Über Alternationskriterien in der Geschichte der Besten Chebyshev-Approximation


Diploma Thesis, 1994

114 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


 

Über Alternationskriterien in der Geschichte der Besten Cebysev -  Approximation

Georg Steffens

Diplomarbeit am Fachbereich Mathematik
der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität

Frankfurt am Main

24. Januar 1996

Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen
Einleitung
Danksagung

1 Der Alternantensatz
    1.1 Vereinbarungen
    1.2 Die Alternantenbedingung als hinreichende Bedingung
    1.3 Der direkte Beweis
    1.4 "Null in der konvexen Hülle
        1.4.1 Diskussion
    1.5 Maximale lineare Funktionale
        1.5.1 Approximation auf einer Punktmenge
        1.5.2 Beweis des Alternantensatzes
        1.5.3 Diskussion. Eine konstruktive Anwendung des Satzes von Kolmogorov
    1.6 Eine Anwendung des Lemmas von Zorn
1.6.1 Eine minimale Menge, die die Bestapproximation bestimmt minimale Menge
1.6.2 ß enthält nur Abweichungspunkte von f - p0
1.6.3 Beweisschluß. Alternation

2 Vorläufer des Alternantensatzes
    2.1 Eulers Analyse des Delisle´schen Kartennetzentwurfs
        2.1.1 Die Delisle´sche Kartenprojektion
        2.1.2 Die Methode
        2.1.3 Lagebestimmung der Punkte P und Q
        2.1.4 Minimierung des Projektionsfehlers
    2.1. Diskussion
    2.2 Ein bestes Planetenmodell von Laplace
        2.2.1 Eine Näherungsformel zur Berechnung eines Ellipsenbogenstücks
            2.2.1.1 Die Bogenlänge eines Ellipsenstücks
        2.2.2 Das charakteristische Gleichungssystem
        2.2.3 Die Alternantenbedingung als hinreichende Bedingung
        2.2.4 Die Alternantenbedingung als notwendige Bedingung
        2.2.5 Bestimmung der Maximalfehler
            2.2.5.1 Bestimmung des größten Fehlers
            2.2.5.2 Bestimmung des kleinsten Fehlers
            2.2.5.3 Bestimmung der besten Ellipse
        2.2.6 Anwendung auf Erdvermessungen
        2.2.7 Diskussion. Ein diskretes Approximationsproblem

3 Die Petersburger Mathematische Schule
    3.1 Die Anstöße zur Theorieentwicklung
        3.1.1 Cebysevs Auslandsreise
        3.1.2 Die Poncelet´schen Näherungsformeln
        3.1.3 Der Watt´sche Mechanismus
    3.2 Erste Theorieansätze bei Cebysev
        3.2.1 Charakteristische Gleichungen
        3.2.2 Ansätze für reell- analytische Funktionen
        3.2.3 Das am wenigsten von Null abweichende Polynom (n + 1)-ten Grades mit 
        vorgegebenem ersten Koeffzienten
            3.2.3.1 Der Fall m = 0
        3.2.4 Bemerkung. Alternanten
    3.3 Erste theoretische Ausarbeitungen 
        3.3.1 Problemstellung
        3.3.2 Ein allgemeines notwendiges Kriterium
        3.3.3 Die Anzahl der Abweichungspunkte. Fallunterscheidungen
            3.3.3.1 Polynomapproximation
        3.3.4 Bewertung der "Fragen über Minima [...]"
    3.4 Zum weiteren Werk Pafnutij L´vovic Cebysevs
        3.4.1 Kein Beweis des Alternantensatzes
    3.5 Einige Spezialfälle bei Cebysevs Schülern
        3.5.1 Egor Ivanovic Zolotarev
        3.5.2 Das frühe Werk von Andrej Andreevic Markov
            3.5.2.1 Über eine Frage von D. I. Mendeleev. Ein Alternantensatz
        3.5.3 Vladimir Andreevic Markov
            3.5.3.1 Die Aufgabenstellung. Ein Hilfssatz
            3.5.3.2 Ein Alternantensatz von V. A. Markov

4 Die ersten Beweise des Alternantensatz
    4.1 Blichfeldts Bemerkung
    4.2 Kirchbergers Dissertation. Ein erster Beweis
        4.2.1 Rückgriff auf Cebysev
        4.2.2 Der Beweis des Alternantensatzes
        4.2.3 Fast im Ziel
    4.3 E. Borels Vorlesungen
        4.3.1 Der Alternantensatz als Hilfssatz für den Eindeutigkeitssatz
        4.3.2 Bemerkung zu Borels Quellen
    4.4 A. A. Markovs Vorlesungen
    4.5 Young füllt die letzte Lücke

