Auswirkung der Leasingbilanzierung auf ausgewählte Dax30-Unternehmen


Seminararbeit, 2020

34 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

I. Inhaltsverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

III. Abbildungsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Theoretischer Hauptteil - Leasingverhältnisse nach IFRS
2.1 Grundlagen
2.1.1 Definition von Leasing
2.1.2 Anwendungsbereich und Ansatzwahlrecht
2.2 Identifizierung eines Leasingverhältnisses
2.3 Leasingverbindlichkeit
2.3.1 Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit
2.3.1.1 Fallbeispiel Barwertmodell - Ermittlung der Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit zum 01.01.2019
2.3.2 Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit
2.3.2.1 Fallbeispiel Barwertmodell - Ermittlung der Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit zum 31.12.2019
2.4 Nutzungsrecht
2.4.1 Erstbewertung des Nutzungsrechts (Right of Use-Asset)
2.4.1.1 Fallbeispiel Barwertmodell - Ermittlung der Erstbewertung des Nutzungsrechts zum 01.01.2019
2.4.2 Planmäßige Folgebewertung des RoU-Asset
2.4.2.1 Fallbeispiel Barwertmodell - Ermittlung der Folgebewertung des Nutzungsrechts zum 31.12.2019
2.4.3 Außerplanmäßige Folgebewertung des RoU-Asset
2.5 Auswirkungen auf Unternehmen
2.5.1 Auswirkung Finanzkennzahlen
2.5.2 Unternehmensinterne Auswirkungen
2.6 Bilanzierung durch Leasinggeber
2.7 Kritische Würdigung

3. Auswirkung der Anwendung von IFRS 16 am Beispiel der Deutschen Telekom AG
3.1 Untersuchungsdesign
3.2 Untersuchungsergebnisse
3.2.1 Bilanz
3.2.2 GuV
3.2.3 Kapitalflussrechnung
3.3 Kritische Würdigung der Untersuchung

4. Schluss
4.1 Gesamtkritische Würdigung
4.2 Fazit und Ausblick

IV. Literaturverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

AG Aktiengesellschaft

DAX Deutscher Aktien Index

DT Deutsche Telekom

EBIT earnings before interest and taxes

EBITDA earnings before interest, taxes, de- preciation and amortization

GuV Gewinn- und Verlustrechnung

IFRS International Financial Reporting Standards

IAS International Accounting Standards

IASB International Accounting Standards Board

RoU Right of Use

III. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 RoU-Asset Berechnung nach IFRS16.24 a-d

Abbildung 2 Gegenüberstellung der Bilanzierung nach IAS 17 und IFRS 16

Abbildung 3 Gegenüberstellung der GuV nach IAS 17 und IFRS 16

Abbildung 4 Gegenüberstellung der Kapitalflussrechnung nach IAS 17 und IFRS 16

Abbildung 5 Bilanzsummenänderung der DT AG

Abbildung 6 Abschreibungen auf Nutzungsrecht der DT AG

Abbildung 7 Abzinsung der Leasing-Verbindlichkeit der DT AG

Abbildung 8 Verlagerung der Cashflows der DT AG

1. Einführung

1.1 Ausgangssituation und Problemstellung

„One of my great ambitions before I die is to fly in an aircraft that is on an airline´s balance sheet” 1

Dieser Lebenswunsch des ehemaligen Vorsitzenden des International Ac- counting Standards Boards und die damit verbundene Reformierung der Ab- bildung von Leasingverhältnissen in Jahresabschlüssen, prägte in den letzten Jahren immer wieder die öffentlichen Diskussionen in der Fachwelt für inter- nationale Rechnungslegung.2 Dabei kritisiert er nicht nur die Option, Leasing- verhältnisse so klassifizieren zu können, dass sie außerhalb der Bilanz aufge- führt werden, sondern auch die Bilanzpolitik einiger Airlines.

