Die Gestalttherapie als ein pädagogisches Konzept


Hausarbeit, 2006

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographische Eckdaten zu F. Perls

3. Konzept der Gestalttherapie nach F. Perls
3.1 Grundlagen der Gestalttherapie
3.2 Theorie des Selbst
3.3 Phasen des Kontaktprozesses
3.4 Neurotische Mechanismen
3.5 Prinzipien der Gestalttherapie

4. Pädagogischer Bezug
4.1 Klärung des Begriffs „Gestaltpädagogik“
4.2 Prinzipien der Gestaltpädagogik
4.3 Gestaltpädagogik als Unterrichtskonzept
4.4 Gestaltpädagogische Didaktik

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der vorliegenden Hausarbeit soll anhand des Konzeptes der ‚Gestalttherapie’ von F. Perls dargestellt werden, welche Bedeutung der Aspekt des ‚Kontakts mit sich selbst und der Umwelt’ für die Pädagogik hat. Des weiteren, um diesen Aspekt deutlich machen zu können, wird auf die Gestaltpädagogik nach Burow eingegangen.

Dabei werden vordergründig einige biographische Eckdaten zu F. Perls dargelegt (Punkt 2). Im weiteren Verlauf (3., 3.1; 3.2; 3.3; 3.4 und 3.5) sollen bedeutende zentrale Aspekte der Gestalttherapie nach Perls dargelegt werden, wie beispielsweise die Grundlagen, die Theorie des Selbst, die Phasen des Kontaktprozesses also Vorkontakt, Kontaktanbahnung, Kontaktvollzug und Nachkontakt, aber auch die vier neurotischen Mechanismen wie Introjektion, Projektion, Konfluenz und Retroflektion.

Folglich werde ich ebenfalls vier Prinzipien aufzeigen, die sich auf das ‚Hier- und Jetzt’, ‚Awareness’, ‚Konfrontation’ und ‚Ich-Du-Beziehung zwischen Therapeut und Klient’ beziehen.

In einem weiteren Abschnitt (Punkt 4) der Arbeit soll ein pädagogisches Konzept, das der Gestaltpädagogik vorgestellt werden, da diese Grundzüge von der Gestalttherapie nach F. Perls übernommen hat. Dazu soll im wesentlichen zunächst auf den Begriff der Gestaltpädagogik eingegangen werden und dann auf deren Prinzipien. Dabei werden nur fünf von 12 Prinzipien detailliert vorgestellt. Im Anschluss daran soll die Anwendung der Gestaltpädagogik im Unterricht aufgezeigt und die gestaltpädagogische Didaktik dargelegt werden.

Als einen letzten Punkt (5.) sollen nochmals die wichtigsten Elemente der Gestalttherapie nach Perls kurz dargestellt und die Bedeutung für die Pädagogik verdeutlicht werden.

2. Biographische Eckdaten zu F. Perls

Frederick S. Perls ist am 8. Juli 1893 in Berlin als Sohn jüdischer Eltern geboren. Aufgrund der Berufstätigkeit seines Vaters bestand nur wenig Kontakt zu ihm. Seine Mutter war eine sehr ehrgeizige Frau und weckte bei ihrem Sohn die Neugier für Kunst und Theater. Um sein Taschengeld aufzubessern, nahm er Rollen als Statist an. Grundlagen für sein Konzept der Gestalttherapie waren das Zusammenarbeiten von Stimme, Haltung, Mimik und Gestik sowie die Wichtigkeit der Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Ausdrucksformen. Nach dem Absolvieren des Abiturs nahm er ein medizinisches Studium auf. Anschließend, nach Bestehen seines Staatsexamens, war er als Psychiater in Berlin tätig. Im Jahr 1926 arbeitete er als Assistent am Institut für hirnverletzte Soldaten. Dadurch wurde er „mit einem neuartigen Verständnis vom Organismus konfrontiert“[1]. Von dieser Arbeit beeindruckt, entschloss sich Perls noch eine psychoanalytische Ausbildung in Berlin zu machen. Im Jahr 1934 gründete er das Südafrikanische Institut für Psychoanalyse. Sein Buch, also die Gestalttherapie, auf was ich mich im weiteren Verlauf der Arbeit konzentrieren werde, erschien 1951. Von 1946 bis zu seinem Tod, welcher am 14. März 1970 war, praktizierte er in den USA.

