Wachsende Stadt Hamburg - Kritische Betrachtungen einer unternehmerischen Kulturpolitik


Hausarbeit, 2006

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Hamburger Kulturpolitik
2.1 Metropole Hamburg – Wachsende Stadt und Hamburg Marketing
2.2 Kulturbehörde Hamburg
2.3 Hamburger Leitprojekte

3. Creative City - Konzept

4. Creative Class - Ansatz

5. Kritik an einer unternehmerischen Kulturpolitik

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Internetverzeichnis

1. Einleitung

Im Rahmen der Globalisierung und des freien Waren-, Dienstleistungs- und Arbeitnehmerverkehrs in der Europäischen Union stehen die städtischen Metropolen heute in einem Wettbewerb um ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital. Zu den Ende der 80er-Jahre aufkommenden kulturökonomischen Überlegungen mit Forderungen nach einer Professionalisierung der Kulturbetriebe und einer stärkeren Effizienz- und Nachfrageorientierung gesellen sich nun außerdem kulturpolitische Strategien, welche Kultur als Standortfaktor in den Mittelpunkt rücken und die Bedeutung der kreativen Vielfalt einer Stadt als Lockmittel für Unternehmer und Akademiker und als Basis für eine neue ökonomische Produktivität der Städte hervorheben. Die Erzeugung kreativer Milieus und Bereitstellung eines breiten Angebots kultureller Konsummöglichkeiten ist Teil eines umfassenderen Konzepts, innerhalb dessen Kulturpolitik als Teil einer städtischen Markenpolitik und einer Marktlogiken folgenden Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik angesehen wird.

Das Regierungsprogramm 2004-2008 der christdemokratischen Regierung Hamburgs stellt ein Beispiel eines Stadtentwicklungskonzeptes dar, welches die Wirtschafts-, Sozial- und Kulturpolitik an einer allen übergeordneten Wettbewerbs- und Imagepolitik unter dem Leitbild der Wachsenden Stadt ausrichtet. Im Folgenden möchte ich die Leitgedanken dieses Programms und an einigen Beispielen Aspekte der Kultur- und Stadtentwicklungspolitik Hamburgs vorstellen, um sie anschließend in das Creative City - Konzept Charles Landrys einzuordnen. Das Creative City - Konzept beschreibt eine neue Methode der strategischen Stadtplanung, nach der sich die Erzeugung kreativer Milieus und die daraus folgende Attraktivität einer Stadt gezielt beeinflussen lässt, und spiegelt sich teilweise in der Hamburger Kulturpolitik wider, wobei diese aber wichtige Aspekte vernachlässigt. Des Weiteren werde ich den Creative Class - Ansatz Richard Floridas vorstellen, der ebenfalls in seiner Grundidee in der Hamburger Marketing-Strategie wieder zu erkennen, ist. So bezieht sich der Geschäftsführer der Marketing GmbH Hariolf Wenzler in einem Welt-Interview auch auf Richard Florida[1]. Eine Gegenüberstellung der weiteren Gedanken Richard Floridas mit der Kulturpolitik und dem Kulturmarketing Hamburgs wird jedoch zeigen, dass sich der Creative Class - Ansatz hier nur unzureichend widerspiegelt.

Im letzten Abschnitt möchte ich die Ökonomisierung der Kulturpolitik und deren Folgen kritisierende Ansätze näher darstellen und dabei diesen zugrunde liegende Begriffe wie „Neue Urbanität“, „Festivalisierung“ und „Disneyfizierung“ erläutern und dabei die Kulturpolitik Hamburgs anhand dieser Ansätze kritisch bewerten und abschließend Hamburger Kulturprojekte vorstellen, die sich zu ihrer Gegnerschaft zur Hamburger Kultur- und Stadtentwicklungspolitik bekennen.

