Die weibliche Sexualität als sozialgeschichtliche Konstruktion


Seminararbeit, 2004

17 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Die Rolle der Sexualität der Frau im Christentum

3. Die Konstruktion der weiblichen Sexualität in den Wissenschaften
3. 1. Die Zeit vor der Aufklärung
3. 2. Die Zeit der Aufklärung
3. 2. 1. Hysterie und Nymphomanie

4. Schluss

5. Bibliographie

1. Einleitung

Wirft man einen Blick zurück in die Geschichte, so kann man interessante Beobachtungen machen hinsichtlich der Konstruktion der weiblichen Sexualität. Längst müsste der Gedanke verworfen sein, dass die Geschlechterordnung eine objektive Tatsache ist. Fest steht, dass die Geschlechter und ihre dazugehörige Sexualität historisch spezifiziert und konstruiert sind, also gängige Vorstellungen über Mann und Frau in die Auffassungen über ihre Sexualität hinein projiziert werden.

Ich werde in dieser Hausarbeit versuchen, mich auf die Konstruktion der weiblichen Sexualität im Laufe der Geschichte zu konzentrieren. Aufgrund der Komplexität der eigentlich zu betrachtenden Zeitspanne werde ich meine Ausführungen auf die Zeit des Mittelalters bis zur Zeit der Aufklärung konzentrieren, folglich zwei Sichtweisen des „Sexualwesens“ Frau untersuchen: zuerst werde ich mich mit dem Christentum und seinen Vertretern Augustinus und Thomas von Aquin beschäftigen, welches das Mittelalter prägte. Hier wird zu untersuchen sein, wie die Sexualität der Frau hinsichtlich ihrer untergeordneten und dienenden Rolle dem Mann gegenüber interpretiert wurde (mitunter wird auch hier die Frage geklärt werden, wer der eigentlich Schuldige am Sündenfall war).

Neben den christlichen Vorstellungen wird auch auf die wissenschaftlichen Interpretationen der weiblichen Sexualität vor der Aufklärung einzugehen sein, die im Zusammenhang stehen mit dem „Ein-Geschlecht-Modell“ und der Humorallehre.

Danach werde ich mich im Hauptteil der Hausarbeit auf die Konstruktion der Sexualität der Frau in den in der Aufklärung sich herausbildenden Humanwissenschaften konzentrieren. Es wird herauszuarbeiten sein, inwiefern diese versuchten, die gängigen gesellschaftlichen Vorstellungen über die Frau an deren Körper festzumachen und dementsprechend zu naturalisieren. Die Medikalisierung weiblichen Verhaltens wurde im Zuge dieser Entwicklung dahingehend weitergeführt, dass Frauen, die sich nicht dem gängigen Frauenbild nach verhielten und autonom über ihre Sexualität verfügen wollten, als krankhaft dargestellt wurden. Diese Pathologisierung (vor allem der Frauen) mündete sogar in gynäkologische Eingriffe, die als zur Heilung notwendig betrachtet wurden.

2. Die Rolle der Sexualität der Frau im Christentum

Maßgeblich für die Definition der Aufgaben der Frau (vor allem auch ihrer Stellung im Bezug zum Mann) waren Augustinus und Thomas von Aquin. Augustinus, zeitlich vor Thomas von Aquin einzuordnen, war selbst erst spät dem Christentum beigetreten, nachdem er ein nicht gerade enthaltsames Leben geführt hatte. Er schuf die Basis der Grundansichten des Christentums, insbesondere was die Rolle der Frau betrifft. Einige Ansichten sind teilweise noch bis heute erhalten! Wie sah nun Augustinus die Frau und ihre Sexualität?

Grundsätzlich wurde die Frau dem Mann als untergeordnet angesehen. Sie war ihm nicht ebenbürtig und hatte ihm zu dienen und zu gehorchen. Die Frau war für ihre Rolle selbstverantwortlich, da sie die Hauptschuldige an der Vertreibung aus dem Paradies war: Eva nämlich, nach der Meinung von Augustinus und anderen Kirchenvätern, war diejenige gewesen, die sich von der Schlange bzw. dem Teufel hatte verführen lassen und folglich auch Adam verführt hatte. Denn eines war sich Augustinus sicher: Die Schlange hatte sich absichtlich an den schwächeren und damit verführbaren Teil - also der Frau - des Menschenpaares gewandt; hätte sie ihr Glück bei Adam versucht, so wäre sie in ihrem Vorhaben gescheitert. So hat Eva die Sünde in die Welt gebracht und diese Sünde war der Grund, wieso die Frau dem Mann untergeordnet zu sein hatte.[1] Die Schuld der Frau war nicht zu verzeihen und sie hatte diese ihr ganzes Leben lang zu begleichen, indem sie die Rolle entgegennahm, die ihr von den Männer (deren Meinung nach von Gott) auferlegt worden war. So wurden auch die Schmerzen, die eine Frau bei der Geburt zu erleiden hatte, als Folge des Sündenfalls interpretiert.