3. Konzept der Gestalttherapie nach F. Perls

Im folgenden Teil der Ausarbeitung werde ich im Einzelnen darauf eingehen, welche theoretischen Elemente in der Gestalttherapie, wie beispielsweise die Theorie des Selbst, neurotische Mechanismen und Prinzipien, vorzufinden sind. Ebenso soll vorangestellt werden, welche Bedeutung der Organismus und die Gestaltbildung bei Perls haben. Des weiteren soll auf das Prinzip der Homöostase eingegangen werden.

3.1 Grundlagen der Gestalttherapie

Bei der Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Gestalttherapie nach Perls kann man vier fundamentale Elemente finden, welche sich auf den Begriff der ‚Gestalt’ und der ‚Kontaktgrenze’ beziehen. Des weiteren wird eine Beschäftigung mit der Homöostase stattfinden sowie wird die Bedeutung des Organismus näher betrachtet.

Perls charakterisiert die Gestalt als „[...] keine Technik, kein therapeutisches Schnellverfahren, sondern [als] ein ernster Weg, sich selbst zu finden und zu wachsen. Wachstum aber ist ein Prozeß, der Zeit braucht.“[2] Hier wird deutlich, dass der Begriff der ‚Gestalt’ dazu verwendet wird, dem Menschen zu veranschaulichen, dass er seine inneren Kräfte nur in sich selbst finden und demzufolge auch nutzen kann. Wichtig dabei ist aber auch, dass die Menschen lernen sich unangenehmen Situationen zu stellen und zu versuchen, sie zu überwinden. Wesentlicher Kern ist zudem, dass die Gestalt als ein geschlossenes System angesehen werden muss und vollständig werden will. Sobald aber eine einheitliche Gestaltbildung nicht erreicht wird, „[...] bleiben wir mit unabgeschlossenen Situationen zurück, und diese unabgeschlossenen Situationen drängen und drängen und drängen und wollen vollständig werden.“[3] Ebenfalls kennzeichnet die Gestalt ein Muster oder eine Figur. Innerhalb der Gestalt erfahren wir Menschen die „höchste Einheit der Erfahrung“.[4]

Indem der Mensch nach einem Gleichgewicht strebt, stellt er Kontakt her bzw. eine Berührung her mit sich selbst und der Umwelt und es gelingt ihm dabei, eine Gestalt zu formen. Dabei hat er zwei Möglichkeiten, entweder mittels seines Sinnesapparates oder seines Bewegungsapparates. Für Perls werden Erfahrungen innerhalb des Kontaktes gemacht, welche zudem eine „[...] Funktion der Grenze von Organismus und Umwelt“[5] ist. Der Rückzug aus der Umwelt bedeutet entweder, dass die Gestalt geschlossen wird oder dass der Mensch seine ganzen Kräfte sammelt, um zu einem Abschluss zu kommen. Bei der Befriedigung unserer Bedürfnisse befinden wir Menschen uns in einem ständigen Verhältnis von Kontakt und Rückzug. Erst innerhalb der Kontaktgrenze erfährt der Mensch nach Perls die Wirklichkeit.

