Terrorismus und Tourismus. Folgen und Maßnahmen am Beispiel Nizza


Hausarbeit, 2017

43 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Tourismus und Terrorismus
2.1 Definition Tourismus
2.2 Definition Terrorismus
2.3 Verhältnis Tourismus und Terrorismus zueinander

3 Tourismus in Nizza und der Anschlag
3.1 Historische Hintergründe
3.2 Der Situation in Frankreich vor dem 14.07.2016
3.3 Der Anschlag in Nizza – 14.07.2016
3.4 Frankreich als Ziel des Terrorismus

4 Auswirkungen des Terrorismus auf den Tourismus
4.1 Auswirkungen des Destinationsimage
4.2 Veränderung der Reiseentscheidung und Risikowahrnehmung
4.3 Veränderung der touristischen Nachfrage
4.4 Ablauf – Krise Tourismus und Terrorismus
4.5 Frankreich & Nizza nach dem Anschlag

5 Bewältigung der negativen Effekte
5.1 Sicherheitsmaßnahmen – Öffentliche und Private Träger
5.2 Sicherheitsmaßnahmen – Destination Nizza

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2: Unternehmen im Tourismussektor in Frankreich (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Faure 2016, S. 6)

Abbildung 3: Anzahl der Touristen in Frankreich (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Direction Générale des Entreprises [2003-2016])

Abbildung 4: Tourismusentwicklung einer Destination nach einem terroristischen Angriff (Quelle: Brandić 2010, S. 53)

Abbildung 6: Anzahl der Touristen in Europa - 2000 - 2016 (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an UNWTO 2017, o.S.)

Abkürzungsverzeichnis

IS Islamischer Staat

BIP Bruttoinlandsprodukt

DRV Deutscher Reiseverband

UNWTO World Tourism Organization

1 Einleitung

Nie wieder nach Frankreich? Diese Frage stellten sich 2016 wahrscheinlich viele Menschen während ihrer Urlaubsplanung. Nizza wurde am 14. Juli 2016 Opfer eines Anschlages. Ein Mann raste am Abend des französischen Nationalfeiertages mit einem Lastwagen durch eine feiernde Menschenmenge. Er tötete dabei 84 Menschen, darunter zehn Kinder und Jugendliche. Verletzt wurden mehr als 200 Menschen.1 Der IS gab an, für den Angriff verantwortlich gewesen zu sein.2

Der Tourismus wird begleitet von Terror, politischen Krisen und Kriegen. Kein Thema ist derzeit aktueller. In den Medien werden die Menschen tagtäglich mit neuen terroristischen Attacken in Urlaubsgebieten konfrontiert. Der Tourismus wird damit auf eine harte Probe gestellt.3 Doch wie stark leidet der Tourismus, wie verändert sich die Nachfrage der Touristen und was tut die Destination um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen? Genau mit diesen Fragen beschäftigen sich seit Jahren Forschungsinstitute für Tourismus, die Welttourismus Organisation UNWTO aber auch die internationale Presse.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Folgen des Terrorismus auf den Tourismus und die Maßnahmen zur Bewältigung der negativen Effekte darzustellen. Am Beispiel des Anschlages vom 14.07.2016 in Nizza, Frankreich. Dazu werden im ersten Kapital die Grundlagen des Tourismus, des Terrorismus und deren Verhältnis zueinander erläutert. Anschließend werden im dritten Kapitel die historischen Hintergründe Nizzas, die wirtschaftliche Situation vor dem Anschlag am 14.07.2016, der Anschlag selbst sowie Frankreich als Ziel des Terrorismus näher beleuchtet. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Leitfrage der Hausarbeit: Wie stark leidet der Tourismus in Nizza und weiteren Destinationen unter terroristischen Angriffen und inwiefern verändert sich auch die Nachfrage der Touristen? Dabei werden die Auswirkungen auf das Destinationsimage, die Veränderung der Reiseentscheidung und touristischen Nachfrage sowie Frankreich und Nizza nach den Anschlägen thematisiert. Anschließend werden im fünften Kapital Maßnahmen auf die negativen Effekte erläutert. Im sechsten Kapital wird ein abschließendes Fazit gegeben.

