Deutschland als Freizeit- und Erlebnisgesellschaft. Eine kritische Analyse derartiger Gesellschaftsmodelle


Diplomarbeit, 2002

187 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition und Entwicklung des Freizeitbegriffs bei Horst W. Opaschowski
2.1. Vorbemerkung
2.2. Historische Entwicklung des Freizeitbegriffs in Deutschland
2.3. Grundlagen der Freizeittheorie von Horst W. Opaschowski
2.3.1. Definition der Lebenszeit bei Opaschowski : Dispositionszeit, Obligationszeit und Determinationszeit
2.3.2. Exkurs :Altagsästhetische Episoden bei Schulze
2.3.3. Inhaltliche Komponenten der Freizeit bei Opaschowski
2.3.4. Grundbedürfnisse in der Freizeit bei Opaschowski
2.4. Differenzierung des Freizeitbegriffs bei Opaschowski
2.4.1. Positiver Freizeitbegriff bei Opaschowski
2.4.2. Handlungsfelder von Freizeitsituationen
2.5. Entwicklung des Freizeitumfangs in Deutschland
2.5.1. Historische Entwicklung des Freizeitumfangs
2.5.2. Aktuelle Konflikte und Diskrepanzen im Freizeitbewußtsein und Freizeitverhalten breiter Bevölkerungsschichten
2.5.3. Kritische Anmerkungen zur Darstellung der Entwicklung des aktuellen Freizeitumfangs bei Opaschowski
2.5.4. Widersprüche in der Behauptung gesellschaftlicher Tatbestände
2.5.5. Diskrepanzen zwischen tatsächlicher und wahrgenommener Freizeit

3. Entwicklung des Erlebnisbegriffs bei Horst W. Opaschowski und Gerhard Schulze
3.1. Erlebnisorientierung bei Opaschowski
3.2. Spaß- und Genußorientierung bei Opaschowski
3.3. Definition und Entwicklung des Erlebnisbegriffs bei Gerhard Schulze
3.3.1. Definition des Erlebnisbegriffs
3.3.2. Subjektbestimmtheit, Reflexion und Unwillkürlichkeit
3.3.3. Beziehung von Subjekt und Situation
3.3.4. Erlebnisorientierung
3.3.5. Probleme der Unsicherheit und Enttäuschung
3.3.6. Erlebnisrationalität
3.4. Probleme der Erlebnisorientierung und Erlebnisrationalität bei Opaschowski
3.4.1. Tendenzen zu Wünschen nach sofortiger Bedürfniserfüllung
3.4.2. Tendenzen zu übermäßigem Konsum
3.4.3. Tendenzen zu rastlosem Konsum
3.4.4. Tendenzen zu exzessivem Konsum
3.4.5. Tendenzen zu orientierungslosem Konsum
3.4.6. Tendenzen zur Flucht in künstliche Sphären
3.5. Kritische Anmerkungen zu Prämissen der Erlebnisorientierungen bei Schulze und Opaschowski

4. Alltagsästhetische Schemata bei Schulze und Freizeitstile bei Opaschowski
4.1. Alltagsästhetik und Stil
4.2. Genuß, Distinktion und Lebensphilosophie
4.3. Grundlagen zur Generierung alltagsästhetischer Schemata
4.4. Freizeitwissenschaft und Lebensstilforschung bei Opaschowski
4.5. Hochkulturschema
4.6. Trivialschema
4.7. Spannungsschema
4.8. Bedeutung des Alters
4.9. Bedeutung der Bildung
4.10. Ermittlung der sozialen Lage unter Kombination der alltags-ästhetischen Schemata mit dem Merkmalen Alter und Bildung

5. Systematische und inhaltliche Bezüge Opaschowskis zu Schulzes alltagsästhetischen Schemata
5.1. Lebenslagen und Lebensphasen bei Opaschowski
5.2. Spannungschema bei Schulze und Opaschowski
5.3. Hochkulturschema bei Schulze und Opaschowski
5.3.1. Hochkultur bei Schulze
5.3.2. Hochkultur bei Opaschowski

6. Zwischenbilanz und Ausblick

7. Milieumodell bei Schulze
7.1. Milieumerkmale
7.2. Ältere Milieus bei Schulze
7.2.1. Niveaumilieu
7.2.2. Integrationsmilieu
7.2.3. Harmoniemilieu
7.3. Jüngere Milieus bei Schulze
7.3.1. Selbstverwirklichungsmilieu
7.3.2. Unterhaltungsmilieu

8. Szenemodell bei Schulze und öffentliche Präsenz bei Opaschowski
8.1. Definition von Szenen
8.2. Unterschiedliche Arten von Szenen
8.2.1. Hochkulturszene
8.2.2. Neue Kulturszene
8.2.3. Kneipenszene
8.3. Folgerungen für die gesellschaftliche Präsenz bestimmter Schemata bzw. Milieus
8.4. Öffentliche Präsenz bei Opaschowski
8.4.1. Normalkonsumenten
8.4.2. Sparkonsumenten
8.4.3. Anspruchskonsumenten
8.4.4. Anpassungskonsumenten
8.4.5. Geltungskonsumenten
8.4.6. Luxuskonsumenten
8.4.7. Gesellschaftlich relevante Gruppen des Erlebniskonsums bei Opaschowski

9. Lebens- und Freizeitsituationen in unterschiedlichen Lebenslagen bei Opaschowski
9.1. Exkurs : Entstehungsgeschichte von “Einführung in die Freizeitwissenschaft“
9.2. Untersuchungsgrundlagen und Aussagen zum typischen Feierabend bzw. dem typischen Wochenende
9.2.1. Untersuchungsgrundlagen
9.2.2. Typischer, mißlungener, und gelungener Feierabend
9.3. Lebens- und Freizeitsituation jüngerer Generationen bei Opaschowski
9.3.1. Lebens- und Freizeitsituation von Jugendlichen
9.3.1.1. Lebenssituation Jugendlicher
9.3.1.2. Freizeitsituation Jugendlicher
9.3.2. Konsequenzen für das Freizeitverhalten Jugendlicher
9.3.3. Gemessene jugendliche Freizeittypen
9.3.4. Freizeitaktivitäten
9.3.5. Querverweise zu Schulzes jungen Milieus
9.4. Lebens- und Freizeitsituation von Singles und Alleinlebenden
9.4.1. Alleinstehende, Alleinlebene und Singles
9.4.2. Unterschiede von Alleinlebenden nach soziodemografischen Merkmalen
9.4.2.1. Unterschiede nach dem Geschlecht
9.4.2.2. Unterschiede nach dem Alter
9.4.2.3. Unterschiede nach der Bildung
9.4.2.4. Unterschiede nach dem Einkommen und dem Beruf
9.4.2.5. Weitere Querverweise zu Schulzes jüngeren Milieus
9.5. Lebens- und Freizeitsituation der älteren Generation
9.5.1. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
9.5.2. Neues Generationenverständnis
9.5.2.1. Die 50plus-Generation (50-64 Jahre)
9.5.2.2. Die 65plus-Generation (65 bis 79 Jahre)
9.5.2.3. Gesellschaftliche Relevanz möglicher Zweitkarrieren von Senioren
9.5.2.4. Die 80plus-Generation (80 Jahre und mehr)
9.5.3. Freizeit im Ruhestand
9.5.3.1. Übergangsprobleme von der Berufsarbeit zum Ruhestand
9.5.3.2. Freizeitempfinden und alltägliches Freizeitverhalten
9.5.3.3. Typischer, gelungener, mißlungener Ruhestand
9.5.3.4. Diskrepanzen zwischen Freizeiterwartungen und tatsächlichen Freizeitaktivitäten
9.5.3.5. Soziodemografisch bedingte Unterschiede
9.5.3.6. Gesellschaftliche Folgerungen
9.5.3.7. Querverweise zu Schulzes älteren Milieus
9.6. Diskrepanzen in den gesellschaftlichen Behauptungen

10. Zusammenfassende Kritik an Opaschowskis bzw. Schulzes Gesellschaftsmodellen
10.1. Vorbemerkung
10.2. Zusammenfassende Kritik an Opaschowskis
Gesellschaftsmodell
10.2.1. Freizeit in der wissenschaftlichen Diskussion
10.2.2. Freizeit bei Opaschowski
10.2.3. Probleme der Methoden
10.2.3.1. Probleme der Meßmethoden und ihrer Interpretation
10.2.3.2. Probleme der kommerziellen Ausrichtung
10.2.3.3. Opaschowskis freizeitorientierte Erlebnisgesellschaft
10.3. Zusammenfassende Kritik an Schulzes Gesellschaftsmodell
10.3.1. Vorbemerkung
10.3.2. Probleme des Erlebnisbegriffs und der Erlebnisrationalität
10.3.3. Probleme der empirischen Grundlagen und der Verallgemeinbarkeit
10.3.3.1. Empirische Grundlagen
10.3.3.2 Empirische Konsistenz
10.3.4. Methodische Probleme
10.3.5. Probleme der Geltungsdauer
10.3.6. Die Schulz'sche Überflußgesellschaft
10.3.6.1. Kulturelle Dominanz des Selbstverwirklichungsmilieus bei Schulze
10.3.6.2. Räume als Dimensionen sozialer Ungleichheit
10.3.6.3. Gentrification

11. Probleme der Knappheit in Deutschland im Gegensatz zur Überflußgesellschaft bei Schulze und Opaschowski
11.1. Vorbemerkung
11.2. Deutschland in den achtziger Jahren und neunziger Jahren
11.3. Gesamtübersicht zu Entwicklungen des Arbeitsmarktes
11.4 Armutsbegriffe
11.5. Unterschiedliche Meßmethoden für Armut nach der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD)
11.6. Empirische Ergebnisse zu Armuts- und Niedrigeinkommen
11.6.1. Exkurs : Entwicklung von strenger Armut, Einkommens-armut und Niedrigeinkommen in den neuen Ländern
11.6.2. Beurteilung der Entwicklungen der neuen Länder bei Gerhard Schulze
11.6.3. Beurteilung der Entwicklungen der neuen Länder bei Horst W. Opaschowski
11.7. Armuts- und Niedrigeinkommen von Erwerbstätigen und Arbeitslosen
11.8. Armuts- und Niedrigeinkommen nach Alter und Bildung
11.9. Armuts- und Niedrigeinkommen nach Haushalts-konstellationen
11.10. Fazit für Schulzes und Opaschowskis Überflußgesellschaft
11.10.1. Überflußgesellschaft bei Schulze
11.10.2 Überflußgesellschaft bei Opaschowski

12. Schlußbetrachtung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINLEITUNG

“Während man sich noch darüber streiten kann, ob sie nicht doch noch in Fragmenten weiterlebt, ist der Abgesang auf die Arbeitsgesellschaft bereits zum Gemeinplatz geworden.“[1] [...] “Es geht uns nicht mehr primär ums Überleben, um Sicherheit, um Abwehr von Bedrohungen und Kampf gegen Restriktionen, sondern um die Lebensgestaltung jenseits situativ bedingter Probleme, unabhängig vom objektiven Vorhandensein solcher Probleme.“[2] [...] “Das Privileg der Unterprivilegierten besteht in der Faszination der handgreiflichen Erfolgschance, das Problem der Privilegierten in der Langeweile von Menschen, die nicht recht wissen was sie wollen.“[3] [...] “An die Stelle von Gesellschaftsbildung durch Not tritt Gesellschaftsbildung durch Überfluß“[4] [...] “>>Erlebe dein Leben!<< ist der kategorische Imperativ unserer Zeit.“[5] [...] “Die Charakterisierung einer Gesellschaft als Erlebnisgesellschaft ist vergleichend gemeint. Mehr denn je passt sie auf die gegenwärtige Sozialwelt“[6]

