Das "Auf und Ab" der preußischen Armee und die Erkenntnisse des Grafen von Mirabeau


Hausarbeit, 2006

15 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Das stehende Herr in seiner Bedeutung für das 18. Jahrhundert
2.1 Die Probleme der „alten“ französischen Armee

3. Der Weg zur friderizianisch preußischen Armee
3.1 Die preußische Armee unter Friedrich dem Großen

4. Die Erkenntnisse des Grafen von Mirabeau

5. Schlussfolgerungen

6. Quellenverzeichnis

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Friedrich Wilhelm wird mehr als 300 Millionen in seinen Truhen haben, zweihunderttausend Mann, welche die ohne Vergleich beste Armee Europas bilden […].“[1]

So gibt der Graf von Mirabeau[2] nicht nur seine eigene Meinung, sondern auch die vorherrschende Meinung im Europa zur Zeit Friedrichs des Großen[3] wieder. Doch noch im 17. Jahrhundert und auch wieder gegen Ende des 18. Jahrhunderts galt das französische Heer als das beste in Europa. Die vorliegende Arbeit soll nun zweierlei leisten: Zum einen sollen die militärisch relevanten Gründe für dieses „Auf und Ab“ des preußischen Heers herausgearbeitet werden und zum anderen soll untersucht werden, in wie weit Mirabeau schon 1788 im militärischen Teil seines Werkes „De la monarchie prussienne sous Frédéric le Grand“[4] die Nachteile, die zu den oben genannten Umständen führten, erkannt und beschrieben hat. Um diese beiden Fragestellungen bearbeiten zu können, soll zunächst die Bedeutung der wichtigsten militärischen Neuerung beleuchtet werden, nämlich die des stehenden Heeres und seine Umsetzung in der königlichen französischen Armee. Anschließend wird der Weg der preußischen Armee zur besten Europas und der Zustand unter Friedrich II. zu untersuchen sein. Mit den hier gewonnen Erkenntnissen bezüglich der Vor- und Nachteile des Heeres können dann aus Mirabeaus Werk seine Erkenntnisse zu diesen herausgearbeitet werden. Hierfür stehen zwei Quellen zur Verfügung, das schon genannte Werk Mirabeaus und ein Aufsatz von Gerhard J.-D. Scharnhorst[5] aus dem „Neuen militärischen Journal“ von 1789 zu eben diesem Werk. Die Arbeit soll dabei einen wissenschaftlichen Beleg für die These herausarbeiten, dass die „Größe“ der preußischen Armee unter Friedrich dem Großen wie auch in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf Adaption von Neuerungen im Militärwesen des französischen Heeres beruht!

Die Forschungsliteratur zum ersten Themenschwerpunkt ist zahlreich, da in der älteren Militärgeschichtsforschung zum einen sehr genau über die militärischen Entwicklungen in Preußen gearbeitet wurde[6], was in der Orientierung an den militärischen Bedürfnissen begründet liegt, und weil sich die neuere Militärgeschichtsforschung seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts verstärkt mit den sozialen Auswirkungen der jeweiligen Aspekte des Heeres beschäftigt hat[7]. Beide Forschungsschwerpunkte sind zu beachten und mit in die Betrachtung einzubinden, will man eine möglichst vollständige Analyse der Fragestellung vornehmen. Eine ausführliche Untersuchung der militärischen Aspekte von Mirabeaus Werk hat es seit dem Aufsatz Scharnhorst´s von 1789 zumindest in der deutschen Militärforschung nicht gegeben und überhaupt setzte sich die Forschung nur sehr unzureichend mit diesem Teil des Werkes auseinander. Gerade deshalb beginnt das vorliegende Werk nicht mit der Zeit Friedrichs des Großen und der Person Mirabeaus, sondern führt Schritt für Schritt in die wichtigsten Entwicklungen im Militärwesen des 18. Jahrhunderts ein, wie zum Beispiel der des stehenden Heeres, was als die wohl bedeutendste Neuerung galt.

2. Das stehende Heer in seiner Bedeutung für das 18. Jahrhundert

In der Militärgeschichte des 18. Jahrhunderts kam dem stehenden Heer eine außerordentliche Bedeutung zu, doch was sind die Gründe hierfür? Der bedeutendste ist, dass es einen grundlegenden Machtpfeiler des entstehenden Absolutismus bildete und dieser die Organisation und den Unterhalt eines solchen Heeres erst mit seinen zentralistischen Strukturen in Verwaltung wie Finanzen ermöglichte.

Einen zweiten bedeutenden Grund lieferte H. Delbrück: „Die ungeheuren Nachteile des Kriegsführens mit nur auf Zeit angenommenen Söldnern war von Anfang an den Staatsmännern wie den Theoretikern nicht verborgen. (…) Die Soldbanden wurden nicht ersetzt durch ein Kriegertum anderen Ursprungs, sondern sie änderten ihren Charakter, indem sie dauernd unter den Fahnen blieben und zu stehenden Heeren wurden.“[8]

Man kommt nicht umhin einen kurzen Umriss der Militärgeschichte vom Mittelalter bis zum stehenden Heer zu betrachten, will man dessen Bedeutung verstehen:

