Relative Personalkostensenkung bei verlängerten Ladenöffnungszeiten Ein modelltheoretischer Ansatz zur Personalkapazitätsverteilung, dargestellt an einer Filiale der XYZ GmbH


Diplomarbeit, 2006

62 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Personaleinsatz und Arbeitszeit
2.1 Unternehmensbeziehungen
2.1.1 Unternehmung und Umwelt
2.1.2 Der Produktionsfaktor Arbeit als Unternehmensbestandteil
2.2 Bereitstellung und Einsatz von Humankapital
2.2.1 Zustandekommen von Verträgen
2.2.2 Vertragsformen und Bestandteile
2.2.3 Arbeitszeitmodelle
2.2.3.1 Formen
2.2.3.2 Trends und Entwicklungen

3. Ladenschlussgesetz
3.1 Historische Betrachtungsweise
3.2 Änderungen und Auswirkungen

4. Personaleinsatz am Beispiel einer Berliner Filiale der XYZ GmbH
4.1 Das Unternehmen XYZ
4.2 Die Filiale 123 im Untersuchungszeitraum
4.2.1 Umsatzermittlung und Kundenfrequenz
4.2.2 Personalstruktur
4.2.3 Stärken und Schwächen

5. Ermittlung von Personaleinsatzkonzepten bei verlängerten Öffnungszeiten
5.1 Konsequenz veränderter Öffnungszeiten
5.2 Personalbedarf
5.3 Mögliche Änderungen des Personaleinsatzes

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Internetverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die Güter- und Finanzbewegungen des Betriebes

Abb. 2: Funktionsgliederung des Personalmanagements

Abb. 3: Tatsächliche und gewünschte Arbeitszeitverteilung von Paaren im internationalen Vergleich

Abb. 4: Durchschnittlicher Tagesanteil am Wochenumsatz im Untersuchungszeitraum

Abb. 5: Durchschnittliche Kundenfrequenz und Schnittbon im Untersuchungszeitraum

Abb. 6: Personalverteilung und Personalkosten in der Woche

Abb. 7: Personalverteilung und jeweilige Gesamtstunden in der Woche

Abb. 8: Verteilung der Mitarbeiter je Stunde

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Gründe für den Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung nach Geschlecht und Kinder im Haushalt (in Prozent)

Tab. 2: Ladenöffnungszeiten im internationalen Vergleich

Tab. 3: Personalstruktur im Untersuchungszeitraum

Tab. 4: Personalstruktur auf Abteilungsebene

Tab. 5: unveränderte Personalstruktur bei proportionaler Anpassung an längere Öffnungszeiten

Tab. 6: Personalstruktur bei veränderten Öffnungszeiten

1. Einleitung

Handel ist Wandel. Sehr treffend beschreibt diese Maxime die Entwicklungen des Einzelhandels im vergangenen Jahrzehnt. Diese Maxime beschreibt einen Trend, an dem sich auch bei zukunftsorientierter Sichtweise kaum etwas ändern wird. Nach den umsatzstarken Jahren 1991 bis 1993 bedingt durch die Wiedervereinigung setzt ein bis heute andauernder verfallsartiger Prozess dem deutschen Einzelhandel zu.[1] Eine Vielzahl veränderter Betriebstypen, ansteigende Verkaufsflächengröße, starker Preiskampf um die Gunst des Kunden, wachsender Technologisierungsgrad u.v.m. sind nur ein Bruchteil der Veränderungen, die in den letzten Jahren im Einzelhandel stattgefunden haben. Diese für den Einzelhandel charakteristische Schnelllebigkeit macht diesen deshalb zu einem gern diskutierten Untersuchungsobjekt. Sei es seitens der Konsumentenpsychologie das Konsumentenverhalten für Unternehmensentscheidungen transparent zu gestalten oder Trends und Entwicklungen zu erkennen und erfolgreich zu gestalten oder seien es die Rahmenbedingungen des Einzelhandels zu diskutieren. Die Einzelhandelsbranche bietet mit seinen zahlreichen Facetten nicht nur eine Vielzahl von Untersuchungsmöglichkeiten, sondern fordert nahezu die Diskussion heraus.

Schlagworte wie Kundenorientierung, Innovation und Flexibilität sind als Assoziationen mit dem Einzelhandel kaum noch wegzudenken und beherrschen seit Jahren die theoretische Debatte. In der Praxis werden sie jedoch noch viel zu selten umgesetzt. Nicht zu vergessen sind dabei der zunehmende Wettbewerbsdruck, die Globalisierung und der notwendige Drang nach Kostensenkung und Einsparungen.[2] So dient der Einzelhandel, insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel, als Themengrundlage für die vorliegende Arbeit. Besonders die Rahmenbedingungen des Einzelhandels stellen eine interessante Untersuchungsbasis dar. Eine dieser Rahmenbedingungen ist das häufig diskutierte und umstrittene Ladenschlussgesetz, welches die Ladenöffnungszeiten im Einzelhandel regelt. Aktuelle Trends zeigen, dass es drei Jahre nach der letzten Veränderung dieses Gesetzes im Jahre 2006 die nächste Änderung des Ladenschlussgesetzes geben wird. Diese Veränderung zielt auf eine weitere Verlängerung der Öffnungszeiten hinaus. Längere Öffnungszeiten scheinen für den Konsumenten sehr attraktiv, dabei darf die Sicht der Beschäftigten im Handel aber nicht unberücksichtigt bleiben. Wie werden die über 2,8 Millionen Beschäftigte im Handel[3] auf diese Änderung reagieren? Lassen sich verlängerte Öffnungszeiten mit der Arbeitszeit vereinbaren? Halten die aktuell verwendeten Arbeitszeitmodelle den veränderten Anforderungen stand? Wird es einen Impuls für den Arbeitsmarkt geben? Wie können Kostensenkung und verlängerte Öffnungszeiten in Einklang gebracht werden? Diese und weitere Fragen gilt es im Rahmen dieser Arbeit zu beantworten. Aufgrund der allgegenwärtigen Debatte zur Thematik Personalkostensenkung und Ladenschlussgesetz ist es Ziel und Hauptthese dieser Arbeit, die Möglichkeit einer relativen Personalkostensenkung trotz verlängerter Öffnungszeiten zu untersuchen. Da diese Untersuchung eine Vielzahl von umfassenden Themengebieten berührt und eine Beschäftigung derer erfordert, sei vorab erwähnt, dass sich im Zuge dieser Untersuchung auf allgemeingültige wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungswerte und empirische Untersuchungen bezogen wird. Vereinzelt wird daher auf eine tiefgründigere Betrachtung verzichtet. Die Arbeit gliedert sich in drei Themenkapitel (nicht übereinstimmend mit der Kapitelnummerierung). Themenkapitel eins (Kapitelnummer zwei) stellt den internen Unternehmensbestandteil, den Faktor Arbeit und die mit ihm verbundenen Beziehungen, in den Mittelpunkt. Hier gilt es die These zu belegen, dass der Faktor Arbeit nicht nur grundlegender Produktionsfaktor einer Unternehmung ist, sondern auch ein besonders sensibler Bestandteil. Der Erfolg der Unternehmung ist abhängig vom Faktor Arbeit und den mit ihm in Verbindung zu bringenden Interessen. Dazu werden die Unternehmensbeziehungen insgesamt beleuchtet, um festzustellen, dass die Unternehmung keine autonom handelnde Einheit ist. Anschließend wird die Bedeutung des Produktionsfaktors Arbeit in der Unternehmung näher dargestellt. Fragen nach Personaleinsatzmöglichkeiten durch Arbeitszeitmodelle, gesetzlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf den Faktor Arbeit und Vereinbarkeit von Arbeitszeitwünschen sollen bei dieser Untersuchung ihre besondere Berücksichtigung finden. Ziel des ersten Themenkapitels ist es, aufzuzeigen, dass sich die bisher angewandten Arbeitszeitmodelle langfristig nicht mit den Unternehmensinteressen und ganz besonders den Interessen des Faktors Arbeit vereinbaren lassen, dieser Kontrakt aber für den Erfolg der Unternehmung wichtig ist.

