Routinen und Rituale im Schulunterricht


Hausarbeit, 2003

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1. Vorwort

2. Rolle eines Schulentwicklungsberaters
2.1. Schematische Entwürfe über Routinen bzw. Routinewissen
2.2. Folie zu Vor- und Nachteilen von Routinen
2.3. Die Institutionalisierung neuer Routinen
2.4. Routinewissen in problematischen Unterrichtssituationen

3. Beispiel einer problematischen Unterrichtssituation
3.1. Zur Problematik und den gebrochenen Routinen
3.2. Welche Handlungsalternativen gibt es neben der des Lehrers?
3.3. Meine bevorzugte Handlungsalternative
3.4. Theoretisierung der beschriebenen Situation an Hand einer Forschungsrichtung der Erziehungswissenschaft

4. Die Erziehungswissenschaft als reflexive Beobachtungswissenschaft

5. Fazit

6. Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einflüsse bei der Entstehung von Routinen

Abbildung 2: Routinen als wichtiger Teil des Wissensvorrat

Abbildung 3: Auftreten von Routinen

Abbildung 4: Funktionen institutionalisierten Verhaltens

1. Vorwort

In der vorliegenden Arbeit beschäftige ich mich mit Routinen und Ritualen in der Schule. Dabei stehen die Routinen als wesentlicher Bestandteil des Unterrichts im Mittelpunkt. Nach einigen theoretischen Betrachtungen und Analysen über Routine und Routinewissen, wird im zweiten Teil meiner Arbeit der Praxisbezug im Mittelpunkt stehen.

Zunächst sollen einige Entwürfe entwickelt werden, aus welchen deutlich wird, was unter Routine bzw. Routinewissen aus wissenssoziologischer und institutioneller Perspektive zu verstehen ist. Hierbei stellen sich mir so viele Informationen entgegen, dass ich es für nötig halte, einige Anmerkungen den Schemen folgen zu lassen. Auch soll eine Abwägung von Vor- und Nachteilen der Routinen nicht vergessen. Wenn man sich mit Routinen auseinander setzt, ist es natürlich wichtig, die Entstehung und Institutionalisierung solcher nicht zu vergessen. Des weiteren möchte ich im ersten Teil der Frage nachgehen, inwieweit das Routinewissen für den Lehrer wichtig ist und in welchem Umfang gerade in schwierigen Unterrichtssituationen Routinewissen eine Hilfe bietet.

In Bezug auf die Praxis soll eine Unterrichtssituation aus meinem Praktikum beschrieben werden, welche für einen problematischen Bruch des routinierten Unterrichtsablaufes steht. In der Folge möchte ich mich mit den verschiedenen Routinen dieser Stunde auseinandersetzen und verdeutlichen, an welche Stellen das routinierte Handeln gestört wurde. Dabei steht die Lehrer – Schüler - Interaktion wesentlich im Vordergrund. In einem weiterem Schritt möchte ich versuchen, andere Handlungsoptionen zu entwickeln, und schließlich meine bevorzugte Handlungsalternative näher beschreiben.

Schließlich möchte ich versuchen die beschriebene Unterrichtssituation in eine Theorierichtung der Erziehungswissenschaft einzuordnen, wobei ich mich auf den vorgeschlagenen „Labelingansatz“ beziehen möchte. In diesem Zusammenhang möchte ich mich mit meiner Behauptung auseinandersetzen, dass manche Unterrichtssituation nicht so problematisch wären, wenn Lehrer gewisse Vorurteile über ihre Schüler nicht hätten.

Der Erziehungswissenschaft als reflexive Beobachtungswissenschaft soll am Ende der Arbeit nochmals kurz Beachtung geschenkt werden. Der Frage, welche Perspektive stellt diese - entgegen Gebrauchs- und Rezeptwissen – zusätzlich für Pädagogische Handlungsfelder und Bildungsprozesse auf, soll nachgegangen werden.

2. Rolle eines Schulentwicklungsberaters

2.1. Schematische Entwürfe über Routinen bzw. Routinewissen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Einflüsse bei der Entstehung von Routinen

Die Entstehung des Wissensvorrates und somit auch der Routinen ist auf Situationen bezogen, welche eine Persönlichkeit erlebt. Dabei lassen sich Situationen immer in ihrer räumlichen, zeitlichen und sozialen Struktur unterscheiden. Diese einzelnen Erfahrungen charakterisieren die Situation. Auch die biographischen Erfahrungen und Prägungen (Kultur, Sitten ect.) sind entscheidend für die Entstehung von Routinen, wobei biographische Erfahrungen natürlich in Situationen weiter gegeben werden. Situationen werden immer unterschiedlich und subjektiv bewertet. Dies liegt u.a. daran, dass der Wissensvorrat und die Erfahrungen eines Menschen nicht gleich sind.