“Erst durch das moderne Freizeitleben der Nachkriegszeit und die gegenwärtige Entwicklung zu einer Freizeitgesellschaft tritt das Problem der Freizeiterziehung in eine neue Phase, in der sich die Sinngebung des Lebens in den Freizeitbereich zu verlagern scheint...“[7] [...] “In den 80er Jahren wird die Bewältigung des Wohlstands nicht mehr das zentrale Thema der Freizeit sein. Die erlebnisorientierte Freizeitphase bricht an. Freizeit wird wesentlich Erlebniszeit, Zeit zum verstärkten, intensiven und bewußten Leben und zur Entwicklung eines eigenen freizeitkulturellen (Er-)Lebensstils.“[8] [...] “Kahn/Wiener entwickelten das Bild einer freizeitorientierten Gesellschaft in der die Wochenarbeitszeit „drastisch gekürzt“ und die Urlaubszeit „drastisch verlängert“ wird. Diese „wahrscheinliche“ Zukunftsentwicklung ist zumindest in Deutschland heute Wirklichkeit geworden.“[9] [...] “Im ausgehenden 20. Jahrhundert hat die Überflußgesellschaft mit dem Wahn des Übermaßes zu kämpfen.“[10] [...] “Armut muß neu definiert werden. Arm ist man heute nicht mehr, weil man unterhalb des Existenzminimums lebt. Ganz im Gegenteil: Den Armen geht es in Deutschland materiell immer besser, lediglich der relative Abstand zur wohlhabenden Mehrheit bleibt erhalten.“[11] [...] “Es ist nicht zu leugnen : “Erlebnis gilt heute als Schlüsselwort der Freitzeitforschung, seitdem sich die Freizeitindustrie zur Erlebnisindustrie gewandelt hat [...] Die Freizeitforschung hat diesen grundlegenden Wandel von der Arbeits- zur Erlebnisgesellschaft frühzeitig diagnostiziert, prognostiziert und problematisiert. [...] Die Erlebnisgesellschaft eskaliert im Zeitalter der Extreme. Nach der Erlebnisgesellschaft kommt die Extremgesellschaft.“[12]

Deutschland als Freizeit- und Erlebnisgesellschaft ? Wie der Titel, sowie Auswahl und Inhalte der Zitate nahelegen, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der kritischen Analyse von Gesellschaftsmodellen, die bezogen auf deutsche Verhältnisse,

- gesellschaftliche Veränderungen erklären wollen,
- einen aktuellen Status der sozialen Welt entwerfen,
- Prognosen künftiger gesellschaftlicher Entwicklungen stellen,
- sich dabei auf Darstellungen veränderter Freizeit- und/oder Erlebnisorientierungen konzentrieren,
- und in diesem Zusammenhang von Prämissen einer Wohlstands- und Überflußgesellschaft ausgehen.

Die im Untertitel dieser Arbeit verwendete Formulierung der Analyseabsicht „derartiger Gesellschaftsmodelle“, meint hier, daß stellvertretend für aktuelle soziologische Theorien, die sich ausführlicher mit den genannten Themenkomplexen beschäftigen,die Ausführungen zweier Gesellschaftswissenschaftler, nämlich Horst W. Opaschowski, und Gerhard Schulze, ausführlicher beleuchtet, und, so weit möglich, verglichen werden sollen. Stellvertretend für die Fokussierung auf, und Behauptung von, veränderter Freizeit- und Erlebnisorientierungen, stehen hiermit somit zum einen, die diesbezüglichen Erklärungsansätze von Horst W. Opaschowski zur Debatte. Wie sich anhand der o.a. Zitate zeigt, beschäftigt sich Opaschowski bereits seit Anfang der 70er Jahre, mit den genannten Themenkomplexen. Die Vielzahl, und, wie sich zeigen wird, die Unterschiedlichkeit, der seit dieser Zeit von ihm publizierten Werke, sowie seine öffentliche Präsenz, bilden dabei einen, der explizite Bezug zur Erlebnisgesellschaft von Gerhard Schulze, einen weiteren wichtigen Grund, sich gerade mit seinen Forschungsergebnissen zu beschäftigen. So zeigt sich anhand der o.a. Zitate, daß Opaschowski unter Verwendung späterer Schlüsselbegriffe Gerhard Schulzes, bereits im Jahre 1980 von „neuen“ Formen deutscher Erlebnisorientierungen und Lebensstilen sprach, und auch schon im Jahre 1983, also deutlich vor Herausgabe des hier noch näher zu betrachtenden Hauptwerkes von Gerhard Schulze, das Entstehen einer „Erlebnisgesellschaft“ prognostizierte.[13]

Stellvertretend für die Fokussierung auf veränderte deutsche Erlebnisorientierungen, und die zugleich grundlegendste und umfangreichste Formulierung einer Erlebnisgesellschaft, sollen dann aber zum anderen auch die Forschungsergebnisse Gerhard Schulzes ausführlich gewürdigt werden. So wurde mit den o.a. Zitaten zwar angedeutet, daß die Idee zur Formulierung einer Erlebnisgesellschaft im Jahre 1992, also mit der Veröffentlichung Gerhard Schulzes gleichnamigen Hauptwerkes, nicht grundlegend neu war, dies ändert aber nichts an der anzunehmenden Tatsache, daß es sich bei Schulzes Werk um jene Theorie handelt, die im diesbezüglichen Zusammenhang, nach Art, Umfang, und theoretischer Fundierung, am ergiebigsten erscheint. Ungeachtet der oben angeführten Gemeinsamkeiten, unterscheiden sich die hier untersuchten Forschungsansätze Schulzes und Opaschowskis in ihrer Gesamtheit, sowohl qualitativ, als auch quantitativ voneinander. So bezieht sich die Analyse der von Schulze vorgelegten Erlebnisgesellschaft eben im wesentlichen auf das im Jahre 1992 von ihm vorgelegte, gleichnamige, Gesamtwerk. Dieses Werk blieb, bis zum heutigen Tage, und bis auf wenige veröffentlichte Kommentare, wie mit dem aus dem Jahre 2000 stammenden, und weiter oben bereits zitierten Essay, weitestgehend unverändert. Auch wenn dies gleichfalls entsprechend kritisch gewürdigt werden soll, gestaltet sich die Analyse der grundlegenden Positionen Schulzes, somit entsprechend klar und übersichtlich.

Bei Opaschowski gestaltet sich die Analyse seiner grundlegenden Sichtweise dagegen schwieriger. Dies liegt zum einen an der Fülle der von ihm dargelegten Ver-öffentlichungen, und zum anderen an der Unterschiedlichkeit seiner Untersuchungsansätze. So kann man, wie anhand der o.a. Zitate ersichtlich, schon ab den frühen 70er Jahren bis zur heutigen Zeit, vielfältige Veröffentlichungen Opaschowskis verfolgen, die sich im weitesten Sinne mit freizeitwissenschaftlichen Erörterungen befassen. Die Hauptströme seiner Forschungsausrichtungen lassen sich wie folgt beschreiben und sind auch teilweise als Sammelbände unter diesen Namen erhältlich :

- Pädagogik der Freizeit
- Psychologie und Soziologie der Freizeit (Einführung in die Freizeitwissenschaft)
- Freizeitökonomie
- Zukunftsforschung
- Ethik der Freizeit
- Ökologie von Freizeit und Tourismus
- Tourismusforschung

Selbst im Zuge dieser Arbeit ist es unerläßlich, sich in der Analyse auf wesentliche, im o.a. Sinne relevante, Themenkomplexe zu beschränken. Somit ist die Auswahl der hier verwendeten Texte subjektiv, indem sie sich am noch näher zu spezifizierenden erkenntnisleitendem Interesse dieser Arbeit orientiert. So sollen im Laufe der vorliegenden Arbeit vorwiegend die vier zuerst genannten Forschungsausrichtungen Opaschowskis thematisiert werden, wobei sich aber hier, wie sich noch zeigen wird, die Ergebnisse aller Forschungsausrichtungen in vielen Werken immer wieder ergänzen, vermischen, und auch verändern. Diesem zuletzt genannten Umstand der Vermischung, Ergänzung, und Veränderung von Forschungsergebnissen bei Opaschowski, muß dann auch bei der nachfolgenden Analyse immer wieder Rechnung getragen werden.

Das erkenntnisleitende Interesse dieser Arbeit liegt in einem ersten Ziel nun darin, herauszuarbeiten, und kritisch zu hinterfragen, wie zwei Wissenschaftler unter Verwendung ähnlicher Prämissen, nämlich der Behauptung einer Wohlstands- und Überflußgesellschaft, mit unterschiedlichen theoretischen Ausrichtungen, d.h. Opaschowskis interdisziplinär ausgerichtete Freizeitwissenschaft auf der einen, und Schulzes Kultursoziologie auf der anderen Seite, und unter Einsatz unterschiedlicher Theoriebausteine, d.h. Opaschowskis Freizeitbegriff auf der einen, und Schulzes Erlebnisbegriff auf der andern Seite, zur Formulierung ähnlicher, gesamt-gesellschaftlicher Grundaussagen kommen.

So sollen im Zuge einer Inhaltsanalyse zunächst die wichtigsten Bausteine beider Theorieansätze jeweils dargestellt, im Erklärungszusammenhang kritisch analysiert, und so weit möglich miteinander verglichen werden. Die wichtigsten Ziele liegen hierbei darin, im jeweiligen Kontext die Klarheit und den Informationsgehalt beider Theorien, kritisch zu hinterfragen. In Bezug auf die Klarheit der Theorien, soll also z.B. jeweils untersucht werden, ob die grundlegenden Begriffe eindeutig formuliert sind, und welchen Objekten, welche Merkmale zugeschrieben werden. Bei der Analyse der jeweiligen Informationsgehalte beider Theorien, sollen dann im jeweiligen Kontext die Güte der erklärten Sachverhalte, der Anwendungsbereich, sowie Praxisbezug und empirische Bewährung, kritisch beäugt werden.

Ein zweites Ziel, liegt dann darin, die oben geschilderten Grundprämissen beider Theorien, nämlich das Bestehen einer Wohlstands- und Überflußgesellschaft, anhand ausgewählter empirischer Indizien kritisch zu hinterfragen. In der Schlußbetrachtung sollen dann die Konsequenzen dieser kritischen Betrachtungen formuliert werden. Wie sich nun bei den nachfolgenden Analysen zeigen wird, erfordern die bereits geschilderten unterschiedlichen theoretischen Ausrichtungen beider Forscher auch unterschiedliche Vorgehensweisen der Analysen. So können einerseits Gemein-samkeiten herausgestellt und in einem beide Theorieansätze integrierenden, gemeinsamen Erklärungszusammenhang geschildert werden. Andererseits müssen bestimmte Erklärungszusammenhänge aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit, im Sinne einer Gegenüberstellung, getrennt voneinander betrachtet werden.

Wie sich bei den späteren Analysen der Theoriebausteine Schulzes zeigen wird, stützen sich seine Erkenntnisse auf die grundlegende Feststellung, daß sich die objektiven Lebensbedingungen der Gesellschaftsmitglieder Deutschlands, vor allem im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte, stark verändert hätten. Ein steigender Lebensstandard, zunehmende Freizeit, Ausweitung der Bildungschancen, technologische Weiter-entwicklungen, sowie die abnehmende Tendenz festgelegter Lebensentwürfe, seien Indizien für eine Ausweitung von Handlungsalternativen, und bildeten damit gleich-zeitig die objektive Grundlage für die Verbreitung subjektiver Erlebnisorientierungen.[14] Während Schulze somit die generalisierte Behauptung zunehmender Freizeit lediglich als gegeben nimmt, und nicht näher thematisiert, bildet die Problematisierung des Freizeitbegriffs bei Opaschowski, eine wichtige Säule für eine Vielzahl seiner theoretischen Aussagen. Somit soll im folgenden zunächst analysiert werden, wie Opaschowski den Freizeitbegriff entwickelt.

2. Definition und Entwicklung des Freizeitbegriffs bei Horst W. Opaschowski

2.1. Vorbemerkung

Möchte man sich einen Überblick verschaffen, wie Opaschowski den Freizeitbegriff problematisiert, empfiehlt sich die Lektüre seines Werkes “Pädagogik der freien Lebenszeit“.[15] Hier arbeitet er jene Grundlagen aus, die zum Verständnis seiner Freizeittheorie notwendig sind. Dazu gehören u.a. die historische Herleitung des Freizeitbegriffs, sowie die Darstellung der Grundlagen seiner Freizeittheorie. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, daß Opaschowski in seinem Werk “Einführung in die Freizeitwissenschaft[16], eine derart genaue Aufarbeitung des Freizeitbegriffs vermissen läßt. In den dortigen Ausführungen wirkt der Freizeitbegriff weitgehend schwammig und unpräzise. Selbst in dem Kapitel, das sich explizit mit dem Freizeitbegriff beschäftigt, wartet man vergeblich auf eine eindeutige Festlegung von Kriterien zur Abgrenzung des Freizeitbegriffs. Die Aussagen die Opaschowski hier trifft, liefern lediglich Umschreibungen des Freizeitbegriffs : “(...) Freizeit ist eine Zeit, in der man für etwas frei ist.“(...)“Freizeit koppelt sich von der Arbeit ab.“(...)“Freizeit verliert zunehmend ihre Bedeutung als arbeitsfreie Regenerationszeit.[17] An einer anderen Stelle erfährt man : “Freizeit ist das, was die Mehrheit als Freizeit empfindet. Das kann jeweils die Mehrheit der Bevölkerung..oder die Mehrheit einer Bevölkerungs-gruppe.. sein . So hat jede soziale Gruppe ihr eigenes Freizeitprofil.“[18]

Es erscheint doch ein wenig unverständlich, warum in einem Einführungswerk auf eine präzisere Begriffsbildung verzichtet wird, während sie an anderer Stelle, wie bereits angedeutet, mit höherer Genauigkeit erfolgt. Besonders störend ist in diesem Zusammenhang, daß somit viele empirischen Aussagen des Einführungswerkes in einem gewissen Theorievakuum stecken, weil die theoretischen Grundlagen der Freizeittheorie nur schwach heraus gearbeitet wurden. Die nachfolgenden Ausführungen basieren somit größtenteils auf dem Freizeitbegriff, der im o.a. Werk, “Pädagogik der freien Lebenszeit“, entwickelt wurde.