A Einige Briefe von P. L. Cebysev
    A.1 Beantragung einer Reise zur Londoner Maschinenausstellung
    A.2 Der Aufenthalt in Frankreich
        A.2.1 Beschränkung des Forschungsprogramms
        A.2.2 Rechenschaftsbericht über die Dienstreise nach Frankreich
    A.3 Der Aufenthalt in England

B Der Beweis von A. A. Markov (1906)

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis
1.1 Veranschaulichung des Alternantensatzes
1.2 Veranschaulichung des direkten Beweises
1.3 Eintausch von E

2.1 Schema der Delisle´schen Schnittkegelprojektion
2.2 Zur abstandstreuen Einteilung der Meridiane
2.3 Längen- und Breitengrade an Äquator und Pol
2.4 Konstruktion eines Längengrades
2.5 Breitenmessung auf der Erdoberfläche

3.1 Das vollständige Watt´sche Parallelogramm
3.2 Das verkürzte Watt´sche Parallelogramm


Einleitung
Wenn wir uns die Aufgabe stellen, ein Bogenstück durch ein Geradenstück so anzunähern, daß der Unterschied zwischen beiden Linien möglichst klein wird, so werden wir die Gerade immer so zu legen versuchen, daß sowohl rechts als auch links von ihr die maximale Abweichung gleich wird. Beispielsweise käme niemand auf die Idee, den Halbkreis durch eine Linie anzunähern, die genau dem Durchmesser entlangläuft. Vielmehr wird man hier die Gerade in die Mitte zu legen versuchen. Genau diese Idee verwendet Euler [Eul98], um eine möglichst genaue Karte des russischen Reiches zu zeichnen. Er nähert die Erdkugel so durch eine Ebene an, daß der Fehler am nördlichsten Punkt, am südlichsten Punkt und, irgendwo in der Mitte" gleich ist. Nun könnte man vermuten, daß die beste Näherung hier von der Lage dieses Punktes abhängt, jedoch nach dem Alternantensatz hängt vielmehr der Punkt von der Größe des minimalen maximalen Fehlers ab, bzw. beide Werte korrespondieren miteinander. 
Der Satz, von dem in dieser Arbeit die Rede sein wird, verallgemeinert dieses im Falle von Gerade und Bogen noch sehr anschauliche Problem auf reellwertige stetige Funktionen, die durch Polynome, bzw. im noch allgemeineren Fall, auf Funktionen, die der Haar´schen Bedingung genügen, angenähert werden. Nach diesem Satz wird die Minimallösung dieses Problems dadurch charakterisiert, daß sie mindestens (n + 1)-mal maximal von der anzunähernden Funktion mit unterschiedlichem Vorzeichen abweicht, wenn n die Anzahl der Parameter des Problems ist. Wir konzentrieren uns hier auf den Fall der Besten Approximation durch Polynome, da zum einen die Haar´sche Bedingung nicht zu wesentlich neuen Beweisen führt, bzw. diese auch nicht schwerer macht, und zum anderen der historische Weg deutlicher aufzuzeigen ist. Die vorliegende Arbeit versucht nun, folgende Aufgaben zu lösen.

  1. Die verschiedenen modernen Beweise zu analysieren und zu vergleichen
  2. Beispielhaft Problemstellungen aus dem 18. Jahrhundert aufzuzeigen, die noch vor der Entwicklung einer Theorie schon das Alternationsprinzip zur Bestimmung von Näherungslösungen verwendeten
  3. Den Weg von konkreten Problemen zur Bildung einer einheitlichen Theorie der Besten Approximation zu umreißen, wie er von P. L. Cebysev und seinen Schülern beschritten wurde, um weitere Probleme lösen zu können
  4. Die ersten Beweise des Alternantensatzes vorzustellen

