Supply Chain Management und Advanced Planning System


Diplomarbeit, 2005

119 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungs- und Akronymverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einführung

2 Supply Chain Management
2.1 Grundlagen des Supply Chain Managements
2.1.1 Definition
2.1.2 Veränderungstreiber im Unternehmensumfeld
2.1.3 Ziele, Potentiale und Probleme
2.1.4 Grundelemente des SCM
2.1.4.1 Kooperationsmanagement
2.1.4.2 Prozessoptimierung
2.1.4.3 Informationstechnologie
2.2 Explikationen und Prinzipien der AP-Systeme
2.2.1 Entwicklung
2.2.2 Grundlagen und Probleme der Planung
2.2.3 Leistungsmerkmale
2.2.4 Anforderungen
2.2.5 Funktionalitäten
2.2.6 Marktanbieter von SCM-Lösungen

3 Advanced Planning System und SAP Advanced Planner & Optimizer
3.1 Funktionskomponenten des Advanced Planning Systems
3.1.1 Supply Chain Cockpit des APO
3.1.2 Strategic Network Planning
3.1.2.1 Ziele und Aufgaben
3.1.2.2 Anforderungen
3.1.3 Demand Planning
3.1.3.1 Ziele und Aufgaben
3.1.3.2 Anforderungen
3.1.4 Master Planning
3.1.4.1 Ziele und Aufgaben
3.1.4.2 Anforderungen
3.1.4.3 Logistiknetzplanung
3.1.5 Demand Fulfilment and ATP
3.1.5.1 Ziele und Aufgaben
3.1.5.2 Anforderungen
3.1.6 Production Planning and Scheduling
3.1.6.1 Ziele und Aufgaben
3.1.6.2 Anforderungen
3.1.7 Distribution and Transport Planning
3.1.7.1 Ziele und Aufgaben
3.1.7.2 Anforderungen
3.1.8 Purchasing and Material Requirements Planning
3.2 Koordination der APS-Module
3.3 Integration in bestehende Systeme
3.3.1 Integration des APS
3.3.2 Integration des APO

4 Praxisorientierte Betrachtung des APS
4.1 Voraussetzungen für die Implementierung
4.2 Guideline für eine APS-Einführung
4.2.1 Umsetzungskonzept
4.2.2 Implementierungsstrategien
4.2.2.1 Big Bang
4.2.2.2 Sukzessive Implementierung
4.3 Erfolgskriterien für die Einführung
4.4 Branchenspezifische Darstellung des APS
4.4.1 Charakteristika der Branchen
4.4.2 Komponentenbezogene Untersuchung
4.4.3 Branchenbezogene Analyse
4.4.3.1 Automobilbranche
4.4.3.2 Chemiebranche
4.4.3.3 Elektronikbranche
4.4.3.4 Konsumgüterbranche
4.4.4 Ergebnis der Untersuchung
4.5 Kritische Beurteilung des APS
4.5.1 Potentiale
4.5.2 Probleme

5 Resümee und Entwicklungstendenzen

Literaturverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Abkürzungs- und Akronymverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Definition des SCM

Abbildung 2: Grundelemente des SCM

Abbildung 3: Push-Prinzip

Abbildung 4: Pull-Prinzip

Abbildung 5: SCOR-Referenzmodell Version 7.0

Abbildung 6: MRP

Abbildung 7: Advanced Planning System

Abbildung 8: Hierarchisches Planungsmodell

Abbildung 9: Magic Quadrant ‘Supply Chain Management Software’

Abbildung 10: Supply Chain Planning Matrix

Abbildung 11: Die Rolle des Master Plannings

Abbildung 12: Darstellung einer Regel im ATP Decision Cube

Abbildung 13: Distributionswege

Abbildung 14: Koordination und Datenflüsse der APS-Module

Abbildung 15: APS Integration

1 Einführung

Seit Beginn der achtziger Jahre hat das Supply Chain Management als Ansatz zur integrierten Planung, Steuerung und Kontrolle aller logistischen Aktivitäten in einer Wertschöpfungskette steigende Resonanz erfahren.[1] Die zunehmende Komplexität in der SC lässt die Koordination einer unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit schwierig, teilweise unmöglich erscheinen. Dynamische Märkte, Produktionsvernetzungen, Globalisierung und steigender Kostendruck sind nur einige Gründe, weshalb sich die Wertschöpfungsketten immer neuen Anforderungen gegenübergestellt sehen. Konventionelle ERP- oder MRP-Systeme, deren Basis konzeptionell dem Stande der 60er Jahre entspricht, stoßen bei den steigenden Anforderungen im zunehmenden Maße an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Deshalb wurden SCM-Systeme, auch bekannt unter dem Namen Advanced Planning System entwickelt, die eine Ergänzung zu den bestehenden ERP-Systemen bilden und das Leistungsniveau der SC erheblich steigern.[2]

Nach einer euphorischen Einführungsphase, in der sich SCM-Lösungen zu einem der großen Boommärkte weltweit entwickelten, sahen sich die APS-Anbieter in der zweiten Jahreshälfte 2002 mit sinkenden Wachstumsraten konfrontiert. Viele Anbieter boten ihre Softwarelösungen während des SCM-Hypes voreilig und mit überladenen benutzerunfreundlichen Funktionalitäten an. Andererseits handelten die Anwender oftmals zu überstürzt und ließen damit die Definition von klaren Zielen und die Optimierung veralteter Geschäftsprozesse in übertriebenem Vertrauen auf die SW-Technologie unberücksichtigt. Die Komplexität der Projekte, verbunden mit hohen Anfangsinvestitionen, langen Projektdauern und einem sich nur langsam einstellenden ROI waren weitere Gründe für den Einbruch sowohl in Deutschland als auch international. Die Abstimmung der Software auf die branchenbezogenen Bedürfnisse sowie eine realistischere Sichtweise der Anwender stabilisieren jedoch den Markt seit 2004.[3]

Mit dem Leistungsvermögen zur Steuerung der komplexen Strukturen und zur Planung und Koordination der Supply Chain, verbunden mit einem enormen Potential an Kostenersparnissen, bildet APS heute ein zentrales Bestandteil jedes zukunftsorientierten Unternehmens.

Der Leitgedanke aller AP-Systeme ist eine „unternehmensübergreifende, intelligente Gestaltung, Planung und Steuerung“[4] der gesamten Wertschöpfungskette mit allen Chancen, die eine moderne IT-Technologie zur Unterstützung bei der Lösung von Planungsaufgaben und –problemen bieten kann. APS verwendet hierzu Modelle, Simulationen und Lösungsverfahren mit fortschrittlichen Algorithmen und verwaltet simultan alle planungsrelevanten Daten. Es greift auf die historischen Daten der ERP-Systeme zu und setzt deswegen eine kompatible Integration in bestehende IT-Landschaften voraus. Diese elementare Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Anwendung stellt einen hohen Anforderungsanspruch an die Unternehmen und gleichfalls an die Softwareproduzenten.[5]

Zielsetzung dieser Arbeit ist es, mit den Grundlagen des SCM und APS eine Bewertung zu erarbeiten. Es wird untersucht, ob heutige APS den Anforderungsansprüchen in Unternehmen gerecht werden und somit den Terminus „advanced“ verdienen. Die Bewertung konzentriert sich auf vier Branchen, deren anschließende Analyse nach der Zuordnung geeigneter Komponenten eine Untersuchung der zu erfüllenden Eigenschaften erlaubt. Mit der Erarbeitung von Potentialen und Grenzen kann abschließend eine kritische Betrachtung des APS durchgeführt werden.

An dieser Einleitung schließt sich in Kapitel 2 eine Definitionsabhandlung zur Einführung in die Thematik des Supply Chain Managements, während anschließend Veränderungstreiber, Voraussetzungen, Ziele, Potentiale und Probleme, erläutert werden. Ausgehend von der näheren Betrachtung der Entwicklung hin zu den Anforderungen und Problemen von APS, folgt in dieser Arbeit der Überblick von Funktionalitäten der SCM-SW-Systeme und der Anbietersituation auf dem Markt.

Das Kapitel 3 dient der Darstellung des APS. Dieses wird in die Supply Chain Planning Matrix eingeordnet, um danach einzelne Komponenten hinsichtlich der Ziele, Aufgaben und Anforderungen zu untersuchen. In den einzelnen Teilabschnitten wird zusätzlich auch näher auf die Module des SAP Advanced Planner & Optimizers eingegangen. Nach einem Überblick über die Funktionskomponenten von APS und APO folgt die Koordination und Integration der Module in bestehende IT-Systeme.

Das Kapitel 4 befasst sich ausschließlich mit der Evaluierung des APS. Ausgehend von den Voraussetzungen für eine Implementierung, dem Einführungskonzept und den Erfolgskriterien, folgt im Anschluss die analytische Betrachtung von vier unterschiedlichen Branchen. Die Untersuchung wird, ausgehend von den Charakteristika der jeweiligen Branchen, eine betriebstypologische Zuordnung der funktionsmodulspezifischen und –übergreifenden Kriterien vornehmen. Nachfolgend werden dann die für die Branchen geeigneten Komponenten vorgeschlagen und hinsichtlich ihrer Defizite überprüft. Die Potentiale und Grenzen des APS schließen das Kapitel ab.

Kapitel 5 fasst diese Arbeit zusammen, gibt einen Ausblick über APS und zeigt Entwicklungstendenzen auf.

2 Supply Chain Management

2.1 Grundlagen des Supply Chain Managements

2.1.1 Definition

Bei der Supply Chain handelt es sich im engeren Sinne um eine Lieferanten-, Angebots-, Versorgungs- und Logistikkette. Die SC besteht ergo aus einer Reihe von verknüpften Entscheidungsträgern, d. h. in sequenzieller Abfolge wird ein Output generiert, der als Input der nächsten Stufe Verwendung findet.[6] Die stark simplifizierte Sichtweise des SCM ist aber real nicht mit der permanent steigenden Komplexität der Leistungserstellung vereinbar. Vielmehr muss die SC als ein Netzwerk von Unternehmen sog. supply net/supply network verstanden werden, bei dem Güter-, Informations- und Geldmittelflüsse sowohl sequentiell als auch parallel fließen.[7] Die Verwendung von Kette und Netzwerk erfolgt in dieser Arbeit synonym.

Die Definition des Supply Chain Managements ist sehr heterogen, was einerseits daran liegt, dass sich unterschiedliche Gruppen mit der Verwendung des SCM auseinandersetzen und nach ihren Vorstellungen weiterentwickeln und andererseits, dass der Ansatz des SCM aus einer Sammlung mehrerer Konzepte besteht, welche unter einem Hauptbegriff als Ganzes zusammengefasst wird.[8]

Generell ist die Basis der Definitionen aber immer identisch. Optionen wie Kürzung und Erweiterung von Geld- oder Dienstleistungsfluss gestalten die Festlegung variabel. Für diese Arbeit soll die Begriffsauslegung von Scholz-Reiter/Jakobza, erweitert durch die oben genannte Option, gelten.[9]

Unter SCM versteht man „die

- Planung, Steuerung und Kontrolle
- des gesamten Material- und Dienstleistungsflusses, einschließlich der damit verbundenen Informations- und Geldflüsse,
- innerhalb eines Netzwerkes von Unternehmungen und deren Bereiche“[10],
- „die im Rahmen von aufeinanderfolgenden Stufen der Wertschöpfungskette an der Entwicklung, Erstellung und Verwertung von Sachgütern und/oder Dienstleistungen partnerschaftlich zusammenarbeiten,
- um Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen zu erreichen.“[11]

Eine SC beginnt also streng genommen bei der Rohstoffquelle und endet mit der Lieferung des Fertigproduktes an den Endkonsumenten inklusive einer Lösung des zukünftigen Recycling-Problems. Folglich ist eine SC endkundenorientiert.[12]

Abbildung 1: Definition des SCM

2.1.2 Veränderungstreiber im Unternehmensumfeld

Die logische Konsequenz einer Einführung von Supply Chain Management ist auf mehrere Ursachen bzw. Treiber zurückzuführen.

