Der Stilbegriff in der Musik


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Stil als universales Phänomen

3. Der Stilbegriff in der Musik
3.1. Definition und Abwandlung
3.2. Historischer Hintergrund
3.3. Stilkunde und Funktionen der Musik
3.4. Markennamen

4. Einflussbereiche der Musik oder Musik als Beeinflussungsmittel
4.1. Musik als Ausdrucksmittel
a. Musik als Kommentar
b. Musik zu bestimmten Anlässen
c. Musik als Begleitung
d. Musik als Statussymbol

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dem von mir besuchten Seminar „Anthropologie der Literatur“, befassten wir uns mit verschiedenen Texten zu diesem Thema, die in einem gleichnamigen Sammelband erschienen sind. Der Aufbau des Seminars war ähnlich strukturiert, wie der Aufbau des Buches. Mit Hilfe der Buchtexte gingen wir, Schritt für Schritt, die einzelnen Punkte unseres Themas durch. Die ersten Texte halfen uns den Einstieg in dieses zu definieren, danach besprachen wir Themen wie Phantasie, Traum, Erzählen und Figuren, bis wir schließlich zu den gestaltenden Formen innerhalb der Literatur kamen. Um die vielen Texte ausführlicher besprechen zu können, wurden wir innerhalb der Seminarteilnehmer in kleinere Studiengruppen aufgeteilt, die sich dann jeweils mit einem bestimmten Text näher auseinandersetzten. Dabei befasste meine Studiengruppe sich intensiv mit dem Text über Stil[1]. Dieses „Phänomen“ übt für mich als angehende Kulturwissenschaftlerin einen gewissen Reiz aus, der sich über die Grenzen der Literaturwissenschaften hinaus erstreckt. Da ich außerdem Musik im Nebenfach studiere, möchte ich mit dieser Arbeit versuchen, die von Dr. Uwe Spörl verfassten Thesen über den Stil allgemein, und im Besonderen in der Literatur, auf den Bereich der Musik auszudehnen und zu erweitern. Schon während des Lesens fielen mir Parallelen und Beispiele innerhalb der Musik ein, welche ich näher erläutern möchte. So kann man zum Beispiel bei vielen Musikstücken nur anhand der Art wie es komponiert wurde erkennen, von wem es ist. Bei dieser Arbeit sollen nicht die verschiedenen Musikarten oder Stile im Mittelpunkt stehen, vielmehr sollen vor allem die unterschiedlichen

(Lebens-)Bereiche beleuchtet werden, in denen Musik ihren Ausdruck findet. Ich werde also versuchen, den Musikstilbegriff aus geisteswissenschaftlicher Perspektive heraus zu betrachten und weniger aus musikalischer Sicht. Im folgenden Kapitel werde ich zunächst den Text von Dr. Spörl zusammenfassen, um den Leser mit den darin enthaltenen Thesen vertraut zu machen, und damit den Einstieg in diese weiterführende Arbeit zu erleichtern. Anschließend werde ich den Begriff des Musikstils näher erläutern und auf seine Ursprünge eingehen, bevor ich im vierten Abschnitt dieser Arbeit auf die vielen Einflussbereiche, auf die die Musik einwirkt, zu sprechen komme. Zum Abschluss werden die von mir aufgezeigten Ergebnisse dieser Arbeit im fünften Abschnitt noch einmal zusammengefasst und ausgewertet.

2. Stil als universales Phänomen

„Stilerkennung ist ein wesentlicher Aspekt des Verstehens von Kunstwerken und den Welten, die sie repräsentieren.“[2] Mit diesem Zitat von Nelson Goodman beginnt Spörl seinen Aufsatz über das Thema Stil. Er geht davon aus, dass diese These von Goodman richtig ist und erweitert sie noch, indem er den Aspekt der Stilerkennung nicht auf das Verstehen von kulturellen Welten beschränkt, sondern auch auf die Orientierung in kulturellen Welten ausdehnt.[3] Er stellt zwei Thesen auf, die er innerhalb des Textes nachweisen kann.

Seine erste These geht davon aus, dass Stil ein ästhetisches Phänomen ist, „…das nicht nur im engeren disziplinären Zusammenhang bestimmter Kunstwissenschaften, etwa der Literaturwissenschaft, von Bedeutung ist, sondern auch in den verschiedensten ästhetisch-sozialen Handlungsfeldern des kulturellen Lebens.“[4]

Seine zweite These besagt, dass das Phänomen Stil in allen Kulturen und Handlungsfeldern auftreten kann und diesem eine universale Bedeutsamkeit zukommt. Dabei lässt diese Bedeutsamkeit innerhalb der kulturellen Handlungszusammenhänge die Vermutung zu, dass sie „…als anthropologische Konstante anzusehen ist oder … auf anthropologisch konstanten menschlichen Dispositionen »aufsetzt«“[5].

Innerhalb seines Aufsatzes verdeutlicht er seine Thesen, indem er zunächst darauf eingeht, wo der Begriff „Stil“ überhaupt eine Verwendung findet. Aus historischer Sicht beleuchtet er die Entwicklung des Begriffs hin zu der Form, in welcher wir ihn heute kennen und nutzen. Tatsächlich ist dieser heutzutage fast in allen Bereichen des täglichen Lebens zu finden.