2 Tourismus und Terrorismus

In den folgenden zwei Unterkapiteln werden zunächst die Begriffe Tourismus und Terrorismus definiert und im Anschluss die Beziehung der beiden Faktoren zueinander betrachtet.

2.1 Definition Tourismus

Beim Tourismus oder Fremdenverkehr handelt es sich um den nationalen und internationalen Reiseverkehr. Den Verkehr von Touristen zwischen ihrem Wohnort und dem jeweiligen Reiseziel, der Reisevorbereitung, anschließenden Durchführung, vorrübergehendem Verbleib sowie der Reisenachbereitung am Wohnort.4 Definiert wird der Tourismus von der Welttourismusorganisation als „Aktivitäten von Personen, die außerhalb ihrer gewohnten Umgebung reisen und sich dort zu Freizeit-, Geschäfts-, oder bestimmten anderen Zwecken nicht länger als ein Jahr ohne Unterbrechung aufhalten.5 “ Diese grundlegende Definition, basiert auf die zu Beginn genannten Elemente und differenziert Tourismusarten, und – formen, vom Anlass des Ortwechsels, nach dem Reiseort sowie nach der Dauer der Reise. Der Tourismus ist ein sehr sensibles und vielschichtiges System.6

2.2 Definition Terrorismus

Der Begriff Terror stammt aus dem französischen und steht für terreur, was so viel wie Der Schrecken beutetet.7 Der Terrorismus ist eine vielfältige politische Erscheinungsform, die sich nicht leicht in eine allgemeingültige Definition fassen lässt. Heutzutage wird der Begriff eindeutig negativ belegt und dient zum ächten politischer Feinde und deren Vorgehensweisen.8 Eine touristische Vereinigung besteht aus mindestens zwei Personen, die aus dem Untergrund agieren.9 Terroristische Handlungen sind meist von politischer oder gesellschaftlicher Art, mit denen das Verhalten von Regierung, Gesellschaft oder bestimmten sozialen Gruppe verändert werden soll.10 Beispiele für terroristische Vorgänge können sein: Körperverletzung, Mord, Geiselnahme oder auch die Erteilung von Aufträgen für Attentate.11 Durch absolute Brutalität, Rücksichtslosigkeit und Bestialität bei ihren Taten, erzeugen die Terroristen Angst, Unsicherheit und Panik bei der Öffentlichkeit. Die Terroristen lenken die Aufmerksamkeit auf sich und das Attentat.12 Üblicherweise haben Attentate nur eine symbolische Bedeutung. Die sogenannten soft targets, die Opfer, sind nicht das direkte Ziel der Terroristen, sondern nur ungewollt Betroffene. Zu ihnen zählen z.B. Touristen oder Unternehmer. Die wirklichen Ziele, die hard targets, sind die Regierungen, Gesellschaftssysteme und die politische Ordnung. Durch die Medien wird die Gewalt-Botschaft der Terroristen transportiert, trifft dort auf große Resonanz und trifft somit das direkte Ziel der Terroristen.13

Definiert wird der Begriff Terrorismus von Ralf Kuschel und Alexander Freyer von der Technischen Universität Dresden folgendermaßen:

„Terrorismus ist eine von Gruppen verfolgte Strategie, der Anwendung und Androhung von Anschlägen und Gewalttaten auf Leib, Leben und Eigentum, mit denen nicht nur Opfer oder ihre unmittelbaren Umgebung, sondern Staat und Gesellschaft in Furcht und Schrecken versetzt werden sollen, um eine Veränderung ihrer Lage oder andere politische Ziele zu erreichen.“14

Mit dieser Definition werden die einzelnen Merkmale des Terrorismus noch einmal verdichtet.