Die zunehmende Globalisierung der Märkte bei gleichzeitigen Regionalisierungsbestrebungen bedürfen neuer Organisationsformen, die fähig sind prozessorientiert zu arbeiten.[13]

Ein verändertes Kundenverhalten von der Massenproduktion hin zu individualisierten Produkten erfordert sowohl kurze Reaktionszeiten im Netzwerk als auch neue Methoden, die es bei Planung und Betrieb erlauben, die Produktions- und Transportressourcen effizienter einzusetzen.[14]

Kooperationen erfüllen die Bedingung, die Dynamik der Märkte zu beherrschen. Doch dazu sind Modelle und Methoden nötig, welche die neuen Aufgaben der Ablauf- und Aufbauorganisationen bewältigen können.[15]

Das Wirtschaften mit den niedrigsten Lagerbeständen und geringsten Verlusten sowie das sofortige Reagieren auf Änderungen der Kundennachfrage haben ihren Ursprung in der progressiven Entwicklung der IuK-Technologie des letzten Jahrzehnts. Diese erlaubt mit ihrer Filtertechnik aus den immensen Datenbeständen nur die relevanten Informationen zu selektieren, so dass sich für die IT der Begriff „Enabler“ etabliert hat.[16] Nur ein „Enabler“ mit kompatiblen und intelligenten Schnittstellen kann die zunehmende Anzahl an Mitgliedern in die Wertschöpfungskette einbinden und organisatorisch verwalten.[17]

Ein weiteres Motiv ist der Wandel vom Verkäufermarkt, auf dem der Hersteller alleine produktbezogen wirkte, hin zum Käufermarkt mit kundenspezifischen Erzeugnissen, was allgemein mit dem Wechsel von Push- zu Pull-Märkten zum Ausdruck gebracht wird.[18]

2.1.3 Ziele, Potentiale und Probleme

In Anlehnung an die SCM-Definition können folgende Ziele eruiert werden: eine ganzheitliche prozessorientierte Planung und Steuerung der Informations-, Produktions- und Finanzmittelflüsse, die Integration aller Akteure der SC in diese Aufgaben, der Abbau von Informationsasymmetrien, die Verringerung der Bestände bei gleichzeitiger Erhöhung der Lieferbereitschaft, eine verbesserte Kapazitätsausnutzung, die Schaffung von Transparenz, die Synchronisation der Versorgung mit dem Bedarf, eine ganzheitliche Wertschöpfungsorientierung, die Optimierung der Komplexität, kürzere Durchlaufzeiten, gesteigerter Lieferservice, höhere Kundenbindung durch optimalen Service am Point-of-Sale, gesteigerte Ressourcenauslastung sowie höhere Planungsgenauigkeit und –effizienz, eine verkürzte Time-to-Market Periode, die Verringerung der Out-of-Stock-Situation, Orientierung am Nutzen des Endkunden und eine schnellere Anpassung an Marktänderungen.[19]

Mit all diesen Zielen ist aber kein operatives Controlling umsetzbar, denn dazu werden sog. kennzahlenbasierte Zielsetzungen in den Bereichen Kosten, Zeit und Qualität benötigt.[20]

Kostenvorteile sind dabei v. a. durch die Reduzierung der Bestände erzielbar. Die Transparenz der Endkonsumentennachfrage soll den Bull-Whip-Effekt minimieren und dadurch kontraproduktive Sicherheitsbestände reduzieren. Infolgedessen werden gebundenes Kapital und Transaktionskosten gesenkt und Fixkosten durch eine zusätzliche strategische Optimierung der gesamten SC in Verbindung mit der global verbesserten Planung verringert. Eine bessere Abstimmung der Produktions- und Distributionspläne zwischen den Beteiligten erwirtschaftet erhebliche Lagerhaltungs- und Betriebsersparnisse.[21]

Die Vernetzung der Entwicklungskapazitäten generiert Zeitvorteile durch die Verringerung der Entwicklungszeiten von Neuprodukten. Eine direkte Kooperation der Lieferanten mit den Kunden und eine verbesserte Planung im Bereich Produktion und Transport sowie ein effizientes Bestandsmanagement führen zu sinkenden Durchlaufzeiten. Neben der Lieferflexibilität steigt auch der Kundenservicegrad.[22]

Die Qualitätsvorteile in einer SC verlangen das Vertrauen aller Beteiligten, was wiederum als Fundament einer intensiveren Zusammenarbeit die Akzeptanz aller Mitglieder fördert. Die kollektive F&E und ein offener Informationstransfer bilden die Basis für die Qualitätsplanung, -lenkung und –prüfung.[23]

Das Potential des SCM liegt in der optimierten Planung, Gestaltung und Steuerung von übergreifenden Abläufen.

Nachstehend einige Zahlen, um das Synergiepotential des Supply Chain Managements zu verdeutlichen. Das SCM reduziert den Lagerbestand um 25% - 60%. Durchlaufzeiten können um 30% - 50% gesenkt, der Gewinn um 30% und die Liefertermintreue um 16% - 28% gesteigert werden. Zudem sinken die SC-Kosten um 25% - 50%. Daneben vermeidet dieses Konzept kostenintensive Expresslieferungen, welche die Lagerhaltungskosten bis zu 30% senkt. Die Steigerung der Produktivität um 10% - 16% und die Erhöhung der Kapazitätsauslastung um 10% - 20% sind realisierbar.[24]

Der schnelle Informationstransfer via Internet und Intranet verkürzt die Reaktionszeit bezüglich Störungen und Restriktionen und verhindert somit Kapazitäts- und Ressourcenengpässe. Weiter hilft die Implementierung von Echtzeit-Planungsmodulen die Liefertermine exakt zu bestimmen und eine Liefertreue von fast 100% zu erreichen.[25] Eine integrative Abstimmung der Informations- und Kommunikationsprozesse mit den Güterflüssen resultiert in einer schnelleren Rückkopplung über veränderte Kundenbedürfnisse und Geschäftsprozesse.[26] Die größere Reaktionsfähigkeit auf sich ändernde Marktbedingungen erzielt eine bessere Kundeneinbindung, führt zu steigenden Marktanteilen und Umsätzen und erwirtschaftet höhere Renditen.[27]