Nach Augustinus muss es geschlechtlichen Verkehr schon im Paradies gegeben haben, da Gott die Frau sonst nicht erschaffen hätte. Daraus ist der einzige Zweck der Frau auf der Welt abzuleiten: sie ist nur zum Zeugen der Nachkommenschaft dem Mann auf seinen weltlichen Weg mitgegeben worden und als „Genussmittel“ anzusehen. Die Lust, die man beim Geschlechtsverkehr empfindet, ist auch Schuld der Frau; denn vor dem Sündenfall war der Geschlechtsverkehr „rein“ und „lustlos“.

Die Frau wurde somit auf ihre biologische Funktion reduziert; man sprach ihr alle geistigen Fähigkeiten ab. Augustinus ging sogar so weit, zu behaupten, dass sie selbst zum Zwecke der gegenseitigen Gesellschaft nicht zu gebrauchen war. Um sich auf dem gleichen Niveau zu unterhalten, brauchte ein Mann eine Person aus dem gleichen Geschlecht.

Die eheliche Pflicht der Frau war, dem Manne auf Anweisung immer und überall gefügig zu sein (= debitum reddere), sei dies doch der einzige Grund, wieso sie existierte. Sie selber hatte im umgekehrten Falle kein Recht, die eheliche Pflicht einzufordern.

Die einzige Frau in der kirchlichen Geschichte, die ohne Schuld war, war die Jungfrau Maria. Da sie Jesus jungfräulich empfangen hatte, war sie frei von Sünde - demnach hatte sie bei der Geburt auch keine Schmerzen zu ertragen.

Thomas von Aquin, Vertreter der Frühscholastik, hatte im Grunde ähnliche Ansichten wie Augustinus - er erweiterte dessen Theorie aber noch um einige zusätzliche Punkte:

Die Frau wurde nun als „Krankenschwester“ in der Krankenanstalt Ehe[2] aufgefasst. Hier sollte man vielleicht noch einige Ansichten über die Ehe einfügen, die Thomas von Aquin hatte. Denn seiner Meinung nach war das reinste und vollkommenste Leben ein enthaltsames. Somit war das anzustrebende Ideal auch ein eheloses Leben bzw. die Josephsehe, in der die Ehepartner enthaltsam lebten (was im Grunde ein Widerspruch an sich wäre, da die Frau keine Daseinsberechtigung hätte, wenn sie keine Kinder gebären würde).

Jedoch waren nicht alle Menschen imstande, ihren Trieben zu entsagen. Ein Ventil für diese Triebe sah Thomas von Aquin in der Ehe. Die Frau hatte die Aufgabe, den Mann von schlimmeren Sünden abzuhalten, wie beispielsweise der Onanie oder dem außerehelichen Geschlechtsverkehr. Die Gefahren des Triebes konnten den Mann jederzeit befallen, so dass die Frau ihm auch immer zur Verfügung stehen musste, um ihn vor der Sünde zu retten. Im Grunde ist dieser Tatbestand mit der sexuellen Versklavung der Frau gleichzusetzen, da diese sogar, unter Einsatz ihres Lebens dem Mann gefügig sein musste. Sogar während der Fastenzeit und sonstigen Zeiten der Enthaltsamkeit konnte das der Fall sein. Wenn aber die Frau zu diesen Zeiten Geschlechtsverkehr vom Mann „einforderte“, war dies in hohem Maße vom Mann zu verurteilen, so dass er auch dazu berechtigt war, die Frau mit Prügel zu nötigen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es grundsätzlich zwei Konzepte über das „Sexualwesen Frau“ in der Kirche gab: einerseits sah man die Frau als ein Wesen an, welches durch und durch von seinen Trieben determiniert und bestimmt war. Die Frau galt als Verführerin und aktive Täterin, die den Mann in Versuchung brachte und ihn in die „Sümpfe der Sünde“ hinabzog. Sie brachte den unschuldigen Mann in Gefahr. Andererseits war man der Ansicht, dass die Frau zur Lustempfindung nicht fähig sei; es wurde ihr ihre Sexualität weitgehend abgesprochen - sie war dem Mann lediglich als sexuelle Sklavin mitgegeben worden. Diese ambivalente Doppeldeutung herrschte lange Zeit – sogar teilweise bis heute - in der Kirche (aber teilweise auch in den Wissenschaften) vor.

[...]


[1] Denzler, Georg: „Die verbotene Lust”. 2000 Jahre christliche Sexualmoral. München Zürich: Piper 1988. S.237ff.

[2] Ranke-Heinemann, Uta: Eunuchen für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität. München: Knaur 1988.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die weibliche Sexualität als sozialgeschichtliche Konstruktion
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Soziologie der Sexualität
Note
2,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V59819
ISBN (eBook)
9783638536554
ISBN (Buch)
9783638765701
Dateigröße
437 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sexualität, Konstruktion, Soziologie, Sexualität
Arbeit zitieren
Karoline Lazaj (Autor:in), 2004, Die weibliche Sexualität als sozialgeschichtliche Konstruktion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59819

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die weibliche Sexualität als sozialgeschichtliche Konstruktion



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden