Konnte der Rat der 500 die angestrebte gleichmäßige Repräsentation aller Bevölkerungsgruppen erreichen

Die athenische Demokratie zwischen Idealismus und politischer Realität


Hausarbeit, 2003

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Entstehung des Rates der 500

2 Zusammensetzung des Rates der 500
2.1 Die Prytanie…

3 Aufgaben und politische Funktion des Rates der 500…
3.1 Das Verhältnis von Volksversammlung und Rat der 500 und die Stellung innerhalb des athenischen Staatswesens

4 Die politische Realität
4.1 Die geographische Lage
4.2 Die wirtschaftliche Situation
4.3 Das Alter

5 Zusammenfassung

6 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die athenische Demokratie wird immer wieder als Bezugspunkt für aktuelle Demokratien bemüht und häufig als deren Wiege bezeichnet. An dieser Tatsache lässt sich wohl kaum rütteln, was tritt aber bei einem detaillierteren Blick auf einzelne Institutionen des attischen Staatswesens[1] hervor? Ist es berechtigt, von einem Idealtypus zu sprechen oder müssen Abstriche getätigt werden?

Diese Hausarbeit unternimmt den Versuch, die aufgeworfenen Fragen am Beispiel des Rates der 500 zu untersuchen. Der Zeitraum seit Beginn der Kleisthenischen Reformen wird hierzu betrachtet. Da es innerhalb des vorliegenden Rahmens nicht möglich ist, ein umfassendes Bild über das gesamte attische Staats- und Verfassungswesen zu zeichnen, muss notwendigerweise einen Beschränkung erfolgen. Diese orientiert sich maßgeblich an der Darstellung des Rates der 500. Um aber zumindest eine rudimentäre Einordnung in den historischen Kontext erfolgen zu lassen, werden folgende Aspekte aufgegriffen: Die Entstehung des Rates der 500, seine Zusammensetzung und seine Aufgaben, sowie das Wechselspiel mit anderen Institutionen, insbesondere mit der Volksversammlung, sollen in einem ersten Schritt aufgezeigt werden. Hiernach wird ein kritischer Blick auf die politische Realität angestrebt. Es soll erfragt werden, ob die in den vorangegangen Kapiteln dargelegten Vorstellungen, die häufig idealistische Ansichten verkörperten, in dem Alltag des athenischen Staatswesens Umsetzung erfuhren. Dies wird konkret an dem Beispiel des Rates der 500 untersucht. Hierzu werden verschiedene Teilaspekte der Partizipation aufgegriffen und anschließend problematisiert.

1 Entstehung des Rates der 500

In der Geschichtswissenschaft existieren keine gesicherten Erkenntnisse über die Entstehung des Rates der 500.

In der kontrovers geführten Debatte kristallisieren sich jedoch zwei Standpunkte heraus: Einige sehen in dem von Solon geschaffenen Rat der 400 einen Vorläufer[2]. Wobei anerkannt werden muss, dass dieser andere Aufgaben und eine andere Zusammensetzung hatte. Andere datieren die Entstehung des Rates der 500 mit dem Beginn der Kleisthenischen Reformen, also ca. vor 510/509 v. Chr..

Die Entwicklung von Kleisthenes bis zur Mitte des 5 Jahrhundert ist nicht geklärt, es bestehen Annahmen, dass beispielsweise die Losung der Ratsmitglieder erst nach 462/61 v. Chr. erfolgte. Also zu einem Zeitpunkt als der Rat durch Epiphaltes neue Aufgaben erhielt. Zu erwähnen ist auch, die 462 v. Chr. durchgeführte Entmachtung des Aeropags, der bis dato parallel zu dem Rat der 500 existierte und danach seinen Einfluss einbüßte.

2 Zusammensetzung des Rates der 500

Einleitend soll in aller Kürze eine Kontextualisierung der angestrebten Epoche stattfinden. Wie bereits erwähnt, scheinen die Kleisthenischen Reformen Einfluss auf die Entstehung des Rates der 500 ausgeübt zu haben. Was verbirgt sich aber hinter diesen Reformen und woraus nahmen sie ihren Ausgangspunkt[3] ?