Aufgrund der damals bereits vermuteten signifikanten Auswirkungen des neuen Leasingstandards IFRS16 und den damit einhergehenden wirtschaftli- chen Konsequenzen für kapitalmarktorientierte Unternehmen, zeigten sich schon damals kritische Stimmen. Einer der größten Kritikpunkte stellte unter anderem die oftmals schwer abzugrenzende Unterscheidung von Leasing- und Dienstleistungsverträgen dar.3 Da Dienstleistungsverträge wie bisherige operating Leasing als schwebende Geschäfte lediglich außerbilanziell erfasst wurden, kommt dieser Abgrenzungsproblematik eine wichtige Bedeutung zu.4

Doch nicht jede Veränderung führt zwangsläufig auch zu einer wesentlichen Verbesserung, weshalb die vorliegende Arbeit eine kritische Analyse der Lea- singreform hinsichtlich der damit verbundenen angestrebten Zielsetzung des Standardsetters gibt. Im Hauptteil wird sowohl auf einer theoretischen Ebene als auch anhand einer praxisbezogenen Analyse der Deutschen Telekom AG aufgezeigt, welche Auswirkungen die Leasingreform mit sich bringt.

Bislang wurden unter der Anwendung der Bilanzierungsregelungen des IAS 17 „Leasingverhältnisse“ als operating Leasingverhältnisse ausgewiesen, so- dass eine Erfassung lediglich außerhalb der Bilanz erfolgte,5 was unter ande- rem die Vermögenslage des Unternehmens verzerrt, sowie die Aussagekraft der Finanzkennzahlen in Frage stellt. Vor allem der mangelnde Ausweis von geleasten Vermögensgegenständen auf der Aktivseite und die dazugehörigen Verbindlichkeiten auf der Passivseite in der Bilanz haben es Investoren, Ana- lysten und anderen Stakeholder erschwert einen Vergleich der Geschäftsbe- richte zwischen Unternehmen zu ziehen, sodass das von den IFRS verfolgte Ziel der Übermittlung entscheidungsnützlicher Informationen nicht erreicht wurde.6

Durch die Einführung des neuen IFRS 16, der ab dem 01. Januar 2019 den bisher gültigen IAS 17 ablöst,7 wird dieser Problematik deutlich entgegenge- wirkt. Jedoch weist auch dieser Standard einige Schwach- beziehungsweise Problemstellen in der Umsetzung auf, die im Rahmen der kritischen Analyse in dieser Seminararbeit ebenfalls aufgezeigt und erläutert werden. So sehen sich betroffene Unternehmen beispielsweise mit der Auswirkung der bilanziel- len Erfassung nahezu aller Leasingverträge konfrontiert, da hierbei entschei- dungsrelevante Finanzkennzahlen maßgeblich beeinflusst werden können. Diese wiederum haben Auswirkungen auf die Finanzierung der Unterneh- men.8 Daneben hat sich das verfolgte Prinzip „one size fits all“ als zentraler Schwachpunkt herauskristallisiert. Der Versuch alle Nutzungsüberlassungen gleich zu behandeln, führt angesichts der großen Bandbreite im wirtschaftli- chen Gehalt der erfassten Transaktionen zu einem unangemessenen Ge- samtbild.9

1.2 Ziel der Arbeit

Das Primärziel dieser Arbeit ist es, die Auswirkungen, die mit der Umstellung auf IFRS 16 einhergehen Änderungen aufzuzeigen, analysieren und einer kri- tischen Würdigung zu unterziehen. Es soll erörtert werden, ob die Einführung des IFRS 16 die Schwächen des IAS 17 beseitigen kann. Dabei gilt es insbe- sondere herauszufinden, inwieweit eine möglichst vollständige bilanzielle Dar- stellung der Leasingverhältnisse stattfindet und wie Ausnahmeregelungen dem Entgegenstehen. Es soll ermittelt werden wie sich Positionen des Jahres- abschlusses aufgrund der Umstellung verändern. Hierbei gilt es herauszufin- den und zu diskutieren was die Gründe für die Änderungen sind, wie diese zu beurteilen sind und welche Folgen für Unternehmen dadurch entstehen. Die theoretischen Erkenntnisse werden mit den Ergebnissen der Studie verglichen und auf Übereinstimmung überprüft, sowie mögliche Gründe für Abweichun- gen gegeben.

1.3 Aufbau der Arbeit

Diese Seminararbeit konzentriert sich auf Auswirkungen, welche sich für Un- ternehmen im Zuge der Umstellung auf IFRS 16 ergeben. Ziel ist es dabei die Reglungen aus Sicht der Investoren zu würdigen.