Seinen Ursprung jedoch hat der Stil in der Rhetorik, wo der Begriff zunächst ausschließlich für bestimmte Schreibarten und die Sprache betreffend verwendet wurde. In der Neuzeit etabliert sich der Ausdruck „Stil“ auch zur Bezeichnung bestimmter Arten des Redens, Schreibens und Dichtens.[6] Der Ausdruck „maniera“ bezeichnet ähnliches im Bereich der bildenden Künste. Am Anfang konkurrieren die Begriffe „Stil“ und „maniera“ noch miteinander. Im Verlauf der Frühen Neuzeit wird dann der „Manier“ der Individualstil zugeordnet, während sich der Stil-Begriff auch in anderen Bereichen, wie Musik und Kunst, als Bezeichnung bestimmter Art und Weisen von etwas festigt[7]. Im Verlauf des 18.Jahrhunderts kann sich der Begriff des Stils auch auf den „lebensweltlichen Bereich“ ausdehnen. Bis es schließlich im 19. und 20. Jahrhundert zu einer totalen „Expansion des Stilbegriffs“ kommt, und dieser in fast allen Lebensbereichen eine Verwendung findet. Hierzu gibt Spörl einige Beispiele aus dem Bereich der Philosophie und anderen Wissenschaften und weist darauf hin, dass der Begriff des Stils inzwischen auch auf Kleidungsgewohnheiten, Musikgeschmäcker und ähnliches angewandt werden kann. Dem Stilbegriff scheint „...»nichts Menschliches mehr fremd« zu sein.“[8]

Im zweiten Teil seines Aufsatzes geht Dr. Uwe Spörl auf die verschiedenen Stilbegriffsformen und deren Unterschiede ein. Er unterteilt diese in sieben Kriterien.

Im ersten Kriterium stellt sich das „Wie“, also die Art und Weise von etwas, dem „Was“, also dem Inhalt oder Kontext, gegenüber. Hierbei wird die Frage aufgeworfen, inwieweit das „Was“ tatsächlich vom „Wie“ abhängt. Einige Stiltheoretiker sind laut Spörl der Auffassung, dass es kein vom „Wie“ unabhängiges „Was“ gibt. Nelson Goodman relativiert diese Annahme, indem er die Differenzierung von Form und Inhalt auf die jeweilige Symbolisierungsabsicht des betreffenden Gegenstandes zurückführt.[9] Einige Stilbegriffe können durch ihre präzisen Vorgaben wie etwas zu sein hat, einengen und ausgrenzen besagt das zweite Kriterium, welches Spörl hier zu bedenken gibt. Kriterium drei und vier liegen dicht beieinander. Im dritten geht es um die Funktion „sozialer Sichtbarkeit“, welches durch zwei unterschiedliche Verfahren, das „opting in“ und das „opting out“, dargestellt wird. Das „opting in“ bezeichnet die bewusste Entscheidung für eine bestimmte Art von Stil, während das „opting out“ die Abwendung von einem bestimmten Stil meint. Das vierte Kriterium widmet sich den „Quasi-Normen“. Damit sind sekundäre Normen gemeint, an denen man sich orientieren muss, selbst, oder vor allem wenn man von einem bestimmten Stil abweichen will. Zum Beispiel, wenn man sich von der „normalen“ Gesellschaftsform abwendet und seine politischen Ideale durch die Kleidung oder eine bestimmte Form der Haarfrisur ausdrückt, wie das in der Punkszene geschieht. Dann unterliegt man vielleicht nicht mehr den Regeln der „normalen Gesellschaft“, dafür aber anderen Regeln, die sich daraus ergeben, dass man eben nicht so sein will wie von der Gesellschaft vorgeschrieben. Man darf sich also nicht nach den typischen Gesellschaftsregeln verhalten, und ist somit gezwungen, bestimmte Dinge zu unterlassen, um sich von diesem Stil zu differenzieren. Damit unterliegt man wiederum Regeln, diese werden als „Quasi-Normen“[10] bezeichnet. Das fünfte Kriterium befasst sich mit der Frage, ob man Stil als ganzheitliche Gestalt ansehen sollte, welche von ihren Stilmerkmalen oder Stilindikatoren relativ unabhängig zu betrachten ist. Das sechste Kriterium befasst sich mit den Wirkungen, Funktionen und Zielsetzungen, auf denen Stilphänomene beruhen. Hierbei unterscheidet Spörl in „Stil als Signatur“, „Stil als Physiognomie“ und „Stil als Ausdruck“[11]. Im siebten und letzten Kriterium geht es um das Spannungsfeld von Intention und Rezeption. „Ein Stil wird – so mein Vorschlag – geradezu dadurch bestimmt, wie, mit welchen Interessen, Voraussetzungen, Annahmen, Kenntnissen usw. er rezipiert wird bzw. werden kann.“[12]

Im dritten Kapitel, „Stil als ästhetisches Zeichen“, versucht Spörl ein kulturwissenschaftliches Stilkonzept zu entwickeln, welches aufzeigen soll, inwiefern Stilphänomene als ästhetisches Zeichen anzusehen sind. Dabei geht er erstens davon aus, dass Stil als etwas anzusehen ist, das Handlungen zukommt. Und zweitens, das Stil als ein ästhetisches Phänomen anzusehen ist, dass auf Wahrnehmungen basiert.[13] Er beruft sich dabei auf Goodmans „Symptome des Ästhetischen“ aus dessen „Entwurf einer Symboltheorie“[14], und wendet die ersten drei davon auf den Stilbegriff an.

