Die Wortstellung im Deutschen


Zwischenprüfungsarbeit, 2005

26 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Satztypen
II.a Verbzweitsatz (Kernsatz)
II.b Verberstsatz (Stirnsatz)
II.c Verbletztsatz (Spannsatz)

III. Zur Abfolge im Vorfeld

IV. Zur Abfolge im Mittelfeld
IV.a Zur unmarkierten Abfolge der Ergänzungen im Mittelfeld nach Lenerz
IV.b Zur unmarkierten Abfolge im Mittelfeld – IDS – Grammatik

V. Zur Abfolge im Nachfeld

VI. Schluss

VII. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Die vorliegende Arbeit analysiert, in welcher Reihenfolge Satzglieder im deutschen Satz stehen und beschäftigt sich mit der Frage, welche Regularitäten bewirken, dass es verschiedene Möglichkeiten der Felderbesetzung gibt. Ein Satz besteht aus bestimmten Satzgliedern wie Subjekt, Objekt, Prädikat, adverbialen Bestimmungen sowie weiteren Ergänzungen. Für jede Sprache gilt, dass Satzglieder nicht beliebig angeordnet werden, sondern dass das nach Regeln in einer bestimmten Reihenfolge geschieht. Im Deutschen existiert ein Stellungsfeldermodell, das 1937 von dem Sprachwissenschaftler Erich Drach eingeführt wurde. Drach bezieht sich dabei auf den Aussagesatz, in dem das Finitum eine feste Stellung hat. Entsprechend bezeichnet er als “Vorfeld” das, was vor dem Finitum steht und als “Nachfeld” den Teil des Satzes, der dem finiten Verb folgt. Heute untergliedern Sprachwissenschaftler den Abschnitt nach dem Finitum in zwei Felder, in ein Mittel- und ein Nachfeld. Die Einteilung der Felder ist vom Verbstellungstyp abhängig. Da das Verb an erster, zweiter oder letzter Stelle stehen kann, unterscheidet man Verberst-, Verbzweit- und Verbletztsätze.

Ziel dieser Arbeit ist es zu zeigen, wie die Untergliederung eines Satzes in Vorfeld, Mittelfeld und Nachfeld dazu führt, dass sich bestimmte Wortformstellungsregeln ergeben, die als Hilfsmittel zur Beschreibung der Satzstruktur dienen.

Im ersten Teil der Arbeit werden anhand der unten genannten Studien die verschiedenen Satztypen untersucht. Darauf folgt eine ausführliche Darstellung der einzelnen Satzfelder und eine Erläuterung der Wortformstellungsregeln. Dadurch wird festgestellt, wie die einzelnen Felder besetzt werden können, welche Satzglieder in dem jeweiligen Abschnitt des Satzes stehen dürfen und welche nicht.

Als Quellen der Arbeit wurden benutzt: J. Lenerz: Zur Abfolge nominaler Satzglieder im Deutschen; P. Eisenberg: Grundriß der deutschen Grammatik: Der Satz; E. Beneš: Die Besetzung der ersten Position im deutschen Aussagesatz; G. Zifonun u.a.: Grammatik der deutschen Sprache (IDS – Grammatik); C. Dürscheid: Syntax; B. Haftka: Deutsche Wortstellung und O. Behaghel: Deutsche Syntax: Eine geschichtliche Darstellung.

II. Satztypen

Das Finitum kann im Deutschen an erster, zweiter oder letzter Stelle stehen, deshalb unterscheidet man drei Satztypen: Verberst, Verbzweit und Verbletzt.

II.a Verbzweitsatz (Kernsatz)

Der Verbzweitsatz wird in drei Abschnitte gegliedert: in ein Vorfeld (VF), ein Mittelfeld (MF) und ein Nachfeld (NF).[1]

Beisp. Das Mädchen / hat / ihm das Buch / gegeben / heute morgen.

VF LK MF RK NF

In Kernsätzen steht das Finitum immer an der zweiten Stelle, in der linken Satzklammer (LK). Die rechte Satzklammer (RK) ist variabel besetzbar, d.h. dass dort das Infinitum stehen kann, es leer bleiben oder von Teilen des Verbalkomplexes besetzt werden kann. In Kernsätzen ist ein Vorfeld (VF) vorhanden, das sich vor dem linken Satzklammerteil befindet. Unter bestimmten Bedingungen kann das Vorfeld auch leer bleiben. Die linke und rechte Satzklammer umschließen das Mittelfeld (MF). Hinter der rechten Satzklammer befindet sich das Nachfeld (NF). Aussagesätze, Ergänzungsfragesätze, Wunschsätze und Ausrufesätze sind Arten von Verbzweitsätze.