Zu Beginn der Arbeit wird der Begriff des Leasings definiert, sowie dessen Anwendungsbereich nach IFRS 16. Neben der umfänglichen Identifikation des Leasingverhältnisses wird in den weiteren Kapiteln anhand eines Fallbeispiels die Erst- und Folgebewertung des Nutzungsrechts dargestellt. Schwerpunkt- mäßig zielt der theoretische Hauptteil auf die Auswirkungen beim Leasingneh- mer ab, da hier von deutlicheren Änderungen ausgegangen werden muss.

Neben dem theoretischen Hauptteil umfasst diese Arbeit eine Untersuchung und Analyse des zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuellen Zwischenbe- richts der Deutschen Telekom AG. Die Ergebnisse der Revision werden an- schließend analysiert und einer kritischen Würdigung unterzogen, um die zu- vor theoretisch gegebenen Kenntnisse zu belegen. Im letzten Kapitel wird in einer thesenförmigen Zusammenfassung ein abschließendes Fazit gezogen und ein Ausblick auf aktuelle Aspekte gewährt.

2. Theoretischer Hauptteil - Leasingverhältnisse nach

2.1 Grundlagen

2.1.1 Definition von Leasing

Um die Auswirkungen der Leasingbilanzierung richtig einordnen zu können und ein gemeinsames Verständnis zu erhalten, wird im Folgenden der Begriff des Leasings im Hinblick auf die Verwendung in dieser Arbeit definiert.

Leasing wird allgemein als eine Form der Vermietung bezeichnet,10 bei der ein Wirtschaftsgut über eine zeitlich begrenzte Nutzungsdauer durch den Leasing- geber an den Leasingnehmer gegen ein vertraglich geregeltes Entgelt über- lassen wird.11 Inhaltlich ist diese Definition konform mit der des IASB im Rah- men des IFRS 16 Appendix A.12 Inhaltliche Abgrenzungen von Leasingformen fallen in der Literatur häufig nicht einheitlich aus, wodurch Leasing oftmals als eine Sonderform der Finanzierung dargestellt wird.

Auch im Gesetz wird der Begriff Dauerschuldverhältnis nicht genau definiert.

„Zurückzugreifen ist daher auf die von der Lehre entwickelten Umschreibun- gen, die im Wesentlichen darin übereinstimmen, dass es sich dabei um Schuldverhältnisse handelt, bei denen dem Zeitmoment eine besondere Be- deutung zukommt, indem nämlich der Umfang der beiderseits geschuldeten Leistungen von der Dauer der Zeit abhängen, während derer sie fortlaufend zu erbringen sind.“13 „Als Dauerschuldverhältnisse sind insbesondere aner- kannt Miet- und Pachtverträge (für Mietverträge siehe Art. 229 § 3),[…] aber auch in der Praxis entwickelte Mischformen wie Leasing […].“14 „Ob solche Verträge als Sukzessivlieferungsverträge von Dauerschuldverhältnissen zu unterscheiden sind und dann auch von der Norm erfasst werden, ist umstrit- ten“15 „Die Terminologie von BGB § 314 Rn. 8 mwN. ist Richtigerweise zu bejahen, da es dem Parteiwillen entspricht, auch solche Verträge einheitlich umzustellen.“16 Gleichermaßen gilt dies für Fälle, bei denen Einzelverträge in einem Rahmenvertrag eingebettet sind, zumindest dann, wenn der Rahmen- vertrag hinausgreifende Regelungen über die späteren Einzelverträge ent- hält.17