Das Supply Chain Management ist ein zwischen- und überbetrieblicher Ansatz und verursacht daher bei Einführung und Erweiterung die für Kooperationen typischen Probleme wie mangelndes Vertrauen, Offenlegung von Betriebsgeheimnissen, Anpassung auf unterschiedliche Unternehmenskulturen, fehlende gemeinschaftliche Visionen, Opportunismus der Partner und Kommunikationsschwierigkeiten an den Schnittstellen.[28] Weitere Diskrepanzen, die die SCM-Umsetzung hemmen, sind der Bull-Whip-Effekt[29], aber auch Kosten für den Aufbau und Betrieb einer leistungsfähigen Wertschöpfungskette, Aufwendungen für Hard- und Software, Ausgaben für Qualifikations- und Reorganisationsmaßnahmen, Kosten für externe Beratung und interne Personalaufwände.[30] Nicht alle technischen Schwierigkeiten sind indes gelöst. So fordert die zunehmende Vernetzung der Partner einen hohen Koordinationsaufwand und die netzwerkartigen Strukturen eine ausreichende Unterstützung der vorhandenen Datenverarbeitungssysteme.[31]

2.1.4 Grundelemente des SCM

Das Konzept des SCM fundiert auf den drei Bausteinen Kooperationsmanagement, Prozessoptimierung und Informationstechnologie, die einer näheren Erläuterung bedürfen.

Vor der Durchführung des Kooperationsmanagements ist die Ableitung einer entsprechenden SC-Strategie aus der Unternehmensstrategie signifikant. Dies ist im Vorfeld notwendig, da ein Großteil der SC-Kosten durch diese strategischen Entscheidungen festgelegt wird.[32]

Nach der Strategiefestlegung kann mit der Umsetzung des ersten Schrittes, der gleichbedeutend als eine Integration aller Akteure der Supply Chain in die unternehmensübergreifenden Aufgaben durch ein prozessorientiertes Kooperationsmanagement zu verstehen ist, stattfinden.

Bei dem zweiten Punkt handelt es sich um das Re-Design, ergo einer Reorganisation von Kernprozessen. Zusätzlich gestaltet und steuert man hier die Informations-, Material- und Finanzmittelflüsse in der Kette hinsichtlich ihrer zugehörigen Prozesse.

Das letzte Element umfasst den Einsatz moderner IT-Systeme mit den Funktionen Koordination und Kommunikation. Unter Koordination versteht man die Planung und Steuerung der Prozesse in der SC mit dem Ziel, die mangelnde Abstimmung interdependenter Entscheidungen zu verhindern. Die Kommunikation charakterisiert den Abbau der Informationsbarrieren zwischen den Unternehmen.[33]

Abbildung 2 verdeutlicht ebengenanntes Konzept.

Abbildung 2: Grundelemente des SCM

2.1.4.1 Kooperationsmanagement

Das primäre Ziel eines jeden Unternehmens also auch das der Supply Chain ist, ein Produkt möglichst schnell und erlöswirksam auf den Markt zu etablieren. Dies wird u. a. damit erreicht, indem vorhandene Ressourcen unabhängig von deren physikalischen Standorten genutzt werden können. Der Rückgriff und die Verteilung von Ressourcen erweisen sich nur dann erfolgsversprechend, wenn die Unternehmen in der SC zueinander in einem vertrauensvollen und partnerschaftlichen Verhältnis stehen.[34] Sie ist unverzichtbarer Bestandteil einer funktionierenden Supply Chain.[35] Das Ziel einer wirksamen Kooperation fokussiert sich also auf eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.[36]

Der erste Schritt im Kooperationsmanagement besteht in der Partnersuche und -auswahl. Sodann müssen rechtlich unabhängige Unternehmen für eine gewisse Zeit partnerschaftlich zusammenarbeiten. Derartige Zusammenschlüsse stellen hohe Ansprüche an Kooperation und Integration und verlangen eine vertrauensvolle Beziehung aller Beteiligten. Hierfür sind neue Führungskonzepte und abgestimmte Unternehmensstrategien erforderlich. Nach Schaffung einer Vertrauensbasis ist dann die nötige gegenseitige Einsicht der Partner in betriebsgeheime Daten und Abläufe der Unternehmen ohne Misstrauen gewährleistet.[37]

In der Praxis stellt sich dieser Schritt als der komplizierteste heraus, da mit der Weitergabe von Informationen Gefahren sowie erhöhte Abhängigkeiten verbunden sind.[38]

2.1.4.2 Prozessoptimierung

Die Gestaltung der Flüsse von Material, Halb- und Fertigprodukten und von Informationen der Bedarfe und Kapazitäten muss in einer Supply Chain ganzheitlich und prozessorientiert erfolgen.[39] Die Anforderungen und der Bedarf der Kundengruppe bestimmen die unternehmensübergreifenden Geschäftsprozesse. Der Kapazitätsbedarf von Produktion und Logistik und der Materialfluss zum Kunden unterliegen den Bedingungen einer effektiven Steuerung. Mit diesen Prozessen muss es möglich sein, auf Änderungen des Bedarfs zu reagieren und gleichzeitig durch Rückkopplung Störungen zu minimieren.[40]

Nach dem Pareto-Prinzip sollen 20% des Aufwandes 80% der Ergebnisse realisieren. Eine Analyse der Schnittstellen bei den Netzwerkpartnern als erster Schritt, zielt auf die Verkürzung der Durchlaufzeiten für eine verbesserte Profitabilität, was ausschlaggebend für den Supply-Fluss ist.[41]

Das Ergebnis eines Prozess-Re-Designs ist die Schaffung neuer effizienterer und die Entfernung alter nicht wertschöpfender Prozesse. Die daraus folgenden Veränderungen sind schwierig und komplex, denn sie betreffen viele Mitarbeiter in der bestehenden Unternehmensorganisation.