Themenkapitel zwei (Kapitelnummer drei) untersucht einen externen Einflussfaktor auf die Unternehmung, das Ladenschlussgesetz, als grundlegende Rahmenbedingung für den deutschen Einzelhandel. Dabei werden die Historie des Ladenschlussgesetzes und die Regelungen im internationalen Vergleich näher betrachtet. Abschließend werden Auswirkungen bisheriger Ladenschlussveränderungen aufgezeigt und ein Blick in die Zukunft gewagt. Ziel dieses Kapitels ist es, festzustellen, dass Änderungen des Ladenschlussgesetzes zukünftig zu bedeutenden Veränderungen im deutschen Einzelhandel führen werden. Themenkapitel eins und zwei der Arbeit bilden die theoretische Aufarbeitung zur Thematik und stellen als Fazit heraus, dass interne Entwicklungen der Unternehmung (Faktor Arbeit) und externe Rahmenbedingungen (Ladenschlussgesetz) auf lange Sicht mit den gegebenen Standards und Möglichkeiten (Arbeitszeitmodelle) nicht vereinbar sind und es zwangsläufig zu Veränderungen kommen muss.

Eine Möglichkeit diese Veränderung herbeizuführen wird in Themenkapitel drei (Kapitelnummer vier) aufgezeigt. Dazu wird anhand einer Filiale der XYZ GmbH die praktische Umsetzungsmöglichkeit entwickelt. Die XYZ GmbH als beständiges und international agierendes Einzelhandelsunternehmen stellt mit über 500 deutschen Einzelhandelsfilialen ein repräsentatives Praxisbeispiel für den Einzelhandel dar. Basierend auf einer Datenanalyse wird der Ist-Zustand der Filiale bezüglich Personalstruktur, Öffnungszeiten, Personaleinsatz und verwendeter Arbeitszeitmodelle, Chancen und Potentiale dargestellt. Ausgehend von der im theoretischen Teil erarbeiteten Erkenntnisse wird ein Soll-Zustand der Filiale erarbeitet. Diese Erarbeitung soll Unternehmensinteressen, Mitarbeiterinteressen und zukünftige Entwicklungen in Einklang bringen, so dass sich im Ergebnis eine Möglichkeit des Personaleinsatzes ergibt, die den zukünftigen Bedingungen Rechnung trägt. Dieser Soll-Zustand ist dabei so zu gestalten, dass sich die Ergebnisse auf weitere Einzelhandelsfilialen implementieren lassen. Ist es möglich, Arbeitszeitwünsche der Mitarbeiter, Unternehmensinteressen bezüglich der Personalkostensenkung und veränderte Rahmenbedingungen durch verlängerte Öffnungszeiten in einem einzigen Ansatz in Einklang zu bringen? Diese Frage gilt es im Rahmen dieser Arbeit zu beantworten.

2. Personaleinsatz und Arbeitszeit

2.1 Unternehmensbeziehungen

Die Bedeutung von Betrieb und Unternehmung unterliegt in der Betriebswirtschaft unterschiedlichen Inhalten. Demnach sollen zunächst die unterschiedlichen Begriffsinhalte von Betrieb und Unternehmung beleuchtet werden. Die Ansicht, den Betrieb als Oberbegriff aller Produktionswirtschaften anzusehen, vertreten Gutenberg und Mellerowicz. Den Begriff der Unternehmung hingegen fassen sie als eine historische Erscheinungsform auf. Kosiol verwendet den Betrieb als Oberbegriff für Sozialgebilde. Dem unterstellt sind Unternehmungen und Haushalte. Unternehmungen als Produktionsbetriebe mit dem Ziel fremden Bedarf zu decken und Haushalte als Konsumtionsbetriebe mit dem Ziel den eigenen Bedarf zu decken. Weitere Auffassungen zum Begriffsinhalt vertreten Lohmann und Walther, und Lehmann, Schäfer und Rössle. Lohmann und Walther verstehen die Unternehmung als Oberbegriff, der sich durch drei Arbeitsgebiete zusammen setzt: dem Betrieb, dem Geschäft und der Führung. Den Betrieb und die Unternehmung als zwei gleichberechtigte Seiten der Produktionswirtschaft verstehen Lehmann, Schäfer und Rössle. Dabei wird der Betrieb mit technischen und wirtschaftlichen Inhalten definiert und die Unternehmung mit juristischen und finanziellen Aspekten.[4]

Wie sich zeigt, werden dem Betrieb und der Unternehmung unterschiedliche betriebswirtschaftliche Begriffsinhalte beigelegt. Auch im täglichen Sprachgebrauch werden diesen Begriffen verschiedene Bezeichnungen zugeteilt. Die Begriffe Firma, Fabrik, Werk, Geschäft finden hierbei eine häufige Verwendung. Dabei ist die jeweilige Verwendung von der zu untersuchenden Spezifikation abhängig.

