Gottfried Wilhelm Leibniz: "Von nüzlicher Einrichtung eines Archivi" - Eine exemplarische Untersuchung seiner Schriften


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entwicklung der deutschen Sprache im 17. und 18. Jahrhundert
2.1 Grundlage der Entwicklung
2.2 Medien- und Bildungsgeschichte
2.3 Mehrsprachigkeit, Sprachmischung und Lehnwortschatz
2.4 Sprachrichtigkeit

3. Exemplarische Untersuchung Leibniz Schriften am Beispiel seiner Abhandlung über das Archivwesen
3.1 Textorganisation
3.1.1 Textgliederung
3.1.2 Textbausteine und Stilmittel
3.1.2.1 Vergleiche
3.1.2.2 Signalwörter
3.1.2.3 Aufzählung
3.2 Textgestaltung
3.2.1 Verwendung von Schrifttypen
3.3 Wortschatz
3.3.1 Wortbildung
3.3.1.1 Komposita
3.3.2 Wortformen
3.3.2.1 Synkopische Wortformen
3.3.2.2 Zusätzliche Silben
3.3.2.3 Groß- und Kleinschreibung
3.3.3 Einfluss des Lateinischen
3.3.3.1 Flektionen
3.3.3.2 Partizipien
3.3.4 Bedeutungswandel
3.4 Fachwörter

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

6. Anhang

1. Einleitung

„Leibniz steht als Sprachkritiker in engem Zusammenhang mit der […] geschichtlichen und sprachgeschichtlichen Situation dieser Zeit[17. und 18 Jh.] …“,[1]

Auf die als gefährdet betrachtete Entwicklung der dt. Sprache reagierte er in zwei Schriften, die allerdings zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht blieben.[2]

Bevor nun mit einer sprachkritischen Untersuchung und Analyse Gottfried Wilhelm Leibniz Schriften – hier exemplarisch an der Abhandlung Von nüzlicher einrichtung eines Archivi – begonnen wird, leitet ein Abriss über die sprachgeschichtliche Situation Deutschlands im 17. und 18. Jh. und deren Entwicklung, da Leibniz sich mit dieser in eindrucksvoller Weiße auseinandergesetzt hat,[3] diese Arbeit ein.

Dieser Abriss besitzt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er soll lediglich ein grobes Bild der Umstände wiedergeben, um so einen Einblick in den Handlungszeitraum Leibniz zu gewähren und dessen Wirkung in dieser Epoche besser verstehen zu können.

Dieses Kapitel bezieht sich maßgeblich auf die Ausarbeitungen von Peter von Polenz, der sich im zweiten Band seiner Ausarbeitungen zur Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart ausgiebig mit dem 17. und 18 Jh. beschäftigt hat.[4]

2. Die Entwicklung der deutschen Sprache im 17. und 18. Jh.

2.1 Grundlagen der Entwicklung

Mehrere Ursachen führten dazu, dass die Entwicklung der deutschen Sprache im 17. Jahrhundert – geprägt von der absolutistischen Fürstenherrschaft – behindert bzw. verzögert wurde.

Durch den Zerfall des Alten Reichs, beginnend in der Mitte des 16. Jh.[5] bis zum Ende des 18. Jh., und die dadurch zahlreich entstandenen Landesfürstentümer, war die Vielstaaterei in Deutschland besiegelt.[6] Die einzelnen Territorien waren weitgehend sich selbst überlassen, das zur Vorbildsfunktion Frankreichs führte. Durch die Hinwendung der dt. Oberschicht zur franz. Sprachkultur und deren Festhalten am Latein als Wissenschafts- und Institutionssprache – Latein als Bildungsmonopol in Staat, Kirche und Wissenschaft[7] –, fehlte der deutschen Sprache für ihre Entwicklung, Vereinheitlichung und Kultivierung ein fester, nationaler Rahmen. Dieses Herrschaftsgefüge schränkte den wirtschaftlichen und politischen Aufstieg der bürgerlichen Schichten – konträr zu der Entwicklung z.B. in Frankreich oder England – stark ein.

Die deutsche Sprache wurde im Wesentlichen von der recht kleinen Schicht des Bildungsbürgertums gegen noch recht starke Widerstände kultiviert und standardisiert. So konnte erst nach dem Wirken der Aufklärung die dt. Sprache bzw. ihre Literatur[8] zur Anerkennung gelangen.