Kleisthenes reformierte das athenische Staatswesen, im Wesentlichen bezieht sich dies auf die Phylenreform, den Rat der 500, das Heereswesen, das Scherbengericht und die Archonten. Hintergrund dieser Reformen war die Intention, den Einfluss von Interessensgruppen, insbesondere des alten Adels, zu brechen und die politische Organisation Attikas neu zu konzipieren. Dies beinhaltete auch den Versuch, die Polisgebiete mit dem Zentrum Athen enger zu verbinden, hierzu war aber eine gleichmäßige Repräsentation der einzelnen Regionen unabdingbar[4]. Die politischen und wirtschaftlichen Sonderinteressen einzelner Gebiete, Gruppen und Personen sollten nicht mehr umgesetzt werden können, da sie lähmend auf den athenischen Staat wirkten. Vielmehr sollte eine Stärkung des Volkes erfolgen. Eine der wichtigsten Änderungen war daher die Neuordnung des athenischen Staatsgebietes im Zuge der Phylenreform. Dies erschwerte es Interessengruppen Gebiet und Macht zu akkumulieren. Es sollte sichergestellt werden, dass jeder Winkel des Landes zu jeder Zeit im politischen Aufbau präsent war. Kleisthenes schuf die Grundlagen eines neuen athenischen Staates mit Zustimmung des athenischen Volkes. Allerdings wird die kleisthenische Staatsform heute häufig nicht mehr direkt als Demokratie, sondern eher als Isonomie, also als „Gleichgesetzlichkeit“ und „Volksrepräsentativität“, bezeichnet. Zur Diskussion den Demokratiebegriff und Kleisthenes sei an dieser Stelle auf die einschlägige Literatur verwiesen[5]. Kleisthenes werden große Verdienste zugesprochen, da sein Wirken Ursache überaus positiver Entwicklungen gewesen ist[6].

Das Athen dieser Zeit bestand nach der Phylenreform durch Kleisthenes aus zehn Phylen. Jede Phyle bestand aus drei Trittyen, wobei je eine Trittye aus dem Gebiet der Stadt Athen und den umliegenden Gebieten im Umkreis von 8-10 Kilometern (Asty), eine aus dem Küstengebiet (Paralia) und eine aus dem Binnenland (Mesogeia) ausgewählt wurde[7]. Die Phylenreform war eine Maßnahme, um den Einfluss der alten Adligen bzw. von Interessengruppen zu brechen, dies sollte durch die genannte Auswahl aus den verschiedenen Gebieten Attikas unterstützt werden. Die Trittyen bestanden wiederum aus einer variablen Anzahl von Demen. Die Anzahl der Demen war unterschiedlich, sollte aber in etwa eine gleichgroße Bevölkerungszahl aufweisen. Diese stellten somit die kleinste Einheit innerhalb der organisatorischen Gliederung des attischen Staates dar. Die Demen stellten entsprechend ihrer jeweiligen Größe eine bestimmte Anzahl von Ratsmitgliedern. Die Ratsmitglieder wurden Buleuten genannt und insgesamt sollte jede der zehn Phylen fünfzig Angehörige als Ratsmitglieder stellen. In der Dreier-Gliederung, Phyle, Trittye und Deme, wurden dann letztlich von der kleinsten Einheit aufwärts, also von der Deme, bis zu der Phyle insgesamt fünfzig Buleuten ausgewählt, die sich der Wahl zur Ratsmitgliedschaft stellen sollten. Des Weiteren waren insgesamt fünfhundert Ersatzkandidaten zu präsentieren, die mögliche Ausfälle der „Erstkandidaten“ kompensieren konnten.

Ziel dieser Zusammensetzung war, dass die 500 Ratsmitglieder die Wohngebiete Attikas im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungsdichte repräsentieren. Es sollte also eine Zusammensetzung in dem demokratischen Ideal der Gleichheit erfolgen. Der Ausgangspunkt der Kleisthenischen Reformen und somit auch der Phylenreform, der Machteinfluss bestimmter Bevölkerungskreise und Interessensgruppen, sollte aufgehoben werden.