Im Folgenden wird sich an die Ansicht nach Lehmann, Schäfer und Rössle angelehnt. Die Unternehmung wird als gesamtheitliche Organisation betrachtet und der Betrieb als Teilorgan mit dem Ziel der technischen und wirtschaftlichen Umsetzung des Gesamtunternehmens. Implementiert auf den Einzelhandel bedeutet dies, dass die Unternehmung alle Bereiche von der Unternehmensphilosophie bis hin zum Organisationsablauf im Betrieb inne hat. Der Betrieb hingegen als ausführendes, umsetzendes und letztlich umsatzerwirtschaftendes Organ – die Filiale - gilt. Dass eine Unternehmung keine autonom handelnde Einheit ist, sondern in Wechselwirkung mit anderen Faktoren agieren muss, soll im Weiteren dargestellt werden. Welche Beziehungszusammenhänge innerhalb einer Unternehmung von Bedeutung sind, welche Verflechtungen außerhalb zu berücksichtigen sind, welche Faktoren substituierbar sind, welche Faktoren berechnend sind. Diese und weitere Schwerpunkte werden im Folgenden erörtert.

2.1.1 Unternehmung und Umwelt

Die Unternehmung kennzeichnet sich durch das Sachziel, Güter (Sach- und Dienstleistungen) für den Bedarf Dritter zu erstellen und diese am Markt zum Kauf anzubieten. Diese funktionale Begriffsbestimmung lässt erkennen, dass die Unternehmung nicht isoliert existieren kann. Gütererstellung, Bedarfsdeckung Dritter und anbieten am Markt deuten darauf hin, dass sich die Unternehmung in Interaktion mit anderen Wirtschaftseinheiten befinden muss, der Umwelt. Schematisch betrachtet, bedeutet dies, dass die Unternehmung für die Erstellung von Gütern Geldmittel benötigt. Diese Geldmittel können vom Geld- und Kapitalmarkt beschafft werden. Mit den Geldmitteln müssen Produktionsfaktoren, Betriebsmittel, Werkstoffe und Arbeit vom Beschaffungsmarkt gekauft werden. Die schließlich erstellten Güter müssen nun auf dem Absatzmarkt zum Kauf angeboten werden. Diese Güter- und Finanzbewegungen werden vom Staat überwacht, kontrolliert und gegebenenfalls sanktioniert. Die Unternehmung muss die vorgegebenen Rahmenbedingungen des Staates berücksichtigen und steht so auch mit diesem in einem Beziehungszusammenhang. Wie sich zeigt, kann die Unternehmung bei der Erfüllung ihres Sachziels nicht autonom handeln, sie ist mit anderen Wirtschaftseinheiten verbunden (Vgl. Abb. 1).[5] ;[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die Güter- und Finanzbewegungen des Betriebes

Quelle: Wöhe, G. / Döring, U. (2005), S.11

Wie Abbildung eins zeigt hat die Unternehmung Wechselbeziehungen zu Wirtschaftseinheiten außerhalb der Unternehmung, aber auch interne Bewegungen. Ferner lässt sich dies durch Beziehungszusammenhänge im Insystem und im Umsystem beschreiben. Das Umsystem gliedert sich in die Aufgaben- sowie die Globalumwelt. Die Aufgabenumwelt umfasst beispielsweise den Absatzmarkt mit den Bestandteilen Kunde, Preis, Trendentwicklung etc., konkurrierende Unternehmungen und den Beschaffungsmarkt. Zur Globalumwelt gehören alle weiteren Faktoren, die sich weder in die Aufgabenumwelt, noch in das Insystem einordnen lassen. Das sind beispielsweise das Wirtschaftsystem, in dem die Unternehmung agiert, kulturelle Einflüsse, Gesetze sowie Rahmenbedingungen, politische Einflüsse, Forschung und Entwicklung etc.. Das Insystem der Unternehmung beschreibt die Unternehmensaufgabe, das Sachziel, und alle damit in Verbindung zu bringenden Handlungen, die zur Zielerreichung verhelfen. Die elementaren Produktionsfaktoren Arbeit, Betriebsmittel, Werkstoffe sind Hauptbestandteil der Unternehmung. Diese werden durch den dispositiven Faktor mittels Führung, Leitung, Planung, Organisation in güterwirtschaftliche, finanzwirtschaftliche und informierende Beziehungszusammenhänge gebracht. Es lässt sich definieren, dass das Insystem einer Unternehmung die Aufgabenumwelt des Umsystems beeinflusst und Änderungen in der Globalumwelt des Umsystems das Insystem beeinflusst.[7] Beschließt beispielsweise ein Einzelhandelsunternehmen nur noch genveränderten Mais in seinen über 600 Filialen anzubieten (Entscheidung im Insystem) und kauft dafür nahezu restlos alle Maiserträge eines Jahres auf (Beziehung zur Aufgabenumwelt), verändern sich somit die Beschaffungs- und Absatzmodalitäten der konkurrierenden Unternehmungen (Beeinflussung in der Aufgabenumwelt). Diese können entweder nur noch teureren natürlich gewachsenen Mais anbieten oder nur geringe Mengen Mais beschaffen und somit der Nachfrage nicht mehr gerecht werden. Wird nun ein politisches Gesetz beschlossen, dass keine genveränderten Waren zum Kauf angeboten werden dürfen (Entscheidung in der Globalumwelt) so führt dies dazu, dass das Einzelhandelsunternehmen alternativ handeln muss (Beeinflussung im Insystem). Weiteres Beispiel wäre die Freisetzung von 5000 Arbeitskräften, da diese aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr beschäftigt werden können. Dies führt zu einer Veränderung auf dem Beschaffungsmarkt, genauer dem Arbeitsmarkt. Beschließt die Regierung eine Maßnahme zur Erhaltung von Arbeitsplätzen und subventioniert diese 5000 Arbeitsplätze, erhält die Unternehmung eine Unterstützung und weitere Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf diese Arbeitsplätze.