Abschließend sind die Bedeutung des Organismus und das Prinzip der Homöostase zu nennen, welche ebenso eine wichtige Rolle in der Gestalttherapie spielen. Allgemein ist festzuhalten, dass jedes lebendige Wesen, was Organe und somit eine Organisation hat, in sich selbst regulierend funktioniert. Organismus und Umwelt stehen in einem wechselseitigen Verhältnis. Das bedeutet, dass der Mensch eine physikalische und soziale Umgebung benötigt, um wesentliche Austauschprozesse durchführen zu können. Eine Gemeinsamkeit zwischen der Gestalt und dem Organismus besteht darin, dass beide stets als ein einheitliches Gebilde angesehen werden sollen. Auch der Mensch besteht aus einzelnen Teilen, aber erst durch „[...] ein Zusammenspiel all dieser verschiedenen Teilchen“[6] entwickelt er sich zu einer Ganzheit. Wichtig für die Selbstregulierung des Organismus ist der Aspekt, für ein Gleichgewicht zu sorgen zwischen den beiden sich gegenseitig ‚bekämpfenden’ Seiten der Selbsterhaltung und des Wachstums. Die Selbsterhaltung bezieht sich dabei im wesentlichen auf Geborgenheit, Sicherheit und Ruhe und das Wachstum auf Veränderungen, Risiko und Bewegung.

Perls spricht weiterhin auch davon, dass das „ [...] organische Leben nach dem Prinzip der Homöostase funktioniert“[7] Homöostase bezeichnet den ständigen Wechsel von Gleichgeweicht und Ungleichgewicht, in dessen Durchführung der Mensch seine Bedürfnisse befriedigt. Bezieht man den Prozess der Homöostase auf den Begriff der Gestalt, so lässt sich folgendes sagen: Menschen haben Bedürfnisse und wollen diese befriedigen. Das Bedürfnis, welches am stärksten als Figur in den Vordergrund rückt, wird über den ganzen Organismus, über jedes Organ, Sinne und Gedanken gestellt. Sobald eine Befriedigung stattfindet, tritt das Bedürfnis wieder in den Hintergrund und ein neues kommt als Figur zum Vorschein.

3.2 Theorie des Selbst

Perls unterteilt das Selbst in drei Teilsysteme, also das Ich, Es und die Persönlichkeit, welche als Figuren in Erscheinung treten. Das Ich ist besonders durch „[...] die vielfältigen Identifizierungen und Entfremdungen“[8] zu charakterisieren. Dabei sind diese drei benannten nicht einzeln zu betrachten, sondern immer im Zusammenhag zueinander. Bedeutsam wird die Dreiteilung des Selbst dann, wenn es Kontakt aufnimmt mit dem Organismus/ Umwelt- Feld, auch genant als die „Kontaktgrenze“[9]. Zu begründen ist dies damit, dass auf allen Ebenen des Organismus/ Umwelt- Feld neue und unbekannte Situationen erfasst werden, um dann dem Organismus übermittelt zu werden. Zudem ist es die Kontaktgrenze die Stelle, an der ein Austausch mit der Umwelt, aber auch positive und negative Veränderungen erfolgen. Zu beachten ist diesem Punkt auch, dass abhängig von Situationen, die Kontaktgrenze sich entweder auf der Seite des Organismus oder auf Seiten der Umwelt bewegt. Wegen der Dreiteilung des Subjekts, welches als ein System der Reaktionen gilt, nennt Perls diesen Sachverhalt auch „Kontaktgrenze in Tätigkeit“,[10] wobei sich die Tätigkeiten darauf beziehen, dass ständig Figuren und Hintergründe erzeugt werden.

