Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. Kontroversen um Elisabeth I.


Bachelorarbeit, 2019

43 Seiten, Note: Gut


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Begriffe
1.2 Methode
1.3 Forschungsstand

2 Kontroversen der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert
2.1 Vorurteile der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert
2.2 Legitimation der Herrschaft von Elisabeth I. von England

3 Kontroversen vor und während der königlichen Machtentfaltung von Elisabeth I
3.1 Der schwierige Weg von Elisabeth I. bis zur Thronübernahme
3.2 Die Kontroverse um Elisabeths Ehelosigkeit
3.3 Der Konflikt zwischen Elisabeth I. und Maria Stuart

4 Resümee

5 Bibliografie
5.1 Quellen
5.2 Sekundärliteratur

6 Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Frauen als Fürstinnen oder Regentinnen waren im 16. Jahrhundert nicht der Normalfall, sondern eher ein unüblicher Zustand.1

Die Problematik einer Frauenherrschaft in dieser Epoche wird vor allem in ihrer Komplexität durch die Wechselwirkungen diverser historischer Wirklichkeitsebenen gezeigt. Die Konzeption des Königtums beruhte auf einem patriarchalischem Machtkonstrukt.2 Es gab aber in der Renaissance doch mehr verschiedene Zugänge des Machterwerbes wie beispielsweise „ […] als Gemahlin des Königs, als Mutter eines zukünftigen Herrschers, als Witwe und Hüterin königlichen oder dynastischen Erbes.“3

Der Historiker Ernst Kantorowicz stellte die These von den „zwei Körpern des Königs“ auf, das heißt er geht von einem natürlichen und einem politischen Körper eines Königs aus, was die Frage aufwirft: „Hat die Königin einen Körper oder hat sie zwei, wie der König?“4 Auf den natürlichen Körper der Frau, also auf ihre Weiblichkeit, gab es stets diverse Projektionen. Und immer wieder wurde darauf verwiesen, dass eben diese Weiblichkeit die Politikfähigkeit des Körpers der Königin in die Schranken verweist und der politische Körper einer Frau der Nähe zu einem männlichen Körper bedarf.5

Dabei kreiste die Frage um die weibliche Regierungsfähigkeit nicht nur um eine hypothetische Frage, wie der misogyne Jean Bodin feststellte, denn Erbfolgeregelungen in den europäischen Monarchien, verdrängten zunehmend die Fürstenwahl.

Die Gynäokratiedebatte wurde Bestandteil der frühneuzeitlichen Querelle des femmes und die Positionen der Frauenherrschaft viel diskutiert.6

Ist der königliche Körper in seiner Idealgestalt zwingend männlich? Oder muss die Königin nur die männliche Gestalt verkörpern können so wie Elisabeth I., welche von sich behauptete den Körper einer Frau zu haben, aber das Herz und den Bauch eines Königs.7

Mit welchen Kontroversen der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert wurde man grundsätzlich konfrontiert, welche betrafen Elisabeth I. im Besonderen und wie reagierte sie darauf? Dieser Thematik wird in der Arbeit nachgegangen.

Die Kontroversen der weiblichen Herrschaft waren sehr vielschichtig und komplex. John Knox gab 1558, im Jahr der Thronbesteigung von Elisabeth I., eine viel beachtete Schrift heraus „The First Blast of the Trumpet against the monstrous regiment of Women“ und erklärte darin die weibliche Natur für nicht fähig Herrschaft auszuüben. Weibliche Herrschaft stellte für ihn einen Verstoß gegen die göttliche Ordnung dar.8 Knox versicherte Elisabeth zwar, dass sich seine Schrift nicht gegen sie persönlich richten würde, sondern generell gegen weibliche Herrschaft, aber sie fühlte sich trotzdem angegriffen.9