Wie sich zeigt, muss die Unternehmung bei der Verfolgung ihres Sachziels eine Vielzahl von Verbindungen und Beziehungen zu ihrer Umwelt eingehen. Dabei spielen die elementaren Produktionsfaktoren eine besondere Rolle, sei es seitens der Beschaffung oder seitens der Verwendung. Wie aus dem Namen hervorgeht, sind die elementaren Produktionsfaktoren grundlegende Unternehmensbestandteile, ohne die die Zielerreichung, gar Zielformulierung unmöglich wäre. Ebenso werden diese Faktoren durch die Unternehmungs-Umwelt-Beziehungen beeinflusst. Am vorangegangenen Beispiel bedeutet die gesetzlich bestimmte Unterlassung des Anbietens genveränderten Mais’, dass das eingekaufte Betriebsmittel Mais wertlos ist. Er darf als Mittel zur Erreichung des Unternehmensziels (Absatz, Umsatz, Gewinn) in dieser Form nicht mehr eingesetzt werden. Hier ist die Frage zulässig, was mit den Restbeständen des Mais’ geschieht. Er ist für die Unternehmung als Betriebsmittel unbrauchbar, einer der Produktionsfaktoren steht der Unternehmung somit nicht mehr zur Verfügung, die Zielerreichung wäre gescheitert. Lösungen für dieses Szenario gibt es eine Vielzahl. Beispielsweise könnte das wertlos gewordene Betriebsmittel Mais entsorgt werden und die Unternehmung könnte sich auf die Verwendung und den Absatz eines anderen Gutes konzentrieren. Folglich sind Betriebsmittel als ein elementarer Produktionsfaktor substituierbar. Ebenso gilt dies für den Produktionsfaktor Werkstoffe. Wie wird mit dem Produktionsfaktor Arbeit bei der Freisetzung von Arbeitskräften, als weiterer Produktionsfaktor umgegangen? Entsorgen? Betriebswirtschaftlich gesehen formulierten schon Wöhe / Döring (2005): “Zweifellos kommt dem arbeitenden Menschen eine zentrale Stellung im Betriebe zu. Aber vom Standpunkt der Betriebswirtschaftslehre ist er nicht Zweck, sondern Mittel, einer der Faktoren, die zur Realisierung der mit dem Betriebsprozess erstrebten praktischen Zielsetzung eingesetzt werden.“[8] Weiter begründet er, dass sich hierbei auf eine Betrachtungsweise aus rein wirtschaftlicher Sicht konzentriert werden müsse.[9]

Inwieweit der Produktionsfaktor Arbeit als Mittel zum Zweck gesehen werden kann und ob ihm eine besondere Stellung im Betrieb zukommt und welche Bedeutung er bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise für die Unternehmung hat, wird im kommenden Abschnitt analysiert.

2.1.2 Der Produktionsfaktor Arbeit als Unternehmensbestandteil

Der arbeitende Mensch zählt zum Produktionsfaktor Arbeit einer Unternehmung. Vereinzelt wird in der Betriebswirtschaft auch der dispositive Faktor (oder dispositive Arbeit) als elementarer Bestandteil der Unternehmung genannt. Der dispositive Faktor und der Produktionsfaktor Arbeit unterscheiden sich darin, dass sich der Faktor Arbeit auf ausführende oder objektbezogene Arbeiten beschränkt, hingegen der dispositive Faktor durch Führung, Leitung, Planung und Organisation die Aufgabe hat, die elementaren Produktionsfaktoren so zusammenzuführen und zu kombinieren, dass sich eine Richtung zur Verfolgung, bzw. Erreichung des Sachziels ergibt. Häufig werden sie auch unterschieden durch körperliche und geistige Arbeit, wobei dem dispositiven Faktor die geistige Eigenschaft zugeordnet wird.[10] Beide Faktoren werden jedoch von Menschen besetzt, dem Humankapital der Unternehmung, dem Personal. Beide Faktoren sind, neben den Betriebsmitteln und Werkstoffen, bei der Zielerreichung der Unternehmung von großer Bedeutung. Warum sollte aber dem Produktionsfaktor, der von Menschen besetzt wird, eine besondere Bedeutung zugeschrieben werden? Warum kann er nicht allein als Mittel zum Zweck angesehen werden?

Häufig wird das Personal mit einem Kostenfaktor aus der Gewinn- und Verlustrechnung gleichgesetzt. Dabei wird besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Fokus auf die Senkung der Personalkosten gelegt. Personalkosten entstehen durch den Einsatz der menschlichen Arbeitskraft im Unternehmen. Löhne und Gehälter gehören zu den direkten Personalkosten, Anteile an Sozialversicherungsbeiträgen und bezahlte Abwesenheit (Urlaub, Krankheit) u.a. zu den gesetzlichen Personalzusatzkosten und betriebliche Altersvorsorge, Fahrgeld, Verpflegungsgeld etc. zu den freiwilligen Personalzusatzkosten. Die Personalkosten stellen in der Regel den größten Kostenfaktor der Unternehmung dar. Dennoch genügt es nicht, den Faktor Arbeit allein als Kostenfaktor zu sehen, denn Personalmaßnahmen, insbesondere Personaleinstellungen, also Arbeitskräftebeschaffungen, sind auch zukünftige Investitionen für die Unternehmung. Demzufolge ist es zunehmend von entscheidender Bedeutung die Potentiale vom Faktor Arbeit zu erkennen und zu entwickeln.[11] ;[12] ;[13]

Der Mensch, das Personal, ist mit seinen Fähigkeiten zu denken, zu fühlen, seinen individuellen Eigenschaften und Bedürfnissen etc. gegenüber den Betriebsmitteln und Werkstoffen einer der unberechenbarsten und undurchschaubarsten Faktoren der Unternehmung. Der Mensch kann mit seinen Eigenschaften eine wirtschaftliche Gefahr aber auch eine Chance für die Unternehmung sein. Maschinen funktionieren beispielsweise nur durch die Programmierung oder Bedienung durch den Menschen, jedoch können eben hier auch die meisten Fehler auftreten. Der Mensch verfolgt durch seine Arbeit eigene Ziele (Maslow’sche Bedürfnispyramide), kann aber wiederum auch eigene Ziele in die Unternehmung einbringen.[14] Deshalb muss dem Personal, anders als es Wöhe eingrenzt, auch und gerade unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine gesonderte Bedeutung und Planung zugeordnet werden. Ferner beschreibt Kotter (1997) den Menschen als eigenständig handelndes und denkendes Individuum, welches auch in einer Unternehmung eine besondere Berücksichtigung und Planung erhalten muss. Darüber hinaus ist Kotter der Auffassung, dass eine Unternehmung um so erfolgreicher ist, desto intensiver sie sich mit dem Personal, also den Menschen, die in ihr Arbeiten, beschäftigt. Hierzu deutet er alle Bereiche der Personalwirtschaft an (Planung, Beschaffung, Entwicklung, Controlling etc.).[15] Es ist herauszustellen, das der Faktor Arbeit einen besonderen Stellenwert in der Unternehmung einnimmt, welcher über die Erreichung des Sachziels der Unternehmung entscheiden kann. Deshalb soll dem Faktor Arbeit auch eine gesonderte Aufmerksamkeit in der Unternehmung gewidmet werden, die weit über die Bedeutung als Mittel zum Zweck gehen muss. Weiterführend soll nicht vertiefend auf die Bedeutung des Individuums eingegangen werden. Dies ist zwar eine wichtige Erkenntnis ist, aber nicht Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist.