Mit der Optimierung der Prozesse wird auch ein Wandel vom Push- zum Pull-Prinzip bei Planung und Produktion eingeleitet. Das bisher vorherrschende Push-Prinzip[42] verursacht oft Überproduktion mit entsprechender Konsequenz der Lagerung. Zunehmend wird ein Wechsel zum effizienteren Pull-Prinzip[43] unerlässlich, d. h. ein Kundenwunsch löst die Produktion in einem Unternehmen aus.[44] Diese Vorgehensweise wird bspw. bei dem Computerproduzenten Dell praktiziert. Ein Kunde bestellt einen Computer per Internet nach seinen Wünschen, 48 Stunden später wird er entsprechend konfiguriert ausgeliefert.[45]

Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 53.

Abbildung 3: Push-Prinzip

Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 53.

Abbildung 4: Pull-Prinzip

Für die Prozessdefinition und die Leistungsmessung ist die Bildung von einheitlichen Standards essentiell, die für ein gemeinsames Prozessverständnis zur Beurteilung der Leistungsbeiträge einzelner Partner und für die EDV-Integration bedeutsam sind.[46] Einen möglichen Standard liefert das Supply Chain Operations Reference-Modell, das einer permanenten Weiterentwicklung unterliegt. Das SCOR-Modell wurde von dem weltweit operierenden Supply Chain Council[47], das 1996 als Non-Profit-Organisation von dem Institut Advanced Manufacturing Research und der Unternehmensberatung Pittiglio Rabin Todd & McGrath gegründet wurde, entwickelt.[48] Es ist branchenneutral ausgelegt und liefert den allgemeinen Rahmen zur Beschreibung der SC, allgemeingültige Kennzahlen, Benchmarks und Best Practices.[49]

Grundidee dieses Modells ist es, jede Wertschöpfungskette durch die fünf elementaren Prozesstypen plan (Planung), source (Beschaffung), make (Produktion), deliver (Vertrieb) und return (Rücklieferung) zu beschreiben. Diese Prozesse finden sich bei allen beteiligten Unternehmen einer Wertschöpfungskette wieder und sind über den Vertriebs- und Beschaffungsprozess unmittelbar miteinander verknüpft.[50] Ein Überblick über dieses Referenzmodell verschafft Abbildung 5, während sich eine nähere Erläuterung der einzelnen Elemente anschließt.

Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Supply Chain Council (2005), S. 3.

Abbildung 5: SCOR-Referenzmodell Version 7.0

Auf oberster Ebene werden die fünf genannten Prozesstypen behandelt, die Auskunft über Inhalt und Umfang der SC eines Unternehmens geben.[51]

Die Planungsprozesse umfassen neben der Planung der Infrastruktur, die Ressourcenplanung, die langfristige Ressourcengestaltung als auch die Planung der Produkteinführungs- und Eliminationszeitpunkte sowie Make-or-buy-Entscheidungen.[52]

Die Beschaffung beschreibt Prozesse zum Einkauf von Produkten und Dienstleistungen für die geplante und aktuelle Nachfrage.[53] Dabei geht es vor allem um den Erwerb, die Prüfung und die Bereitstellung des benötigten Materials,[54] aber auch um den Austausch von Ressourcen wie Maschinen, Mitarbeiter oder Wissen.[55]

Die Produktion beinhaltet Prozesse, die Produkte in ihren Endzustand transformieren.[56] Angefangen von der Anforderung und dem Erhalt des Rohmaterials über die Produktion bis zur Montage und Verpackung.[57]

Unter Vertrieb versteht man Abläufe, die fertige Produkte und Dienstleistungen für die Nachfrage bereitstellen. Eingeschlossen sind hier ein Auftrags-, Transport- und Distributionsmanagement.[58]

Mit dem Return werden Prozesse verbunden, die mit dem Rücktransport, der Sammlung und Sortierung der zu entsorgenden Güter sowie mit der Verpackungsreduzierung zusammenhängen.[59]

Die fünf Prozesstypen werden anschließend auf der zweiten Ebene in 30 Prozesskategorien differenziert,[60] so dass Redundanzen der bestehenden Aufgaben identifizierbar sind.[61] Die dritte Ebene zerlegt die Prozesskategorien in die Prozesselemente Input, Output, Steuerungskennzahlen, Referenzbeispiele und Softwarerealisierungsmöglichkeiten.[62] Schließlich erfolgt die Implementierung des SCM in der vierten Ebene. Diese definiert Praktiken zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen und zur Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen.[63]

Eine kritische Betrachtung ist hier notwendig, weil die Standardisierung der Strukturen und Prozesse nicht unbedingt zu Wettbewerbsvorteilen führen muss, sondern durch die sog. Standardisierungsfalle sogar das Gegenteil bewirken kann. Grundsätzlich bedarf es bei der Anwendung des SCOR-Modells einer Abwägung zwischen Standardisierung und Individualisierung. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das SCOR-Modell enge Bezüge zum Geschäftsprozessmanagement aufweist und eine große inhaltliche Ähnlichkeit zu der Technik der Prozesshierarchien besteht.[64]

2.1.4.3 Informationstechnologie

Durch die rasante Weiterentwicklung der IuK-Technologie entsteht eine neue Generation von Standardsoftware, auch bekannt unter dem Begriff Advanced Planning System, die eine optimale Koordination und Planung im globalen Netzwerk realisiert. Mit APS ist ein schneller Informationsaustausch und eine integrierte Planung innerhalb der SC sichergestellt.[65] Ziel des IT-Einsatzes ist es, die geforderte Transparenz bei Bedarfen, Kapazitäten und Beständen, ein kooperatives Prozesscontrolling sowie ein Exception Handling zu erreichen.[66] Heutige SCM-SW-Systeme fokussieren ihren Schwerpunkt auf eine verbesserte Kapazitätsplanung und Prognose des Kundenbedarfs. Dabei werden die in den ERP-Systemen vorhandenen Daten weiterhin genutzt und um neue Funktionen ergänzt. Die SW-Systeme berücksichtigen bei der Durchführung einer simultanen Planung von Material und Kapazität diverse Randbedingungen der Produktion und Logistik und ermöglichen die Analyse verschiedener Szenarien durch eine schnellere Verarbeitungszeit.[67]

In folgenden Kapiteln sollen diese Software-Systeme näher untersucht werden.