Erfahrungen sind Grundelemente des Wissensvorrates, welche in jeder Situation gegenwärtig sind. Die Folge ist, dass Erfahrungen durch Situationen begrenzt werden. Wie in Abbildung 1 dargestellt, ist der Körper und sein Funktionieren ein Grundelement (räumlich) einer jeglichen Situation.[1] Wie in Abbildung 1 dargestellt ist die Entstehung von Routinen auch von zeitlichen Erfahrungen abhängig. So steht in einer Situation nur eine bestimmte Zeit für die Handlung zur Verfügung. Letztendlich muss ich mein Routinehandeln also an die mir zur Verfügung stehende Zeit anpassen – Erinnerungen und Erwartungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Zudem kommt es durchaus vor, dass sich Weltzeit, biologische Zeit und soziale Zeit überschneiden.[2] Schließlich haben alle Erfahrungen auch noch eine soziale Dimension. Jeder ist in einer Gesellschaft verschieden sozialisiert und eingegliedert. Die Wir – Beziehungen spielen in Situationen, wo gehandelt wird und Routine stattfindet, eine wichtige Rolle. Natürlich kann die soziale Welt– wo gehandelt wird – auch Anonym sein.

Erfahrungen und deren eben dargestellte Einteilungen können durch neue Erfahrungen immer in Frage gestellt, verändert oder gar vernachlässigt werden. Dies wirkt sich dann auch auf das Routinewissen aus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Routinen als wichtiger Teil des Wissensvorrat

Zwischen den Grundelementen des Wissensvorrates und bestimmten Bereichen des Gewohnheitswissens lässt sich nur schwer eine Grenze ziehen. Deshalb finden sich Routinen in verschiedenen Bereichen des Wissensvorrates. Ein erstes sind die Fertigkeiten. Das Wissen, welches durch Erfahrung, um die Körperlichkeit und die damit verbundenen Funktionen des Körpers entsteht, geht in ein unbewusstes (d.h. gewohntes) Wissen über. Dieses Funktionieren des Körpers ist lebenswichtig! Denkt man nur an den Umgang mit Essbesteck bzw. das Halten von Stiften oder auch die Fähigkeit des Schwimmens.[3]

Ein zweites, was zum Gewohnheitswissen gezählt werden kann, ist das Gebrauchswissen. Dieses beruht zwar auch auf Fertigkeiten, gehört aber nicht mehr zum gewohnheitsmäßigen Funktionieren des Körpers. Der Mensch hat in seinem Alltag ständig Handlungsziele vor Augen. Hier wird es nun nötig, auch die entsprechenden Mittel für den Erfolg der Handlung zu kennen. Auch wenn das Lösen „problematischer“ Situationen zunächst schwierig ist, hilft die Routine, diese Probleme auf Dauer zu lösen. Die Motivation tritt, wenn Handeln zur Routine wird, in den Hintergrund und die Suche nach anderen Handlungsoptionen wird nicht aktiv betrieben. Beispiele können sein; Rauchen, Schreiben, Reiten, sprechen von Fremdsprachen oder Kerzen anzünden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Und schließlich ein drittes – wo sich Routine im Wissensvorrat zeigt – ist das Rezeptwissen. Dieses zählt zwar kaum noch zu den Grundelementen des Wissensvorrates, ist aber dennoch automatisiertes und standardisiertes Wissen, welches in Situationen vorhanden sein kann, ohne thematisiert zu werden. Beispiele können sein, dass Spurenlesen des Jägers oder das Senken der Stimme des Lehrers um Konzentration der Schüler zu erhöhen.[4]

Abbildung 3: Auftreten von Routinen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch aus institutioneller Sicht lassen sich Schemata für Routinewissen entwickeln. Mit der folgenden Grafik sollen die Funktionen des routinierten Handelns etwas näher verdeutlicht werden. Erläuterungen zu den Funktionen finden sich im weiterem Verlauf der Arbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Funktionen institutionalisierten Verhaltens

2.2. Folie zu Vor- und Nachteilen von Routinen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Vorteile des routinierten Handelns können leicht zu Nachteilen werden! Routinebildung kann zur Folge haben, dass man in vergleichbaren, aber nicht identischen Situationen gleich bewertet und gleich handelt. Dabei besteht die Gefahr, dass man die Sensibilität für die kleinen und feinen Unterschiede verliert.

2.3. Die Institutionalisierung neuer Routinen

Diese Entstehung neuer Routinen läuft in einem ständig fortlaufenden Prozess ab. Dabei werden bestehende Routinen teils verändert und neue institutionalisiert. Auch im schulischen Raum findet dieses Neuentstehen von Routinen ständig statt, z.B. durch Modernisierung und Technologisierung.