Der Islamische Staat ist eine islamistische Terrororganisation. Seine Mitglieder bekennen sich zum sunnitischen Islam mit einer radikalen Auslegung. Der IS kontrolliert Abschnitte im Irak und in Syrien. Es gibt keine genaue Aussage über die Anzahl der IS-Kämpfer. Infolge der militärischen Bekämpfungen gegen den IS, kehren immer mehr IS-Kämpfer zurück in ihre Heimat. Im Gebiet des IS gilt der Scharia als Gesetz.15 Die Scharia gibt den Islamisten Anweisungen, über ihr Verhalten innerhalb der Familie oder in der Gesellschaft allgemein.16

2.3 Verhältnis Tourismus und Terrorismus zueinander

Vielfach dient der Angriff auf touristische Destinationen als strategisches Mittel zum Erreichen der ideologischen Ziele der Terroristen. Ein strategischer Angriff ist ein Angriff auf die Ökonomie eines Landes. Des Weiteren wird durch das Publizieren von Beiträgen aus den Medien die Bevölkerung verschreckt und verängstigt. Befinden sich unter den Toten Touristen, so ist die internationale Aufmerksamkeit gesichert. Zur Folge hat dies den Nachfragerückgang der Touristen nach einer Destination und folglich wird die Wirtschaft im jeweiligen Land erfolgreich geschwächt. Bleiben die Touristen aus, so haben die terroristischen Taten direkte Konsequenzen für die gesamte Dienstleistungskette einer Destination. Diese Kausalkette gefährdet dann die gesamte Tourismusbranche. Sie kann sogar zum kompletten Erliegen einer Destination führen. Oft trifft es Destinationen, deren Wirtschaft fast komplett vom Tourismus abhängig sind.

3 Tourismus in Nizza und der Anschlag

Die folgenden vier Unterpunkte behandeln zuerst die historischen Hintergründe der Tourismusdestination Nizza, im zweiten Punkt wird die wirtschaftliche Situation Frankreichs und Nizzas vor dem Anschlag am 14.07.2016 erläutert. Anschließend wird im dritten Punkt auf den Ablauf und die Hintergründe des Anschlages vom 14.07.2016 eingegangen und schließlich ein Einblick darüber gegeben, warum Frankreich das Ziel der Terroristen war.

3.1 Historische Hintergründe

Nizza ist eine Hafenstadt, die sich im Südosten Frankreichs in der Region Provence-Alpes-Côte-d’Azur befindet.

Die Griechen gründeten im 4. Jh. v. Chr. das Antike Nikaïa, ihren Handelsstützpunkt. In den Hügeln der Siedlung Cemenelum, dem heutigem Stadtteil Cimiez, siedelten die Römer 150 v. Chr. eine Kolonie an, zu deren Gunsten Nikaïa aufgegeben wurde. Die Herrschaft der Stadt wurde im 10 Jh. von den Grafen der Provence übernommen. Ab dem 14 Jh. gehörte Nizza mit zu Savoyen und blieb dies auch beinahe fünf Jahrhunderte. 1860 schloss sich Nizza an Frankreich an. Dies wurde per Volksentscheid entschieden. Es erfolgte ein Ausbau der Infrastruktur, der einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge hatte. Dies war die Geburt des Tourismus in Nizza.17

Es wurden erste Luxushotels an der Promenade des Anglais gebaut und das Palais de la Méditeranée galt als eine der modernsten Vergnügungsstätten weltweit. Die ersten Touristen die nach Nizza kamen waren Engländer und Russen. Sie brachten Adel und Geld nach Nizza. Es wurden Paläste, Kirchen, Promenaden im Belle-Époque- und Art-déco-Stil gebaut. Die Promenade des Anglais wurde nach der Idee des englischen Anwalts Lewis Way angefertigt. Seine Idee war es, den schmalen Kieselweg in einen festen Gehweg umzubauen. Seit Mitte des 19 Jhs. ist die Promenade ein Ort, wo sich Künstler, Kaiser, Königinnen, Kinostars und Fußgänger treffen.18