2.2 Explikationen und Prinzipien der AP-Systeme

2.2.1 Entwicklung

Ungenutzte Erfolgspotentiale an den Schnittstellen von fokal geführten Unternehmensverbünden, in denen gegenwärtig viele große Unternehmen integriert sind, lassen sich prinzipiell mit zentralistischen Planungssystemen realisieren. Diesbezüglich musste aber eine Verbesserung der auf MRP II basierten PPS-Systeme mit ihrer unternehmensinternen Ausrichtung stattfinden. Mit APS entstehen, aufgrund der fortschrittlichen Technologien und dem massiven Preisverfall der IT-Hardware, erstmals SCM-SW-Lösungen die Defizite der bestehenden ERP-Systeme und deren Planungsmethoden ausgleichen und die von der SC geforderte Grundlage einer integrierten Planung schaffen. Advanced Planning Systems erweitern also bestehende PPS-Systeme um zusätzliche Module und um veränderte bzw. neue Planungslogiken.[68] Sie basieren auf einem ganzheitlichen Modellierungs- und Planungsansatz.[69]

APS sind Add-ons zu ERP und verfolgen das Ziel, vernetzte Unternehmen schnell und schlank zu gestalten sowie kostengünstig und in guter Qualität Produkte auf den Markt zu bringen. Beide Systeme decken unterschiedliche Aufgaben ab. Während das Aufgabengebiet des ERP innerbetriebliche Organisationen betrifft, ist APS auf die überbetriebliche Planung und auch auf die Kommunikation und Abstimmung mit anderen Unternehmen programmiert. Eine autarke Anwendung von APS ist nicht zulässig, denn es benötigt historische Daten, die ERP-Systeme zur Verfügung stellen.[70]

Bei der Verwendung von Daten aus ERP-Systemen ist deren Herkunft irrelevant, denn APS verfügt über zertifizierte Schnittstellen, so dass das ERP-System nicht notwendigerweise vom gleichen Hersteller sein muss. Somit ist es möglich verschiedene ERP-Systeme mit einem APS zu vernetzen.[71]

APS ist in der Lage den ganzheitlichen Planungsprozess zu synchronisieren, indem es die komplexen logistischen Strukturen der SC abbildet und Bedarfe und Kapazitäten simultan plant. Sein Einsatz bestimmt die Lieferzeit verlässlicher, reduziert den Lagerbestand, verkürzt die Durchlaufzeit und führt eine kostenorientierte Bewertung der Planungsergebnisse durch. APS eignen sich v. a. für die Planung komplexer und dynamischer SC.[72]

Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kuhn/Hellingrath (2002), S. 129.

Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kuhn/Hellingrath (2002), S. 129.

Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kuhn/Hellingrath (2002), S. 129.

Abbildung 6: MRP Abbildung 7: Advanced Planning System

2.2.2 Grundlagen und Probleme der Planung

APS basiert auf dem Konzept der hierarchischen Produktionsplanung[73], d. h. ein Problem wird in diverse Teilprobleme untergliedert zwischen denen Über-/ Unterordnungsbeziehungen entstehen. Übergeordnete Teilpläne werden durch untergeordnete Teilpläne konkretisiert.[74]

Abbildung 8: Hierarchisches Planungsmodell

Eine derartige hierarchische Produktionsplanung ist eine Synthese von Total- und Partialplanung. Das Ziel der Bildung von Teilplänen ist die Reduktion der Komplexität der auf den einzelnen Planungsebenen zu lösenden Problemstellungen. Nur so wird der Einsatz formaler Lösungstechniken möglich. Allerdings ergeben sich daraus auch Aggregations- und Koordinationsschwierigkeiten.[75]

Die in der Regel entstehenden drei Planungsebenen unterscheiden sich im Problemumfang und im Aggregationsgrad der verwendeten Informationen, d. h. die Probleme einer untergeordneten Ebene sind im Vergleich zur übergeordneten Ebene enger begrenzt und durch detaillierterer Informationen zu lösen. Hierbei ist zu beobachten, dass mit zunehmender Aggregation der Aggregationsfehler steigt und somit zu suboptimalen und unzulässigen Lösungen des Planungsproblems führen kann.[76]

Ein Koordinationsbedarf resultiert aus den Interdependenzen der Teilprobleme. Eine horizontale Abstimmung erfolgt durch die Integration der Teilprobleme in das Planungsproblem einer höheren Planungsebene, so dass eine Berücksichtigung dementsprechend auf einem höheren Aggregationsniveau stattfindet. Die vertikale Abstimmung wird nach dem Top-down-Prinzip oder der rollierenden Planung durchgeführt.[77]

Vorher genannte Planungsebenen können in Abhängigkeit des Planunghorizontes und der Bedeutung des Planungsergebnisses der Wertschöpfungskette unterteilt werden.[78]

Auf oberster Ebene befindet sich die langfristige Planung, die typischerweise einen erweiterten Planungshorizont umfasst. Die Entscheidungen sind strategischer Natur, betreffen die Struktur der SC und haben einen erheblichen Einfluss auf deren zukünftige Entwicklung.[79]

Die zweite Ebene definiert die mittelfristige Planung. Der Planungshorizont umfasst 6 bis 24 Monate, was die Betrachtung der saisonalen Entwicklung, z. B. der Nachfrage, sicherstellt.[80] Die Planungsergebnisse berücksichtigen die Resultate der langfristigen Planung und sind oft aggregierte Zeit-, Kosten- und Kapazitätsbedarfe.

Die unterste Ebene, auch kurzfristige Planung genannt, wird der operativen Planung zugeordnet und muss die Aktivitäten als detaillierte Anweisungen für die sofortige Ausführung und Kontrolle spezifizieren. Deshalb erfordern kurzfristige Planungsmodelle ein hohes Maß an Genauigkeit und den höchsten Detaillierungsgrad. Die kurzfristige Planung ist durch die Strukturentscheidungen und den Quantitätsbereich der oberen Ebenen eingeschränkt, trotzdem ist sie für die aktuelle Leistungsfähigkeit der SC ausschlaggebend. Der Horizont beträgt mehrere Tage bis 3 Monate.[81]

Die Vorteilhaftigkeit des APS ggü. konventionellen Planungssystemen basiert wie in der Literatur des öfteren zitiert, auf einer „neuen“ Planungslogik, die Eigenschaften einer automatischen, simultanen und optimalen Planung aufweisen. Diese Ansichten müssen jedoch kritisch hinterfragt werden.