Der Gegensatz zwischen Frau und Herrschaft wurde noch verstärkt durch das damalige Verständnis zwischen Frauen und Männern. Frauen waren von ihrer Natur aus dem Mann untergeordnet und das wurde zusätzlich von gewichtigen Autoritäten betont, allen voran kirchliche Autoritäten, die sich auf die Bibel stützten, um damit die Unterordnung der Frau zu beweisen.10 Geistliche beriefen sich als Sprachrohr Gottes auf ihre Pflicht gegenüber ihm, ihren höchsten Richter. Nicht die Kleriker drohten Elisabeth, deren Stellung freilich grundlegend nicht in die zeitgenössische Geschlechterordnung passte, sondern Gott.11

In Bezug auf diesen Hintergrund versteht man, dass die Autorität von Elisabeth, als sie 1558 mit nur 25 Jahren zur Königin von England wurde, nicht ganz unstrittig war.12 Für Knox und andere Gleichgesinnte wird die Tatsache, dass eine Frau über Männer herrschte wohl nicht sehr konstruktiv gewesen sein.

Obgleich Knox Elisabeth trotzdem ein Versöhnungsangebot machte, war er dennoch überzeugt, dass eine gute Herrscherin einen Widerspruch in sich birgt, denn man konnte nur eine gute Frau oder ein guter Herrscher sein.13 Elisabeth war bereit diesen Widerspruch zu lösen, aber nicht nur ihr selbst auch vielen Untertanen lag einiges daran ihn aufzulösen und Elisabeths Macht zu legitimieren, indem man ihr die Eignung zur guten Herrscherin zusprach.14

1.1 Begriffe

Die Arbeit wird Begriffe wie Gynäokratiedebatte, Herrschaftslegitimation, Geschlechterrollenkonzept im 16. Jahrhundert, Thronfolgegesetz, Geschlechterproblematik bzw. Herrschaftsfähigkeit von Frauen (Querelle des femmes) und Herrscherkritik aufweisen.

Gynäokratiedebatte: Der Begriff Gynäokratie wurde erst im 19. Jahrhundert in die Wissenschaft eingeführt. Er besteht aus den beiden Wörtern gynos (Frau) und kratos (herrschen) und bedeutet aus dem Griechischen übersetzt Frauenherrschaft.15 Erst seit den 1990er Jahren wandte sich die Forschung in größeren Untersuchungen der Gynäokratiedebatte in England zu. Die Bedeutung dieses Begriffes steht für die Teilhabe von Frauen an politischer Herrschaft.16

Herrschaftslegitimation: Setzt sich aus den Wörtern Herrschaft und Legitimation zusammen, also dem Nachweis der Berechtigung für etwas, in dem Fall die Berechtigung für die Herrschaft und dem Wort Herrschaft, welches die Amtsperiode eines autokratisch Regierenden ist. Die Legitimation für eine Herrschaft unterlag verschiedenen, flexiblen Voraussetzungen und Konzepten.

Geschlechterrollenkonzept im 16. Jahrhundert: Das Rollenbild der Zeit war vom Primat des Mannes geprägt. Das vordringlichste Anliegen bei der Geschlechterforschung war die Infragestellung der Geschlechterunterschiede und der sich daraus ergebenden legitimierten und gesellschaftlichen Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen. 17 Frauenherrschaft stand in direktem Widerspruch zur Hierarchie der Geschlechter.

Bei dem Thronfolgegesetz gab es drei Regelungen, welche Heinrich VIII. erließ. Im ersten Act of Succession 1534 ließ er seine Tochter Elisabeth an die erste Stelle der Thronfolge setzen und seine Tochter Maria zum Bastard erklären. 1536 folgte ein zweiter Akt, wo Elisabeth zum Bastard erklärt wurde und 1543 ein dritter, in dem Elisabeth und Maria wieder in die Thronfolge aufgenommen wurden, sollte ihr Bruder Edward keine Erben haben.18