1933 der Wandel, es kamen viele Emigranten nach Nizza, die auf der Flucht vor den Nationalsozialisten waren. Nach dem Krieg folgte der Niedergang Nizzas. Die Touristen zog es in kleinere Ort, wie Cannes oder Saint Tropez. So übernahmen die beiden Städte schnell das Luxus-Image von Nizza. Der Hafen von Nizza, das zweite wichtige wirtschaftliche Standbein der Stadt, verlor gegen Städte wie Marseille und Genua. Die Stadt verlor an Attraktivität und die Altstadt verkam.

Doch es kam der Umschwung, der Mangel an Industrie wurde zum Vorteil für Nizza. In Nizza wurde das Landschaftsbild nicht durch Schlote und große Fabrikhallen gestört. Die Stadt wirkte paradiesisch und friedlich.19

3.2 Der Situation in Frankreich vor dem 14.07.2016

Laut des nationalen französischen Statistikamtes, ist Frankreich vor den USA mit 77,5 Mio., Spanien mit 68,2 Mio. und China mit 56,9 Mio. das Land mit den meisten Besuchern weltweit. Insgesamt besuchten im Jahr 2015, 84,5 Millionen Besucher das europäische Land. Dies ist im Vergleich zu 2014, ein Anstieg von 0,9%. 2014 verreisten nur 83,8 Millionen Touristen nach Frankreich.20 (siehe Anhang 2)

Der besondere Reiz des Landes liegt in der großzügigen vielfältigen Natur, den wunderschönen Landschaften, dem maritimen Klima, aber auch in dem vielfältigen Angebot an Kultur.21 Der Tourismus spielt für Frankreich eine essentielle Rolle. Dies ist auch am Anteil des Reise- und Tourismussektors am BIP zu erkennen, dabei hat Frankreich 2015 einen Anteil von 9,1%.22 Wie in Abbildung 2 zu erkennen, wirtschafteten im Jahr 2016 insgesamt 315.600 Unternehmen im Tourismussektor in Frankreich. Darunter fallen 49.300 Beherbergungsbetriebe, 169.500 Restaurants, 40.400 Cafés und Bars, 6.100 Transportunternehmen und 9.200 Reisebüros.23

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Unternehmen im Tourismussektor in Frankreich (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Faure 2016, S. 6)

Laut dem nationalen Statistikamt waren 2015, 1.014.200 Millionen Menschen im Tourismus tätig.24

Neben der Hauptstadt Paris, ist die Côte d’Azur dabei eine der wichtigsten Urlaubsregionen in Frankreich. Nizza ist nach Paris die Stadt, mit den meisten Touristen. Nizza nimmt im Jahr durch den Tourismus 1,5 Milliarden Euro ein. 2015 besuchten insgesamt 2,26 Millionen Menschen die Stadt am Mittelmeer.25

3.3 Der Anschlag in Nizza – 14.07.2016

Am Abend des französischen Nationalfeiertages, wenige Minuten nach dem Feuerwerk um 22:45 Uhr, raste ein Mann mit einem Kühllastwagen durch eine Menschenmenge an der Promenade des Anglais, in der südfranzösischen Stadt Nizza.26 Die Straße wurde extra für die Feier zum französischen Nationalfeiertag für den Verkehr gesperrt. Der Fahrer tötete dabei 84 Menschen, darunter zehn Kinder und Jugendliche. Verletzt wurden über 200 Menschen. Mit dem 19 Tonnen LKW fuhr der Täter, der alleine im LKW saß, mit hoher Geschwindigkeit, unkontrolliert rund zwei Kilometer durch die Menschenmassen.27 Der Täter schoss im Verlauf der Fahrt mehrfach auf Polizisten, die das Schussfeuer erwiderten. Die Polizisten konnten den Täter, nachdem er weitere 300 Meter fuhr, erschießen. Hinzu kam, dass die Beamten neben einem Telefon, Führerschein und einer Bankkarte im LKW weitere Waffen und Granaten vorfanden.

