Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham - Zum Verhältnis von geistlicher und weltlicher Macht


Essay, 2004

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham: Leben und historischer Kontext
2.1. Marsilius von Padua
2.2. Wilhelm von Ockham

3. Die Schriften: Wilhelm von Ockham und Marsilius von Padua haben beide das Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Macht diskutiert, aber vor allem Marsilius wirkte als Ratgeber von Ludwig dem Bayern – wie zeichnen sich ihre Lehren zu dieser Frage aus?
3.1. ‚Defensor Pacis‘ – Zum Verhältnis von geistlicher und weltlicher Macht
3.2. ‚Dialogus‘ – Zum Verhältnis von geistlicher und weltlicher Macht

4. Gibt es Unterschiede?

5. Schluß

Literatur

1. Einleitung

Seit 1326 wirkte Marsilius von Padua, seit 1328 Wilhelm von Ockham am Hof des deutschen Herrschers Ludwig des Bayern (1281-1347). Damit waren zwei der bedeutendsten Vertreter der politischen Philosophie des Mittelalters bis zu ihrem Tode (1341/1348) in engster persönlicher Berührung miteinander und mit der Reichspolitik.

Das politische Denken des 13. und 14. Jahrhunderts ist für die abendländische politische Philosophie von grundlegender Bedeutung. Die zentralen Probleme jener Zeit, wie das Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Macht, die Autonomie der Nationalstaaten, die Möglichkeit einer vernünftigen Struktur politischer Verfassungen, sowie Diskussion und Vergleich verschiedener politischer Modelle wurden in mehreren Traktaten und Kommentaren erörtert und zum Teil heftig debattiert. Seit 1260/65 wurde durch die Übersetzung der Aristotelischen Politik die politische Philosophie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin in den Lehrplan der Universitäten eingeführt. Die Aristotelische Politik hat das politische Denken im Abendland grundlegend verändert und nachhaltig beeinflusst.

In dieser Arbeit soll anhand zweier zentraler Texte der politischen Theorie des 14. Jahrhunderts das Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Macht diskutiert werden – die Texte, die im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, sind ‚Defensor Pacis‘ von Marsilius von Padua aus dem Jahre 1324 und ‚Dialogus‘ von Wilhelm von Ockham. Beide Schriften gelten als Hauptwerke der genannten Denker.

Die zentrale Fragestellung zu den Schriften lautet: Wilhelm von Ockham und Marsilius von Padua haben beide das Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Macht diskutiert, aber vor allem Marsilius wirkte als Ratgeber von Ludwig dem Bayern - wie zeichnen sich ihre Lehren zu dieser Frage aus? Gibt es Unterschiede?

Die beiden Traktate sind Teil einer Beschäftigung mit politischer Theorie, deren Thema zu diesem Zeitpunkt neu ist: sie haben die Frage zum Gegenstand, wie weitreichend die päpstliche Gewaltenfülle sein sollte.

Marsilius von Padua hat in den letzten Jahrzehnten ein große Beachtung gefunden – allerdings haben nicht alle Wissenschaftler in ihm einen modernen Kritiker des Papsttums gesehen. In einer Vielzahl der Schriften entzündet sich harsche Kritik an ihm – Marsilius kann also als eine Person bezeichnet werden, an der sich die Geister scheiden. Stellvertretend für die große Anzahl von Wissenschaftlern sollen hier Schneider-Windmüller und Scholz für die gegensätzlichen Positionen genannt werden. Jedoch haben in den letzten Jahrzehnten die Ar-

beiten von Quillet, Löffelberger und Miethke viel Licht ins undurchsichtige Bild des Marsilius von Padua in der wissenschaftlichen Literatur gebracht.

