Die Irakkrise als Testfall für Europa - Spaltung oder Einigung?


Hausarbeit, 2006

22 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Positionen der einzelnen Mitgliedsländer zum Irak-Krieg
1.1 Position Großbritanniens
1.2 Position Osteuropäischer Mitgliedsländer
1.3 Position Frankreichs
1.4 Position Deutschlands

2. Vertrag von Amsterdam
2.1 Abstimmungsmodus

3. Notwendigkeit und Grenzen der Integration innerhalb der GASP
3.1 Notwendigkeiten der Integration
3.2 Grenzen der Integration

4. Zukünftige Entwicklungsoptionen der EU
4.1 Kerneuropa
4.2 Mehrheitsentscheidungen
4.3 Supranational

5. Neo- Realismus
5.1 Annahme des Neo- Realismus
5.2 Innere und äußere Dimension
5.3 Zukünftige Entwicklung aus neo- realistischer Sicht

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Irak Krise hat die Europäische Union und vor allem die GASP in eine Krise geführt. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) bildet dabei die zweite Säule der Europäischen Union, die in drei Säulen aufgeteilt ist. Es ging nicht nur um die Frage, ob man die USA unterstützt, sondern es wurden grundlegende Fragen gestellt, die mit dem Irak nichts zu tun haben. Es entstand die Diskussion, welche Ziele die Europäische Union erreichen soll. Wie wird die Zukunft der GASP in Europa aussehen? Sind die Visionen der einzelnen Länder von Europa so unterschiedlich? Hat man gemeinsam Institutionen erschaffen um besser miteinander zu kooperieren, ohne ein Ziel in den Augen? So sagt die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot: „ Die Irak-Krise könnte sogar als Ursache dafür gewertet werden, dass alle institutionellen Verbesserungen im Bereich der GASP infolge einer „Realitätsprüfung“ als „Wolkenkuckucksheim“ angesehen werden. Eine gemeinsame Außenvertretung der EU, z.B. im UN-Sicherheitsrat, scheint derzeit völlig unrealistisch.”[1]

Ich möchte deshalb in dieser Hausarbeit untersuchen, ob die Irak-Krise gezeigt hat, dass weitere Integration noch möglich ist, oder der heutige Integrationsstand das Maximum der Integration bildet und wie ein weiterer Integrationsprozess in Zukunft aussehen kann. In Kapitel 1 werde ich die Position von Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den Osteuropäischen Mitgliedsländern kurz und skizzenhaft bezüglich der Irak- Krise darstellen. Ich werde die Position dieser Länder nehmen, da besonders ihre Position beispielhaft für die Positionen der anderen europäischen Länder steht. In Kapitel 2 gehe ich auf den Abstimmungsmodus des Vertrags von Amsterdam ein. Ich werde zeigen, dass durch den im Amsterdam verankerten Abstimmungsmodus es nicht zu einer gemeinsamen Aktion kommen konnte, da die Position der einzelnen Länder zu unterschiedlich war. Ich werde dabei besonders auf das Prinzip der Einstimmigkeit eingehen. Der Vertrag von Amsterdam ist dem Punkt wichtig, da er während der Irak- Krise gültig war und die rechtliche Grundlage für das Handeln der GASP bot. In Kapitel 3 beschreibe ich die Notwendigkeit und die Grenzen der weiteren Integration innerhalb der GASP. Dabei zeige ich, dass die Vorstellungen der europäischen Länder bezüglich des zukünftigen Verhältnisses der GASP zu den USA variieren. Im vierten Kapitel stelle ich dar, wie die zukünftige Entwicklung der GASP aussehen könnte. Ich stelle dabei drei mögliche Entwicklungen dar: Die Bildung eines Kerneuropas, es gibt nur noch Mehrheitsentscheidungen und die GASP wird supranational. Dabei zeige ich gleichzeitig, welches Modell inwiefern sich in der abgelehnten europäischen Verfassung widerspiegelt. Dies ist in dem Punkt wichtig, da die Verfassung zwar abgelehnt wurde, sie aber ausgearbeitet ist und so die zukünftige Funktionsweise der GASP darstellt.

Im fünften Kapitel verwende ich die Theorie des Neo- Realismus, um zu erklären, ob es zu einer weiteren Integration kommen wird. Dabei werde ich zwischen der inneren und äußeren Dimension der Theorie unterscheiden. Im sechsten Punkt werde ich anschließend eine Fazit ziehen und eine Antwort auf die Frage bieten.

1.Positionen der einzelnen Mitgliedsländer zum Irak-Krieg

“(…) But you look at vast numbers of other countries in Europe. They're not with France and Germany on this, they're with the United States.”[2]

Donald Rumsfeld

Die Verschärfung des Konflikts zwischen den USA und dem Irak und dem daraus folgenden Irak-Krieg hat die Europäische Union in eine tiefe Krise gestürzt.