Der LKW wurde nur wenige Tage zuvor, am 11. Juli 2016 im Osten Nizzas angemietet. Der Täter parkte ihn im Stadtzentrum und fuhr von dort um 22:32 Uhr Richtung Uferpromenade. (siehe Anhang 1)

Bei dem Täter handelte sich es sich um den 31-jährigen Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel.28 Er lebte als Lieferwagenfahrer im nördlichen Nizza. Lahouaiej Bouhlel war bereits polizeilich bekannt, bezüglich verschiedener Gewalt-, Diebstahl- und Drogendelikte.29 Der dreifache Familienvater wurde bereits am 24. März 2016 zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.30 Dem französischen Geheimdienst war Lahouaiej Bouhlel nicht bekannt, es gab keine Anzeichen von Radikalisierung. Die Wohnungsdurchsuchung konnte weder Beweise für eine Beziehung zu terroristischen Gruppen hervorbringen, noch wurde ein Bekennerschreiben gefunden.31

Der französische Generalstaatsanwalt François Molins betonte: „Die Art des Vorgehens entspricht aber weitestgehend den Mordaufrufen terroristischer Organisationen in Zeitschriften und Videos“32. Der Islamische Staat forderte seinen Anhänger auf, wenige Monate vor der Tat, Frankreich anzugreifen und dafür ein Auto oder LKW als Waffe zu verwenden. Laut dem französischen Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian habe der IS den Tunesier zur Tat inspiriert.33

Amaq, die dschihadistische Propagandastelle des IS, meldete zwei Tage nach der Tat, dass Mohamed Lahouaiej Bouhlel ein Kämpfer der IS sei.34

3.4 Frankreich als Ziel des Terrorismus

Im März 2012 begann die Serie der Attentate auf Frankreich. Seither ist Frankreich zehn Mal Ziel von Anschlägen geworden. Im Jahr 2015 waren es fünf Anschläge. Im Januar ein Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo, im April die Ermordung einer Frau in Villejuif bei Paris. Im Juni folgte die Festnahme eines Islamisten, der versuchte eine Explosion in einem Industriegaswerk zu verursachen. Im August der Anschlagsversuch eines Islamisten im Schnellzug von Brüssel nach Paris. Im November 2015 folgte eine Anschlagsserie bei der Terroristen 130 Menschen während eines Europameisterschaftsspieles in Paris töteten. Am 18. November 2015 folgte die Festnahme der mutmaßlichen Terroristen vom 13. November.35

Der islamistische Terrorismus hat bislang kein anderes Land im Westen so hart getroffen wie Frankreich.36 Hierfür gibt es sowohl praktische als auch ideologische Gründe. Der Hauptgrund ist zum einen das militärische Mitwirken Frankreichs im Ausland. Frankreich zog als erster europäischer Staat zusammen mit den USA in den Kampf gegen den Irak. Daraufhin drohte der IS mit Vergeltung.37

Des Weiteren ist die Gesellschaft in Frankreich tief gespalten. Es gibt rund um die Innenstadt, in den Vororten von Paris, die sogenannten Banlieues. Sie sind geprägt von Gewalt, hoher Arbeitslosigkeit und fortschreitender Islamisierung. Die Bewohner in der Banlieues haben oft Migrationshintergrund, wenig Perspektive, leben dort meist schon in dritter Generation und stammen aus ehemaligen Kolonien.38 Bei radikalen Jugendlichen aus den Vororten, trifft die Propaganda der IS auf offene Ohren. Einige Paris- Attentäter kamen aus diesem Kreis. Sie wurden erst kriminell, kehrten nach Syrien zum Kampfeinsatz und kamen in ihre Heimat Frankreich zurück um für den IS zu töten und um ihr Land zu destabilisieren.39 Laut Innenministerium soll die Zahl der islamistischen Gefährder in Frankreich bei 10.500 Personen liegen, wovon 840 als besonders gewaltbereit eingestuft werden.40

4 Auswirkungen des Terrorismus auf den Tourismus

In den folgenden Abschnitten sollen die Auswirkungen auf den Tourismus erörtert werden.

