Tips für die Promotion Dr. phil. und verwandte Disziplinen


Skript, 2006

30 Seiten


Leseprobe


INHALT

1 Vorbemerkungen

2 Warum promovieren?

3 Betreuung und Begutachtung

4 Organisation des Arbeitsprozesses

5 Thema und Konzeption

6 Literatursuche und Bearbeitung

7 Schreiben

8 Mündliche Prüfung

9 Noch Fragen?

1. Vorbemerkungen

Dieser Leitfaden für die Promotion ist, wie der Titel schon sagt, keine übliche Anleitung zum Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten. Es handelt sich vielmehr um eine, auch aus eigenen Erfahrungen resultierende, Auseinandersetzung mit Problemen der Promotion. Dementsprechend beschränken sich die hier behandelten Themen nicht allein auf diverse Aspekte, die das Schreiben der Dissertation anbelangen, sondern umfassen das gesamte Verfahren. Insofern sind persönliche Erlebnisse Bestandteil dieses Leitfadens. Andererseits unterliegt jede Promotion gewissen Regeln und Bedingungen, die zuweilen über einen geradezu exemplarischen Charakter verfügen können. Z. B. im Hinblick auf das Abhängigkeitsverhältnis zum Doktorvater oder zur Doktormutter. Es gibt also von vornherein Strukturen, die jedes Promotionsverfahren reglementieren.

Eine Promotion unterscheidet sich vom Examen schon dadurch, daß es keine zeitliche Begrenzung gibt. Dies korrespondiert zwar mit dem wissenschaftlichen Anspruch, der an eine Dissertation gestellt wird. Dennoch steckt darin auch die eine oder andere Gefahr. Die „unbegrenzte“ Zeit, die zur Verfügung steht, verleitet manchmal dazu, auch thematisch in grenzenlosen Gefilden fischen zu wollen. Kann man also schon aufgrund der Formalien in bösen Fallen stolpern, weil man auf andere angewiesen ist, stellt man sich selbst gelegentlich auch ein Bein, wenn die eigenen Ansprüche ins Maßlose getrieben werden. Nun muß eine Doktorarbeit wissenschaftlich fundiert, auf dem neuesten Stand der Diskussion und vor allem innovativ sein. Man muß mit ihr aber nicht die Welt erklären. Wohl das einzige, was so erreicht wird, ist ein grandioses Scheitern an den eigenen Ansprüchen.

Hat man sich also entschlossen, die Promotion auf das Examen folgen zu lassen, ist es hilfreich, sich folgendes zu vergegenwärtigen: Durch das Studium und dessen erfolgreichen Abschluß verfügt man eigentlich über das Rüstzeug, um ein Promotionsverfahren hinter sich zu bringen. Dennoch handelt es sich um einen qualitativen Sprung, der Aspekte aufweist, denen man normalerweise zum ersten Mal begegnet. Die höhere Qualität betrifft den Inhalt der Arbeit, was man zum größten Teil selbst dirigieren kann. Hinzu kommen jedoch, wie bereits angedeutet, formale Aspekte, wo andere ins Spiel kommen. Dementsprechend betreffen die hier behandelten Fragen alles Mögliche von der Auswahl des Themas bis zu Erhalt von Tantiemen, ohne dabei einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu können.

2. Warum promovieren?

Eine Promotion ist ein langwieriger Prozeß, der viel Geduld erfordert, finanziert werden will und zeitaufwendig ist. Wenn man sich dennoch entschließt, diesen Schritt zu tun, braucht man genug Selbstvertrauen, um mögliche Probleme zu meistern. Um so mehr, als das ganze Verfahren in Abhängigkeit zur Doktormutter oder zum Doktorvater vollzogen wird. Die rosigen Aussichten sind also begrenzt oder verbinden sich mit Hoffnungen, die zumeist die Zeit nach der Promotion betreffen. Andererseits bietet insbesondere die Dissertation die Chance, die eigene Persönlichkeit zu bereichern, weil man seinen besonderen Interessen nachgehen kann, Wissen vertieft, auftretende Schwierigkeiten löst, kurz, sich weiterentwickelt. Es gibt damit durchaus Gründe, sich auf das Verfahren einzulassen.

Es ist hilfreich, die eigene Situation zu überdenken und bestimmte Aspekte zu klären:

1. Wodurch wird die Dissertation motiviert?
2. Wie viel Zeit steht dafür zur Verfügung?
3. Wie gestaltet sich die Finanzierung?

