Die Frau im Mittelalter und die Figur der Meierstochter im "Armen Heinrich"


Hausarbeit, 2006

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung und Fragestellung

2 Frauen im Mittelalter
2.1 Gesellschaftliche Struktur
2.2 Rechtsstellung und Lebensformen
2.3 Frauenbild

3 Die Figur der Meierstochter
3.1 Darstellung und Funktion in der Erzählung
3.2 Familienstruktur
3.3 Schluss der Erzählung

4 Die Meierstochter und Frauen im Mittelalter
4.1 Facetten des Frauenbildes in der Erzählung
4.2 Ergebnisse und Probleme

1 Einleitung und Fragestellung

In dieser Hausarbeit möchte ich die literarische Figur der Meierstochter aus der Erzählung „Der arme Heinrich“ von Hartmann von Aue analysieren und besonders ihre Funktion im Text untersuchen. Dies soll im Vergleich der Bedingungen und Formen weiblicher Lebensgestaltung von Frauen im Mittelalter geschehen. Ich werde mich auf die Merkmale des vorherrschenden bäuerlichen Lebens beschränken, da die Handlung des „Armen Heinrich“ außerhalb der höfischen Welt abläuft. Erkenntnisse über die damalige Situation der Frau müssen unter Beachtung des jeweiligen Standes, der sozialen Funktion und der strukturellen Gegebenheiten der mittelalterlichen Gesellschaft differenziert betrachtet werden. Auch wenn sich eine große Anzahl an Quellen zu der Thematik findet, so „fehlt es auf vielen Gebieten noch an gründlichen Einzelanalysen, bleiben zahlreiche Fragen offen, die weitere Forschungen erfordern.“[1] Eine umfassende Darstellung des mittelalterlichen Lebens der Frau ist nicht möglich, jedoch lassen sich verschiedene Aspekte aufzeigen, die einen Einblick in Lebensformen und das damalige Frauenbild geben.

Eine Fragestellung dieser Arbeit ist, wie viel „Wirklichkeit“ (will sagen gesellschaftliche Realität) sich in den Verhaltensweisen der Figur der Meierstochter erkennen lässt; welche Übereinstimmungen gibt es, die zwischen den Aussagen dieser Erzählung einerseits und der Realität der gesellschaftlichen Ordnung andererseits bestehen.

Dabei muss jedoch bedacht werden, dass für die mittelalterliche Zeit nicht eindeutig feststellbar ist, inwiefern Beziehungen zwischen Literatur und den tatsächlichen Verhaltensweisen der Menschen und den Gegebenheiten bestehen. Informationen und Erkenntnisse über Frauen aus den „unteren Schichten“ sind sehr begrenzt. Hauptsächlich finden sich Quellen über Frauen aus den „mittleren“ und „oberen“ Schichten. Es ist aber bekannt, dass die Erzählung des „Armen Heinrich“ verstärkt von den Menschen rezipiert wurde und die verarbeitete Thematik sie angesprochen hat., Das Interesse - so lässt sich schließen - rührte auch daher, dass sich die Menschen in den literarischen Figuren und ihren Problemen wieder gefunden haben mögen.

2 Frauen im Mittelalter

2.1 Gesellschaftliche Struktur

Die mittelalterliche Gesellschaft kannte keine Gleichheit zwischen Mann und Frau. Auch bestanden starke rechtliche und soziale Unterschiede zwischen den gesellschaftlichen Schichten. So wurde der gesellschaftliche Auf- oder Abstieg eines Menschen durch die Entwicklung seiner Besitzverhältnisse bestimmt. Die Wirtschaft war überwiegend eine Agrarwirtschaft, die von den Grundherren verwaltet wurde. Sie besaßen das Land und ließen es von den Bauern bearbeiten.

Man spricht von einem weltlichen und einem kirchlichen Modell. Das weltliche Modell hat zur Aufgabe „in dieser ländlichen Gesellschaft, bei der jede Zelle im Erbe eines Grundbesitzes verwurzelt ist, […], im Laufe der Generationen den Fortbestand einer Produktionsweise zu sichern.“[2] Wichtigste weltliche Aufgabe war, das Vermögen der Familie zu sichern und somit das Ansehen eines Hauses aufrechtzuerhalten. Nur Männer hatten Anrecht auf das Erbe, also waren sie auch für diese Dinge verantwortlich. Weiterhin hatten die Männer in einer Familie den Auftrag, die Mädchen günstig zu verheiraten, damit Nachwuchs produziert wird. Das Mädchen heiratete in eine andere Familie ein, die ebenfalls von der Gruppe der älteren Männer beherrscht wurde. Aufgabe des kirchlichen Modells war, „die sinnlichen Triebe zu zügeln und das Böse dadurch abzuwehren, dass die Ausschweifungen der Sexualität durch strikte Begrenzungen eingedämmt werden.“[3] Mädchen mussten bei ihrer Heirat noch Jungfrau sein, waren sie dann verheiratet, hatten sie jeglichen weltlichen Gelüsten zu widerstehen. Für dieses konforme Verhalten versprach man ihnen zumindest das Seelenheil. Die Frauen hatten in der Ehe ihrem Mann zu dienen. Die Kirche predigte außerdem ein Modell, dass die Welt mit ihrer Sündhaftigkeit ablehnte und zum asketischen Leben aufrief. Die Ehe wurde nur aufgrund der Notwendigkeit der Fortpflanzung geduldet.