Auch das Bild Wilhem vom Ockhams war über die Jahrhunderte von Vorurteilen geprägt. Er galt als einer der Verantwortlichen für den Zerfall mittelalterlicher Philosophie und Theologie (Lagard nach Kaufmann). Die Einsicht, daß dieser Niedergang auch -vor allem für die Philosophie- Aufbruch bedeutete, führte in den letzten Jahrzehnten zu einer intensiveren und vorurteilsfreieren Beschäftigung mit Ockham. Als herausragendes Ereignis in der wissenschaftlichen Erforschung des Werkes Wilhelm von Ockhams kann die Veröffentlichung seiner theologischen und philosophischen Werke durch das Franciscan Insitute der St. Bonaventure University (New York) 1986 angesehen werden. Damit wurde das Gesamtwerk für die Wissenschaftler zugänglich und die Erforschung von Wilhelm von Ockhams Denken erhielt durch die Veröffentlichung einen neuen Anstoß – es ist nicht nur leichter geworden Wilhelm von Ockham zu lesen, auch die Einarbeitung seiner Schriften in die akademische Lehre ist somit verbessert worden. In diesem Zusammenhang sind eine Vielzahl von Schriften zu den Werken Wilhelm von Ockhams in den letzten Jahren erschienen, zu nennen sind hier Autoren wie Vossenkuhl, Schöneberger und Miethke.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß die momentane Aktualität Wilhelm von Ockhams und Marsilius von Paduas nicht nur in der Bedeutung ihrer Schriften zu suchen ist, sondern auch im historischen Interesse am Mittelalter.

2. Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham: Leben und historischer Kontext

2.1. Marsilius von Padua

Marsilius von Padua wurde vermutlich zwischen 1275 und 1280 in Padua geboren. So wenig gesichert diese Angabe ist, so wenig sind es auch die übrigen wenigen Kenntnisse über Marsilius von Padua. Wahrscheinlich besuchte Marsilius eine Universität in seiner Heimatstadt. Im Jahr 1312 lehrte er als Magister Artium in Paris an der Sorbonne. Dort war er von Dezember 1312 – März 1313 Rektor. Nach dem Scheitern einer politischen Mission[1] kehrte Marsilius zurück an die Sorbonne. Im Jahr 1324 beendete Marsilius seine Schrift ‚Defensor Pacis‘,

die er dem deutschen Kaiser Ludwig dem Bayern widmete. Es war sein Ziel mit dieser Schrift das Papsttum als Quelle allen Unfriedens bloßzustellen.

Das historische Umfeld, in dem der ‚Defensor Pacis‘ entstand, wird bereits mit der Widmung deutlich. Der Konflikt zwischen Ludwig dem Bayer und der Kurie, die sich seit 1309 in Avignon befand, bildete den letzten Höhepunkt in den ständigen Auseinandersetzungen zwischen deutschen Kaisern und den Päpsten, die mit dem Investiturstreit begannen.

Im lombardischen Reichsitalien standen sich die Interessen des deutschen Reiches und die päpstlichen Ambitionen besonders unversöhnlich gegenüber[2]. Da der deutsche König Ludwig zudem die Ghibellinen im Kampf gegen den Papst unterstützte, eröffnete der Johannes XXII. 1323 einen Prozeß gegen Ludwig. 1324 wurde Ludwig von Bayern exkommuniziert und seine Untertanen wurden mit Bann und Interdikt bedroht, sollten sie ihm weiterhin die Treue halten.

1326, nach Bekanntwerden der Autorenschaft des ‚Defensor Pacis‘, floh Marsilius mit Johannes Jandum, der lange Zeit als Mitverfasser des Werkes galt, nach Nürnberg an den Hof Ludwigs. 1327 kam Ludwig den Bitten seiner Berater, darunter auch Marsilius von Padua, nach, und beschloß selbst nach Rom zu reisen. In diesem Jahr wurde Marsilius mit dem Bann belegt. In Rom ließ Ludwig sich am 17. Januar 1328 vom römischen Senat und Volk in Abwesenheit des Papstes und gegen dessen Willen, zum Kaiser ernennen. Im April 1328 erklärte Ludwig von Bayern Papst Johannes XXII. als abgesetzt und ernannte den Gegenpapst Nikolaus V.. Nach dem Italienzug 1327/1328 wurde es ruhiger um Marsilius, er wird wahrscheinlich bis zu seinem Tode 1343 am Hofe Ludwigs tätig gewesen sein.