Die in dieser Seminararbeit verwendeten Arten des Leasings unterteilen sich in Finanzierungs- und operating Leasing. Grundsätzlich unterscheiden sich diese beide Arten nach IFRS 16 in der Vertragsgestaltung. Während kurze oder unbestimmte Laufzeiten, sowie flexible Kündigungsbedienungen beim operating Leasing einen Mietcharakter aufweisen, gehen beim Finanzierungs- Leasing eine starke Bindung der Vertragspartner an starren Vertragskonditio- nen in Form einer unkündbaren Nutzungsdauer und entsprechender Raten- zahlung einher.18 Ebenfalls maßgeblich für die Einteilung ist die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums des Leasinggegenstands, welcher durch die damit verbundenen Chancen und Risiken definiert ist. Während beim opera- ting Leasing der Leasinggeber das Risiko trägt und damit als Eigentümer des Leasinggegenstands gilt, verhält es sich beim Finanzierungs-Leasing gegen- sätzlich. Daher ist aus Sicht des Leasingnehmers eine Abbildung als operating Leasingverhältnis vorteilhaft, wenngleich die Abbildung aller Leasingverhält- nisse nach dem RoU-Ansatz erfolgt. Die Behandlung als schwebende Ge- schäfte bezieht sich nur noch auf die im folgenden Kapitel aufgeführten An- wendungserleichterungen.19

2.1.2 Anwendungsbereich und Ansatzwahlrecht

Generell gilt die Abbildung sämtlicher Leasingverhältnisse, für die kein Wahl- recht im Sinne des Standards besteht. 20 Weitestgehend wurden diese Ausnahmen bereits in IAS 17 definiert. Mit der Einführung des IFRS 16 und dem Primärziel der Abbildung aller Leasinggeschäfte in den Bilanzen der Un- ternehmen, hätte man die Abschaffung der Ausnahmen regeln müssen sowie eine weitere Eingrenzung des Ermessenspielraum herbeiführen können.

Der neue Leasingstandard bringt im Zuge der Anpassung an die praktischen Bedürfnisse der betroffenen Unternehmen ebenfalls Erleichterungen mit sich.21 Ein Wahlrecht zur Abbildung vom allgemeinen Leasingmodell besteht für kurzfristige und geringwertige Vermögenswerte. Bei Zutreffen einer diesen beiden Kriterien, hat der Leasingnehmer die Wahl, ob er den Vermögenswert als Leasingverhältnis in die Bilanz aufnimmt oder ihn weiterhin als operating Leasing („off-balance“) behandelt.

Als kurzfristige Leasingverhältnisse (short-term-leases), gelten Verträge, welche eine Laufzeit von maximal zwölf Monaten ab Bereitstellungsdatum und keiner anschließenden Kaufoption des identifizierten Vermögenswerts aufwei- sen.22 Zu beachten ist, dass die Maximallaufzeit auch mögliche Verlänge- rungsoptionen einschließt, sofern von deren Ausübung ausgegangen werden kann.23

Ebenfalls hat der Leasingnehmer ein Wahlrecht bei Leasingverhältnissen von Objekten mit geringem Wert.24 In der Geschichte der Rechnungslegung nach IFRS kommt einem Standard beziehungsweise. dessen Interpretationshilfen, erstmals eine quantitative Grenze verbunden mit einer nationalen Währung zu.25 Soweit der Vermögenswert die Grenze von 5.000$ Neupreis26 nicht über- steigt, ist es seitens des Leasingnehmers nicht notwendig das Leasingverhält- nis in seiner Bilanz auszuweisen. Sofern der Leasingnehmer beschließt von einem dieser Ansatzwahlrechte Gebrauch zu machen, sind die damit verbun- denen Leasingzahlungen linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses als Aufwand in der GuV zu erfassen. Für die Inanspruchnahme der Wahlrechte, hat der Leasingnehmer gesondert im Anhang zu berichten.

IAS 38 - Lizenzrechte über immaterielle Vermögenswerte. Dies betrifft Filme, Theaterstü- cke, Patente und sonstige Urheberrechte.

2.2 Identifizierung eines Leasingverhältnisses

Bei der Frage, ob ein Leasingverhältnis vorliegt, müssen nach IFRS 16 Dau- erschuldverhältnisse genauer untersucht werden, da auch als Servicevertrag gekennzeichnete Schuldverhältnisse zu einem Leasingverhältnis führen kön- nen.27 Grundsätzlich müssen alle Dauerschuldverhältnisse überprüft werden, ob ein Vertrag nach IFRS 16.9 vorliegt, bei dem sich vertragliche Pflichten, Rechte und Zahlungsbedienungen ergeben.