2.2. Historische Entwicklung des Freizeitbegriffs in Deutschland

Nach Opaschowski kann der Ursprung des Begriffs “Freizeit“ in Deutschland um das Jahr 1350 herum datiert werden. Der Begriff “frey zeyt“ beschrieb hier den verbindlichen, vom König ausgesprochenen, Rechtsanspruch auf eine sichere Passage der Wege von und zu Märkten, hatte also nichts mit dem heutigen Freizeitverständnis zu tun. Für die Entwicklung des heutigen Freizeitverständnis sieht Opaschowski[19] den Ausgangspunkt in der lutherischen Reformationszeit ab dem Jahre 1517. Prägend für diese Zeit war demnach die Bildung einer protestantischen Berufsethik, womit der Beruf einen Pflicht- und Selbstzweckcharakter bekam. Die strenge Verpflichtung der Menschen auf den Beruf, lösten bei diesen nun Wünsche nach einem Gegenpol aus, welches sich darin äußerte, daß man nach Lebensalternativen Ausschau hielte .“Die Polarisierung von öffentlicher Pflicht und privater Neigung ...führte schließlich im Bewußtsein der Menschen zu einer radikalen Trennung von öffentlicher und privater Sphäre, von determinierter Zeit (=Arbeitszeit) und disponibler Zeit (=„Freizeit“).“[20]

In der Folgezeit bildeten sich nun, lt. Opaschowski, zunehmend die Gegensätze Berufsleben und Privatleben, respektive Arbeit und Freizeit, heraus. Opaschowski sieht auch hier den Ausgangspunkt für eine Betrachtungsweise, in der die Freizeit von der Arbeit dominiert wird, welches Opaschowski, wie noch später ausführlicher dargestellt werden soll, anders interpretiert. Opaschowski sieht in seiner Betrachtungsweise vor allem drei Strömungen, die seit dem 16.Jahrhundert an der Bildung des heutigen Freizeitverständnisses in Deutschland beteiligt seien. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß diese Betrachtungsweise von pädagogisch geprägten Erörterungen ausgeht . Somit liege der erste Entwicklungsstrang auch im Einfluß der Schulpädagogik, die sich mit dem Aufkommen der Pflichtschulen entwickelte. Hier sieht Opaschowski den Ausgangspunkt für die Trennung von Arbeit und Freizeit, von Fremd- und Selbstbestimmung, indem Schülern neben ihrem Unterricht, eine wie auch immer geartete Freizeit gewährt wurde. Ein zweiter Entwicklungsstrang sei aus der Entwicklung der protestantischen Seelsorge begründet. Hier lägen die Schwerpunkte auf dem Besinnungscharakter der Freizeit, eine Zeit der Ruhe, aber auch eine Zeit der freien Beschäftigung und Geselligkeit. Opaschowski sieht hier den Ausgangspunkt für Bibelkreise, aber auch Singe-, Wander- und Gymnastikfreizeiten. Ein dritter Entwicklungsstrang sei die Entwicklung der Sozialpolitik. Hier stünde das Verständnis im Vordergrund, das mit Freizeit eine von der Arbeit freie Zeit gemeint sei, sowie das Freizeit und Arbeit als Gegenbegriffe zu verstehen seien. Fixpunkte dieses Entwicklungsstranges wären die Arbeiterbewegungen, sowie die Bildung heutiger Arbeitsstandards, wie des 8-Stunden-Tages, der 5-Tage Woche und des 6-Wochen-Urlaubs.[21]

2.3. Grundlagen der Freizeittheorie von Horst W. Opaschowski

Opaschowski[22] spricht sich vehement für den Einsatz eines multikausalen Erklärungsansatzes aus, mit dem heutige und künftige Freizeitentwicklungen zu erklären seien. Es sei von einer Vielzahl von Einflußgrößen auszugehen, die auf das Freizeitverhalten einwirkten. Einflußgrößen auf das Freizeitverhalten seien demnach die gesellschaftliche Situation, die persönliche Situation, die Wohnsituation die Arbeitssituation, und die Freizeitsituation. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, daß man von den wechselseitigen Beziehungen dieser Einflußgrößen ausgehen müsse. So wirke die Situation bei der Arbeit ebenso auf das Verhalten der Freizeit ein, als das auch davon auszugehen sei, das ein bestimmtes Freizeitverhalten, das Verhalten am Arbeitsplatz beeinflusse. Quintessenz dessen sei, das man von der monokausalen Betrachtungsweise abkommen müsse, daß die Freizeit in starkem Maße von der Arbeit abhängig sei. Vielmehr tritt Opaschowski für eine Erneuerung der Begriffsbildungen ein. Freizeit müsse in einem ganzheitlichen Forschungsansatz, als Teil der Lebenszeit verstanden werden. Freizeit sei somit losgelöst von der Arbeit, als “freie Zeit“ zu verstehen. Diese „freie Zeit“ sei zu charakterisieren durch : Möglichkeiten der Wahl, bewußte Entscheidungen, und soziales Handeln. Für Opaschowski ist eine Definition von freier Zeit in diesem Sinne ein “positiver Freizeitbegriff“, der helfe, die künstliche Teilung der Lebenswelt in Arbeit und Freizeit aufzuheben, und auf alle Gruppen der Bevölkerung übertragbar sei. Er schlägt weiterhin vor, den Begriff “Lebenszeit“ einzuführen, der die Begriffe Arbeitszeit und Freizeit nur implizit beinhaltete.[23]

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, das Opaschowski zwar anstrebt sich von dem Begriff der „Freizeit“ zu lösen, dies jedoch weder im diskutierten Werk, noch in parallel erscheinenden, oder auch in folgenden Veröffentlichungen durchhält. So beschäftigen sich auch nachfolgende Titel explizit mit Problemen der Freizeit. Die Tatsache, daß Opaschowski anderseits dann tatsächlich auch „ganzheitliche“ Probleme der „Lebenszeit“ problematisiert, und die noch zu erarbeitenden Freizeitdefinitionen dabei zunehmend in den Hintergrund treten, ist dann zwar auch eine Konsequenz seiner interdisziplinären Ausrichtung, aber eben auch ein Indiz für eine uneinheitliche wissenschaftlichen Perspektive. Hierdurch ergeben sich in der Kenntnisnahme seiner Veröffentlichungen immer wieder Konflikte und Widersprüche, indem ältere Freizeit-konzepte und neuere Lebenszeitkonzepte willkürlich miteinander vermengt werden, so z.B. in seinem bereits erwähnten Einführungswerk von 1997, welches an anderer Stelle noch ausführlicher dokumentiert werden soll.

Im folgenden soll nun nachvollzogen und analysiert werden, wie Opaschowski den Begriff der Lebenszeit definiert.

2.3.1. Definition der Lebenszeit bei Opaschowski : Dispositionszeit, Obligationszeit und Determinationszeit

Die Lebenszeit ist nach Opaschowski durch eine mehr oder weniger große Freiheit der Disposition zu charakterisieren. Dabei sei zwischen drei Zeitabschnitten zu unter-scheiden, die jeweils einen unterschiedlichen Spielraum für Wahl-, Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten ließen. Die “Dispositionszeit“ sei die dem Individuum frei verfügbare und einzuteilende Zeit, sie stelle eine qualitative Lebenszeit dar, ihr Hauptkennzeichen sei die Selbstbestimmung. Die “Obligationszeit“ sei die Zeit, in der Individuen verpflichtenden, bindenden, und verbindlichen Tätigkeiten nachgingen. Neben dieser subjektiven Komponente gäbe es noch eine objektive Komponente, in- dem Personen, z.B. aus beruflichen, familiären, oder gesellschaftlichen Ursachen, an bestimmte Tätigkeiten gebunden seien. Hauptkennzeichen dieser Zeit sei die Zweckbestimmung. Die “Determinationszeit“ sei zeitlich, räumlich, und inhaltlich festgelegt. Ihr Hauptkennzeichen sei somit Fremdbestimmung. Bei der beispielhaften Erläuterung dieser Zeitabschnitte muß Opaschowski indirekt einräumen, daß es sich, bezogen auf die Erklärung gesellschaftlicher Freizeitphänomene, um relativ unscharfe bzw. offene Begriffe handelte, die je nach Sinnzusammenhang unterschiedlich beurteilt werden könnten, bzw. im Zweifelsfall qualitativer Erklärungsansätze bedürften. Als Beispiel nimmt er die Ausübung bestimmter Freizeitsportarten: Würden diese z.B. aus Geltungssucht ausgeführt, könne sich darin eine gesellschaftlich ausgeübte Fremd-bestimmung äußern. Freizeitsport könne dann, je nach Sinnzusammenhang, auch der Obligationszeit, oder gar der Determinationszeit zugerechnet werden. Opaschowski folgert daraus, daß es bei der Interpretation freizeitlicher Verhaltensweisen nicht darum ging was jemand tue. Vielmehr ginge es darum, zu erkennen warum und wie, also mit welcher Zielsetzung und Motivation, bestimmte Tätigkeiten ausgeübt würden.[24]

Verfolgt man weiteren Erörterungen Opaschowskis im Gesamtkontext, fällt auf, daß die ganzheitlich angestrebte Betrachtungsweise der Lebenszeit, nach und nach wieder in ihre Bestandteile verfällt. Die Determinationszeit wird vorwiegend zum Synonym für Beruf, die Dispositionszeit vorwiegend zum Synonym für Freizeit / freie Zeit, und die Obligationszeit wird lediglich zur Grauzone zwischen beiden Zeiten. So benutzt Opaschowski im bereits genannten Werk “Einführung in die Freizeitwissenschaft“ nur die Obligationszeit explizit als Arbeitsbegriff. Die Obligationszeit wird hier dann aber auch wechselweise, mal mit dem Begriff “Halb-Freizeit“, und mal als “Übergangsaktivität“ beschrieben.[25] Zur Obligationszeit gehörten demnach zeitlich aufwendige Haushalts- und Reparaturarbeiten, Einkäufe, Behördengänge, familiäre und soziale Verpflichtungen, sowie gemeinnützige und freiwillige Tätigkeiten.[26] Der eindeutige Schwerpunkt der theoretischen Erörterungen, liegt in diesem Einführungswerk dann jedoch bei der Erforschung der Dispositionszeit, bzw. freizeitlicher Aktivitäten. Vielleicht ist dies auch ein Grund dafür, daß er diesem Werk die o.a. Unterscheidungen und Überlegungen nicht trifft, um logische Brüche zu vermeiden, indem er einerseits ganzheitliche Betrachtungsweisen anstrebt, andererseits aber relativ auf die freizeitliche Lebensebene fixiert bleibt.