Letztlich sei noch vermerkt, dass nur alle Produktionsfaktoren gemeinsam die Unternehmensbetreibung gewährleisten können. Jeder einzelne Faktor für sich betrachtet wäre für die Unternehmung nutzlos.

2.2 Bereitstellung und Einsatz von Humankapital

Die Unternehmung muss sich Arbeitskräfte, genau wie Betriebsmittel und Werkstoffe vom Beschaffungsmarkt beschaffen. Für den Faktor Arbeit gilt hierfür der Arbeitsmarkt. Aufgrund der besonderen Stellung der menschlichen Arbeitskraft gegenüber Betriebsmitteln und Werkstoffen, unterscheidet sich der Beschaffungsprozess von Arbeitskräften gegenüber dem von den anderen Produktionsfaktoren. Dieser Prozess wird im Folgenden näher beschrieben.

2.2.1 Zustandekommen von Verträgen

Die Beschaffung von Arbeitskräften unterteilt sich in acht Phasen. Dabei zählt jede einzelne Phase des Beschaffungsprozesses als Aufgabe und Instrument des Personalmanagements, welche in den meisten Unternehmungen eine eigenständige Abteilung bildet.[16] Die ersten vier Phasen haben die Aufgabe, den Faktor Arbeit bereitzustellen und ihn für die Unternehmung einsetzbar zu machen. Die weiteren vier Phasen beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung bis hin zur Freisetzung der Arbeitskräfte (vgl. Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Funktionsgliederung des Personalmanagements

Quelle: eigene Darstellung (in Anlehnung an Stopp, U. (2002), S.21 und Holtbrügge, D. (2004), S.73).

Wie aus Abbildung zwei hervorgeht, begleiten die Phasen des Personalmanagements die Arbeitskraft über den gesamten Beschäftigungszeitraum in der Unternehmung hinweg. Von der Bereitstellung bis hin zur Freisetzung. Dabei muss das Personalmanagement externe Einflüsse, wie beispielsweise Arbeits- und Tarifrechte, theoretische Ansätze der Arbeitswissenschaft etc. berücksichtigen.

Bis die Arbeitskraft der Unternehmung zur Erreichung des Sachziels zur Verfügung steht, müssen wie schon erwähnt, vier Phasen des Personalmanagements durchlaufen werden. Dazu muss die Unternehmung den qualitativen und quantitativen Bedarf an zu beschaffenden Arbeitskräften ermitteln. Dieser ermittelte Bedarf wird dann mittels Personalwerbung, Stellenausschreibungen, Personalleasing etc. beschafft. Da die menschliche Arbeitskraft wie in Abschnitt 1.1.2 erwähnt unergründlich und individuell ist, muss durch bestimmte Auswahlverfahren die qualitative Eignung zur Unternehmung und Arbeitsaufgabe geprüft werden. Solche Auswahlverfahren können beispielsweise Persönlichkeitstests, Fähigkeitstests, Assessment Center, Planspiele, Arbeitsproben, Gespräche etc. sein.[17]

Der wesentliche Unterschied bei der Beschaffung von Arbeitskräften gegenüber Werkstoffen und Betriebsmitteln besteht darin, dass die Kosten für die Personalbeschaffung hauptsächlich von der Unternehmung getragen werden. Die Ermittlung des Bedarfes an Produktionsfaktoren ist unabhängig vom Produktionsfaktor identisch. Ebenso gibt es bei der Beschaffung nur wenige Differenzen. Bei der Eignungsprüfung hingegen, gestaltet sich der Auswahlprozess bei Betriebsmitteln und Werkstoffen einfacher und schneller. Hierzu bekommt die Unternehmung Muster oder Proben vom zu beschaffenden Produktionsfaktor von der liefernden Wirtschaftseinheit zur Verfügung gestellt. Weiterhin können Mengenrabatte o.ä. ausgehandelt werden. Diese Möglichkeit besteht bei der Beschaffung vom Faktor Arbeit nicht.[18] Auf weitere Unterschiede, wie soziale Verantwortung, Bindungsfristen etc., wird nicht näher eingegangen.

Stimmen die durch Auswahlverfahren festgestellten Eignungen der Arbeitskraft mit den benötigten und geforderten Eignungen überein, kommt es zu einer Anstellung der Arbeitskraft. Diese Anstellung wird mittels eines Arbeitsvertrages beschlossen.

2.2.2 Vertragsformen und Bestandteile

Der Arbeitsvertrag ist die rechtliche Grundlage für das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber (Unternehmung) und Mitarbeiter (Faktor Arbeit, Personal). Dieser Vertrag besiegelt die Einigung darüber, dass der Mitarbeiter gegen Entgelt Dienste für den Arbeitgeber leistet, dieser diese annimmt und dafür Entgelt bezahlt.[19] Dabei unterliegt der Arbeitsvertrag auch keinem Formzwang, er könnte also auch mündlich geschlossen werden. Allerdings muss der Arbeitgeber binnen vier Wochen die wesentlichen Vereinbarungen des Arbeitsvertrages in schriftlicher Form nachreichen.[20] Die Gewerbeordnung (GewO) legt in § 105 die freie Gestaltung nach Inhalt und Form des Arbeitsvertrages fest, sofern diese keiner gesetzlichen Vorschrift, tarifvertraglichen Bestimmungen oder Betriebsvereinbarungen entgegenstehen.[21] Der Tarifvertrag (TV) ist ein schriftlicher Vertrag zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, der verbindlich die Bedingungen für Arbeitsverhältnisse für einen bestimmten Zeitraum festlegt. Dabei werden lediglich die Mindestbestimmungen für die Arbeitsverhältnisse geregelt, mit einem räumlichen, fachlichen und persönlichem Geltungsbereich. Vorteilhafte Abweichungen für den Arbeitnehmer sind möglich.[22]