Geschlechterproblematik bzw. Herrschaftsfähigkeit von Frauen (Querelle des femmes): Der Begriff „ querelle des femmes “ wurde im 16. Jahrhundert geprägt und bedeutet Streit der Frauen bzw. Geschlechterstreit. An der Debatte beteiligten sich auch viele Männer und etliche Frauen als Autorinnen, Künstlerinnen und Gelehrte.19 „Gestritten wurde hier um männliche und weibliche Tugenden, Fähigkeiten oder auch Laster und Fehler, um Geschlechterhierarchien, um die Ehe, um die weibliche Bildungs- oder Herrschaftsfähigkeit […].“ 20

Herrscherkritik erfasst verschiedene gesellschaftliche Gruppen und beschränkt sich nicht nur auf die Eliten. Das ermöglicht einen Vergleich, wobei der Fokus auf dem Hof und der Kirche lag. Für Michel Foucault ist die Ausübung von Herrschaft mit Kritik verknüpft.21 Eine Definition von Kritik ist:

[…] die Beurteilung, Bewertung oder sogar Verurteilung einer Person (in diesem Fall des Herrschers bzw. der Regierung) durch Dritte; oder wie der Philosoph Rüdiger Bittner es formuliert: … Kritik […] bezeichnet Urteile, insbesondere ungünstige Urteile, über den Wert von Menschen und menschlichen Dingen.22

Herrschaft symbolisierte in der Frühen Neuzeit einen Kommunikationsprozess, in welchem Herrscherkritik verortet wurde.23

1.2 Methode

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt bei den Kontroversen der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert um Elisabeth I.. Für diese Arbeit wurden sowohl Literatur- als auch Quellenstudien betrieben. Das heißt sie beruht auf einer theoretischen Methode.

1.3 Forschungsstand

Ulrich Suerbaum, schreibt in seinem Werk : „Das elisabethanische Zeitalter: „Das elisabethanische Zeitalter ist eine historische Epoche mit einer ungewöhnlichen und in mancher Hinsicht sogar verwunderlichen Präsenz in der Gegenwart.“ 24 Die besondere Popularität dieser Epoche ist wohl mit dem „Elisabethanischen Zeitalter“ zu erklären und dessen Namensgeberin.

Kerstin Weiand erwähnt in ihrer Monografie „ Herrscherbilder und politische Normbildung“, dass Elisabeth zu einer Referenzgröße wurde, zu einer politischen Leitfigur, welche überzeitliche und überparteiliche Bedeutung hat. Obwohl die Ausgangsbedingungen nicht in jeder Hinsicht für eine posthume Karriere gut waren.25 Denn für ihre Zeitgenossen war Elisabeth nicht unbedingt normgebend. 1558 gab John Knox, ein schottischer Reformator, „The First Blast of the Trumpet against the monstrous regiment of Women“ heraus, eine Schrift in der er erklärt, dass die weibliche Natur nicht geschaffen ist zu herrschen.26

Da sich die Fragestellung der Arbeit mit der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert befasst, wird auch besonderes Augenmerk auf die Forschung in Richtung der Rolle der Frau gelegt, im Speziellen auf die Geschlechterproblematik in der Herrschaft und die weibliche Herrschaftslegitimation. Die Geschlechterproblematik behandelt Robert Valerius in seiner Dissertation: „ Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. Die Regentschaft Elisabeths I. zwischen Realpolitik, Querelle des femmes und Kult der Virgin Queen.“27

Ursula Machoczek präsentiert in ihrem Werk „ Die regierende Königin – Elizabeth I. von England“ den geschlechtsspezifischen Unterschied zwischen einer regierenden Frau und einem männlichen Herrscher. Sie analysiert die Königstugenden und die Selbstinszenierung von Elisabeth im Vergleich zu den Tugenden eines Herrschers.28

In den 1980er Jahren versuchte der britische Historiker Christopher Haigh die Problematik weiblicher Herrschaftsausübung in die Forschung einzubringen.29

Jedoch abgesehen von den biologischen und dynastischen Kontroversen hat sich in der Forschung der letzten Jahrzehnte herausgestellt, dass sich die Regierungszeit von Elisabeth I. durchaus nicht so glorreich präsentierte.30

Im Umfeld des Jahres 2003, zum 400. Todestag von Elisabeth, erreichte die Forschung einen Höhepunkt und es erschienen einige Monographien.