2.3.2. Exkurs : Altagsästhetische Episoden bei Schulze

Wie sich später noch ausführlicher zeigen wird, verfolgt auch Gerhard Schulze eine in dieser Hinsicht vergleichbare Forschungsstrategie. So legt auch er seinen Untersuchungsschwerpunkt auf die Erforschung gesellschaftlicher Phänomene, die im Sinne der o.a. Dispositionszeit von relativ freien Wahl-, Entscheidungs-, und Handlungsmöglichkeiten geprägt seien, und in denen Probleme der Fremdbestimmung, oder bestimmte situative Kontexte, nur noch eine marginale Rolle spielten. Anders als bei Opaschowski, spiegelt sich diese Forschungsabsicht bei Schulze jedoch in einer konkreteren theoretischen Ausarbeitung nieder. So haben die Darstellungen Opaschowskis, wenn es z.B. um die Interpretation gemessener Freizeitaktivitäten geht, vielfach eher einen deskriptiven als erklärenden Charakter, indem z.B. gemessene Medienpräferenzen wie „Fernsehen“ und „Lesen“ lediglich prozentual gegeneinander aufgewogen werden, anstatt die hinter diesen Präferenzen stehenden Motivationen hinreichend zu erklären.[27] Bei Schulze stellen „Lesen“ und „Fernsehen“ dann auch keine reinen Freizeitaktivitäten dar. Vielmehr handelte es sich hierbei um Tätigkeiten, bzw. “Wahlentscheidungen“, die “erlebnisrationalen“ Handlungsabsichten entsprängen.[28] So wird bei ihm z.B. „Lesen“ zu einer ausgewählten “alltagsästhetischen

Episode“, welche er als eine “Handlung [definiert], die sich erstens in einer Situation ereignet, in der mehrere Handlungsmöglichkeiten bestehen, die zweitens durch innenorientierte Sinngebung motiviert ist und die drittens alltäglich ist.“[29]

Was in diesem Zusammenhang genauer unter „erlebnisrationalen Handeln“ oder „innenorientierter Sinngebung“ zu verstehen ist, soll zu einem späteren Zeitpunkt hinreichend geklärt werden. Hier ging es zunächst darum, zumindest anzudeuten inwiefern sich Opaschowski und Schulze hinsichtlich bestimmter theoretischer Prämissen zwar überschneiden, gleichzeitig jedoch deutliche Unterschiede in der theoretischen Fundierung bestehen. So auch, wenn Opaschowski im o.a. Zusammen-hang, wie im folgenden dargestellt werden soll, von inhaltlichen Komponenten der Freizeit spricht.

2.3.3. Inhaltliche Komponenten der Freizeit bei Opaschowski

Die nachfolgenden Erkenntnisse beziehen sich wieder auf Opaschowskis Werk, „Pädagogik der freien Lebenszeit“. Demnach sei Freizeit in drei unterschiedliche Elemente aufzuteilen : “Spielerische Arbeit, zielgerichtete Beschäftigung, und zwanglose Muße“. Spielerische Arbeit seien spielerische Tätigkeiten, die den Charakter von Arbeit hätten, so z.B. Leistungsvergleiche bei Sport und Spiel. Zielgerichtete Beschäftigungen seien beziehbar auf die eigene Person, z.B. in Form von Erholung oder Weiterbildung, beziehbar auf Aktivitäten, die im Zusammenhang von Partnerschaften, Kleingruppen, und Großgruppen unternommen würden, sowie beziehbar auf sachbezogene Tätigkeiten, wie z.B. Heimwerken und Autopflege. Zwanglose Muße äußerte sich einerseits in einer persönlich verfügbaren Zeit, in der man in der Lage sei, eigenen Interessen nachzugehen, und andererseits in einer zweckfreien Zeit, die durch produktive Inaktivität, im Sinne von Erholung, zu kennzeichnen sei.[30]

2.3.4. Grundbedürfnisse in der Freizeit bei Opaschowski

Opaschowski[31] benennt acht verschiedene Grundbedürfnisse in der Freizeit.

Diese seien :

Erholung, Gesundheit und Wohlbefinden (Rekreation)
Ausgleich, Zerstreuung und Vergnügen (Kompensation)
Lernen (Edukation)
Ruhe, Muße und Selbstbestimmung (Kontemplation)
Mitteilung, Kontakt und Geselligkeit (Kommunikation)
Zusammensein, Gemeinschaftsbezug und Gruppenbildung (Integration)
Beteiligung, Engagement und soziale Selbstdarstellung (Partizipation)
Kreative Entfaltung, produktive Betätigung und Teilnahme am kulturellen Leben (Enkulturation)

Hierbei handelte es sich um idealtypische Kriterien, die eine Anleitung für die Erziehungs- und Bildungsarbeit liefern sollten. Opaschowski weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß Menschen “... in ihrer Freizeit nach Ausgleich und Erfüllung suchen, obwohl die Defizite hier nicht entstanden sind.“[32] Vielmehr seien die Ursachen für Bedürfnisdefizite in den fremd determinierten Zeiten, bzw. Lebens-situationen zu suchen. Da hier aber der Einflußspielraum geringer sei, flüchteten sich die Menschen in kompensatorische Freizeitaktivitäten.

2.4. Differenzierung des Freizeitbegriffs bei Opaschowski

Opaschowski unterscheidet vier Möglichkeiten der Freizeitbegriffsbildung. Demnach könne man in folgender Art und Weise zwischen einem “positiven“, “negativen“, “problematischen“, sowie einem “assertorischen“ Freizeitverständnis unterscheiden, und ihnen dementsprechend verschiedene Bedeutungen zumessen.[33]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.4.1. Positiver Freizeitbegriff bei Opaschowski

Opaschowski operiert aber generell eher mit dem positiven Freizeitbegriff, der die Überlegungen zu den problematischem und assertorischen Begriffen mal mehr mal weniger mit einschließt. Somit umfaßt der positive Freizeitbegriff bei Opaschowski “..Lebenssituationen, die relativ frei .. sind

- von physiologischen Grundbedürfnissen und ökonomischen, sozialen und normativen Zwängen ..sowie
- für Wahlmöglichkeit .., Entscheidungsmöglichkeit .. und Initiativmöglichkeit .. im sozialen Bezug.“[34]

Wiederum zeigt sich hier der Bezug zu Gerhard Schulze, indem dieser in diesem Zusammenhang von den zunehmenden Chancen der “Lebensgestaltung jenseits situativ bedingter Probleme...“[35] spricht.

Wie sich im weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung zeigen wird, drückt sich mit der vorangegangenen Freizeitdefinition Opaschowskis, sowie im Zusammenhang der weiter oben angeführten Erläuterungen auch dessen allgemeine Grundhaltung aus. Einerseits tritt er für einen Forschungsansatz ein, der eine ganzheitliche Lebenszeitbetrachtung beinhalten sollte, andererseits blendet er durch seine positive Begriffsbestimmung jedoch gesellschaftliche Tatbestände, wie ökonomische, soziale, und normative Zwänge, weitgehend aus der Betrachtung aus. Wie sich noch zeigen wird, geschieht dies nicht allein durch Ausschluß dieser Tatbestände, sondern durch Umdeutung der damit verbundenen gesellschaftlichen Zusammenhänge. Gesellschaftliche Tatbestände wie z.B. Arbeitslosigkeit werden dann so interpretiert, daß sie mittels einer optimistisch geprägten Sichtweise in das Erklärungsmodell Opaschowskis passen. Wie dies geschieht soll an anderer Stelle ausführlicher geschildert werden.

2.4.2. Handlungsfelder von Freizeitsituationen

Im Werk “Pädagogik der freien Lebenszeit“ arbeitet Opaschowski auch jene Handlungsfelder heraus, die Basis für einen Großteil seiner empirischen Forschungen sind. Er streicht in diesem Zusammenhang hervor, daß der positive Freizeitbegriff sowohl allgemein auf Erwerbstätige, als auch auf nicht Nichterwerbstätige, wie Schüler, Studenten, Hausfrauen und Rentner, anzuwenden sei. “Freie Zeit“ schließe somit “...alle zeitlich freiverfügbaren Lebenssituationen ein, so daß zwischen

- freier Zeit am Feierabend
- freier Zeit am Wochenende
- freier Zeit im Urlaub
- freier Zeit am Ruhestand
- freier Zeit in der Arbeitszeit

unterschieden werden ..“[36] könne. Auch hier zeigen sich wieder Unschärfen in der Begriffsbildung, wenn Opaschowski in diesem Zusammenhang anmerkt, daß er statt „freier Zeit“ allgemein von “Freizeit“ sprechen will, wenn es um den Feierabend, das Wochenende oder den Jahresurlaub geht. Wie sich im o.a., und in der Kenntnisnahme seiner Werke zeigt, ist dies ein Vorsatz, den er nie konsequent durchhält. Opaschowski unterscheidet nun weiterhin zwischen “offenen, teiloffenen, und nichtoffenen Freizeitsituationen.“Offene Freizeitsituationen seien demnach alle Freizeitsituationen, die durch Möglichkeiten der freien Selbstbestimmung gekennzeichnet seien. Teiloffene Freizeitsituationen ergäben sich im Umfeld von Arbeits-, Schul-, und Erholungspausen, sowie allgemein zu Wartezeiten. Weiterhin könne man im auch Zusammenhang vielfältigster Handlungsgegebenheiten wie Demonstrationen, Kuren oder Bildungsurlaub von teiloffenen Freitzeitsituationen sprechen. Nichtoffene Freizeitsituationen seien Freizeiten von Personen, die sich in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Gefängnissen aufhielten.[37]

Hier zeigt sich abermals die Vielfältigkeit der von Opaschowski vorgenommen Begriffsbildungen, und ihre Anwendung auf gleiche gesellschaftliche Phänomene. So ist es z.B. fragwürdig, warum er an anderer Stelle mit den Begriffen Dispositionszeit, Obligationszeit und Determinationszeit operiert, während hier von offenen, teiloffenen, und nichtoffenen Freizeitsituationen gesprochen wird. Bezüglich dieser angesprochenen

Definitionen gibt es zumindest starke Überschneidungen, auf die Opaschowski aber noch nicht mal verweist. Wiederum drückt sich damit aber die Tatsache aus, daß Opaschowski vom eigenen Anspruch der ganzheitlichen Lebensbetrachtung abkommt, und sich in seinen Ausführungen statt dessen eben doch zumeist auf die Abhandlung von Freizeitsituationen konzentriert.

Im folgenden soll kritisch analysiert werden, wie Opaschowski die historische, quantitative, und qualitative Entwicklung des Freizeitumfanges, beschreibt und beurteilt.

2.5. Entwicklung des Freizeitumfangs in Deutschland

2.5.1. Historische Entwicklung des Freizeitumfangs

Die folgenden Erkenntnisse über die historische Entwicklung des Freizeitumfanges in Deutschland ergeben sich vorwiegend aus Opaschowskis „Einführung in die Freizeitwissenschaft“ von 1997.[38] In diesem Zusammenhang soll noch einmal darauf verwiesen werden, daß Opaschowski im Verlauf dieser Schilderungen auf eine systematische Verwendung des Freizeitbegriffs, im weiter o.a. Sinne, weitgehend verzichtet. “Freizeit“ und “freie Zeit“ werden oft synonym verwendet, allgemein gilt das Primat des positiven Freizeitbegriffs. Weiterhin vermengen sich in seinen Darstellungen empirisch ermittelte Daten mit eigene Wertvorstellungen, welches somit auch in den folgenden Ausführungen zum Ausdruck kommt, und entsprechend kritisch gewürdigt werden soll.

Opaschowski beklagt in einer ersten Annäherung an die historische Entwicklung des Freizeitumfangs, daß dieser in der Öffentlichkeit und den Medien immer wieder verzerrt dargestellt würde. Es bestünde die Tendenz, den heutigen Freizeitumfang mit dem Anteil zu vergleichen, den Menschen in der Industrialisierungsphase zur Verfügung gehabt hätten. Dieses sei aber unzulässig, da es sich hierbei um historische Extremwerte handelte. Vielmehr müsse man die Bedingungen vor der industriellen Revolution berücksichtigen. So beginnt er seine Analyse der deutschen Freizeitentwicklung mit der Überprüfung von im 13. Jahrhundert bestandenen Ruhezeiten. Bestehende Verbote für Nacht und Sonntagsarbeit, Einschränkungen der Arbeit am Samstag, die gesamte Anzahl der Ruhetage, sowie Gewährung von Ferientagen für Handwerker, seien Indizien, für ein vorindustrielles Freizeitaufkommen, daß dem Umfang nach mit dem heutigen Freizeitaufkommen vergleichbar sei. Die freie Zeit hätte sich lediglich anders verteilt. Erst ab dem 15. Jahrhundert sei mit der zunehmenden Mechanisierung der Arbeit, eine Abnahme der Freizeit zu verzeichnen gewesen. Im Laufe der zunehmenden Industrialisierung habe sich dann die räumliche und inhaltliche Trennung von „Arbeit“ und „Freizeit“ herausgebildet und verstärkt. Die gelte gleichermaßen für die Bewußtseinsebene der Menschen. Nach der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts, und speziell im 19.Jahrhundert, sei dann die Zeit ausgebrochen, die Opaschowski, im Hinblick auf die öffentliche Beurteilung der Freizeitentwicklung, als “historischen Unfall“ bezeichnet. Hauptkennzeichen dieser Epochen, seien rapide Zunahmen der täglichen Arbeitszeiten, Kinderarbeit, sowie allgemein Familienarbeit zur Wahrung des Existenzminimums, wobei insgesamt also kaum Freiraum für Freizeit geblieben sei.[39]

Schon hier zeigt sich eine verkürzte historische Sichtweise Opaschowskis, die von seinem heutigen Idealbild der Freizeit geprägt ist. Ein Zeitraum von über 200 Jahren, kann weder qualitativ noch quantitativ als “historischer Unfall“ bezeichnet werden, nur weil er für das heutige Verständnis über Qualität und Quantität von Freizeit ver-antwortlich gemacht wird. Gerade in diesem Zusammenhang, wäre es jetzt zudem eigentlich interessant gewesen, zu erfahren, wie sich das Freizeitbewußtsein in diesen Epochen konkret ausgedrückt hat, wenn es sich gerade in dieser Zeit, wie bereits o.a., herausgebildet hätte. Leider beschränkt sich Opaschowski in diesem Zusammenhang jedoch darauf, Daten zu thematisieren, die sich auf Quantitäten der Arbeit beziehen. Der einzige Hinweis den Opaschowski im Hinblick auf qualitative Unterschiede in der Freizeitverwendung früherer und heutiger Epochen liefert, liegt in der Betonung darauf, daß Freizeit früher vor allem Ruhezeit gewesen sei.

