Politik als Marke? Politische Markenkommunikation als Persuasionsmittel


Seminararbeit, 2004

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Produkt, Marke und Kommunikation

3. Politik als Marke?
3.1 Marken in der politischen Kommunikation
3.2 Risikoreduktion durch Markenpolitik

4. Glaubwürdigkeit und Persuasion
4.1 Die zwei Dimensionen von Glaubwürdigkeit
4.2 Einflüsse auf den persuasiven Effekt der Glaubwürdigkeit
4.3 Langfristige Effekte von Glaubwürdigkeit

5. Marken als politisches Persuasionsmittel

6. Fazit

7. Quellenverzeichnis
7.1 Bildnachweis
7.2 Literatur

8. Erklärung

1. Einleitung

What you can’t communicate, you can’t realise. Das gilt auch und gerade für die Politik. Politik ist auf Medienöffentlichkeit angewiesen. Politik, jedenfalls der Inhalt, kann zu einer Marke werden. Mit dem richtigen Thema, dem passenden Zeitpunkt und dem richtigen Stil. Das ist nicht einfach. Aber ein gutes Auto zu bauen, ein ordentliches Bier zur brauen oder leckere Bratwurst zu machen ist auch nicht einfach.

Rede von Brigitte Zypries auf der Tagung „Politik als Marke“ am 26. April 2004

Politik in der Mediengesellschaft sieht sich mit widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert. Auf der einen Seite fordern die Bürger von ihren Repräsentanten Kompetenz, Klarheit, Unterscheidbarkeit, Prägnanz und Authenzität. Andererseits erregen mediale Stilisierungen den Verdacht, nicht seriöse und umfassend informiert zu werden (vgl. Machnig: 145). Zudem muss die Politik in der Mediengesellschaft immer mehr um die Aufmerksamkeit der Bürger und Medienkonsumenten mit anderen Feldern des öffentlichen Interesses konkurrieren. Marketingaspekte in der politischen Kommunikation gewinnen – mit einer Vorreiterrolle der USA – in allen westlichen Demokratien mit unterschiedlicher Intensität zunehmend an Bedeutung. Ausdruck dieser Entwicklung sind vor allem die steigenden Wahlkampfbugets und die wachsende Zahl politischer Berater, so genannter Spinn Doctors (vgl. Schneider 2004: 1).

Gesellschaftliche Akteure und Aktionen jeglicher Art als „Marke“ im „öffentlichen Bewusstsein“ zu verankern, gehört heute zu den Basisstrategien von Öffentlichkeitsarbeit. Als Beispiele seien nur genannt: Sportvereine (Bayern München), Sportveranstaltungen (Olympia), Kulturevents (Love Parade), Universitäten (Harvard), Wohlfahrtsverbände (Rote Kreuz), Protestbewegungen (Attac), Glaubensbewegungen (Katholische Kirche) und Prominente (David Beckham) (vgl. Hellmann 2004a). Auch in der Politik positionieren sich Politiker und Parteien immer deutlicher als Marken (vgl. bspw. ebd.; Schneider 2004; Schäffer 2003). Es wurde sogar über die „Bundesregierung als Marke“ diskutiert – als Kanzlerkandidat der SPD hatte Gerhard Schröder schon im Wahlkampf 1998 von sich behauptet, eine „Marke“ zu sein (vgl. Fuhr 2000; Hellmann 2004a).

Der Trend, der sich hier abzeichnet, ist nicht neu. Der Soziologe Kai-Uwe Hellmann (2004a) stellt fest, ausgehend von der Entstehung von Konsumgütermarken im 19. Jahrhundert, habe sich die Markenidee im 20. Jahrhundert über den originär wirtschaftlichen Sektor hinaus ausgeweitet.

Gleichwohl bleibt die Frage, inwieweit diese Ausweitung der Markenzone bis in den Bereich der Politik hinein überhaupt Sinn macht. Was spricht für den Einsatz von Markenpolitik in der politischen Kommunikation? Und welche Risiken sind damit verbunden? Überdies kann gefragt werden, worauf diese Annäherung eigentlich zurückzuführen ist. In der vorliegenden Arbeit sollen hierzu Thesen entwickelt werden.

