Wolfgang Borchert: "Die drei dunklen Könige". Eine Weihnachtsgeschichte in der Nachkriegzeit


Seminararbeit, 2005

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. formale Analyse
2.2. Bezug zur Weihnachtsgeschichte
2.3. Bezug zu Borcherts eigenem Lebenslauf
2.4. Intention des Autors

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die biblische Weihnachtsgeschichte wurde von Wolfgang Borchert, mit seiner Kurzgeschichte „Die drei dunklen Könige“, auf ein Szenario der Nachkriegszeit übertragen. Zunächst soll die Kurzgeschichte formal analysiert werden. In einem zweiten Arbeitsschritt soll der Bezug zur Weihnachtsgeschichte und anschließend der Bezug zu Borcherts eigenem Lebenslauf hergestellt werden. Ziel der Untersuchungen ist es, herauszufinden, weshalb Borchert das Weihnachtsmotiv in seiner Kurzgeschichte aufgegriffen hat, und welche Intention er damit verfolgte.

2. Hauptteil

2.1. formale Analyse

Die Kurzgeschichte „Die drei dunklen Könige“ von Wolfgang Borchert wurde kurz nach dem zweiten Weltkrieg veröffentlicht und setzt sich mit den ärmlichen Verhältnissen während der Nachkriegszeit auseinander. Thematisch ist sie daher eindeutig der sogenannten Trümmerliteratur zuzuordnen.

Sie lässt sich in drei Abschnitte gliedern: Zuerst wird die Familie in ihrem Elend dargestellt. Danach folgt der Besuch der drei Fremden als „d a s Ereignis“[1] und zuletzt richtet sich der Blickwinkel wieder auf die Familie, die nun im Gegensatz zur Situation am Anfang vom Licht erfüllt ist.

Die Kurzgeschichte ist sprachlich sehr einfach gehalten, ganz nach dem Prinzip der „lakonische[n] Kürze“[2]. „[D]ie Weise des Sprechens ist anspruchslos, fast primitiv, vergleichbar etwa mit der Bert Brechts. Ohne überhöhende und veredelnde Absicht registriert sie einfach.“[3] Die Sätze sind alle sehr kurz und nur selten – ausgenommen bei der Einleitung wörtlicher Rede – tauchen Nebensätze auf. Die Figurenrede, welche übrigens nicht mit Anführungszeichen gekennzeichnet ist, folgt dem selben Sprachstil. Oft werden in der direkten Rede Verben und andere Wörter gespart. „Diese Ellipsen, aber auch die vollständigen Sätze, beschränken sich meist nur auf das Notwendigste des Gesprochenen.“[4] Albrecht Weber erkennt darin „eine gewisse Gleichförmigkeit des Tons“[5]. Vieles wird nur angedeutet und nur verkürzt oder gar nicht erst ausgesprochen. Einer der drei Ankömmlinge bietet beispielsweise dem Vater Tabak an, indem er ihm seine Manteltasche hinhält (vgl. DDDK. S. 186.). Dieser auffälligen Kürze und Schlichtheit steht jedoch die häufige Verwendung von Adjektiven entgegen, die daher zu „Sinnträgern“[6] werden. Außerdem fällt eine große Bildebene auf, die sich hinter der sprachlichen Kürze verbirgt. Der Text arbeitet mit einer Vielzahl rhetorischer Mittel. Bereits die Überschrift enthält eine Alliteration auf ,d‘ (vgl. DDDK. S. 185.). Viele Gegenstände werden personifiziert und ihre Empfindungen werden auf menschliche Weise ausgedrückt. So ist das Pflaster „erschrocken“ (DDDK. S. 185.), die Holzlatte seufzt (vgl. DDDK. S. 185.) und die Tür weint (vgl. DDDK. S. 185.). Dem Leser werden nicht einfach Tatsachen präsentiert, sondern er muss bereits beim Lesen interpretieren, um zum Beispiel zu erkennen, was mit den abgebrochenen Häusern (vgl. DDDK. S. 185.) gemeint ist.

Die Kurzgeschichte wird von einem auktorialer Erzähler erzählt. Der Erzähler beschränkt seinen Blickwinkel jedoch auf die Familie. Überwiegend werden die Gedanken des Mannes beschrieben, und auch als der Mann mit den drei Besuchern das Haus zum Rauchen verlässt, folgt der Blickwinkel ihm. Innenweltdarstellungen kommen nur noch bei der Frau und am Anfang beim Pflaster vor, dass sich erschrickt.