Die Überwindung der absolutistischen Zwangskultur entwickelte sich im 17. und 18. Jh. sehr allmählich, „…von der unscheinbaren Alltagsroutine der frühen Zeitungen über aufgeklärte und aufklärende Wissenschaften bis zu öffentlich wirksamen bildungsbürgerlichen Aktivitäten…“[9] am Ende des 18. und Anfang des 19. Jh.

2.2 Medien- und Bildungsgeschichte

a. Obwohl die Obrigkeit versuchte die mediengeschichtliche Neuerung einer allgemeinen öffentlichen Kommunikation zu unterdrücken, begann für die Zeitung um 1600 eine Blütezeit.[10] Ein wachsendes Allgemeininteresse der nichlateinkundigen Menschen, die Zeitungen kauften, lasen, vorlasen, weitergaben und über die Inhalte diskutierten, setzte ein. So entstand eine populäre Vorform der privaten bürgerlichen Öffentlichkeit der Aufklärungszeit. Im Unterschied zu z.B. Flugblättern waren die Zeitungen relativ aktuell, meist überregional organisiert und eine neue Art der Themenvielfalt war zu verzeichnen (auch ausländische Ereignisse).
Wenn auch viele Gegner vor der Gefährdung der öffentlichen Ordnung warnten, erkannten einige – hier wären u.a. Christian Weise und Kaspar Stiel zu nennen – die wichtige Funktion der Zeitungen für die universale, aufklärende Volksbildung.
b. An den dt. Universitäten herrschte bis um 1700 der dogmatische Stil späthumanistischer Gelehrsamkeit und Intoleranz. Es wurde ausschließlich in Latein doziert. Erst in der 1. Hälfte des 18. Jh. befreite man sich von landesherrschaftlicher und kirchlicher Bevormundung; rationales Argumentieren und empirisches Denken lösten das ledigliche Mitschreiben der Studierenden ab. Deutsch wurde als Vorlesungs- und Diskussionssprache zugelassen, dennoch existierte Latein als Sprache der Universitäten noch bis in die Neuzeit.[11]
Die Universität von Leipzig z.B. wurde in der Aufklärung führend durch Leibniz, aber auch Thomasius – der eine Vorlesung in dt. Sprache verfasste und auch abhielt[12] – sowie Gottsched.
Nach westeuropäischem Vorbild wurden wissenschaftliche Akademien gegründet. Die erste, der noch weitere folgten, war die 1700 von Leibniz vorbereitete Sozietät der Wissenschaft in Berlin.
c. Die Verbreitung der aufgeklärten Wissenschaften geschah in umfangreichen Nachschlagewerken und wissenschaftlichen Zeitschriften. Der folgende Schritt von wissenschaftlichen zu allgemeinbildenden Zeitschriften bedeutete eine qualitative Weiterentwicklung. Bereits um 1700 existierten 50 Zeitschriften dieser Art. Als Teil des Buchhandels wurden sie von der Zensur weitaus weniger kontrolliert als Zeitungen und konnten so zum Sprachrohr der Aufklärung werden.[13]
d. Das letzte Drittel des 18. Jh. war von einem Entwicklungsschub der Mediengeschichte, die man heute als Leserevolution bezeichnet, gekennzeichnet. Der Buchdruck hatte gerade im Bereich der Belletristik („Romanleserey“) eine ansteigende Tendenz.[14] Lesegesellschaften wurden gegründet, in denen gelesen bzw. vorgelesen wurde und die, ähnlich wie die Zeitungen, zur Diskussion anregten. Gegenseitige Aufklärung war das erklärte Ziel solcher Gesellschaften.

2.3 Mehrsprachigkeit, Sprachmischung und Lehnwortschatz

Ein wesentliches Kennzeichen der dt. Sprachentwicklung in der Zeit des Absolutismus war das beträchtliche Ausmaß des Fremdsprachengebrauchs, vor allem des Französischen, aber auch Italienisch und Spanisch. Diese Offenheit gegenüber anderen Sprachen hat die dt. Sprachkultur einerseits durch die Einbeziehung Deutschlands in den modernen westeuropäischen Kulturzusammenhang sehr gefördert, anderseits aber auch behindert, da ein großer Teil der Bevölkerung es lange mit einer für sie unverständlichen `Kultur- und Oberschichtsprache´ zu tun hatte.

