser Satz steht wie kein anderer symbolisch für die friedliche Herbstrevolution in der DDR. Seine Wirkung rührte aus vier Jahrzehnten Propaganda her, in der eine sich immer weiter vom Volk zu entfernende Führungsschicht behauptete, alles für das Volk zu tun und ganz in seinem Sinne zu handeln.[1] Zu diesem Zeitpunkt begann ein Prozess, an dessen Ende die DDR nicht mehr existieren würde. Dies ahnte zu jenem Zeitpunkt freilich niemand.

Die Ursachen für den Zusammenbruch der DDR sind vielschichtig. Es sind zum Teil äußere, zum Teil innere Faktoren gewesen, die in ihrem Zusammenwirken zur Implosion des DDR-Staates geführt haben. Ohne dieses Zusammentreffen mehrerer Faktoren wäre der Umbruch in der DDR nicht möglich gewesen.

Im folgenden soll die Ereignisfolge des Zusammenbruchs in seinen wesentlichen Stationen nachvollzogen werden. Daran schließt sich an eine Beschreibung der wesentlichen Faktoren für den Zusammenbruch. Hierbei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit gelegt, sondern lediglich versucht, die aufgrund des bisherigen Kenntnistandes vorliegenden Deutungsmuster schwerpunktmäßig zu erörtern.

Vorab stellt sich aber zunächst einmal die Frage, um was für eine Art von Revolution es sich in der DDR überhaupt handelte. Es war sicherlich das klassische Modell einer "Revolution von unten", welche in ihrem Ergebnis eine nicht gewaltsame Umwälzung der politischen, ökonomischen und sozialen Strukturen darstellte. Aus der Sicht alter Eliten war es eine Konterrevolution, die die Wiederherstellung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung bedeutete. In der Tat war die Revolution in der DDR nicht eine konservative Revolution, in der etwas Neues geschaffen wurde, sondern eine Revolution, die vielmehr eine nachholende, die Verhältnisse einer liberalen bürgerlichen Gesellschaft wiederherstellende Funktion hatte. "In der DDR wurde daraus, aufgrund der nationalen Sonderbedingungen eine abgebrochene Revolution, die in den Prozess der Adaption des Modells der und die Inkorporation in die Bundesrepublik endete."[2]

2. Ereignisfolge des Umbruchs in der DDR

2.1. Krisenhafte Entwicklungen im Vorfeld des 40. Jahrestages

Die Aktualisierung der allgemeinen Krise der DDR begann Mitte des Jahres 1989 mit der Verfälschung des Ergebnisses der Kommunalwahlen vom 07.Mai 1989. Dies war in diesem Zusammenhang eine besondere Fehlleistung, da durch diese erneute Missachtung selbst geringster abweichender Äußerungen des Volkswillens der Grundstein für eine zunehmende Koordination der Bürgeropposition gelegt wurde.[3]

Auch die offene Unterstützung der brutalen chinesischen Maßnahmen gegen die Pekinger Studenten auf dem Platz des himmlischen Friedens trug zur aktuellen Krise bei. Diese Haltung erzeugte nicht nur eine weitgehende Isolation innerhalb des Ostblocks, sondern überdies einen Verlust von selbstverständlicher Übereinstimmung bis in die Führungsgruppen des Parteiapparates auf regionaler Ebene, auf der Ebene der wissenschaftlichen Beratungsinstitute und sogar vieler Großbetriebe.[4]

Als am 02. Mai 1989 von Ungarn aus die Sperranlagen zu Österreich abgebaut wurden, ging es den Ungarn in erster Linie nicht um ein Durchbrechen der Geschlossenheit des Ostblocks, sondern vielmehr um einen Beweis für die Respektierung der Menschenrechte und zudem um eine Erhöhung ihrer Chancen zur Aufnahme in den Internationalen Währungsfonds.[5] Ungarn hatte damit als erster osteuropäischer Staat den Eisernen Vorhang, der die Menschen in Europa über 40 Jahre lang trennte, beseitigt.

