Historikerstreit / Die Rede Weizsäckers zum 40. Jahrestag der Befreiung


Seminararbeit, 2005

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Quellenkritik
1.1. Quellenbeschreibung
1.2. Innere Kritik
1.2.1. Sprachliche Aufschlüsselung
1.2.2. Sachliche Aufschlüsselung

2. Quelleninterpretation
2.1. Inhaltsangabe
2.2. Einordnung in den historischen Kontext
2.2.1 Der Historikerstreit in den 80er Jahren
2.2.2. Allgemeines zum Historikerstreit
2.2.3. Inhalte und Streitpunkte der Auseinandersetzung
2.2.4. Weitere Kritiker der konservativen Geschichtsschreibung
2.2.4. Reaktionen des Auslandes und der ehemaligen DDR auf die Auseinandersetzung der deutschen Historiker

3. Ergebnis und Ausblick

4. Quellen und Literatur
4.1. Quellen
4.2. Literatur

5. Anhang: Die Quelle

1.Quellenkritik

1.1.Quellenbeschreibung

Bei der ausgewählten Quelle handelt es sich um eine Rede des früheren deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, die dieser am 8. Mai 1985 anlässlich einer Gedenkstunde zum 40. Jahrestag des Kriegsendes im deutschen Bundestag in Bonn hielt. Die Quelle liegt in gedruckter Form vor.[1]

1.2. Innere Kritik

1.2.1. Sprachliche Aufschlüsselung

Der in der Rede Weizsäckers verwendete Begriff “Wahrhaftigkeit” findet heutzutage im deutschen Sprachgebrauch eher selten Anwendung. Mit Wahrhaftigkeit ist “die Übereinstimmung von Aussage und Überzeugung” gemeint.[2]

Ansonsten finden sich in der Rede des Altbundespräsidenten keine unverständlichen Begriffe.

1.2.2. Sachliche Aufschlüsselung

“...neue Bündnisse...” (Z.4)

Als Reaktion auf die Berlin-Blockade 1948/1949 und den Umsturz in Tschechien 1948 wurde 1949 in Washington D.C. auf Initiative der Vereinigten Staaten ein westliches Sicherheits-

und Verteidigungsbündnis, die NATO, gegründet, zu deren Gründungsmitgliedern unter anderem Belgien, Dänemark, Frankreich und Großbritannien gehörten. Die Bundesrepublik Deutschland trat dem Bündnis 1955 bei.[3]

Die Staaten des Ostblocks gründeten mit dem Warschauer Vertrag 1955 ihrerseits ein militärisches Bündnis unter Führung der UdSSR, dem beispielsweise Bulgarien, Polen und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) angehörten.[4]

“Die militärische Kapitulation war bedingungslos.” (Z.23)

Gemeint ist die offizielle bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht, die am 8. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst von Vertretern des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht unterzeichnet wurde, u.a. vom damaligen Chef des Oberkommandos Wilhelm Keitel. Die Kapitulationsurkunde sah die Einstellung der Kampfhandlungen aller deutscher Land-, Luft- und Seestreitkräfte für den Zeitpunkt ab 23.01 Uhr am 8. Mai 1945 vor.[5]

2. Quelleninterpretation

2.1. Inhaltsangabe

Richard von Weizsäcker macht in seiner Rede vor den Abgeordneten des deutschen Bundestages deutlich, dass der 8. Mai 1945, der Tag des Kriegsendes in Europa, zwar von jedem Volk unterschiedlich wahrgenommen wird, für die Deutschen aber ein Tag der Befreiung gewesen ist. Zudem erinnert er an die unterschiedlichen Schicksale der Menschen. Außerdem stellt er klar, dass der 8. Mai untrennbar mit dem Tag des Beginns der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, dem 30. Januar 1933, verbunden ist, der die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit darstellt. Am Ende des Auszuges aus der Rede Weizsäckers benennt dieser die Gruppen der Opfer des nationalsozialistischen Regimes, die es an diesem Jahrestag zu gedenken gelte, wobei er besonders die größte Opfergruppe, die getöteten Juden, hervorhebt.

2.2. Einordnung in den historischen Kontext

2.2.1. Der Historikerstreit in den 80er Jahren

Die Rede Richard von Weizsäckers wurde etwa ein Jahr vor dem Beginn des Historikerstreits im Juni 1986 gehalten, der bei der folgenden Einordnung der Quelle in den historischen Kontext die zentrale Rolle spielt.

2.2.2. Allgemeines zum Historikerstreit

Von besonders großer Bedeutung für die historiographische Aufarbeitung des deutschen Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 ist die Kontroverse zwischen bundesdeutschen Geschichtswissenschaftlern und Intellektuellen Mitte der 1980er Jahre, die auch als “Historikerstreit” bezeichnet wird.[6]

Inhaltlich wurde in dem Historikerstreit insbesondere die historische Position der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, der Verbrechen zwischen 1933 und 1945 sowie der “Vernichtungskriegführung” diskutiert.[7] Außerdem ging es um die Frage, ob bestimmte Auffassungen einiger Historiker der Bundesrepublik, wie z.B. die von Ernst Nolte und Andreas Hillgruber, eine Relativierung der nationalsozialistischen Herrschaft darstellen und “apologetische Tendenzen”, also den Nationalsozialismus verteidigende Ansätze, enthalten.[8]

2.2.3. Inhalte, Streitpunkte und Beteiligte der Auseinandersetzung

Der Historikerstreit begann mit dem am 11. Juli 1986 in der “Zeit” erschienenen Artikel “Eine Art Schadensabwicklung. Die apologetischen Tendenzen in der