Man sollte sich bei diesen Überlegungen nicht drängen lassen. Denn es ist wichtig, zu einer realistischen Einschätzung zu gelangen. Viele Probleme, die sich im Lauf der Zeit ergeben, hängen nämlich nicht mit der Thema zusammen, sondern entwickeln sich aus dem Zwiespalt zwischen einer (oft) unbezahlten, zeitintensiven Arbeit an der Dissertation und der Notwendigkeit, sich finanzieren zu müssen.

Es ist also mehr als sinnvoll, sich die Gründe, die die Promotion motivieren, zu vergegenwärtigen. Entspricht man damit den Erwartungen anderer? Verbessern sich die Berufsaussichten? Oder ist es die Lust an der wissenschaftlichen Arbeit?

Eine ehrliche Beantwortung dieser Fragen ist wichtig, um sich auf die kommenden Jahre einzustellen. Und letztendlich ist es so, daß ein positives Verhältnis zum Promotionsvorhaben die Chancen auf einen erfolgreichen Abschluß erhöht. Denn gleichzeitig steigt die Bereitschaft, auftretende Motivationsprobleme anzugehen. Lustlosigkeit ist (fast) tödlich![1] Und selbst wenn die letale Wirkung ausbleibt, ist es dringend erforderlich, über Kompensationsmöglichkeiten zu verfügen.

Wenn die Motivation selbst nicht gegeben ist, ist das kein Grund sich entmutigen zu lassen. Vielleicht gehört es tatsächlich zu den eigenen Stärken, mangelnde Lust durch Selbstdisziplin oder die Aussicht auf bessere Berufschancen auszugleichen[2]. Es gibt keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Zumal es sich bei dem Verfahren, auf das man sich einläßt, um einen Prozeß handelt, der so oder so von Höhen und Tiefen begleitet wird. Es geht in erster Linie darum, letztere in den Griff zu bekommen. Vorteilhaft ist es allerdings, die Arbeit nicht im tiefsten aller Motivationstäler anzufangen.

Promovieren bedeutet, sich mit komplexen Prozessen auseinander zu setzen. Es ist nicht damit getan, eine Doktorarbeit zu schreiben. Denn die locker-flockige Formulierung beschreibt eine Arbeitsphase, die mitten in der Promotion anzusiedeln ist. Bevor man überhaupt dahin gelangt, den Erfolg bestimmter Entwicklungen schwarz auf weiß zu sehen, ist vieles zu entscheiden und auf andere Weise zu bearbeiten. Themensuche, Entwurf eines Konzepts, Literaturrecherche usw. Bevor Teile (!) einer Dissertation zu Papier gebracht werden können, sind erst einmal Vorarbeiten angesagt. All diese Schritte weisen einen enormen Vorteil auf, auch wenn sie zunächst mit großen Mühen behaftet scheinen. Man führt währenddessen zumeist selbst Regie. Vieles resultiert aus eigenen Entscheidungen und es obliegt - ein Faktor von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit - der eigenen Verantwortung. Die Vorbereitung und das Verfassen der Doktorarbeit sind sehr von den Promovierenden beeinflußbar. Dies ändert sich grundsätzlich, sobald der Prozeß des Schreibens beendet ist. Trotz aller berechtigten Freude über den Erfolg, es geschafft zu haben, kann danach durchaus die schwierigste Phase des Verfahrens drohen. Bedauerlicherweise muß nämlich damit gerechnet werden, daß in dieser Zeit das Abhängigkeitsverhältnis zu den betreuenden und begutachtenden Personen deutlich zum Ausdruck kommt. Promotionsordnung hin, Fristen her. Leider ist es nicht möglich, den Doktorvater zur Fakultätssitzung zu prügeln[3] ; oder für die Doktormutter auch gleich das Gutachten zu verfassen - was man vermutlich schneller und sorgfältiger erledigen würde, weil man die Arbeit nicht nur gelesen, sondern – unglaublich, aber wahr – geschrieben hat. Die Probleme, die das habilitierte Personal verursachen kann, sind groß, vielfältig und entnervend[4] ; und sie können die Freude über das Geleistete erheblich mindern. Denn die Möglichkeiten, sich zu wehren, sind gering.