Kerstin Weiand beschäftigt sich mit den Herrscherbildern und der politischen Normbildung mit dem Fokus auf die Erinnerungskultur. Ihr Blick richtet sich auf Elisabeth I. und warum sie zu einem überzeitlichen Leitbild wurde.31

Seit den 1970er Jahren wird intensiv nach „großen Frauen“ in der Geschichtsforschung gesucht und so entstanden wichtige biographische Arbeiten über Königinnen und Herrscherinnen als Pendants zu den männlichen Protagonisten, welche lange Zeit das Geschichtsbild prägten. Eine neue Sichtweise entstand und somit wandelte sich das Verständnis von Herrschaft, die nicht mehr nur als „One-Man-Show“ angesehen wurde, sondern als Zusammenspiel unterschiedlicher Handelnder, sowohl männlicher als auch weiblicher, welche auf institutionellem Wege aber auch informell an der Gestaltung der Politik partizipierten.32

2 Kontroversen der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert

Über die Rollenvorstellungen von Männern und Frauen wurde viel diskutiert und damit verbunden auch über die Möglichkeit der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert. Grundsätzlich konnten auch Frauen Bildung erwerben, aber von der Macht wurden sie generell ferngehalten.

Jean Bodin und John Knox übten zu ihrer Zeit Kritik an Herrscherinnen. Aber in vielen europäischen Ländern gelangten Frauen an die Regierung, kraft des eigenen Rechts oder auch als Regentin.33 Die Genderforschung des frühmodernen Staates zeigt jedoch, dass die Weibliche Herrschaft nicht als Randphänomen betrachtet werden kann.34

Jedoch waren Frauen, beziehungsweise sind teilweise noch immer, eine Gruppe, die von Vorurteilen geprägt ist.

Im Folgenden werden die Kontroversen und Vorurteile der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert hinterfragt mit besonderem Augenmerk auf Elisabeth I. von England. Die forschungsleitende Fragestellung lautet:

Welche Kontroversen gab es zwischen Frau und Herrschaft generell im 16. Jahrhundert und wie wurde Elisabeth I. damit konfrontiert?

2.1 Vorurteile der weiblichen Herrschaft im 16. Jahrhundert

Die gesellschaftliche Stellung der Frau im 16. Jahrhundert war im Vergleich zu der des Mannes viel schwieriger. Natürlich sind Frauen, speziell Adelige, privilegierter als Frauen von niedrigem Stand gewesen, aber generell war die Frau in vielen Lebensbereichen dem Mann untergeordnet.

Jedoch gab es immer wieder Beispiele für die Teilhabe an der Macht und auch für die Herrschaftsausübung von Frauen, auch wenn es um ein vielfaches komplizierter war und voller Kontroversen.

Ursula Machoczek weist darauf hin, dass das 16. Jahrhundert eine große Zahl von Frauen aufweise, die aus eigenem Recht regierten. Im 16. Jahrhundert gab es gar nicht so wenige Frauen, welche die Position von Staatsoberhäuptern innehatten und sogar die Anzahl „[…] der weiblichen Staats- und Regierungschefs des 20. Jahrhunderts übertraf […]“ und auf dieser Grundlage könnte man zum Schluss gelangen, dass die weibliche Herrschaftsausübung vor 400 Jahren besser war und es eine scheinbare Akzeptanz gab.35

Aber das war nicht der Fall, denn die regierenden Frauen im 16. Jahrhundert wurden nicht so einfach toleriert wie man meinen könnte, denn es haftete ihnen schon eine gewisse Problematik an, welche sich aus den unterschiedlichen Vorstellungen von Mann und Frau ergab.