Infolge des Engagements der Arbeiterbewegungen hätten sich mit der Jahrhundert-wende die Bedingungen für ein mehr an Freizeit stark verbessert. Den entscheidenden Durchbruch für die Entwicklung heutiger Freizeitstandards stellte dann die Einführung

des 8-Stunden-Tages um die Jahre 1918/19 dar. Nach der Analyse Opaschowskis, hätte man sich somit schrittweise bis zur heutigen Zeit, jenes Quantum an Freizeit zurückerobert, welches man in den Epochen der Industrialisierung verloren hatte. In der weiteren Diskussion der Freizeitentwicklung Opaschowskis stellt sich nun, im o.a. Werk “Einführung in die Freizeitwissenschaft“, ein gewisser logischer und systematischer Bruch ein. Anstatt, wie bisher, die Freizeitentwicklung im historischen Verlauf zu schildern, benennt er verschiedene Zeitphasen, in denen sich gesell-schaftliche Ausdifferenzierungen der Verhältnisse von der “Arbeit“ zur “Freizeit“ ausdrückten. Diese Schilderungen beginnen mit den 50er Jahren und enden mit einer Prognose zukünftiger Entwicklungen, worauf an dieser Stelle noch zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen werden soll.[40]

In einem anderen Werk Opaschowskis, “Freizeitökonomie : Marketing von Erlebnis-welten “[41], wird die quantitative Entwicklung der Freizeit bis heute hingegen stichwortartig fort geschrieben . Demnach könne das 20.Jahrhundert, objektiv gesehen “...als das „Jahrhundert der Freizeit“ in die Geschichte der modernen Arbeit eingehen.“[42] Somit hätte sich die tägliche Arbeitszeit, die Wochenarbeitszeit, und die Anzahl der Werktage, ab Beginn des 20.Jahrhunderts, stetig nach unten entwickelt. Um 1900 betrug demnach die tägliche Arbeitszeit ca.10 Stunden. Ab 1955/56 verbreitete sich die 5-Tage-Woche, und ab 1965 die 40-Stunden Woche. 1985 wären es nur noch wöchentliche Arbeitszeiten von durchschnittlich 39,8 Stunden, und 1993 schließlich 38,5 Stunden.[43] Auffällig hierbei ist, daß Opaschowski in beiden, wie auch in anderen Werken, die Jahre zwischen 1919 und 1950 nahezu komplett aus seiner Analyse ausspart. Insbesondere die “Kraft-Durch-Freude“ - Freizeitprogramme im Nationalsozialismus, wären jedoch eine Analyse Wert gewesen. So könnten diese Programme geradezu als Paradebeispiel dafür dienen, wie sich Lebenszusammenhänge von “Arbeit“ und “Freizeit“, mit Hilfe einer diktatorischen Propagandamaschinerie, komplett miteinander verweben lassen. Gerade zur Untersuchung dieser Phänomene, hätte dann auch die von Opaschowski angestrebte ganzheitliche Lebenszeitbetrachtung. gepaßt. Weiterhin lieferten diese Programmen ein Beispiel dafür, wenn auch zugegebenermaßen extremer Art, und bei isolierter Betrachtung dieser Phänomene, wie schädlich eine staatlich gelenkte Freizeitplanung sein kann, wofür Opaschowski immer wieder mehr oder weniger stark plädiert.

Nach dieser Schilderung der historischen Freizeitentwicklung soll in den folgenden Ausführungen nun nachvollzogen werden, wie Opaschowski die Entwicklungen aktueller Freizeittendenzen beschreibt und beurteilt. Die Schilderungen orientieren sich dabei wiederum zumeist an den Ausführungen Opaschowskis aus dem Werk “Einführung in die Freizeitwissenschaft“ von 1997, wobei hier auch immer wieder die bereits weiter oben angeführten, kritischen Anmerkungen über die Herkunft und Verwendung der von Opaschowski verwendeten empirischer Daten zum Tragen kommen sollen.

2.5.2. Aktuelle Konflikte und Diskrepanzen im Freizeitbewußtsein und Freizeitverhalten breiter Bevölkerungsschichten

Opaschowski konstatiert im Hinblick auf die aktuellen gesellschaftlichen Freizeitvorstellungen Konflikte und Diskrepanzen im Freizeitbewußtsein und Freizeitverhalten breiter Bevölkerungsschichten. Demnach würden einerseits gesellschaftliche Freizeitideale für sich in Anspruch genommen, aber nicht entsprechen umgesetzt. Dies äußere sich z.B. darin, daß man dem Freizeitideal einer aktiven Freizeitgestaltung zustimme, jedoch statt dessen passive Tätigkeiten wie Fernsehen bevorzuge. Andererseits würden eigene Freizeitvorstellungen gesellschaftlichen Idealen untergeordnet. Anstelle gesundheitlich sinnvollem Ausruhen, erfolgte dann ein rastloses, ungesundes, Freizeitverhalten, nur weil man dem gesellschaftlichen Ideal nach Aktivität entsprechen wollte. Sowohl Aktivität als auch Passivität, seien also bei persönlicher Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit, negativ zu bewerten. Opaschowski spricht in diesem Zusammenhang weiten Teilen der Bevölkerung die Fähigkeit ab, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten, und plädiert für die Bereitstellung entsprechender Hilfsangebote.[44] Art und Umfang der Hilfsangebote werden an anderer Stelle weitergehend thematisiert, sollen hier jedoch zunächst nicht weiter verfolgt werden. In den folgenden Ausführungen soll nun kritisch beobachtet werden, wie Opaschowski die Entwicklungen aktueller Freizeitumfänge darstellt.

2.5.3. Kritische Anmerkungen zur Darstellung der Entwicklung des aktuellen Freizeitumfangs bei Opaschowski

Im Rückgriff auf die o.a. Ausführungen münden die Erkenntnisse Opaschowski nun darin, daß man davon sprechen könne, daß der heutigen Generation, objektiv gesehen, und im historischem Vergleich, die meiste Freizeit zur Verfügung stünde. Im Zusammenhang dieser These soll an dieser Stelle zum ersten Mal ausführlicher auf die weiter o.a. methodischen Mängel und Fehler eingegangen werden. An diesem, wie auch anhand noch folgender Beispielen, zeigt sich, daß Opaschowski sehr sorglos bei der Vermischung alter Forschungsergebnisse mit neuen Erkenntnissen vorgeht So heißt es 1997, im Werk “Einführung in die Freizeitwissenschaft“ :

(...)“Im internationalen Vergleich gehört Deutschland im Hinblick auf die tarifliche Wochenarbeitszeit zu den Spitzenreitern : Norwegen (37,5 Stunden), Belgien und Dänemark (je 38) sowie Deutschland (38,4) führen die Spitzengruppe an. Am unteren Ende rangieren die Schweiz (41) und Japan (42). Noch nie hatte eine Generation – objektiv gesehen – so viel Freizeit (...)“[45]

1993 liest sich die gleiche Passage, im bereits o.a. Werk,“Freizeitökonomie : Marketing von Erlebniswelten“, so :

(...)“Im internationalen Vergleich gehört die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die tarifliche Wochenarbeitszeit zu den Spitzenreitern : Norwegen (37,5 Stunden), Belgien und Dänemark (je 38) sowie die Bundesrepublik (38,4) führen die Spitzengruppe an. Am unteren Ende rangieren die Schweiz (41), Japan (42) und die DDR (43,75). Im internationalen Vergleich entsteht der Eindruck: Die Deutschen leben von der Arbeit, die Amerikaner mit der Arbeit und die Japaner für die Arbeit. Die deutschen Arbeitnehmer haben mittlerweile die 35-Stunden-Woche im Visier, die bis zum Jahr 2000 für viele Berufstätige Wirklichkeit werden wird.“(...)[46]

Im Jahre 1990 hieß es, im ähnlichen Zusammenhang, im Werk “Herausforderung Freizeit“[47]:

(...) “Wird die 35-Stunden-Woche im Jahr 2000 Wirklichkeit sein? Im internationalen Vergleich gehört die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die tarifliche Wochenarbeitszeit zu den

Spitzenreitern : Norwegen (37,5 Stunden), Belgien und Dänemark (je 38) sowie die Bundesrepublik

(38,4) führen die Spitzengruppe an. Am unteren Ende rangieren die Schweiz (41) und Japan (42).

Noch nie hatte eine Generation – objektiv gesehen – so viel Freizeit[48] (...)

Mittels dieser Gegenüberstellung, der o.a. Textausschnitte aus den Werken von 1990,1993, bzw. 1997, ergeben sich nun folgende Verdachtsmomente, bzw. ersichtliche Mängel :

- Im Werk von 1997 wurden Daten älteren Ursprungs verwendet, ohne dies explizit zu kennzeichnen, wie aus der Nennung “aktueller“ Arbeitszeitdaten der DDR (!) ersichtlich ist.
- Bereits im Werk von 1993 wurden ältere Daten verwendet, wie aus der Nennung “aktueller“ Arbeitszeitdaten der DDR (!) ersichtlich erscheint.
- Im Sinne dieser Betrachtungsweise, muß auch für die Daten aus dem Jahr 1990 ein älterer Ursprung vermutet werden
- Der Hinweis auf die (alte) Quelle dieser Daten, fehlt in jedem der o.a. Zitate
- Die Prognosen der 35-Stunden-Woche (1990,1993) für das Jahr 2000, können unter dem Eindruck aktueller Arbeitsmarktdaten verworfen werden.
- Die internationalen Arbeitszeitdurchschnittsdaten bleiben (ungeprüft ?) konstant

Auch wenn die o.a. Gegenüberstellung kleinlich erscheinen mag, stellt sie doch ein Beispiel dafür dar, wie Opaschowski in seinen Werken immer wieder Versatzstücke aus nicht weiter gekennzeichneten, alten Quellen benutzt, und in neue Sinnzusammen-hänge einfügt. Bei Bedarf klammert er dann alte Thesen aus, wie z.B. die o.a. Prognosen für die Arbeitszeitentwicklung im Jahre 2000, wenn sie nicht mehr in den neuen Kontext passen, ohne den Rest der Textpassage zu ändern. Diese Verfahrens-weise mag zwar aus arbeitsökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll erscheinen, läßt aber auch gleichzeitig den Verdacht aufkommen, daß alte Daten somit immer wieder nur künstlich aufgefrischt, und dem neuen Zeitkontext angepaßt werden. Dies soll im Laufe dieser Ausarbeitung immer wieder aufgezeigt werden.

Unabhängig davon offenbart sich in allen dreien o.a. Zitaten Opaschowskis eindimensionaler Umgang mit empirisch ermittelten Durchschnittsdaten, indem er diese zur Behauptung gesamtgesellschaftlicher Tatbestände heranzieht.