2.2. Wilhelm von Ockham

Vermutlich wurde Wilhelm um 1280 in Ockham einem Dorf südlich von London geboren. Nach dem Eintritt in den Franziskanerorden hatte Wilhelm in Oxford Philosophie und Theologie studiert. Wahrscheinlich wurde er 1321 nach London berufen, um Philosophie im Ordensstudium zu lehren. Hier -so wird vermutet- sind die meisten seiner Schriften entstanden. 1324 wurde er der Häresie beschuldigt und nach Avignon zitiert – alles vor dem oben genannten Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Papst.

Jedoch wurde Wilhelm aus ungeklärten Gründen und trotz eines umfangereichen Schlußgutachtens nie formell wegen Häresie verurteilt. Während des Prozesses stellte sich

Wilhelm von Ockham im Streit um die Armutsfrage auf die Seite seines Ordens und gegen den Papst – diese Stellungnahme Wilhelms führte zu einer Verschärfung der Situation. Schließlich floh er 1328 aus Avignon zu Ludwig dem Bayern, der ja seinerseits Auseinandersetzungen mit dem Papst führte. Wilhelm zeigte sich in seinen Werken überzeugt, daß der Papst in ‚ketzerischer Verkehrtheit verfallen war‘ – seine ganze Arbeit galt künftig dem Kampf gegen das Papsttum in Avignon. Von den politischen Schriften gilt ‚Dialogus‘ als grundlegend für die Bestimmung der Gegebenheiten geistlicher und weltlicher Gewalt. Weitere politische und kirchenpolitische Werke sind: ‚Breviloquium de principatu tyrannico‘ und ‚De imperatorum et pontificum potestate‘.

Am Hofe des Kaisers Ludwig des Bayern arbeitete Wilhelm bis zu seinem Lebensende. Vermutlich verstarb er zwischen 1346 und 1349 in München an der Pest.

[...]


[1] Im Auftrag der Ghibellinischen Liga, insbesondere der Papstgegner Matteo Visconti ( Signore von Mailand, den Marsilius im ‚Defensor Pacis’ zum Gegenspieler des Papstes Johannes XXII. in Italien hochstilisiert) und Can Grande Della Scalla (kaiserlicher Vikar in Verona seit 1311 und Generalkapitän des lombardischen Ghibellinenbundes) versuchte er 1318/ 1319 einen französischen Prinzen, den späteren Karl IV., als Anführer zu gewinnen (Runge).

[2] Papst Johannes XXII. vertrat die Ansicht, daß während der Vakanz des Kaiserthrones ihm die rechtmäßige Vertretung des Kaisers zustehe und dies erst mit der Wahl des deutschen Königs zum Kaiser durch den Papst ende.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham - Zum Verhältnis von geistlicher und weltlicher Macht
Hochschule
Universität Hamburg  (Historisches Seminar )
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V59315
ISBN (eBook)
9783638532945
ISBN (Buch)
9783656808367
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Text bearbeitet die Frage: "Wilhelm von Ockham und Marsilius von Padua haben beide das Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Macht diskutiert, aber vor allem Marsilius wirkte als Ratgeber von Ludwig dem Bayern- wie zeichnen sich ihre Lehren zu dieser Frage aus? Gibt es Unterschiede?"
Schlagworte
Marsilius, Padua, Wilhelm, Ockham, Verhältnis, Macht
Arbeit zitieren
M.A. Melanie Carina Schmoll (Autor:in), 2004, Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham - Zum Verhältnis von geistlicher und weltlicher Macht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59315

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