Das Arbeitsverhältnis kann durch unterschiedliche Formen von Arbeitsverträgen geschlossen werden. Die häufigst verwendeten Formen von Arbeitsverträgen sind:

- unbefristeter Anstellungsvertrag,
- befristeter Anstellungsvertrag,
- Beschäftigungsverhältnis Gleitzone – unbefristet,
- geringfügiges Beschäftigungsverhältnis,
- Aushilfsvertrag.[23]

Demnach unterscheiden sich die Mitarbeiter durch Art ihres Arbeitsvertrages in Vollzeitbeschäftigte (VZ), Teilzeitbeschäftigte (TZ) und Pauschalkräfte (PK). VZ unterscheiden sich von TZ durch die Arbeitszeit. Ein TZ darf jährlich, monatlich oder in einem wöchentlichem Bezugszeitraum nicht mehr als ein für die Tätigkeit vergleichbarer VZ arbeiten. So haben VZ in der Regel unbefristete oder befristete (maximal vier Mal verlängerbar oder insgesamt zwei Jahre) Anstellungsverträge, TZ Beschäftigungsverhältnis Gleitzone – unbefristet oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.[24] PK hingegen haben einen Aushilfsvertrag. Dieser ist befristet (weniger als drei Monate) oder für einen bestimmten Zeitraum (maximal 50 Arbeitstage) festgelegt. PK können ungelernte und branchenfremde Mitarbeiter sein, welche die Tätigkeit nur gelegentlich ausüben und diese von wirtschaftlich untergeordneter Bedeutung ist (die einer anderen Hauptbeschäftigung nachgehen). Häufige Klientel für Aushilfsverträge sind Studenten, Schüler, Mütter, o.ä., denen durch ihre Aushilfsarbeit einen steuerlich nicht zu berücksichtigender Nebenverdienst zufließt. Für befristete sowie unbefristete Anstellungsverträge gelten entweder tarifvertragliche oder branchenübliche Monatsarbeitsstunden und Gehälter. Die sozialversicherungspflichtigen Abgaben (Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-, Pflegeversicherung) entfallen dabei jeweils zur Hälfte auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Beschäftigungsverhältnis Gleitzone – unbefristet beschränkt sich auf ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt zwischen 400,01 € und 800,00 €, die Arbeitszeit darf die von VZ nicht überschreiten. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) vor, wenn das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 400 € nicht übersteigt. Dabei darf die jährliche Arbeitszeit eines vergleichbaren VZ von insgesamt 50 Arbeitstage nicht überschritten werden. Der Arbeitnehmer hat keine Sozialversicherungsabgaben zu leisten, in Einzelfällen (fehlende Lohnsteuerkarte) 2 % Pauschalsteuer. Für den Arbeitgeber entstehen nach derzeitiger Rechtslage bei einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis 11 % pauschale Krankenversicherung und 12 % pauschale Rentenversicherung.[25] Bei Aushilfsverträgen werden Stundenlöhne gezahlt, wobei der maximale Lohn pro Tag bei 62 € liegt und maximal 18 zusammenhängende Arbeitstage gearbeitet werden darf (18 Tage * 62 € / Tag = 1116 €). Werden 1116 € nicht überschritten, so gilt eine Beitragsfreiheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sowie Steuerfreiheit.[26] ;[27]

Durch eine Klassifizierung der Formen von Arbeitsverträgen ergeben sich unterschiedliche Tätigkeitsfelder und Aufgabenbereiche der Mitarbeiter. So werden Stellen, bei denen es sich um Schlüsselpositionen der Unternehmung handelt und die nicht sinnvoll auf mehrere Mitarbeiter verteilt werden können durch VZ besetzt. Ebenso können diese Positionen von TZ besetzt werden, sofern die vereinbarte Arbeitszeit zur Aufgabenerfüllung ausreicht. Tätigkeiten, die nicht regelmäßig anfallen oder zeitlich begrenzt sind können von PK sowie TZ ausgeübt werden.[28]

Für alle Formen von Mitarbeiter gilt, dass der Arbeitsvertrag alle getroffenen Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie deren Rechte und Pflichten enthalten muss. Dabei ist die inhaltliche Gestaltung des Vertrages an keine Vorgaben gebunden. Lediglich der durch den Gesetzgeber festgeschriebene Mindeststandard der Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer darf nicht unterschritten werden. Ebenso dürfen einzelvertragliche Regelungen nie schlechter als gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen sein. Typische Vertragsinhalte sind:

- Nennung der Vertragsparteien,
- Vertragsbeginn und ggf. Vertragsende,
- Tätigkeitsbezeichnung und – beschreibung,
- Vergütung,
- Rechte und Pflichten der Vertragsparteien,
- Trennungsentschädigung Umzugskostenerstattung,
- Entgeltzahlung bei Krankheit,
- Urlaub,
- Altersvorsorge und Sozialleistungen,
- Geheimhaltungspflicht und Wettbewerbsverbot,
- Probezeit,
- Kündigungsfrist,
- Nebentätigkeit,
- Hinweis auf Anwendung von TV und Betriebsvereinbarungen,
- Arbeitszeit.[29] ;[30]

Welche Möglichkeiten zum Einsatz der Mitarbeiter die vertraglich geregelte Arbeitszeit unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen bietet, soll im Abschnitt Arbeitszeitmodelle dargestellt werden.

2.2.3 Arbeitszeitmodelle

Ist ein Mitarbeiter für seinen Arbeitgeber tätig, so nennt man diesen Zeitraum die Arbeitszeit. Nicht zur Arbeitszeit zählen Ruhepausen (Arbeitsunterbrechung während der Arbeitszeit) und Ruhezeit (arbeitsfreie Zeit zwischen zwei Arbeitstagen). Wo die Arbeit beginnt ist abhängig von Betriebsvereinbarungen und den geltenden Tarifverträgen.[31] Es lassen sich vier Formen von Arbeitszeiten unterscheiden:

- feste Arbeitszeit: Beginn und Ende sind starr festgelegt,
- gestaffelte Arbeitszeit: Wahlmöglichkeit zwischen mehreren festen Arbeitszeiten,
- gleitende Arbeitszeit: Kernarbeitszeit und Wahlmöglichkeit in der Gleitzeit,
- dynamische Arbeitszeit: ausschließlich Gleitzeit.[32]