Beisp. Karl holt Milch.: Aussagesatz

Wer holt Milch?: Ergänzungsfragesatz[2]

Er möge hereintreten.: Wunschsatz

Ich habe das nicht vergessen!: Ausrufesatz

Die Besonderheit des Ergänzungsfragesatzes besteht darin, dass ein Fragewort vorhanden ist.

II.b Verberstsatz (Stirnsatz)

Beisp. Hat / das Mädchen ihm das Buch / gegeben / heute morgen?

LK MF RK NF

Bei den Stirnsätzen steht das Finitum obligatorisch an der ersten Position.[3] Die linke Satzklammer ist immer mit dem Finitum besetzt. Die rechte Satzklammer kann sowohl leer bleiben als auch vom Infinitum oder von Teilen des Verbalkomplexes (z.B. Verbzusätzen) besetzt werden. Im Unterschied zu Verbzweitsätzen ist die Zahl der Felder bei Verberstsätzen geringer, denn ein Vorfeld ist nicht vorhanden, sondern nur ein Mittel- und ein Nachfeld. Alle Satzglieder stehen somit im Mittelfeld oder im Nachfeld. Das Mittelfeld liegt zwischen dem linken und rechten Satzklammerteil. Das Nachfeld steht hinter der rechten Satzklammer.

Man unterscheidet zwei Arten von Stirnsätzen: den Entscheidungsfragesatz und den Aufforderungssatz, wobei der Aufforderungssatz subjektlos ist.

Beisp. Holt Karl Milch?: Entscheidungsfragesatz

Hol Milch!: Aufforderungssatz

( Vgl. Eisenberg S.385)

II.c Verbletztsatz (Spannsatz)

Beisp. Weil / das Mädchen ihm das Buch / gegeben hat / heute morgen.

LK MF RK NF

Bei Verbletzsätzen ist die linke Satzklammer nicht wie bei den anderen beiden Satztypen vom Finitum besetzt, sondern von einer Konjunktion, einem Interrogativ- oder Relativpronomen.[4] Ein Vorfeld ist nicht vorhanden. Das Mittelfeld befindet sich zwischen der linken und der rechten Satzklammer. Typisch für Spannsätze ist, dass der gesamte Verbalkomplex in der rechten Satzklammer steht, d. h. die verbalen Elemente treten nicht wie bei Verbzweit- und Verberstsatz diskontinuierlich auf. Das Nachfeld folgt dem rechten Satzklammerteil.

Arten von Verbletztsätzen sind: Ergänzungssatz, Adverbialsatz oder Attributsatz.

III. Zur Abfolge im Vorfeld

Im Deutschen befindet sich das Vorfeld vor dem Finitum. Bei der Beschreibung des Vorfeldes muss untersucht werden, welche Satzglieder diese Position einnehmen können und welche nicht. Im einfachsten Fall ist das Vorfeld mit einem einzigen Satzglied besetzt. In über 50 % der Fälle ist dies das Subjekt. Aber es wäre falsch anzunehmen, dass das Vorfeld immer nur aus einem Satzglied besteht, wie später in der Arbeit gezeigt werden wird.

Es gibt vorfeldgebundene Elemente[5] wie das expletive es, das nur im Vorfeld auftreten kann, Elemente wie da, dann, nun, so und Interrogativelemente wie wer, wen u.ä. Die letzteren vertreten eine Situativ- oder Modalangabe und beziehen sich auf selbständige Ergänzungsfragesätze. Die Permutation des interrogativen Vorfeldelements ins Mittelfeld ist nicht unbedingt falsch.

Beisp. Wen hast du getroffen?

... du hast vorhin wen getroffen?

Als nichtvorfeldfähige Elemente gelten manche Ergänzungen:

Die pronominale, unbelebte Akkusativergänzung es kann nicht im Vorfeld stehen.

Beisp. * Es habe ich ja gewußt.

Weiterhin sind die reflexiven Akkusativergänzungen nicht vorfeldfähig, wie das folgende Beispiel zeigt.

Beisp. * Sich hat er nicht geirrt.

Außerdem können auch die pronominalen, reflexiven Dativergänzungen nicht im Vorfeld vorkommen.

Beisp. * Dir bist du immer gleich geblieben.

Ebenfalls kann ein Verbzusatz nicht im Vorfeld stehen. Er gehört in die rechte Satzklammer und steht dort entweder allein oder zusammen mit dem Verbalkomplex.

Beisp. * An habe ich dich gestern gerufen.

Als nicht vorfeldfähig gilt auch ein Teil der Negationsangaben wie nicht und die Variationen nicht mehr, gar nicht.

Im Vorfeld können auch die Partikel wie doch, wohl, nur, denn nicht vorkommen.