Im ersten Schritt ist zu klären, ob dem Dauerschuldverhältnis ein identifizier- barer Vermögenswert zugrunde liegt. Nach IFRS 16.B13 ist dies der Fall, wenn er explizit im Vertrag spezifiziert wird. Die Identifikation kann sich auch implizit ergeben, indem der Leasinggeber den Vermögenswert dem Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Nutzung überlässt. So können beispiels- weise die zu mietenden Räume eines Gebäudes auf einem Gebäudeplan klar gekennzeichnet sein oder die Seriennummer einer zu mietenden Maschine im Vertrag Erwähnung finden.28 Hinblickend auf die Identifizierbarkeit muss auch mit Abgrenzungsproblemen gerechnet werden. Wird in dem Leasingvertrag, als Beispiel die Anmietung einer fest definierten Werbefläche vereinbart, die nur aufgrund der fest definierten Lage einen Vorteil für den Leasingnehmer darstellt, liegt bei sich im Zeitverlauf unterschiedlichen Bereichen der Werbe- fläche hingegen kein identifizierbarer Vermögenswert vor.29

Im nächsten Schritt ist zu klären, ob der Leasingnehmer während des Verwen- dungszeitraums den gesamten wirtschaftliche Nutzen aus der Verwen- dung des Leasinggegenstands ziehen kann. Der Nutzen eines Vermögens- werts kann sowohl durch Zahlungsmittelzuflüsse, sowie die Vermeidung oder Verringerung von Zahlungsmittelabflüssen messbar werden.30 Denkbar ist bei- spielsweise ein Leasingvertrag der eine Maschine beinhaltet. Die Maschine könnte den Vertragsregelungen entsprechend 20 Stunden am Tag zum Ein- satz kommen, ohne dass es einem erhöhten Verschleiß käme. Würde der Ver- trag nun vorsehen, dass die Maschine nur an zehn Stunden genutzt werden darf, wäre es für die Beurteilung der Nutzenziehung durch das mietende Un- ternehmen unerheblich, dass es die Nutzung der Maschine nur in einem ge- ringen Umfang plante, da das mietende Unternehmen nicht mehr das Potenzial hätte, den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus der Maschine zu ziehen.31 In diesem Fall liegt in ein Servicevertrag anstelle eines Leasingver- trags vor.

Anschließend muss geprüft werden ob der Leasingnehmer oder der Leasing- geber über den Einsatz des Leasinggegenstands bestimmen kann. Der Leasingnehmer muss überprüfen, ob er den Vermögenswert bereits so in Auf- trag gegeben hat, sodass der Verwendungszweck vordefiniert ist.32 Dies trifft auf Spezialleasingverhältnisse zu, bei denen der Leasinggeber keinen alter- nativen Verwendungszweck für den Leasinggegenstand hat. In diesen Fällen liegt das Recht, über den identifizierten Vermögenswert zu entscheiden, beim Leasingnehmer und damit handelt es sich, wenn auch die beiden anderen Vo- raussetzungen erfüllt sind, um ein Leasingverhältnis in Sinne von IFRS 16.33

Die vorstehenden Beispiele zeigen die Möglichkeit einen Vertrag in Form eines Dienstleistungsvertrags auszugestalten, mit der Folge, dass IFRS 16 nicht ein- schlägig anzuwenden ist. Aufgrund dieser Gestaltungsspielräume ist davon auszugehen, dass die Abschlussprüfer verstärkt ein Augenmerk auf die Ana- lyse der Leasingverträge haben.

2.3 Leasingverbindlichkeit

2.3.1 Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit

Zu Beginn des Leasingverhältnisses hat der Leasingnehmer am Bereitstel- lungsdatum eine Leasingverbindlichkeit für den Vermögenswert auf der Pas- sivseite der Bilanz zu erfassen.34 Ausgangspunkt der Verbindlichkeit und da- mit des Nutzungsrechts sind die aus dem Leasingvertrag resultierenden Zah- lungsströme. Dieser als Barwert ermittelte Wert ist vom Diskontierungszeit- raum und vom geschätzten Diskontierungszinssatz abhängig.35 Bei der Lea- singbilanzierung nach IAS 17 spielte die Vertragslaufzeit nur eine untergeord- nete Rolle, wenn der Vertrag als operating Leasing bilanziert wurde.36 Bei der Implementierung haben die Unternehmen erkannt, dass sich die Umsetzung von IFRS 16 bezüglich der Einschätzung der Laufzeit von Leasingverhältnis- sen schwierig gestaltet, da Dauerschuldverhältnisse regelmäßig ohne feste Laufzeit, oder der Möglichkeit feste Laufzeiten zu verlängern oder zu verkür- zen, abgeschlossen werden. Der Bilanzierende ist bereits vor Vertragsab- schluss in der Pflicht die Laufzeit des Leasingverhältnisses abzuschätzen.