Argumente die dem APS eine automatische Planung unterstellen, sind so nicht korrekt, denn APS besitzt lediglich planungs- und entscheidungsunterstützenden Charakter. Eine Verdeutlichung erhält man, wenn die Abfolge der Planungsphasen, Zielbildung, Problemanalyse, Alternativengenerierung, Prognose, Alternativenbewertung und -auswahl genauer betrachtet wird.[82] APS nutzt die Ziele, Probleme und Handlungsalternativen als Input, während lediglich die Vorauswahl bewerteter Handlungsalternativen den Output des APS darstellen.[83]

Ferner wird APS die Eigenschaft eines simultanen Planungsansatzes zugesagt. Diese Aussage relativiert sich durch die Analyse der Planungslogik, denn die Gesamtplanungsaufgabe wird in mehrere Teilaufgaben zerlegt und unabhängig voneinander ausgeführt. Das wiederspricht dem Grundsatz einer Simultanplanung. Als Konsequenz wird zwischen den erstellten Teilplänen eine Koordination notwendig, die in der Simultanplanung nicht vorgesehen ist.[84]

Allenfalls ist beim APS eine Sukzessivplanung erkennbar, da das betrachtete Gesamtproblem eine Gliederung in Teilprobleme erfährt und diese dann aufeinander aufbauend gelöst werden. Eine derartige Dekomposition zerlegt die Interdependenzen zwischen den einzelnen Entscheidungsgrößen, die ursprünglich simultane Entscheidungen verlangten. Somit ist APS als sukzessiver Partialplanungsansatz zu verstehen.[85]

Der Behauptung APS sei eine optimierte Planung, die eine Kostenoptimierung und –senkung hervorruft, eine globale logistikkettenweite Optimierung ermittelt und im Rahmen der einzelnen Komponenten bestmögliche Ergebnisse erzielt, steht gegenüber, dass eine derartige Planung nur in Partialmodellen möglich ist. APS erlaubt zwar für die Ermittlung von Teilplanungslösungen exakte Lösungsverfahren anzuwenden, deswegen kann aber noch nicht von optimalen Gesamtlösungen ausgegangen werden, denn die Zerlegung in Teilprobleme auf Basis von Heuristiken führt bei deren Synthese allenfalls zu einer Näherungslösung. Eine exakte Formulierung müsste darum von zulässigen Plänen ohne Optimierungsanspruch sprechen.[86]

Eine hierarchische Produktionsplanung, charakterisiert durch eine sukzessive Vorgehensweise bei der Problemlösung, stellt somit für das APS einen Mittelweg zwischen Praktikabilität und Planungsgenauigkeit dar.[87]

Auch die Planungslogik des APS weist Probleme auf, weswegen eine Ausführung der drei wichtigsten Planungsprobleme folgt.

Die interdependenten und sich gegenseitig beeinflussenden Planungsziele bilden die erste Problematik. Wird z. B. die gleichzeitige Minimierung der Durchlaufzeit und der Produktionskosten angestrebt, würde die Folge die Maximierung der Produktionskosten und die Minimierung der Durchlaufzeit sein, et vice versa.[88]

Eine zweite Schwierigkeit ist die große Anzahl von Alternativen, die in der Planung der SC vorherrschen. Kontinuierliche Entscheidungsvariablen, z. B. die Auftragsgröße oder der Auftragsbeginn, erbringen eine unendliche Anzahl von Ergebnissen. Aber auch für diskrete Entscheidungen, wie z. B. den Maschinenbelegungsplan, existieren viele Alternativen. Die genannten Fälle dokumentieren die Unmöglichkeit einer optimalen Lösung nur durch lineare Aufzählung aller Alternativen und somit auch die schwere Ermittlung einer durchführbaren Lösung. Hier können Verfahren des Operations Research den Planungsprozess unterstützen.[89] So kann bspw. das mathematische Verfahren der linearen Programmierung eine exakte optimale Lösung determinieren. Für die meisten kombinatorischen Probleme sind aber nur Annäherungslösungen durch Heuristiken berechenbar. Die Anwendbarkeit und Auswahl dieser Verfahren ist dabei von dem jeweiligen Planungsmodell abhängig.[90]

Das schwierigste Problem ist der Umgang mit Unsicherheiten. Planung antizipiert zukünftige Aktivitäten und basiert auf Daten für zukünftige Entwicklungen. Die Daten können unter Berücksichtigung der Problematik des Prognosefehlers in Modellen ermittelt werden. Dieser Fehler reduziert die Verfügbarkeit der Produkte und somit den Kundenservice den ein Unternehmen anbietet. Um den Service zu verbessern wird ein Sicherheitsbestand aufgebaut, der als Puffer für Aberrationen der Nachfrage von der Prognose dient.[91]

[...]


[1] Vgl. Stadtler (2003), S. 2; Corsten/Gabriel (2004), S. 6

[2] Vgl. Kilger/Müller (2004), S. 217; Felser/Kilger/Ould-Hamady (1999), S. 12; Bretzke/ Roelofsen/Gärtner (2001), S. 185

[3] Vgl. Glas (2004)

[4] Vgl. Busch/Dangelmeier/Pape et al. (2003), S. 1

[5] Vgl. Rohde (2003), S. 1018

[6] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 5

[7] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 5 f.

[8] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 7

[9] Vgl. Busch/Dangelmeier/Pape et al. (2003), S. 7 f.

[10] Hahn (2000), S. 12; vgl. Wildemann (2001), S. 1

[11] Hahn (2000), S. 12; vgl. Wildemann (2001), S. 1

[12] Vgl. Hahn (2000), S. 12

[13] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 8; Buer (2003), S. 13; Pfohl (2000), S. 16 ff.