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deutschen Zeitgeschichtsschreibung“ des deutschen Soziologen und Philosophen Jürgen Habermas, in dem er vor allem den beiden Historikern Ernst Nolte und Andreas Hillgruber vorwirft, sie würden in ihren Veröffentlichungen beabsichtigen, den Nationalsozialismus mithilfe unangemessener Vergleiche zu verharmlosen und die Einzigartigkeit der von diesem Regime begangenen Verbrechen an den Juden zu bestreiten.[9]

Ausgangspunkt für die Vorwürfe Habermas’ war die Veröffentlichung eines Aufsatzes des 1923 geborenen Geschichtswissenschaftlers Ernst Nolte in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” im Frühsommer 1986. In diesem Beitrag stellt Nolte einige rhetorische Fragen, die aus seiner Sicht “nicht nur zulässig”, sondern “unvermeidbar” erscheinen, u.a. fragte er, ob die sowjetischen Gulags nicht ursprünglicher wären als Auschwitz und ob die Nationalsozialisten eine asiatische Tat nicht nur deshalb vollbracht hätten, weil sie sich selbst als Opfer einer solchen Tat betrachteten würden.[10] Mit dem Begriff der “asiatischen Tat” meinte Nolte den Völkermord an den Armeniern durch die Türken sowie die Verbrechen in den Gulags der Sowjetunion. Eine Einstellung, die nur “auf den einen Mord und den einen Massenmord hinblickt und den anderen nicht zur Kenntnis nehmen will, obwohl ein kausaler Nexus” bestehe, führe “gründlich in die Irre”, meint Nolte in seinem FAZ-Artikel vom 6. Juni 1986.[11] Nolte ist außerdem der Meinung, dass Hitler „gute Gründe“ gehabt hätte, „von dem Vernichtungswillen seiner Gegner sehr viel früher überzeugt zu sein, als zu dem Zeitpunkt,

wo die ersten Nachrichten über die Vorgänge in Auschwitz zur Kenntnis gelangt waren.“[12] Ernst Nolte beruft sich hierbei auf Äußerungen von Chaim Weizmann, der in den 30er Jahren Präsident des Jüdischen Weltkongresses war und Deutschland im Jahr 1939 zusammen mit England den Krieg erklärt habe.[13] Der Journalist und damalige Herausgeber des “Spiegel”, Rudolf Augstein, kritisierte die Auffassung Noltes, Adolf Hitler habe sich von den Juden aufgrund dieser Erklärung Weizmanns bedroht fühlen müssen. “Durfte Hitler (…) sich von den Juden aller Welt bedroht fühlen (...) Durfte Hitler sich berechtigt fühlen, die Juden als Kriegsgefangene zu behandeln und zu internieren?”, fragt Augstein in einem Aufsatz. “Dies meint der Faschismusforscher Ernst Nolte”, stellt Augstein fest.[14]

[...]


[1] Richard von Weizsäcker: Zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der

nationalsozialistischen Gewaltherrschaft: Ansprache am 8. Mai 1985 in der

Gedenkstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestages. Bundeszentrale für pol.

Bildung (Hrsg.). Bonn 1985, S. 6 f.

[2] Enzyklopädische Bibliothek. Band 15. Gütersloh 2000, S. 134

[3] Geiss, Imanuel: Geschichte griffbereit. München 2002, S. 1041

[4] Geiss, S. 1054

[5] Urkunde über die militärische Kapitulation, Berlin 8.5.1945. In: Dennis, Mike; Johannes-Dieter

Steinert: Deutschland 1945-1990. Von der bedingungslosen Kapitulation zur Vereinigung.

Schwalbach 2005, S.26

[6] Lenk, Kurt: Neokonservative Positionen im “Historikerstreit” oder wie Täter zu Opfer wurden.

In: Donat, Helmut; Lothar Wieland (Hrsg.) : Auschwitz erst möglich

gemacht? Überlegungen zur jüngsten deutschen Geschichtsschreibung. Bremen 1991,

S. 57

[7] Wehler, Hans-Ulrich: Entsorgung der deutschen Vergangenheit? Ein polemischer Essay zum

Historikerstreit. München 1988, S. 7

[8] Ebenda, S.7

[9] Craig, Gordon A.: Der Krieg der deutschen Historiker. In: Hoffmann, Hilmar (Hrsg.): Gegen den

Versuch, Vergangenheit zu verbiegen. Frankfurt 1987, S. 37

[10] Wehler,S.42

[11] Nolte, Ernst: Die Vergangenheit die nicht vergehen will (FAZ 6.6. 1986). In Kühnl, Reinhard: Vergangenheit, die nicht vergeht. Die “Historikerdebatte”. Dokumentation, Darstellung und

Kritik. Köln 1987, S. 36

[12] Peter, Jürgen: Der Historikerstreit und die Suche nach einer nationalen Identität der achtziger

Jahre. Frankfurt am Main 1995, S. 124

[13] Peter, S. 124

[14] Augstein, Rudolf: Die neue Auschwitz-Lüge. In: Hoffmann, Hilmar (Hrsg): Gegen den Versuch,

Vergangenheit zu verbiegen. Frankfurt 1987, S. 145

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Historikerstreit / Die Rede Weizsäckers zum 40. Jahrestag der Befreiung
Hochschule
Universität Rostock
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V60047
ISBN (eBook)
9783638538121
ISBN (Buch)
9783656801429
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Historikerstreit, Rede, Weizsäckers, Jahrestag, Befreiung
Arbeit zitieren
Robert Liniek (Autor:in), 2005, Historikerstreit / Die Rede Weizsäckers zum 40. Jahrestag der Befreiung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60047

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