Die hier genannten Leasingzahlungen umfassen dabei:

- Feste Zahlungen (auch de facto feste) abzüglich etwaiger Leasingan- reize.
- An einen Index oder Zinssatz gekoppelte variable Zahlungen.
- Wegen Restwertgarantien zu entrichtenden Beträgen.
- Strafzahlungen im Rahmen einer Kündigungsoption.
- Den Ausübungspreis einer Kaufoption (sofern die Ausübung dieser hin- reichend sicher ist).37

2.3.1.1 Fallbeispiel Barwertmodell - Ermittlung der Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit zum 01.01.2019

Im Folgenden Fallbeispiel,38 soll der erstmalige Ansatz, sowie Folgebewertung von Nutzungsrecht und Leasingverbindlichkeit, einer technischen Anlage auf- gezeigt werden.

Das Datum des Vertragsabschlusses entspricht dem Bereitstellungsdatum und damit dem Zeitpunkt des Ansatzes von Leasingverbindlichkeit und Nut- zungsrecht. Der Vertrag beinhaltet eine Verlängerungsoption seitens des Lea- singnehmers um ein weiteres Jahr. Im Falle der Ausübung steigt die Leasing- rate für den zusätzlichen Zeitraum auf 550.000€. Die Höhe des impliziten Zins- satzes teilt der Leasinggeber nicht mit. Daher zieht der Leasingnehmer zur Berechnung seinen laufzeitäquivalenten Grenzfremdkapitalzinssatz heran.39 40

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Leasingrate entspricht 500.000€. Als Laufzeit wird die Dauer des Leasing- vertrages herangezogen, diese entspricht 4 Jahre. Als Zinssatz dient der Grenzfremdkapitalzinssatz in Höhe von 4,5%.

Die Leasingverbindlichkeit und das Nutzungsrecht werden in Höhe des Bar- werts der über die Leasinglaufzeit ausstehenden Leasingzahlungen bilanziert. Um den zukünftigen Wert der Leasingzahlungen am Ende der Vertragslaufzeit darzustellen müssen die gleichbleibenden Leasingraten mittels des Renten- barwertfaktors (i=Zinssatz und n=Laufzeit) abgezinst werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Somit ergibt sich folgender Buchungssatz:

Nutzungsrecht an Leasingverbindlichkeit 1.793.763€

2.3.2 Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit

Die Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit erfolgt unter Anwendung der Effektivzinsmethode zu fortgeführten Anschaffungskosten.41 Maßgeblich für die Fortschreibung der Verbindlichkeit ist der im Zuge der Erstbewertung her- angezogene Zinssatz.42 Die Leasingzahlung ist in einen Zins- und Tilgungsan- teil aufzuteilen.43 Die Leasingverbindlichkeit ist mit dem zur Erstbewertung zu- grunde liegenden Zinssatz erfolgswirksam aufzuzinsen und um die geleisteten Tilgungszahlungen zu reduzieren.44 Der Bilanzierende ist im Zuge der Folge- bilanzierung verpflichtet, bei Eintreten von signifikanten Ereignissen, ge- troffene Annahme bezüglich der Ausübungswahrscheinlichkeit bestehender Optionen zu überprüfen und diese gegebenenfalls zu revidieren, sodass die Laufzeit des Leasingverhältnisses neu eingeschätzt werden muss.45

[...]


1 Tweedie, D. Empire Club Speech, 2008 S.5.

2 Vgl. Vosseler, WPg 2016 S.185

3 ebda.

4 Vgl. Piesbergen, 2015 S.835.

5 Vgl. Buchholz, 2014 S.60 ff.

6 Vgl. IFRS 16.1.

7 Vgl. IASB, 2016(b), sowie weitere ersetzende Standards: IFRIC 4 – Feststellung, ob eine Vereinbarung ein Leasingverhältnis enthält. SIC 27 – Beurteilung des wirtschaftlichen Gehalts von Transaktionen in der rechtlichen Form von Leasingverhältnissen. SIC 15 – operating-Leasingverhältnisse – Anreize.