Auswirkungen auf eine Destination zu untersuchen stellt ein schwieriges und neues Forschungsfeld dar, zu dem nur begrenzt Daten vorliegen. Terroristische Handlungen können die touristische Entwicklung massiv beeinflussen. Da das touristische Zielgebiet meist im hohen Maß an den Tourismus als Wirtschaftsfaktor ausgerichtet ist, ist eine Volkswirtschaft eines Landes von den Touristen abhängig.41 Umso gravierender sind die Auswirkungen eines Anschlages.42

Ziel der Terroristen sind nicht immer nur direkt die touristische Objekte. Sie wollen oft dem Tourismus, durch Angriffe auf ziellose Objekte, schaden. Folgen der Anschläge sind Imageschäden der betroffenen Destination, die Veränderung der Reiseentscheidung, das direkte Reiseverhalten, sowie die Risikowahrnehmung der Touristen.43 Die in den folgenden Punkten näher erläutert werden.

4.1 Auswirkungen des Destinationsimage

Das Image einer Destination sind wahrgenommene Eigenschaften. Aus dieser Fülle an Eigenschaften wählt der Urlauber seine Zieldestination aus.44 Das Image einer Destination ist ein essentielles Element unter einer Vielzahl von Entscheidungselementen, die ein Mensch bei einer Reiseentscheidung beeinflussen.45 Die Imagekomponenten beinhalten außerdem den Sicherheitsaspekt. Demnach spielt die terroristische Gewalt eine erhebliche Rolle in der Imagebildung einer Destination.46

Die fvw – Touristik & Business Travel fragte ihre Leser, ob der Terror in Frankreich ihr Reiseverhalten verändern würde. 42% der Leser sagten aus, dass sie im selben Ausmaß wie bisher verreisen würden, nur islamistische Länder stärker meiden würden. Hingegen antworteten 38% der Leser, dass sie in der nächsten Zeit in ihrer Heimat bleiben würden und innerhalb Deutschlands verreisen würden. 20% der Befragten sind der Meinung, dass Anschläge überall passieren können und diese sich an das Gefühl der Unsicherheit beim Reisen gewöhnen müssen.47 Anhand der dargestellten Zahlen wird deutlich, dass das Reiseverhalten durch die terroristischen Aktivitäten beeinflusst wird.

Die Wahl der Zieldestination ist oft abhängig von einem positiven oder negativen Image einer Destination. Besteht in einer Destination terroristische Gefahr, so wählt der Mensch meist eine sicherere Region aus. Er meidet unsichere Destinationen. Diese Reaktion der Menschen sorgt in den jeweiligen Ländern für einen starken Nachlass der touristischen Nachfrage.48

4.2 Veränderung der Reiseentscheidung und Risikowahrnehmung

Das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit im Urlaub steigt immer weiter an.49 Die Risikowahrnehmung ist ein essentieller Faktor bei der Reiseentscheidung.50 Sicherheit wird als Basisleistung von der Tourismusindustrie angesehen.51

Das Modell der Reiseentscheidungen, von Sönmez und Graefe, visualisiert noch einmal die einzelnen Faktoren, die bei der Entscheidung zu einer Reise eine Rolle spielen (siehe Anhang 3). Ein Individuum hat die Motivation zu einer Reise. Erhält daraufhin durch die Medien Informationen, dass es terroristische Risiken in der Zieldestination gibt. Daraufhin steht der Verbraucher vor der Wahl, in dieses Land zu reisen oder sich für eine andere Destination zu entscheiden (vgl. Anhang 3). Sönmez und Graefe weisen darauf hin, dass negative Erfahrungen mit terroristischen Risiken eine Restriktion für spätere Reisen sei. Womit das Reiseverhalten bleibend eingeschränkt bleibt.52