2.5.4. Widersprüche in der Behauptung gesellschaftlicher Tatbestände

Verfolgt man nun noch beispielhaft den Argumentationshergang Opaschowskis im Werk “Einführung in die Freizeitwissenschaft“, so ergibt sich ein ebenso verwirrendes, wie widersprüchliches Bild. Ausgehend vom o.a. Zitat räumt Opaschowski hier dann ein, daß Durchschnittsdaten nur bedingt geeignet seien, um gesellschaftliche Freizeitumfänge zu ermitteln. Zunächst argumentiert er dabei mit Umfragedaten aus dem Jahre 1989, wonach sich 53 % der Berufstätigen über Freizeitdefizite beklagten. Dabei hätten nur ein Drittel aller Befragten mehr als vier Stunden Freizeit zur Verfügung gehabt. 17 % der Befragten hätten sogar angegeben, nur über ein bis zwei Stunden Freizeit zu verfügen.[49]

Auf die o.a. Feststellungen begründet Opaschowski nun seine folgende Aussage, die er auch in den oben angesprochenen Werken von 1990 und 1993 beifügt :“Mit einem Satz: „Die Freizeitgesellschaft“ ist eine Legende. Die Freizeitforscher haben die „Freizeitgesellschaft“ nicht erfunden und auch nie sogenannt und beschrieben. Ganz im Gegenteil: Die „Freizeitgesellschaft“ wurde schon frühzeitig als Mär und Mythos entlarvt ...“[50] Wenig später liefert Opaschowski jedoch nun die von ihm diagnostizierten Hauptgründe für die beklagten Freizeitdefizite. Diese lägen in der von den Befragten unterlassenen Anrechnungen der weiter oben thematisierten, und der Obligationszeit anzurechnenden Übergangsaktivitäten zur Freizeit. So würden die Befragten beispielsweise die Wege von der Arbeit nach Hause, sowie allgemeine, soziale, und familiäre Verpflichtungen, nicht, oder nicht im vollem Umfang der Freizeit anrechnen, womit dann die niedrigen Freizeitwerte zustande kämen. Opaschowski spricht in diesem Zusammenhang von einer Diskrepanz zwischen objektiv zu ermittelnder und subjektiv wahrgenommener Freizeit[51], welches weiter unten noch eingehender thematisiert wird. “Mit anderen Worten: Die Freizeitrevolution ist im subjektiven Bewußtsein der meisten Berufstätigen nicht angekommen...Pointiert formuliert: Berufstätige können eigentlich nie genug Freizeit haben, weil ihnen acht Stunden am Tag fehlen.“[52]

Im Eindruck dieser Aussagen entsteht ein merkwürdig anmutendes Nebenher von Argumentationsfolgerungen Opaschowskis. Einerseits verneint er vehement den Begriff

der „Freizeitgesellschaft“, andererseits beschreibt und behauptet er gesellschaftliche Strukturen, die eine Verwendung dieses Begriffes, im Zusammenhang seiner Aussagen rechtfertigen könnten. Opaschowskis Vermeidung, bzw. explizite Verneinung des Begriffs der Freizeitgesellschaft, wirkt in diesem Zusammenhang somit eher künstlich konstruiert. Nimmt man statt dessen somit die von Opaschowski ermittelten Zunahmen der objektiven Freizeit, und berücksichtigt nun noch den weiter unten zu thematisierenden empirischen Schwerpunkt Opaschowskis, der eben auch auf der Erforschung gesellschaftlicher Freizeitaktivitäten liegt, könnte man diese Bausteine auch als Kennzeichen für eine Gesellschaft sehen, die als Freizeitgesellschaft zu charakterisieren wäre. In einer eigenen, überspitzten Formulierung, hätte dann auch die folgende Aussage gepaßt, die Opaschowski im Sinne dieser Argumentation hätte treffen können : Die Menschen leben zwar in einer Freizeitgesellschaft, sind sich dessen jedoch nicht bewußt, und können nicht richtig damit umgehen.

Hierin drücken sich wiederum, die bereits weiter oben angedeuteten Unschärfen und Unstimmigkeiten aus, die im Zusammenhang der von Opaschowski verwendeten Begriffe zur Beschreibung gesellschaftlicher Tatbestände, zu identifizieren sind. Wenn man nun noch Opaschowskis Ausführungen im zeitlichen Kontext heran führt, und dabei besonders penibel vorgeht, lassen sich sogar seine oben angeführte Aussagen, daß die Freizeitgesellschaft nie so genannt wurde, widerlegen. Wie bereits weiter oben angeführt, läßt sich sogar vielmehr nachweisen, daß Opaschowski diesen Begriff in einer 1973 verfaßten Abhandlung eben doch verwendet hatte.[53] “Erst durch das moderne Freizeitleben der Nachkriegszeit und die gegenwärtige Entwicklung zu einer Freizeitgesellschaft tritt das Problem der Freizeiterziehung in eine neue Phase, in der sich die Sinngebung des Lebens in den Freizeitbereich zu verlagern scheint...“[54] Überspitzt formuliert, läßt sich hierbei feststellen, das dieses Zitat bei isolierter Betrachtung nach wie vor in den von Opaschowski verwendeten Erklärungszusammenhang paßt, wenn er sich, z.B., wie weiter oben angeführt, im Sinne der Erlebnisgesellschaft Gerhard Schulzes, über die Ausbreitung von “Sinn-Krisen“ bei gesellschaftlich priviligierten Gruppen ausläßt. Somit läßt sich auch die hier geäußerte Ansicht vertreten, das die gesellschaftlichen Analysen Opaschowskis, neben den zahlreichen von ihm angebotenen Begriffen, auch unter dem Begriff der “Freizeitgesellschaft“ zusammenzufassen sind.

Dies soll noch mal anhand eines weiteren Beispiels demonstriert werden, mit dem man Opaschowski nachweisen kann, wie er alte Erkenntnisse umbewertet, damit sie in seinen neuen Erklärungskontext passen. So befaßte sich Opaschowski auch im Jahre 1976, im Werk “Pädagogik der Freizeit“[55], mit Analysen der Entwicklung von Freizeitquantitäten. Hier beurteilte er die damaligen Prognosen der Zukunftsforscher Kahn und Wiener, die eine künftige Entwicklung zu einer Freizeitgesellschaft für das Jahr 2000 prognostizierten, mit folgendem, negativen Kommentar : “Von einem qualitativ neuen Wandel zur >>Freizeitgesellschaft<< kann wohl kaum die Rede sein, wenn man sich nicht schicksalhaft den Kahn/Wiener’schen Prognosen ausliefern will, nach denen im Jahre 2000 nur noch 40 % der Bevölkerung arbeiten, ohne daß dies für Individuum, Staat und Gesellschaft von Nachteil wäre.. . Die gegenwärtige Realität sieht anders aus. Bei einem abhängig Erwerbstätigen entfallen durchschnittlich 42 % der insgesamt zur Verfügung stehenden Zeit auf Arbeit und arbeitsverbundene Tätigkeiten.., 44 % auf physiologische Notwendigkeiten wie Schlaf, Hygiene, Mahlzeiten, Regeneration und nur 14 % .. auf die freie Zeit..“[56]

Unabhängig zum folgenden Zitat, muß man hier zunächst anmerken, daß der Argumentationszusammenhang Opaschowskis wiederum verzerrt erscheint, und die beiden Sätze irgendwie nicht zueinander passen wollen. Im ersten Satz drückten sich drei Kritikpunkte Opaschowskis aus. Erstens widersprach er der Prognose zur Entwicklung einer Freizeitgesellschaft im Jahre 2000, zweitens bezweifelte er die These, daß dann nur noch 40 % der Bevölkerung arbeiteten, und drittens kritisierte er die Ansicht, daß dies gesellschaftlich nicht von Nachteil wäre. Anstatt nun auf alle drei Kritikpunkte einzugehen, konzentrierte sich Opaschowski in seinem zweiten Satz nun darauf darzulegen, daß den Erwerbstätigen durchschnittlich nur 14 % freie Zeit zur Verfügung stünden, wobei die Daten auf der er sich bezog, aus Forschungen vom Jahre 1973 stammten. In diesem Zusammenhang zeigt sich, daß Opaschowskis Begriffsbildung zum damaligen Zeitpunkt noch unschärfer war , als in dem weiter o.a. Abschnitt bereits ausgiebig kritisiert wurde. Begriffe wie „arbeitsverbundene Tätigkeiten“, und die genannten „physiologischen Notwendigkeiten“, fallen heute bei Opaschowski eher unter dem Begriff der „Obligationszeit, und werden hierbei in der Tendenz eher der Freizeit zugerechnet. Da dies zur damaligen Zeit offenbar noch nichtin dieser Klarheit der Fall war, könnte man die beiden o.a. Sätze im Sinne der Argumentation Opaschowskis auch folgendermaßen zusammenfassen : Von einem Wandel zur Freizeitgesellschaft kann nicht die Rede sein, weil den Erwerbstätigen zu wenig freie Zeit zur Verfügung steht. Bemerkenswert ist es nun zu beobachten, wie sich Opaschowskis Einstellung zu den o.a. Zukunftsprognosen Kahn und Wieners im Verlauf seiner weiteren Veröffentlichungen verändert, und in welchem Erklärungskontext er diese Prognosen verwendet.

So schrieb er 1996 im Werk “Pädagogik der freien Lebenszeit“, wobei er sich auf die gleichen Studien wie o.a. bezieht : “Kahn/Wiener entwickelten das Bild einer freizeitorientierten Gesellschaft, in der die Wochenarbeitszeit „drastisch gekürzt“ und die Urlaubszeit „dramatisch verlängert“ wird. Diese „wahrscheinliche“ Zukunfts-entwicklung ist zumindest in Deutschland heute Wirklichkeit geworden.“[57] Erstens, zeigt sich mit diesem Zitat, daß Opaschowski die Prognosen Kahn/Wieners, im Gegensatz zu früher, nun positiv beurteilte. Zweitens stimmte Opaschowski im Zusammenhang dieses Zitates nun der behaupteten Bildung einer „freizeitorientierten Gesellschaft“ zu, welches dem Begriff der „Freizeitgesellschaft“ doch inhaltlich ziemlich nahe kommt. Gleichfalls bemerkenswert ist, daß Opaschowski in diesem Kontext wiederum den Begriff der Freizeitgesellschaft meidet, obwohl er ihn 1976 im gleichen Kontext noch verwendet hatte. Wiederum entsteht der Eindruck, daß Opaschowski die Benutzung des Begriffs „Freizeitgesellschaft“ nur künstlich vermeidet, indem er den Begriff „freizeitorientierte Gesellschaft“ vorzieht, der inhaltlich im Prinzip das Gleiche suggeriert. Auch in einem seiner neuesten Werke, “Deutschland 2010“[58], zitiert Opaschowski die o.a. Zukunftsforscher nur noch im positiven Sinne. Während deren Prognosen wie o.a., vormals als „schicksalhaft“ abqualifiziert wurden, liest sich das an dieser Stelle schon ganz anders : “Die beiden Zukunftsforscher entwickelten seinerseits wissenschaftlich abgesicherte Analysen und Prognosen auf der Basis statistischer Zeitreihen.“[59] Wenig später wirft Opaschowski, dann folgende Frage auf :“Was bedeutet es beispielsweise, wenn der Zwei-Drittel-Anteil des Arbeitslebens an der gesamten Lebenszeit (1910) hundert Jahre später nicht einmal mehr das halbe Leben ausmacht (ca. 40 %) und die Arbeit damit einen wesentlichen Teil ihrer normativen Prägekraft verliert ?“[60] Hiermit werden also nun die damals abqualifizierten Prognosen benutzt und sogar zu Eigen gemacht, indem sie einfach für das Jahr 2010 fortgeschrieben werden.

Nach dieser kritischen Würdigung der von Opaschowski behaupteten gesellschaftlichen

Tatbestände über aktuelle Freizeitumfänge sollen nun in gleicher Weise, die von ihm ermittelten Diskrepanzen zwischen der „tatsächlichen“ und der „wahrgenommen Freizeit“ nachvollzogen und kritisch beäugt werden. Die Darstellungen beziehen sich dabei zunächst zumeist aus dem bereits mehrfach erwähntem Werk “Einführung in die Freizeitwissenschaft“ von 1997.