Die Krise innerhalb Europas zeigt deutlich, wie unterschiedlich die Position der einzelnen Mitgliedsländer zu diesem Thema ist. Zwar kam es aufgrund der Haltung zu den USA nicht zu einer Spaltung der Europäischen Union, aber „das Projekt einer Gemeinsamen Außen- uns Sicherheitspolitik (GASP) hat tiefe Risse bekommen.“[3] Die Europäische Union reagierte kaum und schien von der Entwicklung überwältigt. Stattdessen reagierten die Staaten national.[4]

1.1 Position Großbritanniens

Großbritannien war das Land, das sich ziemlich schnell positionierte. Tony Blair wollte sich durch seine Entschlossenheit Einfluss auf den weiteren Entscheidungsprozess sichern um den Konflikt noch beeinflussen zu können, wenn es notwendig erschien.[5] Für Tony Blair war die Entscheidung für oder gegen die USA keine Einfache. „Allerdings entschied er sich für das geringere Übel und unterstützte die Irak-Politik der Regierung Bush, weil für ihn die Aufrechterhaltung der special relationship Voraussetzung für eigene außenpolitische Handlungsfähigkeit und für die Geschlossenheit der atlantischen Allianz blieb.“[6] Großbritanniens Außenpolitik ist klar gekennzeichnet durch die enge Zusammenarbeit mit den USA. In der Irak-Krise wurde Großbritannien vor die Wahl gestellt, ob es sich dem amerikanischen Kurs anschließt oder stattdessen die Position Deutschlands oder Frankreichs unterstützt. Letztendlich hat sich die englische Regierung getreu der special relationship dem Kurs der Bush-Regierung angeschlossen.

1.2 Position Osteuropäischer Mitgliedsländer

Die Position der Osteuropäischen Länder war dagegen nicht vorhersehbar. Diese Länder standen am 1. Mai 2004 kurz vor der Aufnahme in die Europäische Union. Es wäre deshalb nicht verwunderlich gewesen, wenn sie sich der Position unter anderem von Deutschland und Frankreich angeschlossen hätten und so die Einheit Europas demonstriert hätten. Allerdings war die Reaktion der Länder gerade nicht so. Sie stellten sich an die Seite der USA und unterstützten das Vorgehen der amerikanischen Regierung bezüglich des Iraks.

Die Gründe weshalb dies geschah, liegen zum Teil im Verständnis der Osteuropäischen Mitgliedsländer zu der Europäischen Union und der NATO. Besonders das Zitat „Nato is for life, EU is for a better life“[7] zeigt charakteristisch das Verhältnis der Osteuropäischen Länder zur Europäischen Union. Dieses Verhältnis beruht auf den geschichtlichen Geschehnissen. Diese Länder sehen in der Europäischen Union nicht einen Akteur, der sie vor einer möglichen Bedrohung schützen könnte. Diese Bedrohung könnte zum Beispiel Russland sein, das in Zukunft versuchen könnte Einfluss auf die Osteuropäischen Länder erneut auszuüben.

Die Osteuropäischen Länder verfolgen dagegen eine Doppelstrategie, um einerseits ihre eigene Sicherheit zu garantieren und andererseits ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit zu verstärken: Um die eigene Sicherheit zu gewährleisten, sucht man die Nähe zur NATO und wenn es um den wirtschaftlichpolitischen Aspekt geht, versucht man die Beziehungen zu der Europäischen Union zu verbessern.[8] Die GASP der Europäischen Union ist nämlich kaum in der Lage die Sicherheit zu bieten, wie dies die NATO tut. Die NATO besitzt die notwendigen Kapazitäten, um zu reagieren, währen die GASP noch dabei ist, diese Kapazitäten zu entwickeln. „Die Europäische Union nahm deshalb das Angebot der NATO vom Januar 1994 an, auf ihre Mittel und Fähigkeiten zurückzugreifen.“[9] Durch die dominierende Rolle der USA innerhalb der NATO entsteht das Bild, dass die USA die Sicherheit der Osteuropäischen Länder garantiert. Besonders sichtbar wird dies durch die Position Polens zur NATO. Polen hat am 4. Januar 2000 eine neue Sicherheitsstrategie verkündet, worin man die NATO als Hauptfaktor für politische und militärische Stabilität innerhalb Europas sieht.[10] Damit die GASP diese Aufgaben übernehmen kann sind zuvor weitere Integrationsschritte innerhalb der GASP notwendig. Und die Länder sind generell gegen weitere Integration, da dies dazu führt, dass Souveränität abgegeben werde muss.