Den Ausgang des Mittelalters kennzeichnet in militärischer Hinsicht das Zurücktreten des Rittertums zugunsten des zu Fuß in Formation kämpfenden Landsknechtes. Damit verbunden ist die Entwicklung großer kompakter Truppenkörper, die den Attacken der Reiterei gewachsen sind. Ihre Effektivität lag in der Zusammenfassung ihrer Waffen zu einem Körper. Die durch gleichmäßige Bewegung erhöhte Schlagkraft dieser Verbände führte zu einer verstärkten Ausbildung der Kämpfenden. Diese neue Form der Gefechtstaktik erforderte also größere Truppen und ein hohes Maß an Ausbildung derselben, was sehr kostenintensiv war. Sinnvoll einzusetzen war dieser Aufwand nur durch bereits vorhandene, also „stehende“ Truppen, die nicht angeworben und ausgebildet werden mussten. Während einer Übergangszeit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges[9], erwies sich die Unzuverlässigkeit von Söldnerheeren, die je nach Bezahlung die Lager wechselten und nach Beendigung des Krieges zur plündernden und mordenden Landplage wurden. Der Ausweg war das stehende Heer, das erstmals im wirtschaftlich potenten Frankreich eingeführt wurde[10].

2.1 Die Probleme der „alten“ französischen Armee

Dieses französische Heer galt bis 1704[11] in Europa als das beste, ja, sogar als unbesiegbar. Grundlage für den Aufbau war bis zur französischen Revolution die Freiwilligenwerbung, doch in Krisenzeiten mussten Aushebungen durchgeführt werden. Diese brachten nur einige kleinere Milizregimenter, viel bedeutender waren die Werbungen im Ausland. Die französische Armee bestand zu einem großen Teil aus ausländischen Söldnertruppen[12], die einige Probleme aufwarfen. Zum einen standen diese Truppen bei Kriegen gegen ihre Herkunftsländer meist nicht zur Verfügung, was ein besonderes Problem im Hinblick auf die preußischen Söldner darstellte. Und zum anderen gab es in Frankreich bis ins 19. Jahrhundert hinein die Besonderheit, dass ausländische Truppen in eigenen Regimentern formiert wurden, wohingegen sie in Preußen gleichmäßig auf alle Regimenter verteilt waren. So konnte der Verlust einer ganzen Einheit durch Flucht oder Verrat dieser ausländischen Truppen vermieden werden.

Auch das militärische Unternehmertum war in Frankreich stark ausgeprägt, was zu zahllosen Schiebereien führte. Das größte Problem der französischen Armee bestand aber in der Möglichkeit des Ämterkaufes, der in Preußen nicht möglich war, wobei der Nachteil hier wohl keiner besonderen Erläuterung bedarf. Mit vielen dieser unzähligen Probleme hat aber jedes stehende Heer bis in die heutige Zeit hinein zu kämpfen.

Die eigentliche Problematik der Kriegsführung im 18. Jahrhundert basierte allerdings nicht auf der Organisation des stehenden Heeres, sondern in den so genannten Kabinettskriegen. Dieser Begriff entstammt der Tatsache, dass in den Kabinetten der Monarchen über die Kriege entschieden wurde und sie so meist dynastischen Zielen dienten[13].

Die einzige Ausnahme bildete hierbei Friedrich der Große, der als Feldherr am Feldzug teilnahm, was ihm schnellere, vom Kabinett unabhängige Entscheidungen ermöglicht haben dürfte.

Es wird deutlich, dass das Hervorheben der preußischen Armee in ihrer Effektivität auf einigen Besonderheiten derselben beruht. Aber diese Besonderheiten, sowie eventuelle Probleme, die es auch in dem Militärapparat der preußischen Armee gegeben haben wird, verdienen eine eingehendere Betrachtung, wie sie im Folgenden vorgenommen werden soll.

[...]


[1] Mirabeau, Über die gegenwärtige Lage Europas, in: Mirabeau, Redner der Revolution, S. 120.

[2] Honoré Gabriel Victor du Riqueti, comte de Mirabeau (1749-1791) war französischer Politiker,

Physiokrat und Publizist.

[3] Friedrich II. (1712-1786) war seit 1740 preußischer König und erhielt den Beinamen „der

Große“.

[4] 1788 in London erschienen.

[5] Gerhard Johann David Scharnhorst (1755-1813) war preußischer Offizier und Lehrer an der

Kriegsschule, bis er sich nach 1807 als preußischer Kriegsminister maßgeblich verantwortlich

zeichnet für den Aufbau eines Volksheeres.

[6] Bedeutendste Vertreter sind hier Heinz G. Nitschke und Siegfried Fiedler.

[7] Hier zählen Otto Busch und Hans Bleckwenn zu den bedeutendsten Vertretern.

[8] Delbrück, Hans, Die Epoche der stehenden Heere, S. 255.

[9] Von 1618-1648 währender Krieg um die Religionsfrage und die Hegemonie der Mächte in

Europa.

[10] Schnitter, Helmut; Schmidt, Thomas, Absolutismus und Heer. Zur Entwicklung des Heerwesens

Im Spätfeudalismus, S.36.

[11] In der Schlacht bei Höchstedt siegten Prinz Eugen und Herzog Malborough über den

französischen Feldmarschall Tallart.

[12] Hier sei nur auf die schweizerischen Söldner verwiesen.

[13] Fiedler, Siegfried, Kriegswesen und Kriegsführung im Zeitalter der Kabinettskriege, S. 200.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das "Auf und Ab" der preußischen Armee und die Erkenntnisse des Grafen von Mirabeau
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1,2
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V61421
ISBN (eBook)
9783638548861
ISBN (Buch)
9783656787495
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Armee, Erkenntnisse, Grafen, Mirabeau
Arbeit zitieren
Sven Weißer (Autor:in), 2006, Das "Auf und Ab" der preußischen Armee und die Erkenntnisse des Grafen von Mirabeau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61421

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