4.3 Veränderung der touristischen Nachfrage

Dieser Abschnitt stellt den negativen Einfluss terroristischer Angriffe auf die direkte Reiseentscheidung dar.53

Die folgende Abbildung 3, zeigt die Gesamttouristenzahl in Frankreich aus den Jahren 2003-2015. Vorab ist festzustellen, dass der Einbruch 2009 wahrscheinlich daraus resultiert, dass es 2008 die Finanzkrise gab.54 Zunächst fällt in Abbildung 3 der deutliche Aufschwung des Tourismus von 2003 bis 2007 auf. Es gab eine Steigung von 9,2%. Des Weiteren sieht man eine Stagnierung der Besucherzahlen von 2012 bis 2015. Dies lässt sich damit begründen, dass Frankreich seit 2012 regelmäßig Opfer von terroristischen Attacken ist.55

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Anzahl der Touristen in Frankreich (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Direction Générale des Entreprises [2003-2016])

In vielen Destinationen ist nach einer terroristischen Attacke ein Nachfragerückgang zu verzeichnen, doch nur in ca. 40% der Fälle kann man einen deutlichen Einbruch der touristischen Nachfrage feststellen. Auch in Abbildung 3 ist kein starker Einbruch zu registrieren.

Große Auswirkungen auf die Nachfrage entstehen, sobald Touristen Opfer eines Anschlages werden oder wenn es zu Attentaten auf touristische Einrichtungen kommt. Werden Anschläge mittels Waffen durchgeführt und es kommt zu körperlichen Schäden, so hat es eine negativere Wirkung als wenn es zu Bombenattentaten kommt. Kommt es zu wiederholten terroristischen Handlungen innerhalb einer kurzen Zeit, so bleiben die Touristen der jeweiligen Destaination fern. Es sinken stetig und langanhaltend die Anzahlen der Touristen. Folglich wird der auftretende Schaden für die Tourismusindustrie einer Destination größer, je größer und vermehrter die Anschläge stattfinden.56

Der Nachfragerückgang ist lediglich vorrübergehend. Die Touristen kehren an eine Destination zurück, sobald sie die Sicherheit spüren. Destinationen die häufig vom Terrorismus geplagt sind, kommen erst zur Erholung sobald die Lage wieder entspannt ist. Wenn dies nicht eintritt, kann der Tourismus komplett zum Stillstand kommen. Rückgänge der touristischen Nachfrage entwickeln sich je nach terroristischen Aktivitäten. Anhand der dargestellten Informationen lässt sich sagen, dass ein terroristischer Anschlag fast immer Auswirkungen auf die Besucherzahlen in den Destinationen haben. Destinationen, die von einer terroristischen Attacke getroffen wurden, erholten sich schnell von den Folgen. Es muss nur die Sicherheit wieder aufgebaut und beibehalten werden um langfristig die touristische Nachfrage zu erhöhen.57

In der Geschichte des globalen Tourismus gab es bislang nur drei Attacken, die starken wirtschaftlichen Schaden auf die Branche ausrichteten. Zum einen die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York, 2003 die Sars-Pandemie und die Finanzkrise 2009.58

4.4 Ablauf – Krise Tourismus und Terrorismus

Kommt es in einer Destination zu einem Anschlag, sind meist Touristen und Einheimische, sowie die Infrastruktur direkt betroffen.59 In den Medien wird mit Bildern über die Katastrophe berichtet. Folglich kommt es zu Stornierungen und dementsprechend zu einem gravierenden Rückgang der Touristen in der Destination. Die Medien berichten weiterhin über den Anschlag und die Region hofft auf das Vergessen der Menschen und versucht die Touristen durch stärkere Sicherheitsmaßen und Preissenkungen zurückzugewinnen.60 In Abbildung 4 ist deutlich zu erkennen, dass die komplette Regeneration nach einem Anschlag bis zu 5 Jahre dauern kann.61 Die Destination versucht nach einem Anschlag durch starke Werbekampagnen und Marketingmaßnehmen die Region wieder für Touristen attraktiv zu machen.62

[...]