Unabhängig von der Form der Arbeitszeit, welche in der Unternehmung vorherrschend ist, regelt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) die tägliche Höchstarbeitszeit, Ruhepausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit und Sonn - / Feiertagsarbeit. Werdende Mütter, Schwerbehinderte und Jugendliche unterstehen im Arbeitsrecht zum Schutz zusätzlicher Gesetze, auf die in dieser Betrachtung jedoch nicht näher eingegangen wird. Demnach beträgt die Höchstarbeitszeit acht Sunden bei sechs Werktagen, insgesamt also 48 Stunden in der Woche. In Ausnahmefällen darf die tägliche Arbeitszeit auf zehn Stunden erhöht werden, sofern innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen durchschnittlich nicht mehr als acht Stunden gearbeitet wird. Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei mehr als sechs Stunden Arbeitszeit sind Pflicht. Zwischen zwei Arbeitstagen muss eine Ruhezeit von 11 Stunden eingehalten werden. Nachts darf nicht länger als acht Stunden gearbeitet werden und an Sonn- und Feiertagen darf nur nach Sondergenehmigung gearbeitet werden, wobei aber mindestens 15 Sonntage im Jahr frei bleiben müssen.[33]

Nachdem die rechtlichen Rahmenbedingungen der Arbeitszeit aufgezeigt wurden, ist die Frage zulässig, welchen individuellen, branchen – und unternehmensbezogenen Spielraum der Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitszeiten noch hat? Zumal sich für Unternehmungen, die einem TV unterliegen, der Gestaltungsspielraum noch weiter einschränkt, da der TV u.a. längere Ruhezeiten und Ruhepausen vorsieht. Kann der Arbeitgeber über die gesetzlichen Regelungen hinaus noch individuelle Arbeitszeitwünsche der Mitarbeiter berücksichtigen? Hat der Mitarbeiter Einfluss und Gestaltungsspielräume auf seine Arbeitszeit? Eine Antwort auf diese Fragen gibt die Entwicklung und Anwendung von Arbeitszeitmodellen. Arbeitszeitmodelle sind Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung, die über den gesetzlichen Rahmen hinaus, individuellen, branchenspezifischen, ökonomischen Veränderungen, kosten – und kundenorientierten und unternehmensbezogenen Gestaltungsspielraum bei der Arbeitszeitgestaltung ermöglichen.

2.2.3.1 Formen

In der wissenschaftlichen Untersuchung werden Arbeitszeitmodelle traditionellerweise als flexibel bezeichnet. Demnach erfolgt die Kategorisierung nach Blum und Zaugg (1999), die neben zahlreichen Publikationen zu flexiblen Arbeitszeitmodellen (z.B. Baillod et al., 1997; Dörsam, 1997) am umfassendsten und überzeugendsten ist, in flexible – und Normalarbeitszeit. Die Arbeitszeit ist flexibel, sofern diese von den Eigenschaften der Normalarbeitszeit abweicht. Charakteristisch für die Normalarbeitszeit ist ihrer Kategorisierung nach Uniformität, Gleichzeitigkeit, Pünktlichkeit, Fremdbestimmung der Arbeitszeit und weitgehende Übereinstimmung von Arbeits- und Betriebszeit. So sind flexible Arbeitszeitmodelle durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

- keine Uniformität, für unterschiedliche Mitarbeiter existieren unterschiedliche Arbeitszeitregelungen,
- keine Gleichzeitigkeit, unterschiedliche Anwesenheit der Mitarbeiter,
- keine Pünktlichkeit, Arbeitsbeginn und – ende sind flexibel bestimmbar,
- keine Fremdbestimmtheit, Mitarbeiter haben Einfluss auf ihre Arbeitszeit,
- Abweichung von Arbeit – und Betriebszeit.[34]

Die vorgenommene Kategorisierung wird dadurch erschwert, dass sich die in der betrieblichen Praxis angewandten Arbeitszeitmodelle in der Ausprägung dieser Eigenschaften unterscheiden. Um Normalarbeitszeit und flexible Arbeitszeitmodelle zu unterscheiden, ist es daher sinnvoll weitere Bestimmungskriterien einzuführen:

- Chronometrie, Dauer der Arbeitszeit,
- Chronologie, Lage und Verteilung der Arbeitszeit in einem bestimmten Bezugszeitraum,
- Bezugszeitraum, Zeitrahmen innerhalb dessen die vereinbarte Arbeitszeit zu leisten ist,
- Dispositionsgrenze, Abweichungen der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit von der Soll-Arbeitszeit innerhalb eines Bezugsraumes,
- Art der Zeiterfassung.[35]

Diese Kriterien ermöglichen zwar eine eindeutige Beschreibung und Zuordnung der Arbeitszeitmodelle, jedoch lassen sie keine Beurteilung ihrer Zweckmäßigkeit zu. Weiterhin ist es durch die Existenz einer Vielzahl bekannter und bereits praktizierter Modelle schwierig, die Modelle in ihrer Form und Ausprägung zu beschreiben, da sie in unterschiedlichsten Kombinationen bestimmter Ausprägungen der Kriterien und mit differenzierten Namen auftreten.

Demnach beschränkt sich die Beleuchtung der Arbeitszeitmodelle auf drei Modelle. Diese drei Modelle sind die grundlegendsten der bekannten und in der Praxis verwendeten Modelle. Sie bilden die Grundlage für eine Vielzahl von Unterformen und Kombinationen auf die im Folgenden nicht gesondert eingegangen wird.