Dazu wird im zweiten Kapitel geklärt, was unter dem diffusen Begriff „Marke“ zu verstehen ist und welcher Stellenwert Marken in der Kommunikation zukommt. Das dritte Kapitel verbindet den Begriff der Markenkommunikation mit der politischen Kommunikation und verweist auf Anknüpfungspunkte, Gemeinsamkeiten und die Vorteile, die eine integrierte Markenkommunikation für politische Akteure haben kann. Das vierte Kapitel unternimmt einen Exkurs in die Persuasionsforschung, wobei vor allem auf den Aspekt der Glaubwürdigkeit – einem der zentralen Punkte in der Markenkommunikation – eingegangen werden soll. Das fünfte Kapitel widmet sich den Schlussfolgerungen aus den beiden vorhergehenden Kapiteln gezogen und vor allem den Problemen, die einer Übersetzung von Marken auf die Politik entgegenstehen können oder diese zumindest erschweren. Das sechste Kapitel fasst die Erkenntnisse der Arbeit zusammen und versucht, eine Antwort auf die weiter oben formulierten Fragen zu geben.

2. Produkt, Marke und Kommunikation

Jeder Marke liegt nach Hellmann (2004a) ein bestimmtes Produkt als Grundlage zugrunde. Dabei wird unter ‚Produkt’ eine „bestimmte Art von Problemlösung für ganz unterschiedliche Zwecke“ verstanden, je nach Interessenlage. Die typischen Funktionen von Marken sind eine erleichterte Identifikation von und mit der angebotenen Leistung, eine Orientierungshilfe in Form eines „information chunk“, Image- und Prestigeaspekte und vor allem eine Risikoreduktionsfunktion im Sinne eines Vertrauenssurrogats. Diese vielfältigen Markenfunktionen lassen sich nach Schneider (vgl. 2004: 7-8) zu drei Dimensionen zusammenfassen:

– Informationseffizienz
– ideeller Nutzen
– Risikoreduktion

Die Definition der Problemlösungskompetenz eines Produkts – respektive dessen Leistung – erfolgt dabei nicht unabhängig vom Hersteller. Vielmehr geht der Konsument immer schon von dessen Informationen, durch die er nicht nur von der Existenz des Produkts, sondern auch von seiner Funktion und Gebrauchsweise erfährt. Da der Verbraucher zudem in den seltensten Fällen die Möglichkeit hat, sich vor dem „Kauf“ über die Qualität des Produkts zu vergewissern, bleibt ihm in vielen Fällen schlichtweg keine andere Wahl als zu glauben, was ihm der Hersteller über die Qualität seines Produkts – also über die Zuverlässigkeit, mit der dieses Produkt ein bestimmtes Problem zu lösen verspricht – mitteilt. Damit aber hängt die Bereitschaft für den Produktkauf davon ab, dass man dem Hersteller – genauer: der Produktkommunikation – Glauben schenkt. Dies bedeutet wiederum, dass die Kaufbereitschaft des Verbrauchers maßgeblich von der Glaubwürdigkeit des Herstellers abhängt.

Hellmann (2004a) versteht unter Glaubwürdigkeit, dass man Dritten keinen Anlass für Misstrauen gegen sich selbst gibt. Alles, was man sagt und tut, aber auch was man verheimlicht und unterlässt, entspricht der Erwartung, welche man von sich selbst bei anderen zu erwecken sucht. Im Optimum kommt es dabei an keiner Stelle zu einem Bruch oder einem Widerspruch im öffentlichen Auftritt, sofern dieser nicht gut begründet und kommuniziert und dadurch „geheilt“ wird. Glaubwürdigkeit kann folglich als integrierte Kommunikation beschrieben werden, bei der sämtliche Kommunikationsmaßnahmen sachlich, sozial und zeitlich ineinander greifen: Nichts kann mehr geändert werden kann, ohne dass nicht sämtliche Facetten der Selbstdarstellung davon betroffen wären. Im Idealfall gelingt eine umfassende Kontrolle der eigenen Präsentation. Insofern lässt sich Glaubwürdigkeit mit Hellmann ( 2004a) als Resultat einer spezifischen Form von Kommunikationspolitik beschreiben, die das eigene Verhalten reflexiv steuert.