8 Vgl. Schmitt, 2016 S.39.

9 Vgl. Vosseler, WPg 2016 S.185.

10 Vgl. Kratzer, 2002 S.15.

11 Vgl. Hastedt, 1998 S.13 ff.

12 Vgl. IFRS 16 Appendix A.

13 Huber Leistungsstörungen II 437. BGB §314 Rn. 5f. mwN

14 Näher Heß NJW 2002, 253 (256) mwN.

15 Bejahend Heß NJW 2002, 253 (256); verneinend (für § 28 Abs. 2 AGBG) BGHZ 92, 200 (202) = NJW 1985, 426.

16 Krüger, MüKo zum BGB 7. Auflage, 2018 Rn.12-13.

17 Vgl. Staudinger/Löwisch, 2016 Rn. 38.

18 Vgl. Grundmann, 2013 S. 6 ff.

19 Vgl. Findeisen/Adolph, Der Betrieb 2016 S.486.

20 Vgl. IFRS16.3, sowie vom Anwendungsbereich ausgeschlossen: IFRS 6 - Vermögenswerte zur Exploration und Evaluierung. Dies betrifft die Nutzung von Mineralien, Öl, Erdgas und andere nicht regenerative Ressourcen. IAS 41 - Biologische Vermögenswerte, außer fruchttragende Pflanzen. Diese unterliegen dem IFRS16. IFRIC 12- Dienstleistungskonzessionsvereinbarung. Dies stellt ein besonderes Recht an einer öffentlichen Sache dar IFRS 15 - Lizenzvereinbarungen über geistiges Eigentum.

21 Vgl. Findeisen/Adolph, Der Betrieb 2016 S.486.

22 Vgl. IFRS16.5a).

23 Vgl. Findeisen/Adolph, Der Betrieb 2016 S.486.

24 Vgl. IFRS16.5b).

25 Vgl. Findeisen/Adolph, Der Betrieb 2016 S.486.

26 Vgl. IFRS 16.BC.100.

27 Vgl. Hinz/Tettenborn, PiR 2019 S.163.

28 Vgl. Rentsch, IRZ 2018 S.107.

29 Beispiel in Anlehnung an Ganssauge/Klockmann/Alymov, WPg, 2016 S.736.

30 Vgl. Hinz/Tettenborn, PiR 2019 S.165.

31 Vgl. Hinz/Tettenborn, PiR 2019 S.166.

32 Vgl. IFRS 16.B24 (b).

33 Vgl. Hinz/Tettenborn, PiR 2019 S.166.

34 Vgl. IFRS16.22.

35 Vgl. Tesche/Küting, DStR 2016 S.624.

36 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 17.Auf. 2019, § 15a Rn. 165ff.

37 Vgl. IFRS16.27.

38 Beispiel in Anlehnung an Orth/Tettenborn, IRZ, 2019 S.181-184.

39 Vgl. Wöhe/Döring/Brösel, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 26. Aufl., München 2016, S. 485.

40 Aus Vereinfachungsgründen werden die Ergebnisse aufgerundet und in Ganzen Zahlen dargestellt Eigentum.

41 Vgl. Bauer/Gallert, WPg 2016 S 323.

42 Vgl. Lühn, PiR 2016 S.77.

43 Vgl. Lange/Müller, IRZ 2016 Seite 169.

44 Vgl. IFRS 16.36.

45 Vgl. Orth/Tettenborn, KoR 2019 S.374.

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Auswirkung der Leasingbilanzierung auf ausgewählte Dax30-Unternehmen
Hochschule
Hochschule Heilbronn; Künzelsau
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
34
Katalognummer
V588085
ISBN (eBook)
9783346172020
ISBN (Buch)
9783346172037
Sprache
Deutsch
Schlagworte
auswirkung, dax30-unternehmen, leasingbilanzierung
Arbeit zitieren
Marvin Deininger (Autor:in), 2020, Auswirkung der Leasingbilanzierung auf ausgewählte Dax30-Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/588085

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