Die Rolle der Frau im 16. Jahrhundert war keine originäre Neuentwicklung, sondern stand in der geistesgeschichtlichen Tradition der Philosophen der Antike und auch der frühen Kirchenväter.36 Frauen und Männern wurden aufgrund der biologischen Unterschiede schon von alters her unterschiedliche Eigenschaften zugeschrieben und auch die Geschlechterdiskriminierung in Richtung der Frau war und ist nichts Neues. Im Vergleich zur männlichen Natur, sah man die weibliche Natur in ihren physiologischen Eigenschaften als defizitär an.37 Frauen wurde eine schwache Vernunft unterstellt und Leidenschaften, wie Hass, Rache und Angst, positiv jedoch waren Emotionen wie Mitleid, Erbarmen oder Liebe. Diese geschlechtsspezifischen Schwächen erforderten einen männlichen Ausgleich, eine moralische männliche Leitung. Folglich war eine Teilnahme der Frauen am öffentlichen Leben ungeeignet und beschränkte sie auf ihren Lebenskreis in Haus und Familie.38

„In The First Blast widmete Knox sich dem Sonderfall weiblicher Herrschaft“. 39 Eigentlich richtete sich seine Schrift hauptsächlich gegen Maria Tudor, aber sie enthielt auch Seitenhiebe auf die Verhältnisse in Schottland. Sein Trompetenstoß erlangte große Bedeutung. In der Streitschrift machte er den englischen Christen Vorwürfe und vor allem der englischen Geistlichkeit, denn ihnen sollte klar sein, dass die Herrschaft einer Frau abscheulich sei.40 Wie bereits weiter oben angeführt, erschien das Pamphlet ausgerechnet zu dem Zeitpunkt als Elisabeth, die Hoffnungsträgerin der Protestanten, den englischen Thron bestieg und so erregte das Buch nicht nur bei Elisabeth selbst, sondern auch bei der Geistlichkeit und seinen Kollegen Ärger.41 Knox brachte Argumente vor wie beispielsweise, dass Frauen keine Autorität ausüben sollten, weil das gegen die Gesetze der Natur verstoßen würde, die körperliche Schwäche der Frau auf eine eingeschränkte Verstandeskraft und Urteilsfähigkeit schließen lasse und sie deshalb anfällig für Verführung und Laster sei. Die Rolle der Ehefrau und Mutter schien allemal passender zu sein, als die der Herrscherin. Eine Frau, die über jemanden regiert, sollte sich einen Ehemann suchen und ihm ihre Autorität und Rechte übertragen.42 Aber gerade das war Elisabeth nicht gewillt zu tun.

Frauen sind in Bezug auf ihre Eheschließungen jedoch von politischer Bedeutung gewesen, denn sie wurden verheiratet, um dynastische Verbindungen einzugehen. Eine ihrer größten politischen Aufgaben war es, für den Fortbestand der Dynastie zu sorgen und außerdem waren Prinzessinnen, die mit ausländischen Herrschern vermählt wurden, bestens geeignet für Bündnis- oder Friedensverhandlungen.43

Wenn man es geschickt anstellte, boten sich, als Ehefrau eines Königs, viele Möglichkeiten einer inoffiziellen politischen Einflussnahme.44 Katharina von Aragon beispielsweise handelte klug genug, um in den ersten 15 Jahren ihrer Ehe mit Heinrich VIII. seine Politik und seine Interessen entsprechend den Anliegen ihres Vaters, Ferdinand von Aragon, zu beeinflussen. Selbstverständlich war sie bestrebt dies so unauffällig und diskret als möglich auszuführen. Weder der spanische Gesandte noch Heinrich VIII. selbst registrierten den Umfang und die Bedeutung von ihren Bestrebungen.45 Damit bewies Katharina ihre Solidarität mit ihrer Heimat und diente den Interessen ihres Heimatlandes. Lange Zeit fungierte Katharina als politische Vertraute ihres Mannes und lieferte somit ein Beispiel für ein nicht offizielles Handeln von Frauen.46

Es steht fest, dass der Weg zur Herrscherin für Elisabeth kein leichter war, denn sie musste zahlreiche Schwierigkeiten meistern, um überhaupt als Herrscherin akzeptiert zu werden.47 Das Hauptproblem für Elisabeth und auch einige andere zu der Zeit lebender Frauen, ist die Tatsache gewesen, dass sie „nur“ Frauen waren.