2. Hamburger Kulturpolitik

2.1 Metropole Hamburg – Wachsende Stadt und Hamburg Marketing

Das Regierungsprogramm 2004-2008 der christdemokratischen Regierung Hamburgs stellt ein strategisches Stadtentwicklungskonzept dar, welches alle politischen Maßnahmen an dem Leitbild der „Wachsenden Stadt“ ausrichtet und dessen Ziel es ist, Hamburg als pulsierende Metropole von internationaler Ausstrahlung zu vermarkten. Die Marke „Hamburg“ steht danach im weltweiten Wettbewerb mit anderen Großstädten, und es gilt, die für die Attraktivität einer Stadt entscheidenden Dimensionen „Wertschöpfung“, „Bevölkerung“, „Lebensqualität“, „Kultur“ und „Wissenschaft“ gezielt und in positiver Hinsicht zu gestalten und zu fördern, um somit Unternehmen, Touristen und kreatives Potential anzulocken und die Stadt im internationalen Wettbewerb zu einer der „World Winning Cities“ zu machen. Voraussetzung dafür ist eine ganz auf das Leitbild ausgerichtete wirtschaftsfreundliche und durch strategische Investitionen den Wachstumskurs beschleunigende Finanzpolitik. Die besonders den Mittelstand fördernden Maßnahmen, ein durch gezielte politische Maßnahmen geförderter und durch die Attraktivität der Stadt ausgelöster Zuzug von Fachkräften, Investoren und kreativem Potential sollen zu einem überdurchschnittlichen Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum führen, was Grundlage einer weiteren Verbesserung der verschiedenen Qualitäts- und Anziehungsfaktoren der Stadt und weiteren Wachstums ist.

Im Mittelpunkt einer die Lebensqualität und Attraktivität der Stadt steigernden Politik steht auch die Förderung des Kultur- und Freizeitangebotes durch gesellschaftliche Akteure einbindende Public Private Partnerships mit der Konzentration auf Leuchtturmprojekte von internationaler Ausstrahlungskraft[2], um so den Ruf Hamburgs als Kulturmetropole weiter auszubauen. Hervorgehoben werden dabei Großevents und Großprojekte wie die Hafencity mit die Elbphilharmonie und das Tamm-Museum, die Ballin-Stadt und das Musikzentrum St. Pauli, aber auch die Jugendkulturförderung, um Hamburgs Anziehungskraft weiter zu stärken.[3] Um die Marke „Hamburg“ noch bekannter zu machen, sollen sämtliche Kulturaktivitäten gebündelt und geschlossen vermarktet werden[4].

Im Rahmen einer Cluster basierten Wirtschaftspolitik, die innovative, Erfolg versprechende Geschäftsfelder gezielt fördert, stehen u.a. die Weiterentwicklung Hamburgs als Medienstandort, seine Stärkung im internationalen Wettbewerb und der Ausbau einer Vernetzung der Mediensparten und eines so genannten Kompetenzclusters, welches Unternehmen, Dienstleister, Hochschulen sowie Forschungs- und Bildungsinstitute miteinander vernetzt, im Mittelpunkt.[5]

Hamburgs Attraktivität soll zudem durch eine architektonische Highlights fördernde kostenintensive Stadtentwicklungspolitik[6] und eine verbesserte Sicherheitspolitik in Form höherer polizeilicher Präsenz und erweiterter Überwachungsmaßnahmen durch Videokameras gesteigert werden[7]. Als Beispiele sind die Umgestaltung des Jungfernstiegs zu einem Prachtboulevard, die Neugestaltung des Spielbudenplatzes in St. Pauli, der Bau der Europa-Passage und die Neubebauung des Domplatzes sowie das Hafen-City-Projekt mit der Elbphilharmonie und der Maritimen Erlebniswelt zu nennen[8].

Für ein erfolgreiches Standortmarketing wurde die Hamburg Marketing GmbH, ein Gemeinschaftsbetrieb der Stadt Hamburg und der Handelskammer, gegründet. Sie soll die Marketing-Aktivitäten Hamburgs bündeln, Hamburgs Kompetenzen zu einem stimmigen Gesamt-Image Hamburgs, der Marke „Hamburg“, verschmelzen und die zentralen Inhalte des Leitbildes „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“ nach außen kommunizieren. Die politischen Leitprojekte, koordiniert durch die Marketing GmbH und zusammengefasst in den Markenbegriffen „Sprung über die Elbe“, „Sportstadt Hamburg“, „Welcome to Hamburg“, „Hamburg – Metropole des Wissens“ und „Kulturmetropole Hamburg“, dienen dazu, das Leitbild „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“ erlebbar und leichter kommunizierbar zu machen, die Identifikation der Bürger der Region mit diesem Konzept zu stärken[9] und die Marke Hamburg zum „metropolen Trendsetter“ werden zu lassen, um im Wettbewerb der Wirtschaftsregionen um kreative, innovative und hoch qualifizierte Menschen vorn zu liegen.