2.5.5. Diskrepanzen zwischen tatsächlicher und wahrgenommener Freizeit

Als Hauptursachen für die Diskrepanzen zwischen tatsächlicher und wahrgenommener Freizeit benannte Opaschowski hier die weiter oben bereits thematisierten Übergangs-aktivitäten“, die das subjektive Freizeitempfinden der betrachteten Bevölkerungs-gruppen Gruppen schmälerten. Wie bereits o.a., kritisierte Opaschowski die subjektiven Einstellungen der Bevölkerungsgruppen über mangelnde Freizeit : Die Bevölkerung hätte objektiv gesehen genügend Freizeit, wisse nur nicht sinnvoll mit ihr umzugehen, und stelle ein zu hohes Anspruchsniveau, indem die o.a. Übergangsaktivitäten zu negativ bewertet werden würden.[61] Überaus störend wirkt in dieser Verbindung der Erklärungszusammenhang Opaschowskis, welches im Zuge eines kleinen Exkurses näher erläutert werden soll. Während Opaschowski also in einem Absatz die o.a. Diskrepanzen thematisierte und auf gesellschaftlich zu ermittelnde Tatbestände des Jahres 1997 bezog, sprach er im unmittelbar folgenden Absatz nun gesellschaftliche Gruppen an, die unter einem Mangel an Freizeit litten. Benachteiligte Gruppen seien hier berufstätige Frauen, Hausfrauen mit mehreren Kindern, Selbständige und Freiberufler, sowie allgemein Menschen, die körperlichen und nervlichen Arbeitsbelastungen ausgesetzt seien.[62] Opaschowski machte dies auch an konkreten Umfragedaten fest. So klagten 61 Prozent der Selbständigen und Freiberufler über berufliche Belastungen, womit sich ein Mangel an Freizeit ausdrückte. Er unterließ hier jedoch die Kennzeichnung, daß es sich um Daten handelte, die bereits 1976 erhoben wurden und auch bereits 1988 im Werk “Psychologie und Soziologie. der Freizeit“[63] verwendet wurden. Auch wenn es plausibel erscheinen mag, Zusammenhänge nicht zu überarbeiten, wenn sie der Tendenz nach gleich geblieben sind, ist es methodisch unsauber, die Herkunft der Daten nicht explizit zu benennen. Statt dessen werden alte Umfragedaten mit neuen Umfragedaten verschachtelt, ohne das hier eine saubere Trennung erfolgt, die z.B. auch die unterschiedlichen Erhebungssituationen berücksichtigt. Somit erzeugt die Vermischung alter und neuer Daten teilweise eine nur künstliche Aktualität. Der gesamte Erklärungszusammenhang wird zu einem Konstrukt, indem sich aktuelle gesellschaftliche Befunde und alte empirische Daten vermischen. Diese Verfahrensweise, in der alte und neue Umfragedaten miteinander verschachtelt werden, ohne dies gesondert zu kennzeichnen, wiederholt sich im gesamten Einführungswerk Opaschowskis und auch in anderen Werken, welches an ausgewählten Stellen immer wieder angeführt werden soll. Wie sich im weiteren Verlauf seiner Ausführungen zeigt, beharrt Opaschowski weitestgehend auf der Thematisierung des durchschnittlichen Freizeitideals. Er benennt zwar Komponenten, die sowohl Qualität als auch Quantität von Freizeit einschränken, thematisiert diese aber nicht näher. Weiterhin fehlen Hinweise auf Berufsgruppen wie Schichtarbeiter und Angehörige sozialer Dienste, die keinesfalls in das o.a., durchschnittliche, Freizeitideal passen. Es zeigt sich, daß sich Opaschowski im Kernbereich seiner empirischen Forschung auf eben diesen Durchschnittsbereich konzentriert. An vielen Textstellen, die im Verlauf dieser Ausarbeitung immer wieder angeführt werden, ergibt sich dadurch ein schiefes Bild in der Argumentation Opaschowskis. Das Opaschowski sehr wohl dazu fähig und willens ist, Arbeits- und Lebensformen zu registrieren, die sich abseits dieses durchschnittlichen Freizeitideals bewegen beweist er in anderen Werken, wie z.B. dem bereits erwähnten Werk “Deutschland 2010“. Hier beschreibt er z.B. die zunehmenden strukturellen Veränderungen des Arbeitsmarktes und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen. “Wir müssen Abschied nehmen von der Normalarbeitszeit. In der Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft der Zukunft geraten die Zeitblöcke von Arbeit und Freizeit durcheinander. Schon heute leisten mehr als zwei von fünf Beschäftigten regelmäßig oder gelegentlich Nacht-, Schicht- oder Wochenendarbeit. Die berufliche Arbeit am Wochenende wird sich für immer mehr Beschäftigte zur neuen Norm entwickeln.“[64]

Dieser Feststellung Opaschowskis soll hier nicht widersprochen werden. Liefert er doch damit selbst die Ansatzpunkte, die dazu dienen können, seine im o.a. Einführungswerk getroffenen Aussagen, die größtenteils auf einem durchschnittlichem Freizeitideal beruhen, hinreichend zu falsifizieren. Unklar bleibt, warum er im Einführungswerk an der Schilderung durchschnittlicher Freizeitideale festhält, während er parallel in anderen Werken, auf differenzierte Aussagen zurückgreift. Das „Gesamtwerk“ Opaschowskis spaltet sich somit zunehmend in Bereiche auf, die sich zwar aufeinander beziehen, qualitativ aber äußerst unterschiedlich zu bewerten sind. So wirkt z.B. das Einführungswerk von 1997, wie bereits mehrfach angedeutet, besonders mißglückt. So kann man dort z.B. in großer Fülle beobachten, wie Opaschowski alte Erkenntnisse fortschreibt, mit neuen Umfragedaten vermengt und dadurch immer wieder nur künstlich aktualisiert. Weiterhin bildet das sich in diesem Werk befindliche Beharren auf Konzepten wie typischer/mißlungener/gelungener Feierabend“ und „typisches/mißlungenes/gelungenes Wochenende“, ein exemplarisches Beispiel für eine, auf heutige gesellschaftliche Tatbestände bezogene, verzerrte Sichtweise Opaschowskis.[65] In dieser Hinsicht lohnt es sich auch, einen Blick auf die Entstehungsgeschichte dieses Werkes zu werfen, welches weiter unten auch noch mal exemplarisch vollzogen werden soll.

3. Entwicklung des Erlebnisbegriffs bei Horst W. Opaschowski und Gerhard Schulze

3.1. Erlebnisorientierung bei Opaschowski

Wie bereits eingangs dieser Ausarbeitung zur Sprache kam, identifizierte Opaschowski bereits 1980 gesellschaftliche Tendenzen, die darauf hinausliefen, daß sich wachsende Tendenzen zur Erlebnisorientierung in der Freizeit herausbildeten. Freizeit würde im Wesentlichen zur “Erlebniszeit“ in der man zunehmend nach Wahlmöglichkeiten zum Konsum Ausschau hielte. Ein zunehmendes Problem stellte in diesem Zusammenhang die Frage nach dem Sinn dar. So sorgten zu beobachtende Phänomene, wie der Verlust der herkömmlichen Bedeutung der Arbeit, und konkurrierende Motive der Freizeit, zunehmend für Sinnkrisen, die sich beispielsweise auch im Aufkommen von Problemen der “Langeweile“ und/oder “hektischer „Betriebsamkeit“ manifestierten.[66]

Hiermit zeigt sich ein deutlicher Bezug zu Gerhard Schulze, der sich in einem ähnlichen Zusammenhang folgendermaßen über solche zu beobachtenden Phänomene ausläßt : “Nicht das Leben an sich, sondern der Spaß daran ist das Kernproblem, das nun das Alltagsleben strukturiert.(...) Menschen, die nach oben wollen haben Mittelkrisen, Menschen, die oben sind haben Sinnkrisen (...) Das Privileg der Unterpriviligierten besteht in der Faszination der handgreiflichen Erfolgschance, das Problem der Priviligierten in der Langeweile von Menschen, die nicht recht wissen, was sie wollen.“[67]

Während Schulze jedoch das Konzept der Erlebnisorientierung, wie weiter unten aufgezeigt werden soll, ausführlich theoretisch fundiert, bewegt sich Opaschowski zur Beschreibung dieser Orientierungen eher auf der deskriptiven Ebene, oder orientiert sich seinerseits direkt am Schulz`schen Werk. So konstatierte Schulze, daß sich Erlebnisorientierung “...auf das Schöne“ richte, welches in dieser Hinsicht ein “...Sammelbegriff für positiv bewertete Erlebnisse“[68] sei. Opaschowski nimmt diese Formulierung auf und integriert sie in seine Betrachtungen : “Die Erlebnisorientierung richtet sich auf das Schöne als Synonym für positiv bewertete Erlebnisse : Auf einen schönen Feierabend, ein schönes Wochenende oder einen schönen Urlaub, schließt aber auch Erlebnisse bei der Arbeit und am Arbeitsplatz nicht aus. Erlebnisorientierung ist dann kein Privileg der Freizeit mehr, dringt vielmehr in immer mehr Bereiche des Alltagslebens ein.[69] Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang wiederum Opaschowskis gespaltenes Verhältnis zum eigenen Forschungsgegenstand, wenn er, wie weiter oben bereits angeführt, den Begriff des Erlebnisses an anderer Stelle als “Schlüsselwort der Freizeitforschung“[70] bezeichnet.

Während Schulze, wie o.a., das Bedürfnis nach Spaß als Teil der Erlebnisorientierung, nur am Rande erwähnt, widmet sich Opaschowski diesem Aspekt ausführlicher. Ebenso wie Schulze verwendet dieser wiederum auch den Begriff des Genusses, welcher dagegen bei Schulze eingehender behandelt wird. Dies soll im folgenden nachvollzogen werden.

3.2. Spaß- und Genußorientierung bei Opaschowski

Neben den bereits erwähnten Werken, identifizierte Opaschowski bereits 1982 gesellschaftliche Bewegungen, die für ihn Anzeichen von Wertewandel in der Freizeit darstellten. So zeichnete sich schon zu dieser Zeit der Trend ab, das Orientierungen an “Spaß und Lebensgenuß“ zu wichtigen Lebenszielen geworden seien. Da diese Lebensziele in den Erwartungen der Menschen eher in der Freizeit als im Beruf zu verwirklichen seien, änderte sich auch ihr Freizeitbewußtsein, in dem Möglichkeiten zu Spaß und Lebensgenuß zunehmend auf den Freizeitbereich projiziert wurden.[71] “Eine Freizeitbeschäftigung muß in erster Linie Spaß machen : Auf diesen einfachen Nenner läßt sich die Frage nach den Motiven beantworten.“[72] Opaschowski tritt in diesem Zusammenhang für eine Korrektur des Spaßbegriffs ein. „Spaß“ sei mehr als ein Begriff, der nur im Umfeld von Unterhaltung zu nennen sei. Vielmehr bezeichnete er eine Lebensansicht, in der sich motivationale Prioritäten der Selbstbestimmung, Zwanglosigkeit, und Lebenslust ausdrückten. Spaß haben hieße vor allem : “Augenblicklich keine Sorgen haben, weder unter Zeitdruck noch unter Geldnot leiden und etwas gern und freiwillig tun.“[73]

Eng verbunden mit dem Freizeitgenuss sei dabei auch der Begriff des Freizeitkonsums. Genuss sei zunächst als ein zeitgebundener, veränderlicher Gefühlsprozeß zu bezeichnen, der einen Beginn und einen Abschluß hätte und dabei einem Regelkreislauf von Spannung und Entspannung folgte .“Muße“, also die stille bewußte Verarbeitung von Erlebnissen, sei eine eigentlich anzustrebende Funktion dieses Kreislaufes. Signifikant seien nun jedoch erkennbare Tendenzen zum Durchbrechen dieses Regelkreislaufs. Konsumwünsche nach “immer mehr“ und “immer etwas Neuem“ stünden zunehmend im Vordergrund aktueller Genußorientierungen, und statt Muße herrschten Gefühle der Zeitnot und der hektischen Betriebsamkeit. Der Mensch definiere sich in seiner Freizeit somit zunehmend als “Genußmensch“, der nach immer intensiveren Stimulationen des Genusses Ausschau hielte. In dieser Hinsicht entwickelten sich dabei Tendenzen, zu einem sich ständig steigernden Zyklus von Genuß und “Langeweile“.[74]

Wie bereits angedeutet, vollzieht sich die Entwicklung des Erlebnisbegriffs bei Gerhard Schulze mit höherer theoretischer Fundierung. Dies soll dann auch weiter unten nachvollzogen werden.