Der vierte Abschnitt über die „Anthropologie des Stils“ verdeutlicht noch einmal die historische Komponente des Stilphänomen und versucht anhand von zahlreichen Literaturverweisen zu beweisen, inwieweit diese tatsächlich „…»uralte« anthropologische Grundbefindlichkeiten betreffen oder auf ihnen beruhen.“[15] So geht Spörl davon aus, dass funktionale oder kausale Gesetzmäßigkeiten ermittelbar sind, wenn es sich um ästhetische Phänomene wie Stil handelt, dass diese Beschreibungen aber nicht dazu geeignet sind, die qualitativen Aspekte dieser Phänomene zu erklären. Dabei verweist er auf den Begriff der „Emergenz“ wie ihn Ansgar Beckermann verwendet hat[16].

Schließlich wendet der Verfasser im fünften und letzten Kapitel seine zuvor aufgestellten Theorien im Zusammenhang mit den Literaturwissenschaften an. Dabei verdeutlicht er, dass bei der künstlerischen Verwendung von Sprache, zum Beispiel in der Produktion von Literatur Absicht unterstellt werden kann, nicht aber bei der Wahl eines bestimmten Stils. Wenn ich das richtig verstehe, bedeutet das, dass der Schriftsteller zwar Einfluss darauf hat was er für ein Werk schreibt, dabei aber nicht die Möglichkeit hat, den eigenen Schreibstil bewusst zu verändern. Allerdings weist Dr. Spörl darauf hin, dass der Stil als künstlerische und funktionale Gestaltungsmöglichkeit anzusehen ist, welcher damit eine bestimmte Wirkungsabsicht und Funktion zugewiesen werden kann[17].

[...]


[1] Spörl, Uwe: Stil als universales Phänomen; Bemerkungen zu einem bestimmten Typ kultureller Zeichenverwendung, in: Eibl, Karl; Engel, Manfred; Zymner, Rüdiger (Hrsg.): Anthropologie der Literatur. Poetogene Strukturen und ästhetisch-soziale Handlungsfelder, mentis Verlag GmbH, Paderborn 2004, S. 175 – 200.

[2] Goodman, Nelson: Weisen der Welterzeugung. Übers. v. Max Looser [Ways of Worldmaking, 1978]. Frankfurt/Main 1990, S.58, zit. Nach. Spörl, Uwe: Stil als universales Phänomen; Bemerkungen zu einem bestimmten Typ kultureller Zeichenverwendung, in: Eibl, Karl; Engel, Manfred; Zymner, Rüdiger (Hrsg.): Anthropologie der Literatur. Poetogene Strukturen und ästhetisch-soziale Handlungsfelder, mentis Verlag GmbH, Paderborn 2004, S. 175.

[3] Vgl. Spörl (Anm. 1), S. 175.

[4] Ebd., S. 176.

[5] Ebd., S. 176.

[6] Vgl. ebd., S. 179.

[7] Vgl. Spörl (Anm. 1), S. 179.

[8] Ebd., S. 183.

[9] Vgl. ebd., S. 183-184.

[10] Vgl. Spörl (Anm. 1), S. 185-186.

[11] Vgl. ebd., S. 188.

[12] Ebd., S. 189.

[13] Vgl. ebd., S. 190.

[14] Goodman, Nelson: Sprachen der Kunst. Entwurf einer Symboltheorie. Übers. v. Bernd Philippi [Languages of Art. An Approach to a Theory of Symbols, 1969]. Frankfurt/Main 1997, S.232 zit. Nach. Spörl, Uwe: Stil als universales Phänomen; Bemerkungen zu einem bestimmten Typ kultureller Zeichenverwendung, in: Eibl, Karl; Engel, Manfred; Zymner, Rüdiger (Hrsg.): Anthropologie der Literatur. Poetogene Strukturen und ästhetisch-soziale Handlungsfelder, mentis Verlag GmbH, Paderborn 2004, S. 191.

[15] Spörl (Anm. 1), S. 193.

[16] Vgl. ebd., S. 193-194.

[17] Vgl. Spörl (Anm. 1), S. 199.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Der Stilbegriff in der Musik
Hochschule
Universität Bremen  (Fachbereich 9 - Kulturwissenschaft)
Veranstaltung
Anthropologie der Literatur
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V62250
ISBN (eBook)
9783638555241
ISBN (Buch)
9783638766210
Dateigröße
519 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stilbegriff, Musik, Anthropologie, Literatur
Arbeit zitieren
MA Mirja Freye (Autor:in), 2005, Der Stilbegriff in der Musik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62250

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