Statt eine breite Image-Kampagne zu schalten, setzt die Marketing GmbH auf Anlass bezogenes Marketing, d.h. sie schafft systematisch Anlässe, die sich mit Marketing-Aktivitäten begleiten und zu einer Gesamtstrategie von einheitlicher Kommunikation und Widererkennbarkeit durch die Penetration grundlegender Hamburger Werte und der Eingliederung in die Leitprojekte zusammenfassen lassen.[10]

2.2 Kulturbehörde Hamburg

Zentrale Entscheidungsinstanz in der Kulturpolitik ist die Kulturbehörde Hamburg. Sie entscheidet über die Vergabe kultureller Fördermittel und unterstützt mit diesen Museen, bildende Kunst, Theater, Musik, Literatur, Film, Öffentliche Bücherhallen, Stadtteilkultur, Kinder- und Jugendkultur, Kulturaustausch und Denkmalschutz. Außerdem berät sie Künstler und kulturelle Vereinigungen in einer Kulturmanagement-Sprechstunde, mit Unterstützung durch das Institut für Kultur- und Medienmanagement der Hochschule für Musik und Theater Hamburg[11]. Das Institut für Kultur- und Medienmanagement steht dabei, wie sich durch Veranstaltungsangebot und Lehrkräfte erschließen lässt, für eine Form des Kulturmanagements, die einen Ausbau der Kooperation von Wirtschaft und Kultur anstrebt und für den Ausbau der privaten Kulturfinanzierung eintritt.[12]

Die Konzentration auf die privatwirtschaftliche Initiative und den Rückzug des Staates aus der Kulturfinanzierung in Hamburg lässt sich auch an dem großen Anteil der Hamburger Kultureinrichtungen, darunter Öffentliche Bücherhallen, die Hamburger Kunsthalle, das Museum für Kunst und Gewerbe, das Museum für Völkerkunde, das Museum der Arbeit, die Hamburger Staatsoper, das Deutsche Schauspielhaus, das Thalia-Theater, das Kulturzentrum Kampnagelfabrik, die Deichtorhallen und die Filmförderung Hamburg ablesen, die als Stiftungen oder GmbHs geführt werden. Damit stehen die Kulturbetriebe nicht in direkter kameralistischer Verwaltung der Kulturbehörde und sind neben der öffentlichen Förderung zum Einwerben privater Fördermittel und zu eigener privatwirtschaftlicher Initiative aufgefordert. Die Kulturbehörde hat die Ausgaben in ihren Haushaltsplan von 2002 bis 2006 um 35 Mio. Euro senken können, darunter die Zuwendungen um 7 Mio. Euro, wobei der Anteil der Zuwendungen bei fast allen Kultureinrichtungen weiterhin sehr hoch ist, jedoch öffentliche und private Zuwendungen nicht aufgeschlüsselt werden.[13]

Auch die Stadtteilkulturzentren, ursprünglich ein kulturelles Experimentierfeld für alle jenseits ökonomischer und Professionalitätszwänge und mit einer sozialen, integrierenden Funktion[14], werden durch die Kulturbehörde mit kulturökonomischen Überlegungen konfrontiert und mit Forderungen nach einer Professionalisierung ihres Kulturbetriebs und einer stärkeren Effizienz- und Nachfrageorientierung konfrontiert. Anhand eines Kennzahlensystems werden im Anschluss an eine gemeinsame Zieldefinition durch Kulturbehörde und Stadtteilkulturzentrum sowie Festlegung geeigneter Auswertungskriterien Erfolgskontrollen durchgeführt[15], welche u.a. Aufwand und Ausgaben und die Resonanz und die Einnahmen durch die Veranstaltungen zueinander in Beziehung setzen. Zudem wird der Anteil der Eigeneinnahmen gemessen, der im Vergleich mit anderen, öffentlich geförderten Kultureinrichtungen relativ hoch und in den vergangenen Jahren von 33,40 auf 37,77% angewachsen ist[16]. Die Kennzahlen sind nach Aussage der Kulturbehörde sowohl für die Träger als auch für den Zuwendungsgeber eine Grundlage zur Einschätzung des Leistungsstandes und zur Entwicklung weiterer Arbeitsperspektiven, um so eine bessere Qualitätssicherung und einen Beitrag zur Standortoptimierung gewährleisten zu können. Die Kulturbehörde bezeichnet dabei die Stadtteilkultur als Produktgruppe, deren Daten in verdichteter Form in den Haushaltsplan der Kulturbehörde eingehen.[17]

[...]