In England war es rechtlich durchaus möglich als Frau eine Königin zu werden, die auch herrschte. 48 Aber die Frau galt als das schwächere Geschlecht und sollte grundsätzlich nicht regieren. Die Bibel fungierte als Richtlinie in der Frühen Neuzeit und ließ klar die patriarchalische Struktur erkennen, die Frau war der Besitz des Mannes, wurde sie doch aus ihm erschaffen.

Und so gab es auch gewichtige Argumente gegen die Herrschaft einer Frau, beispielweise im praktischen Bereich: Man galt als Frau als nicht befähigt sich im Krieg zu bewähren, denn es schien unvorstellbar zu sein, dass eine Frau als Vorgesetzte eine Armee anführte und ihrem Land und ihren Untertanen die nötige Hilfe verschaffte, um sie von den inneren und äußeren Feinden zu schützen. 49

Die Rollenaufteilung zwischen Männern und Frauen, nicht nur im England des 16. Jahrhunderts, war klar definiert: Frauen sollten sich um Heim und Familie kümmern und Männer um das öffentliche Leben. Also man kann erkennen, dass […] die Begriffe Frau und Herrschaft sich gegenseitig ausschlossen. Zeitgenössischen Annahmen zufolge bestand eine prinzipielle Unvereinbarkeit von weiblicher Natur auf der einen und Befähigung zur Herrschaft und legitimer Ausübung von Macht auf der anderen Seite.50

Frauen, wollten sie sich gegen Männer auf irgendeine Art und Weise behaupten, mussten einen Weg finden, ihre Macht oder Position zu rechtfertigen. Elisabeth tat dies über die Inszenierung ihrer Herrschaft. Sie musste versuchen die Vorurteile auszuräumen, wenn sie das Vertrauen ihrer Untertanen gewinnen wollte.51

Auch wenn es eine Idee zu Gleichheit der Geschlechter geben sollte, musste Elisabeth sich den normativen gesellschaftlichen Beschränkungen der Frau unterwerfen, denn selbst der englische Aufklärer Thomas More vertrat in seiner Staatsutopie „ Utopia“ die Ansicht, […] daß in einer auf der Gleichheit aller beruhenden Gesellschaft der „natürliche“ Grundsatz der patriarchalischen Hierarchie mit der Unterordnung der Frauen unter ihre Ehemänner erhalten bleibe.52

Natürlich gab es auch Männer, welche die Frauen als Menschen schätzten und anerkannten. Erasmus von Rotterdam war einer von ihnen. Er setzte sich dafür ein, dass Frauen dasselbe Recht auf geistige Bildung und Teilhabe am öffentlichen Leben haben sollten wie Männer und hinterfragte, worauf sich die Unterdrückung des weiblichen Geschlechtes eigentlich begründete. In seinen „Gesprächen“ zwischen einem Abt und einer gebildeten Frau versucht er Erklärungen zu finden. Das Werk mutet sich fast wie eine Frühschrift der Frauenemanzipation an.