2.2 Rechtsstellung und Lebensformen

In diesem Abschnitt soll es um die Rechte und die Möglichkeiten der Lebensgestaltung von Frauen im Mittelalter gehen. Hans Werner Goetz beschreibt in einem Aufsatz die Rechte der Frauen im fränkischen Reich.[4] Seine Ergebnisse und den Stand der Forschung möchte ich folgend kurz darstellen. Zur Rechtsstellung der Frau ist zu sagen, dass sie der Munt (Hausherrschaft) der Vaters, des Vormunds oder des Ehemannes unterstand:

„Der Begriff 'Munt’, der zu den zentralen Kategorien des mittelalterlichen Rechts- und Verfassungslebens gehörte, ist von ahd./mhd., munt abgeleitet, das ‚Schutz’ bedeutet. In der Sprache der Gegenwart lebt das Wort noch in ‚Vormund’, ‚Mündel’ und ‚Mündigkeit’ weiter.“[5]

Der Vormund einer Frau war in jedem Fall ein Mann. Sie unterstand dem Eherecht, das die Ungleichheit zwischen Mann und Frau betonte. Beim Erb- und Besitzrecht kamen die Frauen an zweiter Stelle vor den Söhnen. Die Schutzbedürftigkeit betonte die allgemeine Schwachheit der Frau und die Notwendigkeit eines männlichen Beschützers.

Als nächsten Punkt spricht Goetz die möglichen Lebensformen von Frauen im frühen Mittelalter an. Dabei unterscheidet er zwischen der weltlichen Lebensform als Ehefrau und der geistlichen Variante als Nonne. Nach der mittelalterlichen Vorstellung gehörte nach dem Vollzug der Ehe der Frauenkörper dem Mann, die Seele lag aber weiterhin in den Händen Gottes. Die Frau hatte beiden Seiten zu dienen und ihre Pflichten zu erfüllen Dabei war eine Frau nicht nur Ehefrau, sondern konnte auch Witwe oder unverheiratet sein. Besonders Witwen und Jungfrauen standen in einer besonders engen Verbindung zum Religiösen. Dem Wunsch nach einem besonders geheiligten Leben folgte meistens der Gang ins Kloster. Wenn ein junges Mädchen seine Jungfräulichkeit nicht einem Mann sondern Gott weihen wollte, so wurde das allgemein anerkannt. Man gab den Töchtern die Wahl zu heiraten, ins Kloster zu gehen oder unverheiratet unter dem Schutz eines Bruders zu leben. Zusätzlich entscheidend für die Lebensform von Frauen im Mittelalter war der soziale Stand. Eine Bäuerin hatte in der Regel kaum die Wahl selber über ihr Leben zu bestimmen. Bestimmend war, ob sie frei oder hörig war. Eine hofhörige Frau lebte oftmals unverheiratet unter dem Schutz ihres Herrn. Größere Handlungsspielräume hatten in der Regel aber auch nur adelige Frauen.


[...]

[1] Hans-Werner Goetz: Frauen im frühen Mittelalter. Frauenbild und Frauenleben im Frankenreich, Weimar; Köln; Wien 1995, S. 67.

[2] Georges Duby: Die Frau ohne Stimme Liebe und Ehe im Mittelalter, Berlin 1989, S. 32.

[3] Ebd. S. 12-13.

[4] Hans-Werner Goetz: Frauenbild und weibliche Lebensgestaltung im Fränkischen Reich, in: Hans-Werner Goetz (Hrsg.): Weibliche Lebensgestaltung im frühen Mittelalter, Köln; Weimar; Wien 1991.

[5] Hans K. Schulze: Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter. Band ΙΙ: Familie, Sippe und Geschlecht, Haus und Hof, Dorf und Mark, Burg, Pfalz und Königshof, Stadt, Stuttgart; Berlin; Köln; Mainz 1986, S. 29.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Frau im Mittelalter und die Figur der Meierstochter im "Armen Heinrich"
Hochschule
Universität Siegen
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V60760
ISBN (eBook)
9783638543484
ISBN (Buch)
9783656785743
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frau, Mittelalter, Figur, Meierstochter, Armen, Heinrich
Arbeit zitieren
Martina Müller (Autor:in), 2006, Die Frau im Mittelalter und die Figur der Meierstochter im "Armen Heinrich", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60760

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