Entscheidend dabei ist, dass durch Einüben von Handlungen (bewusst oder unbewusst) neue Gewohnheiten entstehen. Eigenes Gewohnheitshandeln und die Voraussagbarkeit des Gewohnheitshandeln des anderen verbinden sich zu einer Routine des gemeinsamen Handelns. Mehr und mehr verlässt man sich dann darauf, dass in einer bestimmten Situation bestimmte wiederkehrende Verhaltensweisen eintreten, dies ergibt ein routiniertes gesellschaftliches Handeln. Dabei ist dieses gesellschaftliche Handeln an anderen orientiert, die aber nicht anwesend sein müssen. Routinen helfen dem Menschen bei seinen Handlungen - wie der Instinkt den Tieren.[5]

Auch im schulischen Sozialisationsraum wird die Institutionalisierung von Routinen ständig deutlich. So ist es erwiesen, dass Lehrer ihr Handeln oftmals an schon erlebte Unterrichtssituationen anpassen. Es zeigt sich, dass die Erinnerungen an die Art und Weise der vergangenen Handlungen in das Handeln, und somit in die Routinebildung eingehen. Erinnerungen bestimmen das Handeln in Bezug auf die selben Menschen und gleiche soziale Gruppen. Jede „soziale Beziehung“, so Max Weber, beruht auf dieser wechselseitigen, wiederkehrenden Handlungserwartung. In der Regel werden solche Handlungen zu Routinen, so Luckmann, welche auch Wertvorstellungen der Gesellschaft widerspiegeln.[6] Es zeigt sich, wenn wechselseitige Erwartungen erfolgreich und wiederholt erfüllt werden entstehen ebenfalls Routinen. Soziale Beziehungen - u.a. in der Schule - beruhen auf gewohnheitsmäßigen Handlungen. Das gewohnheitsmäßige Handeln steht somit entscheidend für die Herausbildung von neuen Routinen. Dies soll aber nicht heißen, dass soziale Beziehungen nur aus routinierten Handlungen bestehen! Nach Luckmann ist für eine Institutionalisierung von neuem Gewohnheitshandeln immer der Kern, das Innere, einer gesellschaftlichen Gruppe mit entscheidend. D.h. wenn das Handeln gegen grundsätzliche Normen und Werte verstößt, wird es um so schwerer in Routine übergeführt zu werden. Auch die historischen Verbindungen bzw. Erinnerungen, welche bei Handlungen einflussnehmend sind, spielen bei der Routinebildung eine entscheidende Rolle.[7]

Wie schon angedeutet zeigt sich; wenn bestimmte Handlungsweisen in der Bewältigung von Problemen erfolgreich waren, wird bei Wiederauftreten dieses Problems meist erneut so oder so ähnlich gehandelt. Man verlässt sich darauf, dass der Handlungspartner wie bisher in vergleichbaren Situationen agiert. Dies wird auch in der Schule an sehr vielen Stellen deutlich. Zum Beispiel beim Aufstehen am Stundenbeginn, bei der Ruhe während dem schreiben von Arbeiten, beim Schüler – Lehrer – Gespräch, ja oftmals leider bei der ganzen Unterrichtsplanung des Lehrers.

[...]


[1] Vgl. Schütz, Alfred / Luckmann, Thomas: Der Wissensvorrat: Seine Situationsbezogenheit, seine Genese und Struktur. in: dies.: Strukturen der Lebenswelt. Bd. 1, Frankfurt a. M. 1994, S. 134-136.

[2] Vgl. ebd., S. 137.

[3] Vgl. Schütz, A. / Luckmann, T.: Der Wissensvorrat, Frankfurt a. M. 1994, S. 139.

[4] Vgl. Schütz, A. / Luckmann, T.: Der Wissensvorrat, Frankfurt a. M. 1994, S. 141f.

[5] Vgl. Luckmann, Th.: Handeln und Gesellschaft: Institutionalisierung gesellschaftlichen Handelns (III); Historische Institutionen (IV). in: ders.: Theorie des sozialen Handelns. Berlin 1992, 135-137.

[6] Vgl. ebd. 136f.

[7] Vgl. ebd. 139.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Routinen und Rituale im Schulunterricht
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Erziehungswissenschaften)
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
26
Katalognummer
V59279
ISBN (eBook)
9783638532693
ISBN (Buch)
9783638666558
Dateigröße
1051 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Routinen, Rituale, Schulunterricht
Arbeit zitieren
Christian Tischner (Autor:in), 2003, Routinen und Rituale im Schulunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59279

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