3.3. Definition und Entwicklung des Erlebnisbegriffs bei Gerhard Schulze

3.3.1. Definition des Erlebnisbegriffs

Wichtige Faktoren zum Verständnis des Erlebnisbegriffs bei Schulze sind die von ihm verwendeten Begriffe der “Erlebnisorientierung“ und der “Erlebnisrationalität“, auf die weiter unten eingegangen wird. In den ersten Explikationen wirkt sein Erlebnisbegriff zunächst noch ziemlich schwammig. Im Gegensatz zu Opaschowskis Ansicht, daß sich der Erlebnisbegriff zu einem Schlüsselbegriff der Freizeitforschung entwickelt hätte, sei „Erlebnis“ nach Schulze mehr als ein bloßer Begriff der Freizeitsoziologie. Er charakterisiere vielmehr die Neuartigkeit gesellschaftlicher Orientierungen. Dabei seien Erlebnisse nicht lediglich Begleiterscheinungen, sondern Selbstzweck bestimmter Handlungen.[75] In einer späteren Beschreibung konkretisiert Schulze dann seine Definition des Erlebnisbegriffs, wobei er Wert auf die Feststellung legt, daß man sich zum Verständnis dieser Definition von üblichen Erlebnisdefinitionen, lösen müßte. Eine wichtige Rolle spielten dabei kognitive Prozesse der Informationsverarbeitung. Schulze geht bei seinem Erklärungsansatz zunächst vom Subjekt aus. “Erlebnisse werden nicht vom Subjekt empfangen, sondern von ihm gemacht. Was von außen kommt, wird erst durch Verarbeitung zum Erlebnis.“[76] Ein Erlebnis hätte demnach seinen Ausgangspunkt in einem bestimmten situativen Kontext, und würde erst durch die kognitive Verarbeitung des Individuums zum eigentlichen Erlebnis. Im Prozeß der individuellen kognitiven Verarbeitung situativer Kontexte, spielten vor allem drei Bestandteile eine wesentliche Rolle : “Subjektbestimmtheit“, “Reflexion“, und “Unwillkürlichkeit“.[77] Darauf soll im folgenden eingegangen werden.

3.3.2. Subjektbestimmtheit, Reflexion und Unwillkürlichkeit

Unter Subjektbestimmtheit sei einerseits zu verstehen, daß Individuen auch ohne konkreten Situationsbezug Erlebnisse haben könnten. Beispiele hierfür seien Menschen in totaler Isolation, die in Ermangelung aktueller Reizerfahrungen, frühere Erlebnisse kognitiv verarbeiten würden, und sich somit quasi selbst zum Erlebnisobjekt machten. Ein anderes Beispiel seien Träume, in denen Menschen, ebenfalls relativ losgelöst vom situativen Kontext, Erlebniswahrnehmungen hätten. Eine anderer Aspekt der Subjekt-bestimmtheit sei, daß Menschen Situationen, immer in einen individuell bestehenden Sinnzusammenhang einordneten. So werde eine Situation erst durch die individuelle Entkodierung zum eigentlichen Erlebnis. Menschen würden aktuelle Situationen also immer mit individuell vorhandenen Erlebniskategorien, die Schulze “Ursprungs-erlebnissse“ nennt, abgleichen, und dann entscheiden, mit welcher Art von Erlebnis man es zu tun hätte.[78] Offen bleibt in dieser Darstellung Schulzes, unter welchen Bedingungen sich die “Ursprungserlebnisse“ gebildet hätten. Auch die von ihm benannten Isolations- und Traumbeispiele wirken eher speziell und unpräzise.

Nach der grundsätzlichen Einordnung der aktuellen Situation als Erlebnis, folgten nun weitere individuelle, kognitive Prozesse, die Schulze als Reflexion bezeichnet. Im Zuge eines ständigen Denk- und Überarbeitungsprozesses aktueller Erlebnisse, würden Ursprungserlebnisse demnach ständig überarbeitet. Dies führte entweder zu einer Verfestigung oder zur Uminterpretation des Ursprungserlebnisses.[79]

Im Zusammenhang mit den o.a. Feststellungen schreibt Schulze dem Ursprungserlebnis eine Gesetzmäßigkeit zu, die eine Konsequenz der Subjektbestimmtheit sei. Schulze nennt dies “Unwillkürlichkeit“, welches zunächst ziemlich schwammig klingt. Wie oben beschrieben, könne die Gesetzmäßigkeit des Ursprungserlebnisses durch Reflexion bzw. Uminterpretation aufgeweicht werden. Dies gelte vor allem dann, wenn aktuelle Erlebnisse, nicht mit dem passenden Ursprungserlebnis vereinbar seien. Schulze nennt in diesem Zusammenhang das Beispiel der Reaktion von Zuschauern im Stadion bei einem Torschuß, das, zur Verdeutlichung der o.a. Zusammenhänge, an dieser Stelle weiter ausgebaut werden soll.[80]

Wenn also ein Zuschauer nach einem Torschuß seiner favorisierten Mannschaft jubelte und man diese Situation als Erlebnis interpretierte, könnte man dies mit den o.a. Begriffen folgendermaßen erklären : Der einzelne Zuschauer hatte irgendwann zum ersten Mal einen Torschuß gesehen und danach gejubelt (Ursprungserlebnis). Danach hat er immer bei einem Torschuß gejubelt, weil sich dies aus seinem Erfahrungsschatz ergab (Subjektbestimmtheit). Auch bei den folgenden Torschüssen jubelte der Zuschauer, weil er sich im Zuge einer Selbstanschauung daran erinnerte, daß er dies immer nach einem Torschuß getan hatte (Reflexion). Wenn nun aber der Fall eingetroffen wäre, daß seine Mannschaft z.B. mit 0:5 Toren im Rückstand läge und erst in der letzten Minute ein Tor schösse, ergäben sich folgende Reaktionsalternativen : Erstens: Er jubelte wie bisher (Subjekt-bestimmtheit, Reflexion), weil er dies als angemessene Reaktion gelernt hätte (Unwillkürlichkeit). Zweitens: Er jubelte verhaltener oder gar nicht, weil er das Ursprungserlebnis uminterpretierte, z.B. indem er diesen Torschuß einen geringeren Erlebniswert zubilligte. Bei anhaltendem Mißerfolg der favorisierten Mannschaft, könnte dann sogar der Erlebniswert des Torschusses generell in Frage gestellt werden. Dieser Zuschauer würde sich dann vom Verein abwenden, bzw. anderen Erlebnissen zuwenden (Reflexion, Uminterpretation des Ursprungserlebnisses).

3.3.3. Beziehung von Subjekt und Situation

Da im oberen Abschnitt öfter der situative Kontext erwähnt wurde, soll im folgenden hier noch mal dargestellt werden, wie Schulze die Beziehung von Subjekt und Situation definiert. Wie bereits deutlich wurde, koppelt Schulze den Begriff der Situation eng an die individuelle Persönlichkeit. In einer ersten, sehr allgemeinen Definition bezeichnet Schulze die Situation als einen Ausschnitt der objektiven Wirklichkeit, mit dem der Mensch konfrontiert werde. Dabei sei die Beziehung von Subjekt und Situation eine zweiseitige Beziehung mit aktivem bzw. passivem Charakter. Im passiven Sinne sei das Subjekt von der Situation betroffen, welches sich in der Begrenzung, Nahelegung, oder Auslösung bestimmter Situationen äußerte. Im aktiven Sinne handelte das Subjekt in der Situation. Dies äußerte sich dann in der Einwirkung auf die Situation, der Wahl verschiedener Situationen oder der Symbolisierung von Situationen.

[...]


[1] Gerhard Schulze (1992) : Die Erlebnisgesellschaft., S. 16

[2] a.a.O., S. 22

[3] a.a.O., S. 61

[4] a.a.O., S. 67

[5] a.a.O., S.59

[6] Gerhard Schulze (2000) : Was wird aus der Erlebnisgesellschaft ?, S. 4

[7] Horst W. Opaschowski (1973) : Das Freizeitproblem in der Geschichte des deutschen Erziehungsdenkens, S.32

[8] Horst W. Opaschowski (1980) : Probleme im Umgang mit der Freizeit, S.8

[9] Horst W. Opaschowski (1996) : Pädagogik der freien Lebenszeit, S.116

[10] a.a.O., S.126

[11] a.a.O., S.127

[12] Horst W. Opaschowski (2001) : Leben auf der Überholspur, S.7-9

[13] vgl.: Horst W. Opaschowski (1983) : Arbeit, Freizeit. Lebenssinn, S.81-96

[14] vgl.: Gerhard Schulze (1992) : Die Erlebnisgesellschaft., S. 33

[15] vgl.: Horst W. Opaschowski (1996) : Pädagogik der freien Lebenszeit

[16] Horst W. Opaschowski (1997) : Einführung in die Freizeitwissenschaft

[17] a.a.O., S.31

[18] a.a.O., S.23

[19] vgl.: Horst W. Opaschowski (1996) : Pädagogik der freien Lebenszeit, S. 99-114

[20] a.a.O., S.109

[21] vgl.: a.a.O., S.102-114

[22] vgl.: a.a.O., S.82-97

[23] vgl.: a.a.O., S.86-87

[24] vgl.: a.a.O., S.86-87

[25] vgl.: Horst W. Opaschowski (1997) : Einführung in die Freizeitwissenschaft, S.37

[26] vgl.: a.a.O., S.30

[27] vgl.: Horst W. Opaschowski (1998), in : B×A×T Freizeit-Forschungsinstitut : Freizeitaktivitäten 1998

[28] vgl.: Gerhard Schulze (1992) : Die Erlebnisgesellschaft., S. 420

[29] a.a.O., S.732

[30] vgl.: Horst W. Opaschowski (1996) : Pädagogik der freien Lebenszeit, S.88

[31] vgl.: a.a.O., S.90-93

[32] a.a.O., S.92

[33] vgl.: a.a.O., S.89

[34] a.a.O., S.95

[35] Gerhard Schulze (1992) : Die Erlebnisgesellschaft, S. 22

[36] a.a.O., S.96

[37] vgl.: a.a.O., S.96-97

[38] Horst W. Opaschowski (1997) : Einführung in die Freizeitwissenschaft

[39] vgl.: a.a.O., S.25-27

[40] vgl.: a.a.O., S.27-30

[41] Horst W. Opaschowski (1993) : Freizeitökonomie : Marketing von Erlebniswelten

[42] a.a.O., S.15

[43] a.a.O., S.15-16

[44] vgl.: Horst W. Opaschowski (1997) : Einführung in die Freizeitwissenschaft, S.17-24

[45] a.a.O., S.36

[46] a.a.O., S.16

[47] Horst W. Opaschowski (1990) : Herausforderung Freizeit

[48] a.a.O., S.14

[49] vgl.: a.a.O., S.36

[50] ebenda, S.36

[51] vgl.: a.a.O., S.36-37

[52] ebenda, S.36

[53] Horst W. Opaschowski (1973) : Freizeitpädagogik in der Leistungsgesellschaft

[54] a.a.O., S.32

[55] Horst W. Opaschowski (1976) : Pädagogik der Freizeit

[56] a.a.O., S.57

[57] Horst W. Opaschowski (1996) : Pädagogik der freien Lebenszeit, S.116

[58] Horst W. Opaschowski (2001) : Deutschland 2010

[59] a.a.O., S.38

[60] a.a.O., S.40

[61] vgl.: a.a.O., S. 24 - 37

[62] vgl.: a.a.O., S.37

[63] Horst W. Opaschowski (1988) : Psychologie und Soziologie der Freizeit, S.35-37

[64] Horst W. Opaschowski (2001) : Deutschland 2010, S.67-68

[65] vgl.: Horst W. Opaschowski (1997) : Einführung in die Freizeitwissenschaft, S.63-75

[66] Horst W. Opaschowski (1980) : Probleme im Umgang mit der Freizeit, S.8-17

[67] Gerhard Schulze (1992) : Die Erlebnisgesellschaft, S.60-61

[68] a.a.O., S.38

[69] Horst W. Opaschowski (1993) : Freizeitökonomie : Marketing von Erlebniswelten, S.146-147

[70] Horst W. Opaschowski (2001) : Leben auf der Überholspur, S.7

[71] vgl.: Horst W. Opaschowski (1982) : Freizeit im Wertewandel, S.24

[72] Horst W. Opaschowski (1993) : Freizeitökonomie : Marketing von Erlebniswelten, S.102

[73] a.a.O., S.104

[74] vgl.: a.a.O., S.88 u. S.269

[75] vgl.: a.a.O., S.14 u. S.41

[76] a.a.O., S.44

[77] vgl.: a.a.O., S.44-46

[78] vgl.: a.a.O., S.44-45

[79] vgl.: a.a.O., S.45

[80] vgl.: a.a.O., S.45

Ende der Leseprobe aus 187 Seiten

Details

Titel
Deutschland als Freizeit- und Erlebnisgesellschaft. Eine kritische Analyse derartiger Gesellschaftsmodelle
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
187
Katalognummer
V58733
ISBN (eBook)
9783638528481
ISBN (Buch)
9783638730013
Dateigröße
2146 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutschland, Freizeit-, Erlebnisgesellschaft, Eine, Analyse, Gesellschaftsmodelle, Horst W. Opaschowski, Gerhard Schulze
Arbeit zitieren
Diplom - Soziologe Michael Menz (Autor:in), 2002, Deutschland als Freizeit- und Erlebnisgesellschaft. Eine kritische Analyse derartiger Gesellschaftsmodelle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58733

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