Weiterhin nicht vorfeldfähig sind auch Attributsätze, dagegen können Adverbial-, Subjekt- und Objektsätze ins Vorfeld gestellt werden.[6]

Zu den vorfeldfähigen Elementen gehört der Großteil der Ergänzungen, die meisten pragmatischen Angaben, fast alle Situativ- und alle Modalangaben sowie alle infiniten Elemente des Verbalrahmes mit Ausnahme des Verbzusatzes. Die mit 63% am häufigsten im Vorfeld vorkommenden Elemente sind Nominativergänzungen. 10% machen die übrigen Ergänzungen aus und 25% sind Angaben.

Das Vorfeld kann aber auch von mehreren Satzgliedern besetzt sein.[7] In bestimmten Fällen kann das abtrennbare Präfix des Vollverbs das Vorfeld besetzen. Diese Möglichkeit besteht aber nur dann, wenn es sich um ein Präfix handelt, das wegen seiner adverbialen oder adjektivischen Herkunft einen relativ eigenständigen Charakter hat. Zur Verdeutlichung sei das folgende Beispiel angeführt.

Beisp . Dieses abflauende Sparinteresse ist wohl nicht zuletzt auf die geringen Steigerungsraten bei den Arbeitnehmer-Einkommen zurückzuführen. (...) Hinzu kommt eine wachsende Arbeitslosigkeit, die den Spielraum zum Sparen einengt.

In diesem Satz bilden Präfix und Finitum den Hintergrund.

Außer dem abtrennbaren Präfix des Vollverbs können die infiniten Verbformen eines mehrteiligen Verbalkomplexes ins Vorfeld gestellt werden. Die einzelnen Teile erscheinen dabei im Vorfeld in der Abfolge, wie sie auch in der rechten Satzklammer stehen würden.

Beisp. Es kann nicht gestohlen worden sein.

Gestohlen worden sein kann es nicht.

Gestohlen worden kann es nicht sein.

Weiterhin können nicht-verbale Elemente zusammen mit dem infiniten Verbalkomplex topikalisiert werden.[8] In diesem Fall berücksichtigt man „die unmarkierte Abfolge“ der Satzglieder im Mittelfeld. Diejenigen Satzglieder, die sinngemäß eng zusammengehören, werden auch eng zusammengestellt[9].

Beisp. Irene hat ihm den Stern gezeigt.

Den Stern gezeigt hat Irene ihm.

Ihm den Stern gezeigt hat Irene.

Wenn man bei der Topikalisierung von der unmarkierten Abfolge abweicht, ergibt sich eine markierte Abfolge, manchmal resultieren auch ungrammatische Wortfolgen.

Beisp. Ihm gezeigt hat Irene den Stern.

* Den Stern ihm hat Irene gezeigt. [10]

Zusammenfassend kann man daraus schließen, dass ins Vorfeld solche Elemente gestellt werden, die zusammenhängen und sowohl strukturell als auch kommunikativ als Einheit zu interpretieren sind.

[...]


[1] Vgl. Dürscheid, C. (2003): Syntax. Grundlagen und Theorien. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag S. 90-92

[2] Vgl. Eisenberg, P. (1999): Grundriß der deutschen Grammatik. Bd.2: Der Satz. Stuttgart: Metzler. S. 384

[3] Vgl. Dürscheid, C. (2003): Syntax. Grundlagen und Theorien. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag S. 93

[4] Vgl. Dürscheid, C. (2003): Syntax. Grundlagen und Theorien. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag S. 93-95

[5] Vgl. Hoberg, Ursula (1981): Die Wortstellung in der geschriebenen deutschen Gegenwartssprache. München

[6] Vgl. Dürscheid, C. (2003): Syntax. Grundlagen und Theorien. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag S. 97

[7] Vgl. Zifonun, G. u.a. (Hrsg.)(1997): Grammatik der deutschen Sprache. Berlin. Band 2 S. 1620-1636

[8] Vgl. Eisenberg, P. (1999): Grundriß der deutschen Grammatik. Bd.2: Der Satz. Stuttgart: Metzler. S. 389

[9] Vgl. Behaghel, O. (1932): Deutsche Syntax: Eine geschichtliche Darstellung. Band 4: Wortstellung. Heidelberg

[10] Vgl. Eisenberg, P. (1999): Grundriß der deutschen Grammatik. Bd.2: Der Satz. Stuttgart: Metzler.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die Wortstellung im Deutschen
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
26
Katalognummer
V60041
ISBN (eBook)
9783638538084
ISBN (Buch)
9783638694353
Dateigröße
634 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wortstellung, Deutschen
Arbeit zitieren
Elmira Nedelcheva (Autor:in), 2005, Die Wortstellung im Deutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60041

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