Die Personen erscheinen ohne Namen und der Leser erfährt kaum etwas über sie. Sie werden auf ihr Geschlecht, ihre Funktion oder metonymisch (pars pro toto) reduziert. Der Mann, der uns am Anfang begegnet, wird zunächst nur mit dem Personalpronomen „er“ (DDDK. S. 185.) bezeichnet. Erst ab dem dritten Absatz wird er „[d]er Mann“ (DDDK. S. 185.) genannt. Die Mutter des Kindes wird die ganze Zeit als „Frau“ (DDDK. S. 185.) bezeichnet. Diese einfache Unterscheidung zwischen Mann und Frau, muss erst getroffen werden, als die Frau in der Kurzgeschichte auftaucht. Über die Frau erfährt man einige Äußerlichkeiten, ebenso über das vor einer Stunde neugeborenen Kindes ist. Das Kind wird teilweise mit „Kind“ bezeichnet, aber auch auf sein Gesicht reduziert. Zum Beispiel schläft nicht das Kind, sondern das Gesicht (vgl. DDDK. S. 186-187.). Über die drei Besucher erfährt man ebenfalls nicht viel. Sie tragen alte Uniformen, haben einen Pappkarton und einen Sack bei sich, und jeder ist von einer schweren Krankheit gezeichnet. Dem einen sind die Hände erfroren, der andere hat vom Hunger Wasser in den Füßen, und der dritte leidet an einer Nervenkrankheit aufgrund seiner Angst. All dies verweist auf den vergangenen Krieg, in dem sie gelitten haben. Ebenso verweisen die Ruinen („Die Häuser standen abgebrochen gegen den Himmel.“ DDDK. S. 185.), das fehlende Licht und die Kälte auf die Nachkriegssituation, in der die Kurzgeschichte spielt.

Das Holz, als wichtiger Wärmespender in der nächtlichen Kälte, spielt eine zentrale Rolle. Die Kälte wird mehrfach explizit erwähnt. Der Ähnlichkeit zwischen Holz und Kuchen (vgl. DDDK. S. 185.) wird vom Familienvater selbst hergestellt. Kuchen dient hierbei als Zeichen für Wohlstand. Dadurch, dass der Kuchen durch ein Holzstück repräsentiert wird, wird die Ärmlichkeit der Familie deutlich hervorgehoben. „Die materiellen Bedürfnisse des Vaters sind soweit reduziert, daß er das Holz mit Kuchen gleichsetzt."[7] Auch die Einsamkeit der Familie wird verdeutlicht. Schon in der Anfangsszene, als der Vater auf Holzsuche ist, drücken „die Stille, die Dunkelheit und die Zerstörung des Umfeldes die Einsamkeit des Vaters aus“[8]. Der Mann zeigt an mehreren Stellen seine Unzufriedenheit aus. Er möchte gegen die Verantwortlichen für die schlechte Situation seiner Familie kämpfen. „Aber er hatte keinen, dem er dafür die Fäuste ins Gesicht schlagen konnte“ (DDDK. S. 186.). Den anderen Figuren, auch seiner Frau, offenbart er diese innere Wut jedoch nicht. Sie „dringt nur mit seinem Brummen […] nach außen“[9]. All dies passt zum „Zentralthema des Dichters, die Isolation des Individualismus in einer unbewältigenden geschichtlichen Entwicklung“[10].

[...]


[1] Weber, Albrecht: Die drei dunklen Könige. In: Hirschenauer, Rupert/Weber, Albrecht: Interpretationen zu Wolfgang Borchert. München, R. Oldenbourg Verlag, 1962 (= Interpretationen zum Deutschunterricht an den höheren Schulen), 97-108. S. 107.; im folgenden zitiert: Weber, 1962.

[2] Migner, Karl: Leben und Werk Wolfgang Borcherts. In: Hirschenauer, Rupert/Weber, Albrecht: Interpretationen zu Wolfgang Borchert. München, R. Oldenbourg Verlag, 1962 (= Interpretationen zum Deutschunterricht an den höheren Schulen), 109-118. S. 117., im folgenden zitiert: Migner, 1962.

[3] Weber, 1962. S. 104.

[4] Buchholz, Jens: Zukunftsperspektiven in den Werken Wolfgang Borcherts (Untersucht an der Erzählung "Die drei dunklen Könge"). Göttingen, 1999. http://www.hausarbeiten.de/faecher
/hausarbeit/lit/232.html [31.03.05]; im folgenden zitiert: Buchholz, 1999.

[5] Weber, 1962. S. 105.

[6] Weber, 1962. S. 103.

[7] Buchholz, 1999.

[8] Buchholz, 1999.

[9] Buchholz, 1999.

[10] Pichl, Robert: Das Bild des Kindes in Wolfgang Borcherts Prosa. In: Wolff, Rudolf: Wolfgang Borchert. Leben und Werk. Bonn, Bouvier Verlag Herbert Grundmann, 1984, 114-122. S. 115.; im folgenden zitiert: Pichl, 1984.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Wolfgang Borchert: "Die drei dunklen Könige". Eine Weihnachtsgeschichte in der Nachkriegzeit
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Germanistisches Institut - Lehrstuhl für Komparatistik)
Veranstaltung
Bibellektüre für Komparatisten
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
13
Katalognummer
V60436
ISBN (eBook)
9783638541121
ISBN (Buch)
9783656561781
Dateigröße
386 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wolfgang, Borchert, Könige, Weihnachtsgeschichte, Nachkriegzeit, Bibellektüre, Komparatisten, Thema Die drei dunklen Könige
Arbeit zitieren
Daniel Steinbach (Autor:in), 2005, Wolfgang Borchert: "Die drei dunklen Könige". Eine Weihnachtsgeschichte in der Nachkriegzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60436

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