[1] Schirg, Oliver: 15 Millionen Euro für Hamburgs Marketing. Neue Gesellschaft soll internationale Kampagne entwickeln - Hariolf Wenzler designierter Geschäftsführer. In: http://www.welt.de/data/2003/10/07/179072.html

(heruntergeladen am 02.01.06)

[2] vergl. CDU Hamburg (Hrsg.): Hamburg im Aufwind – die Zukunft der Wachsenden Stadt gestalten. Regierungsprogramm 2004-2008, S.2f. In: http://www.cdu-hamburg.de/deutsch/32/32/27006/liste5.html (heruntergeladen am 11.12.06)

[3] vergl. ebd., S.11f

[4] vergl. Senat Hamburg (Hrsg.): http://www.wachsende-stadt.hamburg.de/grafikversion/projekte/leitprojekte/ kulturmetropole.php (heruntergeladen am 10.04.06)

[5] vergl. CDU Hamburg (Hrsg.): Hamburg im Aufwind – die Zukunft der Wachsenden Stadt gestalten. Regierungsprogramm 2004-2008, S.12 In: http://www.cdu-hamburg.de/deutsch/32/32/27006/liste5.html (heruntergeladen am 11.12.06)

[6] vergl. ebd., S.16

[7] vergl. ebd., S.18f

[8] vergl. Senat Hamburg (Hrsg.): http://www.wachsende-stadt.hamburg.de/grafikversion/wachsende_stadt/ internat_attraktivitaet/internat_attraktivitaet.php (heruntergeladen am 10.04.06)

[9] vergl. Senat Hamburg (Hrsg.): http://www.wachsende-stadt.hamburg.de/grafikversion/projekte/leitprojekte/ marketing.php (heruntergeladen am 10.04.06)

[10] vergl. Schirg, Oliver: 15 Millionen Euro für Hamburgs Marketing. Neue Gesellschaft soll internationale Kampagne entwickeln - Hariolf Wenzler designierter Geschäftsführer. In: http://www.welt.de/data/2003/10/07/179072.html (heruntergeladen am 02.01.06)

[11] vergl. Kulturbehörde Hamburg (Hrsg.): http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/kulturbehoerde/service/ beratungsangebote (heruntergeladen am 10.04.06)

[12] vergl. Institut für Kultur- und Medienmanagement (Hrsg.): http://www.kulturmanagement-hamburg.de/ (heruntergeladen am 10.04.06)

[13] vergl. Kulturbehörde Hamburg (Hrsg.): http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/kulturbehoerde/wir-ueber-uns/aufbau-kulturbeh_C3_ B6rde.html (heruntergeladen am 10.04.06)

[14] vergl. Heinrichs, Werner: Kulturpolitik und Kulturfinanzierung. Tabelle „Halbstaatliche Steuerungsstrukturen“, S.156

[15] vergl. Kulturbehörde Hamburg (Hrsg.): http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/kulturbehoerde/ service/stadtteilkultur/service/globalrichtlinie-stadtteilkultur-ladbare-dateien/anlage-4-erfolgskontrollen-pdf, property=source.pdf (heruntergeladen am 10.04.06)

[16] vergl. Kulturbehörde Hamburg (Hrsg.): http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/kulturbehoerde/service/ stadtteilkultur/service/erfolgsbilanz-stadtteilkultur-ladbare-dateien/leistungsdaten-2005pdf,property=source.pdf (heruntergeladen am 10.04.06)

[17] vergl. Kulturbehörde Hamburg (Hrsg.): http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/kulturbehoerde/ service/stadtteilkultur/ (heruntergeladen am 10.04.06)

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Wachsende Stadt Hamburg - Kritische Betrachtungen einer unternehmerischen Kulturpolitik
Hochschule
Universität Lüneburg  (Kulturorganisation und - vermittlung)
Veranstaltung
Zur Organisation von Kultur in der Stadt
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
26
Katalognummer
V62122
ISBN (eBook)
9783638554275
ISBN (Buch)
9783638922258
Dateigröße
559 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wachsende, Stadt, Hamburg, Kritische, Betrachtungen, Kulturpolitik, Organisation, Kultur, Stadt
Arbeit zitieren
Stephanie Ziplys (Autor:in), 2006, Wachsende Stadt Hamburg - Kritische Betrachtungen einer unternehmerischen Kulturpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62122

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