Offizielle Reichsprache war seit dem Mittelalter neben dem Deutschen das Latein, bei dem man gerade in dem Rechtswesen[15] und der Wissenschaft[16] noch bis in 18. Jh. überwiegend verblieb.[17]

Vom späten 16. bis etwa zur Mitte des 17. Jh. ist in Deutschland eine Tendenz zur `Vielsprachigkeit´ zu verzeichnen. Neben Latein wurde die dt. Sprache vom italienischen, spanischen und französischen beeinflusst. Gefördert wurde diese Entwicklung durch Auslandsaufenthalte, aber vor allem durch die literarischen Übersetzungen ins Deutsche, bei denen teilweise fremdsprachige Wörter beibehalten wurden. Diese Sprachmischung ist auch deutlich in Texten dieser Zeit wieder zu finden. Fremdsprachig empfundene Elemente wurden in Antiquaschrift in den sonst meist kursiv oder in Faktur geschriebenen Texten dargestellt.[18]

Im späten 17. und 18. Jh. ist Deutschland von einer Dreisprachigkeit[19] gekennzeichnet, die aber gerade im 18. Jh. durch die Übernahme des höfischen und intellektuellen Französisch in der Oberschicht in eine deutsch/französische Zweisprachigkeit überging. Hingegen hielten die Reichsinstitutionen an der deutsch/lateinischen Zweisprachigkeit fest und überwachten deren Einhaltung.[20]

[...]


[1] Pörksen, Uwe: Wissenschaftssprache und Sprachkritik. Untersuchungen zu Geschichte und Gegenwart, In: Kalverkämper, Hartwig (Hrsg.): Forum für Fachsprachen-Forschung, Bd. 22, Tübingen 1994, S. 194;

[2] „Ermahnung an die Teutschen, ihren verstand und sprache beßer zu üben, sammt beigefügtem vorschlag einer Teutsch gesinten Geselschaft“ (1682/83) u. „Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache“ (1697), Ebenda, S. 194;

[3] Blackall, Eric A.: Die Entwicklung des Deutschen zur Literatursprache, 1700-1775, Stuttgart 1966, S. 2;

[4] Polenz, Peter von: Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, Bd. 2, Berlin/New York 1994, S. 2;

[5] gleichzeitig auch der Beginn des Absolutismus in Deutschland;

[6] Pörksen, S. 193;

[7] Polenz, S. 1;

[8] Polenz verweist hier auf die klassische Literatur und führt Klopstock, Wieland, Lessing, Goethe und Schiller an. Vgl. ebenda, S. 2;

[9] Ebenda, S. 15;

[10] Die erste dt. Tageszeitung erschien in Leipzig ab 1660, bildete jedoch mit ihrem tägl. Erscheinen eine Ausnahme; bis zum Ende des 18. Jh. waren 2-3 Ausgaben pro Woche die Regel. Sie traten an die Stelle der unregelmäßig erscheinenden Newen Zeitungen des 16. Jh. Vgl. Polenz, S. 16;

[11] Pörksen, S. 192;

[12] Blackall, S. 8 f;

[13] Polenz, S. 32;

[14] Siehe Anhang, Tabelle 1;

[15] Der Übergang zum Deutschen in der Rechtssprache ist mit der Kodifikationsbewegung im 18. Jh. zu verbinden.

[16] Der Übergang vom Gelehrtenlatein zum Deutsch als Wissenschaftssprache ist mit den Namen Leibniz und Thomasius eingeleitet worden.

[17] Polenz, S. 52 ff;

[18] Polenz, S. 61;

[19] Deutsch/Latein/Französisch

[20] Polenz, S. 63 f;

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Gottfried Wilhelm Leibniz: "Von nüzlicher Einrichtung eines Archivi" - Eine exemplarische Untersuchung seiner Schriften
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Fachbereich: Germanistik und Kunstwissenschaften)
Veranstaltung
HS: Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716): Sprachtheorie und Sprachgebrauch
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V59002
ISBN (eBook)
9783638530453
ISBN (Buch)
9783640866403
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gottfried, Wilhelm, Leibniz, Einrichtung, Archivi, Eine, Untersuchung, Schriften, Gottfried, Wilhelm, Leibniz, Sprachtheorie, Sprachgebrauch
Arbeit zitieren
Sebastian Gottschalch (Autor:in), 2005, Gottfried Wilhelm Leibniz: "Von nüzlicher Einrichtung eines Archivi" - Eine exemplarische Untersuchung seiner Schriften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59002

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