Die Kommunikationssituation in Night Mother

Inhaltsverzeichnis

Einleitende Worte

A. Theorie
I. Kommunikation
a.) Kommunikationsmodell
b.) Kommunikationstheorie nach Paul Watzlawick
II. Hermeneutik
Der Verstehensprozess aus hermeneutischer Sichtweise
III. Identität
Identität als soziale Konstruktion

B. Das Drama
I. Figurenkonstellation
a.) Thelma Cates – Charakterisierung und Soziale Identität
b.) Jessie Cates – Charakterisierung und Soziale Identität
II. Gestörte Kommunikationssituation
Ursachen und Konsequenzen

Abschließende Worte

Bibliographie

Einleitende Worte

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Kommunikationssituation in Marsha Normans Drama “’night Mother”. Sie beschreibt und analysiert die Konsequenzen, die eine Kommunikationsstörung mit sich bringen kann.

Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der hermeneutischen Betrachtungsweise der im Drama herrschenden Kommunikationssituation zwischen Jessie und ihrer Mutter. Am Beispiel der Protagonistin Jessie wird konkret gezeigt, welch tief greifende Folgen bis hin zum Suizid ein gestörtes Kommunikationsverhalten für ein Individuum haben kann.

Der Begriff der Kommunikation korreliert in dieser Arbeit stark mit dem Begriff des Verstehens bzw. Verständnisses, welcher wiederum stark durch Hans-Georg Gadamers Thesen der Hermeneutik geprägt ist.

Im Vorfeld werden einige theoretische Sachverhalte definiert und erläutert, welche dann im Folgenden zuerst konkret auf die Situation im Drama und dann auf den Alltag angewandt werden. Diese Sachverhalte umfassen sowohl den in dieser Arbeit verwendeten Kommunikationsbegriff, als auch den hermeneutischen Verständnisbegriff, welcher in Kürze erläutert wird. Im Rahmen der Erläuterung des Begriffs der Kommunikation wird zudem auf die Kommunikationstheorie von Paul Watzlawick eingegangen.

Des Weiteren wird der für diese Arbeit relevante Identitätsbegriff geklärt und erläutert, inwiefern das Selbstbild und das Fremdbild eines Individuums kollidieren kann.

In dieser Arbeit sollen Gefahren aufgezeigt werden, die durch Nicht-Verstehen hervorgerufen werden können; und es soll verdeutlicht werden, dass zumindest eine „Verantwortung zum Versuch des Verstehens“ existiert.

A. Theorie

I. Kommunikation

a.) Kommunikationsmodell

Der hier verwendete Kommunikationsbegriff steht für jegliche Form der Orientierung und Koordination von sowohl unbewusstem als auch beabsichtigtem Verhalten^[1]. Soziale Kommunikationist also Teil der sozialen Interaktion und meint den Austausch, die Vermittlung und Aufnahme von Informationen zwischen Menschen. Dies wiederum ist abhängig von individuellen Kenntnissen und Erfahrungen.

Vereinfacht lässt sich ein Kommunikationsablauf folgendermaßen darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein ganz wesentlicher Aspekt dieses Modells ist die Simultanität des Sendens und des Empfangens. „Stimulus“ und „Response“ sind folglich reziprok.

Des weiteren hängt Kommunikation im Wesentlichen vom Weltwissen (Horizont) der Kommunikationspartner ab. Stellt man sich dieses als eine Art Kreis vor, so muss es hierbei zu Überschneidungen kommen, da es sonst bereits bei der Kontaktaufnahme zu erheblichen Störungen kommen kann.

Als Code fungiert in den meisten Fällen die natürliche Sprache, welche wiederum über einen Kanal (z.B. Videokonferenz, Telefon etc.) übermittelt wird.

b.) Kommunikationstheorie nach Paul Watzlawick

Watzlawicks Kommunikationstheorie basiert im Wesentlichen auf fünf Axiomen [(gr.) unmittelbar einleuchtender Grundsatz, der seinerseits nicht mehr begründbar ist.^[2] ]. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen^[3]:

(1) Es ist unmöglich, nicht zu kommunizieren:

Jegliches Verhalten, sowohl verbales als auch nonverbales, hat Mitteilungs-charakter. Folglich ist jede soziale Interaktion auch Kommunikation. Als Interaktion bezeichnet man den gegenseitigen Mitteilungsaustausch zwischen mindestens zwei Personen.