Ratsmitglied konnten, für diese Zeit selbstverständlich, nur Männer werden. Allerdings gab es Zugangsvoraussetzungen und anschließende Selektionseffekte, die die Anzahl der potentiellen Buleuten aus der männlichen Bevölkerung einschränkten: Grundsätzlich hatten nur Männer über dreißig Zugang zu diesem Amt. Zusätzlich mussten sich diese einer Qualifikationsprüfung, der dokimasia, unterziehen. In diesem Rahmen wurden die potentiellen Kandidaten bzgl. ihres Bürgerstatus`, der Freiheit von Staatsschuld und des Lebenswandels begutachtet.

Konnten diese Voraussetzungen erfüllt werden, war es möglich, sich der Loswahl zum Ratsmitglied zu stellen. Allerdings durfte jeder Athener nur zweimal in seinem Leben Ratsmitglied werden. Auch diese Regelung sollte der Einflussnahme bzw. dem Machterwerb Einzelner vorbeugen.

Wenn im weiteren Verlauf der Arbeit, über die Teilnahme an Ratssitzungen bzw. in der Diskussion, um die beeinflussenden Variablen (vgl. Kapitel 4) über die teilhabende Bevölkerung gesprochen wird, impliziert dies lediglich Männer über dreißig Jahren, die also die Möglichkeit der Mitgliedschaft im Rat der 500 haben. Andere Teile der Öffentlichkeit sind hiermit im Folgenden nicht gemeint.

Vergegenwärtigt man sich die Größe dieser Institution und das der Rat der 500 eine ständig tagende Behörde war, so könnten verschiedene Fragen nach der konkreten Umsetzung im politischen Alltag aufgeworfen werden. Der Rat der 500 war aufgrund seiner großen Mitgliederzahl in seiner politischen Funktionsfähigkeit recht schwerfällig, daher musste ein steuerndes Gremium etabliert werden. Um der Schwerfälligkeit entgegenzuwirken, wurde ein geschäftsführender Ausschuss gebildet, die Prytanie. Sie soll im Weiteren vorgestellt werden[8].

2.1 Die Prytanie

Nachdem die Zusammensetzung und Ziele des Rates der 500 skizziert wurden, scheint ein konkreterer Blick auf sein Wirken lohnenswert.

Das Ziel der Verhinderung von Machtkonglomerationen spiegelt sich auch im „Kleinen“, in den Belangen innerhalb des Rates der 500 wider. Entsprechend dieses Gedankens führte jede der zehn Prytanien für ein zehntel des Jahres den geschäftsführenden Vorsitz. Die Wahl dieser Prytanie erfolgte durch das Los. Innerhalb dieser Prytanie wurde dann ein Vorsteher erlost, der Epistates. Epistates durfte man nur einmal im Leben werden, er hatte auch zugleich den Vorsitz in der Volksversammlung.

[...]


[1] Im Folgenden wird der Begriff „attischer Staats“ ebenso wie „Attika“ als Bezeichnung für das gesamte Gebiet des athenischen Staates verwendet.

[2] Vgl. z.B. Aristoteles: Der Staat der Athener. S. 51.

[3] Vgl. hierzu u.a. Welwei: Die griechische Polis. S. 157ff. und Bleicken: Die athenische Demokratei. S. 190ff.

[4] Vgl. Welwei: Das klassische Athen. S. 19.

[5] Vgl. Eder/Hölkeskamp: Volk und Verfassung im vorhellenistischen Griechenland. S. 178.

[6] Ebd., S. 89ff.

[7] siehe Welwei: Die griechische Polis. S. 159.

[8] Vgl. hierzu u.a. Bleicken: Die athenische Demokratie. S. 195ff.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Konnte der Rat der 500 die angestrebte gleichmäßige Repräsentation aller Bevölkerungsgruppen erreichen
Untertitel
Die athenische Demokratie zwischen Idealismus und politischer Realität
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Geschichte, Philosophie und Theologie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V61969
ISBN (eBook)
9783638553070
ISBN (Buch)
9783656245636
Dateigröße
763 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konnte, Repräsentation, Bevölkerungsgruppen, Demokratie, Idealismus, Realität
Arbeit zitieren
Benjamin Hanna (Autor:in), 2003, Konnte der Rat der 500 die angestrebte gleichmäßige Repräsentation aller Bevölkerungsgruppen erreichen , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61969

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