1 Vgl. Abdi-Herrle et al. 2016, o.S.

2 Vgl. Zeit Online [2016b], o.S.

3 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 1.

4 Vgl. Freyer 2011, S. 1.

5 UNWTO; 1994, S. 5, zitiert nach Kuschel/Schröder 2002, S. 7.

6 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 7.

7 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 5.

8 Vgl. Freyer/Schröder 2005, S. 104.

9 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 4.

10 Vgl. Freyer/Schröder 2005, S. 104.

11 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 4.

12 Vgl. Freyer/Schröder 2005, S. 104.

13 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 5.

14 Kuschel/Schröder 2002, S. 5.

15 Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg [o.J.], o.S.

16 Vgl. Schirrmacher [o.J.], o.S.

17 Vgl. Kimpfler 2014, S. 11 ff.

18 Vgl. Kimpfler 2014, S. 14.

19 Vgl. Haneke 2016, o.S.

20 Vgl. Faure 2016, S. 6.

21 Vgl. Bianchini 2013, o.S.

22 Vgl. Knoema 2016, o.S.

23 Vgl. Faure 2016, S. 6.

24 Vgl. Faure 2016, S. 6.

25 Vgl. Spiegel Online 2016, o.S.

26 Zeit Online [2016c], o.S.

27 Vgl. Abdi-Herrle et al. 2016, o.S.

28 Vgl. Shukla./Van Heerden 2016, o.S.

29 Vgl. Abdi-Herrle et al. 2016, o.S.

30 Vgl. Shukla./Van Heerden 2016, o.S.

31 Vgl. Abdi-Herrle et al. 2016, o.S.

32 Vgl. Zeit Online [2016b], o.S.

33 Vgl. Abdi-Herrle et al. 2016, o.S.

34 Vgl. Zeit Online [2016b], o.S.

35 Vgl. Zeit Online [2016a], o.S.

36 Vgl. Bastaroli 2015, o.S.

37 Vgl. Titz 2016, o.S.

38 Vgl. Maetzke 2015, o.S.

39 Vgl. Titz 2016, o.S.

40 Vgl. Zagatta 2016, o.S.

41 Vgl. Bradić 2010, S. 52.

42 Vgl. Stotz/Tack 2016, o.S.

43 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 26.

44 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 26.

45 Vgl. Herrmann 2016, S. 100.

46 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 26 f.

47 Vgl. Statista [2015a|, o.S.

48 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 27.

49 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 28.

50 Vgl. Herrmann 2016, S. 100.

51 Vgl. Dreyer/Rütt 2008, S. 66.

52 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 29.

53 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 32.

54 Vgl. Handelsblatt 2016, o.S.

55 Vgl. Direction Générale des Entreprises [2003-2015], o.S.

56 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 32 f.

57 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 32 ff.

58 Vgl. Handelsblatt 2016, o.S.

59 Vgl. Kuschel/Schröder 2002, S. 85 ff.

60 Vgl. Freyer/Schröder 2005, S. 108.

61 Vgl. Bradić 2010, S. 53.

62 Vgl. Freyer/Schröder 2005, S. 108.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Terrorismus und Tourismus. Folgen und Maßnahmen am Beispiel Nizza
Hochschule
Hochschule Fresenius; Hamburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
43
Katalognummer
V597985
ISBN (eBook)
9783346196682
ISBN (Buch)
9783346196699
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Terrorismus, Tourismus, Anschlag Nizza
Arbeit zitieren
Sandra Og (Autor:in), 2017, Terrorismus und Tourismus. Folgen und Maßnahmen am Beispiel Nizza, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/597985

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