Für die DDR bedeutete dies, daß immer mehr ihrer Bürger über den Umweg der westdeutschen Botschaft von Budapest, später auch der Botschaften von Prag und Warschau, in den Westen zu fliehen versuchten. Die Öffnung der Grenzen schuf erstmals seit 1961 eine Situation, in der sich die Menschen in der DDR nicht mehr unentrinnbar mit den Begebenheiten im eigenen Lande arrangieren mussten, sondern sich der Umklammerung des SED-Staates entziehen konnten. Faktisch bröckelte damit auch das Fundament der SED-Herrschaft, die Unentrinnbarkeit ihres Machtanspruchs, ganz erheblich.[6]

Bereits im September und Oktober 1989 organisierten sich die vier wichtigsten Oppositionsparteien Neues Forum, Demokratischer Aufbruch, Demokratie Jetzt und Sozialdemokratische Partei. Wichtigste Bürgerbewegung war lange Zeit das Neue Forum, welches am 09. September 1989 an die Öffentlichkeit trat. Die Stärke dieser Bewegung lag darin, daß sie keine Partei im engeren Sinne darstellte, sondern vielmehr eine Plattform für den kritischen Dialog war.[7]

Besonders fatal war es zudem, daß zeitgleich zu diesen dramatischen Entwicklungen Erich Honecker wegen einer Krankheit seine Ämter nicht wahrnehmen konnte und der SED damit die überragende Entscheidungskompetenz des Generalsekretärs fehlte. Selbst als Ungarn am 10./11. September 1989 in einem einseitigen Akt den DDR-Bürgern die Ausreise nach Österreich gestattete und sich die Lage damit erheblich zuspitzte, wagte es niemand in der SED-Spitze, das Ruder herumzureißen.[8] Man wartete vielmehr die Rückkehr des Parteichefs ab. Bis Ende September 1989 kommen so mehr als 25.000 Übersiedler in die Bundesrepublik.

Als am 25. September die CSSR-Führung warnte, daß die Situation der Flüchtlinge in der Prager Botschaft außer Kontrolle gerate, rang sich der wiedergenesene Parteichef Honecker zu Konzessionen durch. Die Botschaftsflüchtlinge durften über das Gebiet der DDR in die Bundesrepublik ausreisen. Dies galt sowohl für die 800 Botschaftsflüchtlinge in Warschau wie auch für die 5500 Flüchtlinge in Prag. Die DDR-Führung begründete ihre Entscheidung mit der unhaltbaren Situation in den Botschaften und bezeichnete die Ausreiseaktion als Abschiebung. In einer offiziellen Stellungnahme der amtlichen DDR-Nachrichtenagentur ADN hieß es dazu, daß die Flüchtlinge durch ihr Verhalten "ihre Heimat verraten" haben und daß man ihnen "keine Träne nachweinen" werde.[9]

Doch die von der SED-Führung nicht zuletzt auch im Hinblick des bevorstehendes 40. Jahrestages der Gründung der DDR erhoffte Entspannung der Lage blieb aus. Vielmehr wurden hierdurch weitere Fluchtwellen provoziert, die das Regime weiter destabilisierten.[10] Nur kurze Zeit nach dieser ersten Ausreiseaktion befanden sich nämlich abermals Hunderte bzw. Tausende Fluchtwillige in den Botschaften.

2.2. Der 09. Oktober

Die Festansprache Honeckers anlässlich des 40. Gründungstages der DDR führte jedem den völligen Realitätsverlust des Generalsekretärs vor Augen.[11] In der unter dem Motto "Vorwärts immer, rückwärts nimmer" stehenden Veranstaltung ging Honecker mit keinem Wort auf die bedrohliche Situation im Innern ein, sondern bezeichnete sie vielmehr als Verleumdungen seitens des Gegners und gab somit nach altbewährtem agitatorischem Muster diesem die Schuld an der explosiven Stimmungslage der Bevölkerung.

