Wie Paare in modernen Industriestaaten sexuell werden


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

19 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt:

1. Einleitung

2. Erklärung zu den Begriffen „Paar“ und „Sexualität“

3. Implementierungsmuster der Sexualität in Zweierbeziehungen – Wie und wann werden Paare sexuell?

4. Verbreitung der Muster seit Mitte der 1980er Jahre bis heute
4.1 Sexualität ist an die Ehe gekoppelt
4.2 Sexualität ist an ein Heiratsversprechen gekoppelt
4.3 Sexualität ist an eine gewisse Bestandsdauer der Beziehung gekoppelt
4.4 Sexualität erfolgt zeitgleich mit der Paarbildung oder ist einer möglichen Paarbildung vorgelagert

5. Warum wartet die Mehrheit der Paare heute mit der ersten sexuellen Interaktion?

6. Und was wird normativ gefordert?

7. Zusammenfassung

8. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Das Thema der vorliegenden Arbeit lautet „Wie Paare in modernen Industriestaaten sexuell werden“. Ich habe mich dafür entschieden, weil ich darüber im Hauptseminar „Beziehungsanfänge – Wie die Liebe entsteht“ ein Referat gehalten habe, wodurch mein Interesse geweckt wurde. Mit „modernen Industriestaaten“ meine ich die Länder der westlichen Welt, so vor allem die deutschsprachigen Länder in Europa und die USA.

Die Leitfrage meiner Arbeit lautet: „Wie schnell werden Paare heute miteinander sexuell?“. Ich habe mich unter Berücksichtigung dieser Frage – und vor allem auch in Vorbereitung auf mein Referat – schon im Vorfeld belesen und erfahren, dass sich die Implementierungsmuster, also die Muster der sexuellen Aufnahme in einer Beziehung mit der Zeit gewandelt haben. Diesem Wandel werde ich – nach einer kurzen Einführung in verschiedene Begrifflichkeiten – nachgehen, wobei der Schwerpunkt meiner Arbeit auf der Verbreitung dieser Muster liegen wird.

Ich möchte demnach die Frage beantworten, wie schnell die meisten Paare heutzutage miteinander schlafen. Warten sie eine gewisse Zeit ab? Oder werden sie gleich zu Beginn ihrer Beziehung miteinander sexuell? Dabei werde ich auch versuchen, die Gründe für längeres Warten bzw. für schnelleres Miteinanderschlafen aufzuzeigen.

Die Arbeit bezieht sich vor allem auf vier Studien: Auf die empirischen Studien „Sexualität im sozialen Wandel“ von Clement (1986); „Intime Kommunikation“ von Gerhards / Schmidt (1992) und „Sexuelle Erfahrungen und Einstellungen junger Erwachsener“ von Boeger / Mantey (1998), sowie auf die qualitative Studie „Sexuelle Erfahrungen im Jugendalter. Aushandlungsprozesse im Geschlechterverhältnis“ von Dannenbeck / Stich (2002). Eine weitere Datengrundlage stellt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Emnid dar, die im Frühjahr 2005 in der Frauenzeitschrift „Lisa“ veröffentlicht wurde. Außerdem werde ich an einem Ratgeber für junge Menschen kurz darstellen, was normativ gefordert wird und ob dies dem wirklichen Verhalten von Paaren entspricht.

Ich werde mich auf den Zeitraum Mitte 1980er Jahre bis heute beschränken und keine schicht- oder altersbezogenen Unterscheidungen der Paare vornehmen.

Ich hoffe, mit dieser Arbeit das Interesse der Leser/innen für den Bereich der Aufnahme sexueller Interaktionen in Paarbeziehungen wecken zu können.

2. Erklärung zu den Begriffen „Paar“ und „Sexualität“

Der Begriff Paar bezeichnet zwei zusammengehörige Dinge, wobei es sich sowohl um Gegenstände als auch um Menschen handeln kann. Der in dieser Arbeit verwendete Paarbegriff bezeichnet immer zwei zusammengehörige Personen. Nun muss aber geklärt werden, in welchem genauen Verhältnis diese beiden Personen zueinander stehen müssen, damit sie ein Paar im Sinne der hier verwendeten Definition bilden: Zwei Menschen – in dieser Arbeit immer zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts – sind ein Paar, wenn sie eine Liebesbeziehung miteinander haben. Das heißt, sie müssen in einer persönlichen, auf Dauer angelegten, „festen“ Beziehung zueinander stehen, die sich durch einen hohen Grad an Verbindlichkeit auszeichnet, ein gesteigertes Maß an Zuwendung aufweist und die sexuelle Handlungen beinhaltet (vgl. Lenz 2003). Es soll hier also nicht um Geschwisterpaare oder Freundschaftspaare gehen, sondern um Paare, die sich zusammen in ein und derselben Zweierbeziehung befinden.

Wenn in dieser Arbeit von Sexualität gesprochen wird, sind immer die sexuellen Handlungen zwischen zwei Personen – die sich miteinander in einer Paarbeziehung befinden – gemeint. Es soll demnach um sexuelle Interaktionen gehen. Hier muss beachtet werden, dass sexuelle Interaktionen die verschiedensten Formen und Praktiken beinhalten können, so zum Beispiel das Streicheln, das Küssen, Petting oder Geschlechtsverkehr. In dieser Hausarbeit ist mit dem Begriff Sexualität nur der Geschlechtsverkehr, also der koitale Austausch, die Kohabitation gemeint. Wenn es um die Frage geht, wie schnell Paare sexuell werden, heißt das somit immer: „Wie schnell kommt es zum ersten Koitus?“.