3.3 Phasen des Kontaktprozesses

In bezug auf den Kontaktprozess werden nach Perls vier Phasen unterschieden, also den Vorkontakt, die Kontaktanbahnung bzw. Kontaktnahme, der Kontaktvollzug und zuletzt der Nachkontakt. Im Bereich des Vorkontaktes wird die Kontaktgrenze gemäß der Homöostase durch innere und äußere Mangel- bzw. Überschusszustände erregt. Diese Mangel –bzw. Überschusszustände entsprechen auch den unerledigten Situationen. Die zweite Phase ist dadurch gezeichnet, indem das begehrte und interessante Objekt berührt und im Gegenzug das gefährliche oder unangenehme Objekt vermieden bzw. vernichtet wird. Innerhalb diesen Vorganges spielen Gefühle eine bedeutende Rolle, da sie Mittel des Erkennens sind. Des weiteren sind sie Träger von Informationen, die Aussagen treffen über den Zustand des Organismus/ Umwelt- Feldes. Innerhalb diesen Prozesses hat das Ich die Aufgabe, sich mit der zur Figur gewordenen Erregung zu identifizieren oder von diesem Bild Abstand zu nehmen. Dabei ist aber der Prozess des Entscheidens durch das Ich der wichtigste Aspekt. Das Selbst hingegen durchlebt den Konflikt und verändert das Gegebene. Schlussfolgernd ist zu sagen, dass der Organismus sich zwischen dem Wunsch nach Sicherheit einerseits und dem Bestreben nach Veränderung der Grenzen andererseits hin und her bewegt. Während der dritten Phase verschmelzen die Bedürfnisse und Interessen mit dem Selbst zu einer Einheit. Dabei stellt das Selbst für einen kurzen Augenblick eine Figur dar. Zudem kommt es zu einer Kongruenz zwischen Organismus und Umwelt. Dieser gesamte Verlauf ist repräsentativ für die Einheit von Wahrnehmungs-, Bewegungs- und Gefühlsfunktion. In der vierten Phase, im Nachkontakt, wird die Nachwirkung des Kontaktes als Wachstum bezeichnet. Die Auflösung des Selbst, die einher geht mit der Kontaktgrenze, wird nun wieder rückgängig gemacht, indem sie sich neu bildet und den Organismus umschließt.

[...]


[1] Helmut Quitmann (1996): Humanistische Psychologie: Psychologie, Philosophie, Organisationsentwicklung, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Göttingen: Hogrefe, S. 103.

[2] Fritz Perls (2002): Grundlagen der Gestalt- Therapie. Einführung und Sitzungsprotokolle. Aus dem Amerikanischen von Monika Ross, 11. durchgesehene Auflage, Leben lernen 20, Stuttgart: Pfeiffer bei Klett- Cotta, S. 6.

[3] Fritz Perls (2002): Grundlagen der Gestalt- Therapie. Einführung und Sitzungsprotokolle. Aus dem Amerikanischen von Monika Ross, 11. durchgesehene Auflage, Leben lernen 20, Stuttgart: Pfeiffer bei Klett- Cotta, S. 142.

[4] Frederick Perls/ Patricia Baumgardner (1990): Das Vermächtnis der Gestalttherapie. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Peter Kalkowski (Buch I) und Hanfried Blume (Buch II), (Konzepte der Humanwissenschaft), Stuttgart: Klett- Cotta, S. 17

[5] Frederick S. Perls/ Ralph F. Hefferline/ Paul Goodman (1991): Gestalttherapie Grundlagen, München: dialog und praxis/ Klett- Cotta, S. 11.

[6] Frederick S. Perls (1988): Gestalt- Therapie in Aktion. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Josef Wimmer, 5. Auflage, (Konzepte der Humanwissenschaft), Stuttgart: Klett- Cotta, S. 14.

[7] Helmut Quitmann (1996): Humanistische Psychologie: Psychologie, Philosophie, Organisationsentwicklung, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Göttingen: Hogrefe, S. 109.

[8] Frederick S. Perls/ Ralph F. Hefferline/ Paul Goodman (1991): Gestalttherapie Grundlagen, München: dialog und praxis/ Klett- Cotta, S. 18.

[9] Helmut Quitmann (1996): Humanistische Psychologie: Psychologie, Philosophie, Organisationsentwicklung, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Göttingen: Hogrefe, S. 111.

[10] ebd. S. 112.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Gestalttherapie als ein pädagogisches Konzept
Hochschule
Universität Erfurt  (Erziehungswissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Bildung und Lernen zwischen Subjektorientierung, Konstruktivismus und Objektivismus- weiterführende Perspektiven
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V59353
ISBN (eBook)
9783638533188
ISBN (Buch)
9783656794417
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gestalttherapie, Konzept, Bildung, Lernen, Subjektorientierung, Konstruktivismus, Objektivismus-, Perspektiven
Arbeit zitieren
Marion Ludwig (Autor:in), 2006, Die Gestalttherapie als ein pädagogisches Konzept, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59353

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