Da aber die Länder erst seit 1989/1990 und dem damit verbundenen Zusammenbruch der Sowjetunion souveräne Staaten sind, wollen sie nicht erneut Souveränität abgeben.

Sie unterstützen deshalb die amerikanische Regierung beim Irak-Krieg und hoffen, wenn es dann zu einer Bedrohung für sie kommt, dass sich die USA für ihre Sicherheit einsetzen werden.

Ein weiterer Faktor war auch, dass die Regierung Schröder/Fischer wenig Interesse für Osteuropa zeigte und sich stattdessen mehr auf Westeuropa fixierte, die USA aber ihre Aktivitäten in Osteuropa verstärkten.[11]

1.3 Position Frankreichs

Die Position Frankreichs war am Anfang der Krise nicht eindeutig. Zum einen ist Frankreich Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und somit daran interessiert, dass der Sicherheitsrat möglichst gestärkt wird. Durch ihr Vetorecht kann Frankreich zudem jederzeit jeden Beschluss verhindern.

Gleichzeitig aber sieht die französische Regierung das unilaterale Handeln der amerikanischen Regierung kritisch. Ebenfalls steht sie äußerst negativ dem Einfluss der USA in Europa gegenüber.

Paris sah nun mit dem aufkommenden Irak-Konflikt die Möglichkeit einer engen Kooperation mit Deutschland unter amerikakritischen Zielvorstellungen.[12] Man hat nun die Möglichkeit eine Gegenmacht zu bilden, die den USA gleichauf kommt. Der Traum de Gaulles eine Gegenmacht gemeinsam mit Deutschland zu bilden und so in gleicher Augenhöhe mit den USA zu stehen würde sich erfüllen, nachdem man vor 30 Jahren mit dem Elysée-Vertrag vergeblich versucht hatte dies zu erreichen, die deutsche Regierung dies damals aber mit einer Präambel verhinderte.[13]

[...]


[1] Guérot, Ulrike 2003: Europa wird neu verfasst: Schafft der Konvent den Durchbruch?, in: Internationale Politik 4, S.47.

[2] Rumsfeld, Donald: Secretary Rumsfeld Briefs at the Foreign Press Center, in: http://www.dod.gov/transcripts/2003/t01232003_t0122sdfpc.html; January 22, 2003.

[3] Schild, Georg 2004: Eine Verfassung für Europa, in: Staack, Michael/Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Europa nach dem Irak-Krieg. Ende einer transatlantischen Epoche?, S.62.

[4] Vgl. Dembinski, Matthias/Wagner Wolfgang 2003: Europäische Kollateralschäden. Zur Zukunft der europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach dem Irak-Krieg, in: Aus Politik und Zeitgeschehen B 31-32 /2003, S. 32.

[5] Vgl. ebd. S.32.

[6] Hacke, Christian 2004: Paradigmenwechsel? Deutschland, Europa und die transatlantischen Beziehungen im Lichte der Irak-Krise, in: Varwick, Johannes/Knelangen, Wilhelm (Hrsg.): Neues Europa – alte EU? Fragen an den europäischen Integrationsprozess. Opladen: Leske & Budrich, S.375.

[7] Vgl. ebd. S.377.

[8] Vgl. ebd. S.377.

[9] Dembinski, Matthias 2004: Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Appendix der NATO oder Instrument der Emazipation, in: Staack, Michael/Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Europa nach dem Irak-Krieg: Ende der transatlantischen Epoche?, S.164.

[10] Vgl. Zieba, Ryszard 2002: Poland and the ESDP, in Ehrahrt, Hans-Georg (Hrsg.): Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Positionen, Perzeptionen, Probleme, Perspektiven, S.109.

[11] Vgl. Hacke, Christian 2004: Paradigmenwechsel? Deutschland, Europa und die transatlantischen Beziehungen im Lichte der Irak-Krise, in: Varwick, Johannes/Knelangen, Wilhelm (Hrsg.): Neues Europa – alte EU? Fragen an den europäischen Integrationsprozess. Opladen: Leske & Budrich, S.378.

[12] Vgl. Dembinski, Matthias/Wagner Wolfgang 2003: Europäische Kollateralschäden. Zur Zukunft der europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach dem Irak-Krieg, in: Aus Politik und Zeitgeschehen B 31-32 /2003, S. 33.

[13] Vgl.ebd. S.31.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Irakkrise als Testfall für Europa - Spaltung oder Einigung?
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V59795
ISBN (eBook)
9783638536332
ISBN (Buch)
9783638660440
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Irakkrise, Testfall, Europa, Spaltung, Einigung
Arbeit zitieren
Martin Kacprzycki (Autor:in), 2006, Die Irakkrise als Testfall für Europa - Spaltung oder Einigung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59795

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