Vor und während der Feierlichkeiten zum 07.Oktober kam es in vielen Städten der DDR zu Massenprotesten gegen das SED-Regime. Besonders gefährlich war die Lage in Leipzig. Die DDR-Führung hatte angesichts der an Schärfe zunehmenden Montagsdemonstrationen starke Einsatzkräfte rund um Leipzig zusammengezogen. Es bestand die Gefahr eines Blutbades und eines sich daran möglicherweise anschließenden Bürgerkrieges. Honecker hatte bereits in einem am 26. September erlassenen Geheimbefehl Nr.8/89 auf zu erwartende Ausschreitungen eindeutig formuliert: " Sie sind von vornherein zu unterbinden." Darüber hinaus wurde in diesem Befehl darauf hingewiesen, daß "... feindliche Aktionen offensiv verhindert werden sollen."[12] Es bestand die Gefahr einer chinesischen Lösung des Problems.

In dieser bedrohlichen Situation wird es allgemein als ausschlaggebend zur Vermeidung von Konfrontationen angesehen, daß sich verantwortungsbewusste Kräfte aus unterschiedlichen politischen Lagern trafen, um dem Kreislauf von Gewalt Einhalt zu gebieten. In einem gemeinsamen Appell des Karikaturisten Lange, des Pfarrers Zimmermann und des Professor Masurs mit drei führenden Funktionären der SED-Bezirksleitung riefen beide Seiten zu Besonnenheit und Friedfertigkeit auf. Dies war sicher ein entscheidendes Signal, welches zum friedfertigen Verlauf der Demonstrationen vom 09.Oktober (70.000 Menschen) und 16.Oktober (120.000 Menschen) in Leipzig beitrug. Die entscheidende Rolle aber spielte wohl der Wille der zwar angsterfüllten, aber dennoch nicht weichenden friedfertigen Menschen in der Innenstadt. In einem Tagesbericht dazu hieß es:

"Der Geist der Friedfertigkeit und der Gewaltlosigkeit breitete sich aus unter den Versammelten. Jeder hielt gleichsam seinen Nachbarn fest. Und dieser Geist ging mit den Menschen hinaus auf den Platz, der so dicht gedrängt voller Demonstranten war, daß jeder meinte, für die Gottesdienstbesucher sei kein Platz mehr. Aber sie mischten sich unter die anderen, und die Kraft steckte an, und wieder und wieder rief es einer dem anderen als Ermunterung und Ermutigung zu: "Keine Gewalt!" und "Wir sind das Volk!" Gegen alle übermacht der bewaffneten Kräfte, die bereit waren, nach chinesischem Vorbild zuzuschlagen, gelang den 70.000 der erste Marsch rund um die Innenstadt."[13]

[...]


[1] vgl. Bahrmann/Links 1990,S.5

[2] Glaeßner 1991,S.19

[3] vgl. Oldenburg 1991,S.11

[4] ebd.,S.32

[5] vgl. Grabner 1990,S.19

[6] vgl. Graeßner 1991,S.19

[7] vgl. Oldenburg 1991,S.25

[8] Oldenburg 1991, S.13f.

[9] vgl. Helwig 1990,S.134

[10] vgl. Oldenburg 1991,S.14

[11] vgl. Schneider 1990,S.12

[12] zit.n. Helwig 1990,S.13

[13] zit.n. Helwig 1990,S.12

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die friedliche Revolution in der DDR
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Politikwissenschaft, Internationale Politik)
Veranstaltung
Die Neue Europäische Friedensordnung nach den Reformprozessen in den vormaligen WVO-Staaten 1989/90
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V6262
ISBN (eBook)
9783638138734
Dateigröße
557 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Revolution, Neue, Europäische, Friedensordnung, Reformprozessen, WVO-Staaten
Arbeit zitieren
Thorsten Lemmer (Autor:in), 2002, Die friedliche Revolution in der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6262

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