[14] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 8; Buer (2003), S. 13; Pfohl (2000), S. 22 f.

[15] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 8; Buer (2003), S. 13 f.

[16] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 3

[17] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 9; Buer (2003), S. 14

[18] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 3 f.

[19] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 8; Nissen (2003), S. 5; Piontek (2003), S. 6 f.; Kuhn/Hellingrath (2002), S. 10; Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 8

[20] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 8 f.

[21] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 9; Böhnlein (2005), S. 93; Weber/Dehler/Wertz (2000), S. 266; Heusler (2004), S. 18

[22] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 9; Böhnlein (2005), S. 93; Weber/Dehler/Wertz (2000), S. 266; Heusler (2004), S. 19

[23] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 9; Weber/Dehler/Wertz (2000), S. 266; Heusler (2004), S. 19 f.

[24] Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 18; Buer (2003), S. 15; Seidl (2000), S. 181; Kuhn/ Hellingrath (2002), S. 34; Nissen (2003), S. 10; Piontek (2003), S. 7; Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 11 f.

[25] Vgl. Schinzer (1999), S. 859; Böhnlein (2005), S. 93

[26] Vgl. Schinzer (1999), S. 859

[27] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 8

[28] Vgl. Steinaecker/Kühner (2000), S. 53

[29] Zur näheren Erläuterung des Bull-Whip-Effekts, vgl. Lee/Padmanabhan/Whang (1997)

[30] Vgl. Bothe/Nissen (2003), S. 11

[31] Vgl. Steinaecker/Kühner (2000), S. 36 f.

[32] Vgl. Bretzke/Roelofsen/Gärtner (2001), S. 178

[33] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 22 f.

[34] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 24 f.; Busch/Danglemaier/Pape et al. (2003), S. 51 f.

[35] Vgl. Corsten/Gabriel (2004), S. 18; Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 51 f.

[36] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 10

[37] Vgl. Bretzke/Roelofsen/Gärtner (2001), S. 178 f.

[38] Vgl. Bretzke/Roelofsen/Gärtner (2001), S. 179

[39] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 28

[40] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 28

[41] „Unter einer Prozesskette versteht man eine zeitlich und räumlich verbundene Folge betrieblicher Aktivitäten“, Kuhn/Hellingrath (2002), S. 28

[42] Vgl. Abbildung 3

[43] Vgl. Abbildung 4

[44] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 52 f.

[45] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 162 f.; Bothe (1999), S. 70

[46] Vgl. Bretzke/Roelofsen/Gärtner (2001), S. 179

[47] Das Supply Chain Council hat derzeit mehr als 1000 Mitglieder weltweit, vgl. o. V. (o. J.)

[48] Vgl. Sürie/Wagner (2005). S. 41; Buer (2003), S. 36; Geimer/Becker (2000), S. 110

[49] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 29; Heusler (2004), S. 80; Schinzer (1999), S. 861

[50] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 29; Schinzer (1999), S. 861; Heusler (2004), S. 80 f.

[51] Vgl. Heusler (2004), S. 81; Buer (2003), S. 39

[52] Vgl. Rüggeberg (2003), S. 26; Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 9; Buer (2003), S. 37; Heusler (2004), S. 81; Nissen (2003), S. 29; Corsten/Gössinger (2001), S. 141

[53] Vgl. Supply Chain Council (2005), S. 7; Nissen (2003), S. 29

[54] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 9; Buer (2003), S. 38; Heusler (2004), S. 81

[55] Vgl. Buer (2003), S. 38

[56] Vgl. Supply Chain Council (2005), S. 7; Nissen (2003), S. 29

[57] Vgl. Kuhn/Hellingrath/Kloth (1998), S. 9; Buer (2003), S. 38; Heusler (2004), S. 81

[58] Vgl. Supply Chain Council (2005), S. 7; Buer (2003), S. 38 f.; Heusler (2004), S. 81; Nissen (2003), S. 29

[59] Vgl. Buer (2003), S. 39; Nissen (2003), S. 29; Rüggeberg (2003), S. 27

[60] Vgl. Supply Chain Council (2005), S. 6; Buer (2003), S. 40; Heusler (2004), S. 81 f.; Rüggeberg (2003), S. 27

[61] Vgl. Supply Chain Council (2005), S. 7; Heusler (2004), S. 82 f.

[62] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 51; Sürie/Wagner (2005), S. 44 ff.; Supply Chain Council (2005), S. 6; Buer (2003), S. 40; Heusler (2004), S. 83

[63] Vgl. Supply Chain Council (2005), S. 6; Buer (2003), S. 40

[64] Vgl. Heusler (2004), S. 83 f.

[65] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 30 f.

[66] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 126

[67] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 31

[68] Auf diese wird in anschließenden Kapiteln näher eingegangen.

[69] Vgl. Busch/Dangelmaier/Pape et al. (2003), S. 26

[70] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 130 f.

[71] Vgl. Bretzke/Roelofsen/Gärtner (2001), S. 193

[72] Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 129

[73] Vgl. Hax/Meal (1975), S. 53 ff.

[74] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 164

[75] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 164; Steven/Krüger (2004), S. 186

[76] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 165

[77] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 165

[78] Vgl. Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 82

[79] Vgl. Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 82

[80] Vgl. Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 82

[81] Vgl. Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 82

[82] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 166 f.; Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 81

[83] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 167

[84] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 169

[85] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 170

[86] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 170 ff.; Steven/Krüger (2004), S. 186

[87] Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 172

[88] Vgl. Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 82

[89] Vgl. Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 83

[90] Vgl. Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 83

[91] Vgl. Fleischmann/Meyr/Wagner (2005), S. 83

Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Supply Chain Management und Advanced Planning System
Hochschule
Universität Bayreuth
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
119
Katalognummer
V60568
ISBN (eBook)
9783638542111
ISBN (Buch)
9783638824378
Dateigröße
1000 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Supply, Chain, Management, Advanced, Planning, System
Arbeit zitieren
Sabine Schimmelpfennig (Autor:in), 2005, Supply Chain Management und Advanced Planning System, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60568

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