(2) Kommunikation hat immer einen Inhalts- und Beziehungsaspekt:

Die Aufgabe des Inhaltsaspekts besteht in der reinen Vermittlung von Informationen. Es wird demnach das „Was“ der Botschaft durch verbale Kommunikation übermittelt.

Der Beziehungsaspekt ist dagegen verantwortlich für das „Wie“ der Mitteilung. Er bestimmt also, wie der Sender die Botschaft vom Empfänger verstanden haben möchte. Dies geschieht in der Regel durch außersprachliche Phänomene. Man spricht in diesem Kontext auch von Metakommunikation.

Hierbei können allerdings auch Missverständnisse auftreten, wenn es Disparitäten zwischen den beiden Ebenen gibt und eine „gestörte Beziehung“ auf der Inhaltsebene oder ein „negativer Inhalt“ auf der Beziehungsebene ausgetragen wird.

(3) Kommunikationsabläufe besitzen unterschiedliche Strukturen:

Jeder Kommunikationspartner besitzt eine eigene spezifische „Interpunktion von Ereignisfolgen“. Dies bedeutet, dass das Verhältnis von Ursache und Wirkung jeweils subjektiv festgelegt wird. Man sieht also das eigene Verhalten lediglich als Reaktion auf das des anderen. Missverständnisse können folglich auftreten, sofern verschiedene Interpunktionen vorliegen.

(4) Digitale und Analoge Kommunikation:

Digitale Kommunikation steht in engem Zusammenhang mit dem Inhaltsaspekt. Sie bedeutet die Zuordnung eines Wortes zu einem Objekt, d.h. sie bezieht sich auf die verbale Sprache und hat somit eine logische Struktur (Grammatik).

Analoge Kommunikation hingegen beschreibt die nonverbale Vermittlung von Mitteilungen (z.B. Körpersprache). Sie bezieht sich demnach eher auf den Beziehungsaspekt.

Störungen können auftreten, wenn die digitale und analoge Ebene nicht übereinstimmen oder eine Ebene die andere zu sehr dominiert.

(5) Symmetrische und Komplementäre Kommunikation:

Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind in den meisten Fällen symmetrisch oder komplementär, je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht.

In einer symmetrischen Kommunikationssituation ist das Verhalten der Partner annähernd spiegelbildlich. Beide streben nach Äquivalenz und der Reduktion von Unterschieden in ihren Verhaltensmustern. Man befindet sich folglich innerhalb einer Hierarchie (z.B. Schüler-Schüler-Verhältnis).

In einer komplementären Kommunikationssituation hingegen erfolgt eine Ergänzung der gegenseitigen Verhaltensmuster. Der Kommunikationsablauf basiert also auf verschiedenen Positionen. Die Partner befinden sich demnach in einem hierarchischen Verhältnis (z.B. Lehrer-Schüler oder Vater-Sohn-Verhältnis).

Es kann jedoch zu erheblichen Störungen in dieser Art der sozialen Interaktion kommen.

Bei einer Störung in symmetrischen Beziehungen kann es zu einer symmetrischen Eskalation kommen. Diese kommt zum Beispiel dann zustande, wenn beide Partner versuchen sich gegenseitig zu übertrumpfen. Das Fehlen einer gegenseitigen Akzeptanz führt eine fortwährende Verwerfung der Selbstdefinition des anderen mit sich.

Die Störung, die in komplementären Interaktionen auftreten kann, nennt Watzlawick starre Komplementarität. Zu dieser Störung kommt es meist durch die Entwertung der Selbstdefinition des anderen.

[...]

^[1] Nünning, Ansgar (HG.), Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie (Stuttgart, 1998),

pp.

^[2] Meyers Lexikonredaktion (HG.) Meyers Grosses Handlexikon, (Mannheim, 1991), p.76

^[3] Watzlawick, Paul et al., Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien, (Stuttgart, 1993)