Zwar muß die Zeit nach der Fertigstellung der Dissertation nicht notwendigerweise mit Problemen behaftet sein, die andere verursachen. Dennoch gilt es folgendes zu bedenken: Wenn man promoviert, befindet man sich gewöhnlich zum ersten Mal in diesem Prozeß. Neues und Unbekanntes steht vor der Tür. Man ist also auf Menschen angewiesen, die eine inhaltliche und formale Begleitung gewähren. Diesen Personen soweit vertrauen zu können, daß sie ihre Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes professionell erledigen, ist durchaus vorteilhaft, aber - ähnlich wie bei der Bekanntgabe der Lottozahlen - ohne jede Gewähr. Man kann Glück haben. Der eigene Tip kann sich jedoch auch als Fehler erweisen. Und damit sind wir schon beim heikelsten Punkt des ganzen Verfahrens.

3. Betreuung und Begutachtung

Zu jeder Promotion gehören mindestens zwei habilitierte Personen; einmal um zu betreuen, und schließlich um zwei Gutachten abzuliefern. Darauf sollte man sich - soweit möglich - beschränken. Denn je weniger Personen in das Verfahren involviert sind, desto weniger können diese später diverse Fristen überziehen. Habilitierten drohen keine Konsequenzen, wenn sie sich nicht an die Vorgaben der Promotionsordnung halten. Und bevor die Dissertation in der Behaglichkeit vieler, vieler Elfenbeinstübchen verstaubt, reduziert man die Chancen, daß derartiges passiert, besser zum eigenen Wohlbefinden.

Die Auswahl der betreuenden Person ist insofern ein Glücksspiel, als sich auch der beste Eindruck irgendwann als falsch erweisen kann. Deshalb sollte man bereits im Vorfeld daran denken, daß man sich nicht auf die Universität beschränken muß, an der das Examen gemacht wurde. Und auch Emeritierte dürfen Dissertationen betreuen. Falls die Möglichkeit besteht, etwas über die Leistungen der in Frage kommenden Personen zu erfahren, sollte man diese Chance nutzen. Das ist nicht nur eine Frage der Sympathie[5]. Es bedarf nicht nur einer Basis, die einen produktiven inhaltlichen Austausch gewährleistet. Auch die formale Seite bekommt im Verlauf des Verfahrens eine zunehmend wichtigere Bedeutung. Auf jeden Fall schont es die Nerven, wenn man einen großen Bogen um Habilitierte macht, die Begriffe wie „Fakultätssitzung” und „Verfahrenseröffnung” für Fachtermini irgendeiner exotischen Disziplin halten. Denn der eigene Einfluß minimiert sich enorm, sobald die inhaltlichen Aspekte des Promotionsverfahrens in gedruckter Form vorliegen.

[...]


[1]

[2]

[3] Zugegebenermaßen gefällt mir der Gedanke, das nächstgelegene Dominastudio zu überfallen, um entsprechend bewaffnet zur Tat zu schreiten.

[4] Es liegt mir fern zu behaupten, daß wissenschaftliche Personal sei insgesamt mit Unfähigkeit gesegnet. Ich persönlich habe sogar die - seltene (?) - Erfahrung gemacht, daß das glücklicherweise nicht immer so ist. Aber während der fünfzehnmonatigen Wartezeit, die zwischen der Fertigstellung meiner Dissertation, dem Verfassen ausschließlich positiver Gutachten und der mündlichen Prüfung vergangen ist, ist in mir doch der unwahrscheinliche Wunsch gewachsen, in ferner Zeit möge eine Untersuchung zum Thema „Realitätsferne und Infantilisierungstendenzen beim wissenschaftlichen Personal” geschrieben werden.

[5] Obwohl auch diese wichtig sein kann. Ich selber stand vor dem Problem, in unmittelbarer Umgebung nicht über die größte Auswahl zu verfügen. In meinem eigentlichen Hauptfach, der Politikwissenschaft, gab es damals einen weinerlichen Märtyrer der Marxschen Theorie, den ich unerträglich fand. Also wurde die Lösung angegangen, indem ich einfach in Soziologie promovierte. Und nachdem meine Zweitgutachterin wegen fortwährender Untätigkeit vom Fakultätsvorsitzenden aus dem Verfahren geschmissen werden mußte, fand ich Ersatz bei einem Erziehungswissenschaftler, der mir wiederum von meinem Mann empfohlen wurde.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Tips für die Promotion Dr. phil. und verwandte Disziplinen
Autor
Jahr
2006
Seiten
30
Katalognummer
V59319
ISBN (eBook)
9783638532976
ISBN (Buch)
9783638666602
Dateigröße
609 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tips, Promotion, Disziplinen
Arbeit zitieren
Dr. Antje Nicolaides (Autor:in), 2006, Tips für die Promotion Dr. phil. und verwandte Disziplinen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59319

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