3. Implementierungsmuster der Sexualität in Zweierbeziehungen – Wie und wann werden Paare sexuell?

Die Implementierungsmuster der Sexualität sind einem Wandlungsprozess unterworfen, der in diesem Kapitel dargestellt werden soll (vgl. Lenz 2005 und Sammet 2003).

(1) Implementierungsmuster: Aufschub der ersten sexuellen Interaktion bis nach der Heirat

Im bürgerlichen Paarungsmuster fand die erste sexuelle Interaktion zwischen zwei Menschen in der Hochzeitsnacht oder in der Zeit unmittelbar danach statt. Es war nicht gestattet, erste sexuelle Erfahrungen vor der Ehe zu machen. Dieses Gebot der vorehelichen Keuschheit war für die „anständigen“ Frauen verbindlich. Für Männer dagegen bestand eine „Doppelmoral“, denn sie erkannten das Sexualmonopol der Ehe an (das heißt keinen Sex vor der Ehe mit der späteren Ehefrau), aber Sex mit „leichten Mädchen“ oder mit Prostituierten wurde schon vor der Ehe akzeptiert.

Im bürgerlichen Modell wurden Paare (und hier sind nur die Ehepaare gemeint) demnach nicht sehr schnell miteinander sexuell, da sie mit dem ersten gemeinsamen Geschlechtsverkehr bis zur Hochzeit warten mussten.

(2) Implementierungsmuster: Aufschub der ersten sexuellen Interaktion bis zur Verlobung

In den 1950er Jahren war Sexualität bis zu einem gewissen Grade auch schon vor der Ehe erlaubt (zum Beispiel Küssen), aber der erste koitale Austausch war nur unter der Bedingung des Heiratsversprechens möglich, das heißt ein höheres Maß an Verbindlichkeit sowie ein fester Kontinuitätsglauben an die Beziehung waren vor allem für die Frauen Voraussetzungen für die Bereitschaft zum Koitus.

In diesen Jahren wurden Paare folglich schneller miteinander sexuell als im bürgerlichen Modell (nämlich noch vor der Ehe), aber mit dem ersten gemeinsamen Geschlechtsverkehr mussten die Partner auch doch wenigstens bis zu ihrer Verlobung warten. Somit haben auch in dieser Zeit Beziehungen schon eine Weile bestanden, bevor die Paare sexuell wurden.

(3) Implementierungsmuster: Aufnahme der ersten sexuellen Interaktion nachdem die Beziehung eine gewisse Zeit bestanden hat

In den 1970er Jahren gab es eine „sexuelle Revolution“, durch die es zu einer Entkopplung von Sexualität und Ehe gekommen ist. In dieser Zeit ist die Sexualität in die Anfangsphase einer Beziehung gerückt, das heißt der erste Geschlechtsverkehr war lange vor der Ehe möglich und er war auch nicht an die Bedingung eines Heiratsversprechens gebunden. Die einzige Voraussetzung für die erste sexuelle Interaktion war das Vorhandensein einer Beziehung über einen gewissen Zeitraum. Die Länge dieses Zeitraums war nicht festgelegt, sondern subjektiv bestimmbar.

Somit konnten Paare ab den 1970er Jahren schneller miteinander sexuell werden als in den 50ern. Der Unterschied zum zweiten Implementierungsmuster liegt darin, dass es hier nur noch eine Voraussetzung für die Aufnahme einer sexuellen Interaktion gibt, nämlich die eines gewissen Bestands einer Beziehung (und nicht mehr die eines Heiratsversprechens).

(4) Implementierungsmuster: Aufnahme der ersten sexuellen Interaktion zeitgleich mit der Paarbildung

Die sexuelle Liberalisierung hat sich auch nach den 1970er Jahren weiter fortgesetzt. Nun war es schon ganz zu Beginn einer Zweierbeziehung möglich, mit dem Partner sexuell zu werden. Damit war die Aufnahme einer sexuellen Interaktion nun weder an eine Hochzeit oder an eine Verlobung noch an einen gewissen Bestand einer Beziehung gebunden.

Paare wurden demnach etwa ab den 1990er Jahren noch schneller miteinander sexuell als in den 1970ern.

(5) Implementierungsmuster: Aufnahme der ersten sexuellen Interaktion ist einer möglichen Paarbildung vorgelagert

Bei diesem Muster tritt der sexuelle Austausch an den Anfang einer möglichen Beziehungsgeschichte und ist somit vollkommen unabhängig von einer (bestehenden) Beziehung (vgl. Kaufmann 2004).

Die Frage „Wie schnell werden Paare nach diesem Muster miteinander sexuell?“ kann man nicht direkt beantworten, weil diejenigen, die so sexuell miteinander verkehren, kein Paar im Sinne der obigen Definition darstellen, das heißt sie befinden sich (noch) nicht in einer Zweierbeziehung.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Wie Paare in modernen Industriestaaten sexuell werden
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Soziologie; Mikrosoziologie)
Veranstaltung
Hauptseminar: 'Beziehungsanfänge: Wie Liebe entsteht'
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V62073
ISBN (eBook)
9783638553919
ISBN (Buch)
9783656777526
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Paare, Industriestaaten, Hauptseminar, Liebe
Arbeit zitieren
Conny Raabe (Autor:in), 2005, Wie Paare in modernen Industriestaaten sexuell werden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62073

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