Selbstverständlich ist dabei von besonderem Interesse, wer den Alternantensatz zuerst bewiesen hat oder mindestens die Alternationseigenschaft als solche erkannt und formuliert hat. In der Literatur sind die verschiedensten Antworten zu finden.
So wird in der russischen Mathematischen Enzyklopädie behauptet, P. L. Cebysev habe den Satz bewiesen [Enzy, Bd. 5, S.845],  A. A. Gusak [Gus72] behauptet zumindest, daß er die Alternation der Abweichungspunkte der Fehlerfunktion an Spezialfällen zumindest bemerkt hat und versucht dies an einem Beispiel zu belegen. Ein weiterer russischer Kommentator, V. L. Goncarov [Gon45] behauptet nun das Gegenteil, nämlich daß überhaupt keine Bemerkung Cebysevs zu diesem Punkt vorliegt.
Um dies etwas zu entwirren, versuchte der Autor in St. Petersburg, also vor Ort, diese Frage zu klären.
Leider mußte die Beantwortung der Frage, was die Person P. L. Cebysevs angeht, negativ ausfallen, krasser, wir müssen Goncarov recht geben, daß nämlich Cebysev dieser Frage in der Tat überhaupt nicht nach ging, weil sie für ihn nicht interessant genug war. Sicher hat er Alternanteneigenschaft, wenn auch vielleicht nur in Spezialfällen, gekannt (man muß sich nur einmal den Graphen eines Cebysev´schen Polynoms anschauen), aber explizit erwähnt hat er sie nie. Wir versuchen in Kapitel 3 genauer zu begründen, warum dies so war und fügen ein wenig anekdotenhaft an, daß es dafür sogar wissenschaftspolitische Gründe gab.
Dennoch ist der Beitrag Cebysevs außerordentlich wichtig, und sein Werk nimmt auch in dieser Arbeit breiten Raum ein. Wir werden dann sehen, daß er einen Satz beweist, der als entscheidendes Hilfsmittel für den Alternantensatz bei Kirchberger fungiert. Kirchberger ist der erste, der einen Beweis findet, der aber noch einen wichtigen Fall ausschließt. So dürfen bei ihm nur endlich viele Abweichungspunkte vorkommen, oder, wenn unendlich viele vorliegen, so muß die Fehlerfunktion auf ganzen Intervallen ihren maximalen Wert annehmen.
Historisch gab es zwei Wege, den Alternantensatz zu beweisen, die sich in der zeitlichen Abfolge überschnitten haben. Der erste führt direkt von Cebysevs Arbeit "Sur les question des minima [...] (1857) zum ersten Beweis von Kirchberger in seiner Dissertation "Über Tchebyschefsche Annäherungsmethoden" (1902) der zweiteWeg führt von Cebysev über A. A. Markovs Arbeit "über eine Frage von D. I. Mendeleev" (1890) und die erste Erwähnung einer Alternation in Blichfeldts "Note on the Functions [...] which in a Given Interval Differ the Least Possible Value from Zero (1901) zu den Beweisen von Borel in den "Lecons sur les Functions de Variables Réelles" (1905), von A. A. Markov in den "Vorlesungen über Funktionen, die am wenigsten von Null abweichen" (russisch, 1906) und schließlich von J. W. Young in "General Theory of Approximation by Functions [...]" (1907). Der erste Weg führt jedoch nur, wie oben bemerkt, zu einer eingeschränkten Version des Satzes, und auch Markovs Beweis ist unvollständig, da er implizit eine Endlichkeitsbedingung für die Anzahl der Abweichungspunkte vorgibt. Da auch Borel noch eine kleine Lücke ließ, liegt erst mit der Arbeit von Young ein kompletter Beweis vor.
Interessant ist, daß der letzte, längere Weg zu dem konstruktiveren und anschaulicheren Beweis führt. Da es sich bei den beiden letzten Texten um Vorlesungen handelt, kann das Publikationsdatum erheblich von dem Erstellungsdatum abweichen. Da Markov Borels Arbeit nicht erwähnt, wohl aber Blichfeldts Bemerkung, kann man vermuten, daß er in der Tat jene Arbeit nicht kannte. Deshalb wurden in dieser Arbeit beide Texte in diesem Sinne gleichrangig behandelt. Der Markov´sche Beweis des (eingeschränkten) Alternantensatzes wird im Anhang wörtlich übersetzt, da er in keiner Sprache außer der russischen erschienen ist.
Neben diesen historisch gewachsenen Beweisen werden im ersten Kapitel noch zwei Beweise analysiert, von denen der erste auf der Konstruktion von maximalen Punktfunktionalen und dem Hahn-Banach´schen Satz [Mei 4] sowie dem Satz von Kolmogorov, der andere lediglich auf dem Lemma von Zorn beruht [Bro94].

[...]

Excerpt out of 114 pages

Details

Title
Über Alternationskriterien in der Geschichte der Besten Chebyshev-Approximation
College
University of Frankfurt (Main)  (Fachbereich Mathematik)
Grade
1,3
Author
Year
1994
Pages
114
Catalog Number
V6006
ISBN (eBook)
9783638137058
ISBN (Book)
9783640860296
File size
1161 KB
Language
German
Notes
Die Arbeit beschreibt einen der wichtigsten Sätze der uniformen Approximationstheorie, den Alternantensatz von einer historischen Perspektive aus. Neben drei klassischen und einem neuen Beweis werden Vorläuferarbeiten von Euler, Laplace und Poncelet präsentiert und analysiert. Ebenso wird auf die Arbeiten der St. Petersburger Mathematischen Schule des späten 19. Jahrhunderts eingegangen (Chebyshev, Zolotarev, A. und V. Markov). Die erste Formulierung des Satzes und die folgenden Beweisversuche werden analysiert. Die Arbeit schildert sehr anschaulich, welche Mühen nötig waren, um eine wichtige Säule der für die Entwicklung der Computertechnik so wichtigen Approximationstheorie fertig zu stellen.
Quote paper
Karl-Georg Steffens (Author), 1994, Über Alternationskriterien in der Geschichte der Besten Chebyshev-Approximation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6006

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