Um dem Verbraucher keinen Anlass zu geben ihm zu misstrauen, ist es für die Glaubwürdigkeit eines Herstellers daher von entscheidender Bedeutung, sich ihm möglichst integriert mitzuteilen. Wenn ihm dies für ein bestimmtes Produkt gelingt, hat eine „Marke“ etabliert. Demnach ist eine Marke das Produkt der Kommunikation über ein Produkt, bzw. ein „Metaprodukt“ (Hellmann 2004a). Dabei entscheidet allein der Konsument, ob er die Produktkommunikation des Herstellers als glaubwürdig bewertet. Um den Ruf der Marke aufrechtzuerhalten, sieht sich der Produzent verpflichtet, ihn bei allen Gelegenheiten zu bekräftigen, bei denen der Konsument mit der Marke in Kontakt kommen könnte: beim direkten Kontakt mit dem Produkt selbst (vor allem seiner Qualität, seinem tatsächlichen oder ideellen Gebrauchswert und seinem Preis) wie beim indirekten über die Werbung, die Verfügbarkeit im Handel, das produktbezogene Verhalten des Personals und den allgemeinen Ruf des Herstellers, um nur die wichtigsten zu nennen.

Die Entstehung einer Marke unterliegt somit weder der alleinigen Kontrolle des Herstellers noch des Konsumenten, sondern resultiert aus deren Wechselwirkung (vgl. Hellmann 2004a): Die Marke ist das Produkt der Kommunikation zwischen Hersteller und Verbraucher. Überdies betrifft die Marke nicht allein das Produkt und seine Qualität, sondern ebenso alle Eigenschaften, die der Verbraucher dem Produkt zurechnet. Sogar dann, wenn der Hersteller dies nicht beabsichtigt haben sollte oder dafür keine Verantwortung trägt (vor diesem Hintergrund bleibt auch eine 360°-Kontrolle der Produktkommunikation letztlich utopisch).

Bei Marken geht es also um Glaubwürdigkeit, genauer gesagt um glaubwürdige Kommunikation. Glaubwürdigkeit gilt dabei ein wertvolles, weil knappes Gut. Aus diesem Grund ist man längst nicht mehr nur in der Wirtschaft bemüht, mit Blick auf die Öffentlichkeit um Glaubwürdigkeit zu werben, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen – so auch in der Politik. Zugleich ist dies der Grund, warum Marken eine solche Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Verbreitung erfahren – sogar bis in die Politik hinein (vgl. Stauss 2004), denn „ Markenartikel, besonders erfolgreiche Markenartikel, sind nun der Inbegriff der Glaubwürdigkeit“ (Hellmann 2004b).

3. Politik als Marke?

3.1 Marken in der politischen Kommunikation

Wendet man sich der Frage zu, was für den Einsatz von „Politikmarken“ in der politischen Kommunikation spricht, so könnte man das Ganze kurzerhand als bloße Modeerscheinung abtun. Weil das Markenthema in der Wirtschaft boomt, will auch die Politik von diesem Trend profitieren.

Nach Hellmann (2004) mag diese Einschätzung im Einzelfall zutreffen, verkennt aber die strukturelle Bedeutung dieses Trends, da sich das politische System immer stärker den Medien ausgeliefert sieht (vgl. auch Schneider 2004). Alles kann scheinbar zum Thema der öffentlichen Meinung werden – und zugleich darf nichts zum Thema werden, was auch nur den Anschein von Unglaubwürdigkeit erweckt, weil sonst ein Skandalgewitter droht. Skandale – als extreme Ausgangspunkte für die Erosion politischen Vertrauens – stellen die Verletzung basaler Werte dar, indem sie jemand bricht, der sie selbst für sich beansprucht – im Kontext unseres Thema ist der Skandal eine Kommunikationskatastrophe, die eine erfolgreiche „Marke“ beschädigt oder sie gar zerstören kann (vgl. auch Stauss 2004: 25).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Politik als Marke? Politische Markenkommunikation als Persuasionsmittel
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Publizistik)
Veranstaltung
Seminar: Politische Persuasion
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
20
Katalognummer
V59212
ISBN (eBook)
9783638532105
ISBN (Buch)
9783656787662
Dateigröße
639 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Gesellschaftliche Akteure und Aktionen als 'Marke' im 'öffentlichen Bewusstsein' zu verankern, gehört heute zu den Basisstrategien von Öffentlichkeitsarbeit. Auch in der Politik positionieren sich Politiker und Parteien immer deutlicher als Marken. Gleichwohl bleibt die Frage, inwieweit diese Ausweitung der Markenzone bis in den Bereich der Politik hinein überhaupt Sinn macht. Was spricht für den Einsatz von Markenpolitik in der politischen Kommunikation?
Schlagworte
Politik, Marke, Politische, Markenkommunikation, Persuasionsmittel, Seminar, Politische, Persuasion
Arbeit zitieren
Paul Eschenhagen (Autor:in), 2004, Politik als Marke? Politische Markenkommunikation als Persuasionsmittel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59212

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