Heinrichs Großmutter Lady Margaret war es auch, die einen Aufschwung der Frauenbildung förderte, denn sie war es die die neuen Universitäten großzügig unterstützte. Nach ihrem Tod trat das Phänomen der gebildeten Frau in England vermehrt auf.53

Aber auch Thomas More trieb die Frauenbildung voran, er war umgeben von einem Kreis Oxforder Humanisten und katholischer Reformer und ließ auch seine eigenen Töchter unterrichten.54 Auch wenn es nicht die Regel war, dass Töchter unterrichtet wurden und mit Gelehrten ihrer Zeit, wie beispielsweise Erasmus von Rotterdam Umgang pflegten, besaß es Vorbildwirkung seine Töchter gleichermaßen zu behandeln.55

Setzt man sich mit Elisabeth auseinander, muss man sich auch mehr oder weniger mit der Frauenherrschaft auseinandersetzen und den verschiedenen Standpunkten der jeweiligen Forscher des betreffenden Jahrhunderts, das heißt, man muss die entsprechenden Ansichten zum weiblichen Geschlecht in Betracht ziehen. Insofern kann die historische Forschung als eine Art Fortsetzung der Gynäokratiedebatte angesehen werden.56 Es wird die Monarchin in den Blick genommen, aber auch die Frau mit ihren besonderen Qualitäten und was sie zur Herrscherin legitimierte.

[...]


1 Vgl. Robert Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert, Die Regentschaft Elisabeths I. zwischen Realpolitik, Querelle des femmes und Kult der Virgin Queen. Reihe Geschichtswissenschaft, Band 49 (CENTAURUS Verlags-GmbH & Co. KG, Herbolzheim 2002) 30.

2 Vgl. Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. 30.

3 Regina Schulte, Der Körper der Königin – konzeptionelle Annährungen. In: Regina Schulte (Hg.), Der Körper der Königin. Geschlecht und Herrschaft in der höfischen Welt seit 1500, Campus Historische Studien, Band 31 (Campus Verlag GmbH, Frankfurt/Main/New York 2002) 11-23, hier 11.

4 Schulte, Der Körper der Königin. 11.

5 Vgl. Schulte, Der Körper der Königin. 11.

6 Vgl. Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. 170.

7 Vgl. Schulte, Der Körper der Königin. 11.

8 Vgl. Kerstin Weiand, Herrscherbilder und politische Normbildung. Die Darstellung Elisabeths I. im England des 17. Jahrhunderts, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte, Abteilung für Universalgeschichte, Band 236 (Vanderhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2015) 9.

9 Vgl. Weiand, Herrscherbilder und politische Normbildung. 9.

10 Vgl. Vera Nünning, Die Inszenierung der Macht und die Macht der Inszenierung: Elisabeth I. In: Heinz Finger (Hrsg.), Die Macht der Frauen, Studia humaniora, Düsseldorfer Studien zu Mittelalter und Renaissance, Band 36 (Droste Verlag GmbH, Brühl 2004) 207-243, hier 212.

11 Vgl. Lena Oetzel, „Gespräche“ über Herrschaft. Herrscherkritik bei Elisabeth I. von England (1558-1603) (Matthiesen Verlag Ingwert Paulsen jr., Husum 2014) 114.

12 Vgl. Nünning, Die Inszenierung der Macht. 212.

13 Vgl. Nünning, Die Inszenierung der Macht. 212.

14 Vgl. Nünning, Die Inszenierung der Macht. 212.

15 Vgl. Heide Wunder, Gynäokratie, Auf der Suche nach einem verloren gegangenen Begriff der frühneuzeitlichen Sprache, online unter: <http://www.zeitenblicke.de/2009/2/wunder> (6.8.2019).

16 Vgl. Heide Wunder, Gynäokratie, Auf der Suche nach einem verloren gegangenen Begriff der frühneuzeitlichen Sprache, online unter: <http://www.zeitenblicke.de/2009/2/wunder> (6.8.2019).

17 Vgl. Claudia Opitz-Belakhal, Geschlechter-Geschichte (Campus Verlag GmbH, Köln 2010) 39.

18 Vgl. Acts of Succession, online unter: <https://www.oxfordreference.com/view/10.1093/oi/authority.20110803100540503> (14.5.2019).