So stellt ein grundlegendes Arbeitszeitmodell die Schichtarbeit dar, auch Mehrfachbesetzungssystem genannt. Schichtarbeit ist dadurch gekennzeichnet, dass dieselbe Arbeitsaufgabe von mindestens zwei Mitarbeitern zu unterschiedlichen Zeiten ausgeübt wird. Dabei wechseln sich die Mitarbeiter nach einem durch den Arbeitgeber vorgegebenem Arbeitsplan ab. Schichtbeginn des einen Mitarbeiters ist Schichtende und somit arbeitsfrei des anderen Mitarbeiters. In der Praxis wird die Schichtarbeit häufig angewandt, wenn Betriebszeit mit der vertraglichen Arbeitszeit eines Mitarbeiters nicht übereinstimmt, z.B. im Gesundheitswesen, Sicherheitsbranche, Einzelhandel etc.. Besonders ist das Zweischichtsystem von Bedeutung. Bei Unternehmungen bei denen die Conti-Arbeit vorherrscht, also die Notwendigkeit der ständigen Besetzung des Arbeitsplatzes, sind auch Dreischichtsysteme üblich. Vorteile des Schichtsystems ergeben sich für den Arbeitnehmer durch Ausgleichszahlungen (Zulagen) und zusätzliche Freizeit, beispielsweise wird die am Wochenende geleistete Arbeit durch Freizeit unterhalb der Woche (einen Tag von Montag bis Freitag) ausgeglichen. Zielgrößen für den Einsatz des Schichtsystems können für die Unternehmung Erhöhung der Betriebszeit, Erhöhung der Ansprechzeit und Abbau von Überstunden sein. Als nachteilig bei diesem Arbeitszeitmodell wird die Störung des biologischen Rhythmus (arbeiten entgegengesetzt der Leistungskurve), Freizeitnachteil und die Störung der regelmäßigen Teilnahme am öffentlichen, kulturellen und sozialen Leben angesehen. Der Arbeitgeber muss schon bei der Personalauswahl die Schichttauglichkeit potentieller Mitarbeiter prüfen.[36] Je nach Anwendung des Schichtsystems lässt es sich tendenziell zu den flexiblen Arbeitszeitmodellen zuordnen. Es herrscht keine Uniformität und Gleichzeitigkeit und die Betriebszeit weicht von der Arbeitszeit ab, wodurch einige der charakteristischen Merkmale für Normalarbeitszeit (siehe Anfang Abschnitt Formen) nicht zutreffen. Grundlage für das Schichtsystem bildet die Ermittlung des Besetzungsbedarfes. Durch Fragestellungen wie welche Arbeitsplätze mit welcher Art von qualifizierten Mitarbeitern besetzt werden müssen oder mit welcher Quantität an Mitarbeitern müssen die Arbeitsplätze wann besetzt werden oder wie Vertretungen in Abwesenheitsfall gehandhabt werden, kann der Besetzungsbedarf ermittelt werden.[37] Besonders im Einzelhandel ist dieses Arbeitszeitmodell das Vorherrschendeste und nach weitverbreiteter Meinung von Einzelhandelsbetrieben das effektivste. Hinsichtlich der personellen Besetzung während der Betriebszeit scheint das Modell der Schichtarbeit effektiv zu sein. Jedoch bietet es keine Lösungsansätze für die Fragen nach individueller Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit durch den Mitarbeiter. Das aber eben diese Frage immer mehr in den Mittelpunkt der Diskussion rückt und diese eine zunehmende Bedeutung für die Anwendung von Arbeitszeitmodellen hat, wird in Abschnitt 2.2.3.2 näher beleuchtet.


[...]

[1] Vgl. KPMG (2005), S. 7 f.

[2] Vgl. Axel Springer Verlag AG (Hrsg.) (2003), S. 2.

[3] Vgl. ACNielson (Hrsg.) (2005), S. 60.

[4] Vgl. Wöhe, G./ Döring, U. (2005), S. 10 ff.

[5] Vgl. Wöhe, G ./ Döring, U. (2005), S. 9 f.

[6] In Anlehnung an: Stelling, J. N. et al. (2005), S. 18 f.

[7] Vgl. Thom, N. / Wenger, A. (2002), S. 10 ff.

[8] Wöhe, G. / Döring, U. (2005), S. 32.

[9] Vgl. Ebenda, S. 32.

[10] Vgl. Stelling, J. N. et al. (2005), S. 121 f.

[11] Vgl. Hölzerkopf, G. (1998), S. 5.

[12] Vgl. Olfert, K. (Hrsg.) / Rahn, H.-J. (2001), S. 716.

[13] Vgl. Albert, G. (2004), S. 47.

[14] Vgl.Albert, G. (2004), S. 18.

[15] Vgl. Kotter, J. P. (1997), S. 57 f.

[16] Vgl. Holtbrügge, D. (2004), S. 4.

[17] Vgl. Stopp, U. (2002), S. 68 ff.

[18] In Anlehnung an: Wöhe, G ./ Döring, U. (2005), S. 691 f.

[19] Vgl. Fischer, U. / Reihsner, R. (2002), S. 37 f.

[20] Vgl. Albert, G. (2004), S. 86.

[21] Vgl. § 105 GewO.

[22] Vgl. Olfert, K. (Hrsg.) / Rahn, H.-J. (2001), S. 886.

[23] Vgl. Bolego, G. (2005), S. 22 ff.

[24] Vgl. § 2 ff TzBfG.

[25] Vgl. § 8 ff SGB IV.

[26] Vgl. § 8 Abs. 1, Nr. 2 SGB IV.

[27] Vgl. § 40 a Abs. 1 EstG.

[28] Vgl. VDI / VDE Innovation + Technik GmbH (Hrsg.) (2005), S. 3 f.

[29] Vgl. Albert, G. (2004), S. 87 f.

[30] Vgl. VDI / VDE Innovation + Technik GmbH (Hrsg.) (2005), S. 21.

[31] Vgl. Rischar, K. (2001), S. 2.

[32] Vgl. Olfert, K. (Hrsg.) / Rahn, H.-J. (2001), S. 092.

[33] Vgl. §§ 3 ff ArbZG.

[34] Vgl. Blum, A / Zaugg, R. J. (1999), S. 119 ff.

[35] Vgl. Wehrhahn, B. et al. (2001), S. 37 f.

[36] Vgl. Albert, G. (2004), S. 52 f.

[37] Vgl. Kutscher, J. (2000), S. 2 f.

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Relative Personalkostensenkung bei verlängerten Ladenöffnungszeiten Ein modelltheoretischer Ansatz zur Personalkapazitätsverteilung, dargestellt an einer Filiale der XYZ GmbH
Hochschule
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin  (Bereich Berufsakademie)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
62
Katalognummer
V60690
ISBN (eBook)
9783638543002
ISBN (Buch)
9783656809098
Dateigröße
621 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zur Wahrung von Unternehmensinteressen wurden relevante Daten, Zahlen sowie der Unternehmensname und alles was darauf schließen könnte abgeändert.
Schlagworte
Relative, Personalkostensenkung, Ladenöffnungszeiten, Ansatz, Personalkapazitätsverteilung, Filiale, GmbH
Arbeit zitieren
Susanne Malner (Autor:in), 2006, Relative Personalkostensenkung bei verlängerten Ladenöffnungszeiten Ein modelltheoretischer Ansatz zur Personalkapazitätsverteilung, dargestellt an einer Filiale der XYZ GmbH, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60690

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