19 Vgl. Opitz-Belakhal, Geschlechter-Geschichte. 130.

20 Opitz-Belakhal, Geschlechter-Geschichte. 130-131.

21 Vgl. Oetzel, „Gespräche“ über Herrschaft. 37.

22 Oetzel, „Gespräche“ über Herrschaft. 40.

23 Vgl. Oetzel, „Gespräche“ über Herrschaft. 19.

24 Ulrich Suerbaum, Das elisabethanische Zeitalter (Philipp Reclam jun. GmbH & Co, Stuttgart 2007) 11.

25 Vgl. Weiand, Herrscherbilder und politische Normbildung. 11-12.

26 John Knox, The First Blast of the Trumpet against the monstrous regiment of Women, Tredition Classics (tredition GmbH, Hamburg 2011).

27 Robert Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert, Die Regentschaft Elisabeths I. zwischen Realpolitik, Querelle des femmes und Kult der Virgin Queen. Reihe Geschichtswissenschaft, Band 49 (CENTAURUS Verlags-GmbH & Co. KG, Herbolzheim 2002).

28 Ursula Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. Aspekte weiblicher Herrschaft im 16. Jahrhundert, Reihe Geschichtswissenschaft, Band 39 (CENTAURUS-Verlagsgesellschaft mit beschränkter Haftung, Pfaffenweiler 1996).

29 Christopher Haigh, Elizabeth I. (Routledge Verlag, 2001).

30 Vgl. Weiand, Herrscherbilder und politische Normbildung. 10.

31 Kerstin Weiand, Herrscherbilder und politische Normbildung. Die Darstellung Elisabeths I. im England des 17. Jahrhunderts, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte, Abteilung für Universalgeschichte, Band 236 (Vanderhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2015).

32 Vgl. Andreas Rutz, Universität Bonn, Weibliche Herrschaftspartizipation im Heiligen Römischen Reich, online unter: <https://www.sfb1167.uni-bonn.de/aktuelles/nachrichten/interview-rutz> (9.5.2019).

33 Vgl. Matthias Schnettger, Weibliche Herrschaft in der Frühen Neuzeit, online unter: <http://www.zeitenblicke.de/2009/2/schnettger> (24.5.2019).

34 Vgl. Matthias Schnettger, Weibliche Herrschaft in der Frühen Neuzeit, online unter: <http://www.zeitenblicke.de/2009/2/schnettger> (7.8.2019).

35 Vgl. Ursula Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. Aspekte weiblicher Herrschaft im 16. Jahrhundert, Reihe Geschichtswissenschaft, Band 39 (CENTAURUS-Verlagsgesellschaft mit beschränkter Haftung, Pfaffenweiler 1996) 1.

36 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 25.

37 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 25.

38 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 26.

39 Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 98.

40 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 98.

41 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 98.

42 Vgl. John Knox, The First Blast of the Trumpet against the monstrous regiment of Women, Tredition Classics (tredition GmbH, Hamburg 2011) 82.

43 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 124.

44 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 124.

45 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 124-125.

46 Vgl. Machoczek, Die regierende Königin – Elizabeth I. von England. 125.

47 Vgl. Nünning, Die Inszenierung der Macht. 208.

48 Vgl. Nünning, Die Inszenierung der Macht. 209.

49 Vgl. Nünning, Die Inszenierung der Macht. 209.

50 Nünning, Die Inszenierung der Macht. 209.

51 Vgl. Nünning, Die Inszenierung der Macht. 209.

52 Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. 158.

53 Vgl. Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. 164.

54 Vgl. Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. 164.

55 Vgl. Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. 165.

56 Vgl. Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. 307.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. Kontroversen um Elisabeth I.
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Geschichte)
Note
Gut
Autor
Jahr
2019
Seiten
43
Katalognummer
V593989
ISBN (eBook)
9783346203984
ISBN (Buch)
9783346203991
Sprache
Deutsch
Schlagworte
elisabeth, herrschaft, jahrhundert, kontroversen, weibliche
Arbeit zitieren
Verena Schneider (Autor:in), 2019, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. Kontroversen um Elisabeth I., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/593989

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