Französische Lernergrammatiken im 17. und 18. Jahrhundert: Wer lernte Französisch?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

39 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die französische Sprache in Deutschland
2.1. Französisch im 16. Jahrhundert
2.2. Französisch im 17. Jahrhundert
2.3. Französisch im 18. Jahrhundert

3. Französische Sprachlehrbücher in Deutschland
3.1. Französische Sprachlehrbücher im 16. Jahrhundert
3.2. Französische Sprachlehrbücher im 17.und 18. Jh.

4. Die Autoren
4.1. Herkunft und gesellschaftlicher Stand
4.2. François Roux, Sprachlehrer in Jena
4.3. Ein Sprachmeister, Didaktiker und Grammatiker
deutscher Herkunft: Matthias Kramer

5. Die Adressaten
5.1. Französisch an Ritterakademien und als Verkehrssprache der Höfe
5.2. Französisch für Frauen
5.3. Französisch für Kaufleute
5.4. Französisch für verschiedene Lernniveaus
5.5. Französisch für Kinder und Jugendliche

6. Der Französischunterricht in Deutschland
6.1. Französischausbildung an den Universitäten

7. Lehrmethoden und –Konzepte des 17. und 18. Jahrhunderts

8. Schlussbetrachtung

9. Anhang : Catalogue des livres françois qui se trouvent a Leipzig chez Thomas

Fritsch. (1721)

10. Literatur

1. Einleitung

„Je me trouve ici en France. On ne parle que notre langue. L’allemand est pour les soldats et pour les chevaux: il n’est nécessaire que pour la route” schrieb Voltaire 1750 bei einem Besuch am preußischen Hof in Potsdam. Wie weit war die französische Sprache zu dieser Zeit wirklich unter der deutschen Bevölkerung verbreitet ? Wer beherrschte im 18. Jahrhundert die französische Sprache?

In welchem Maße Französisch im 17. und 18. Jahrhundert in Deutschland in welchen Gesellschaftsschichten, Kommunikationsbereichen und für welche Sachgebiete gebräuchlich und verbreitet war, lässt sich schwer einschätzen. Das Quellenmaterial ist spärlich gesät und es gibt keine direkten Nachweise über Charakteristiken und Zielgruppen des Französischunterrichtes in dieser Zeit. Die vorliegende Arbeit versucht deshalb anhand einer Analyse von Lehr- und Lernmaterialien für den Französischunterricht Antworten auf die Frage zu geben, wer im 17. und 18. Jahrhundert auf welche Art und Weise Französisch lernte. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen dabei die Adressaten von Französischlehrwerken.

Die beispielhaft angeführten Werke sind nicht in Paris oder Lyon erschienen, sondern wurden in Leipzig, Nürnberg, Jena, Halle oder Frankfurt am Main veröffentlicht. Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei Grammatiken dieser Verlagsorte um ausgesprochene Lernergrammatiken handelt, die aufgrund ihrer deutschsprachigen Zielgruppe besonders aussagekräftig sind, was die Merkmale ihrer Verwender betrifft.

Der Terminus Grammatik ist im weiteren Sinne zu verstehen und schließt Sprachlehrwerke, Gesprächsbücher und Fremdsprachenübungsbücher mit ein. Zudem lassen sich aufgrund der Vermischung verschiedener Textsorten oftmals keine eindeutigen Einordnungen der Werke in bestimmte Typen vornehmen.

Bei der Untersuchung der Gebrauchstexte in den zum Fremdsprachenerwerb dienenden Gesprächsbüchern und Grammatiken wurde keine vollständige Inhaltsanalyse vorgenommen, sondern vielmehr konzentriert sich die Arbeit beispielhaft auf einzelne Phänomene in den Werken. Zudem entsteht durch die vorrangige Verwendung von Materialien, die im sächsischen Raum erschienen sind und aus dem königlich-sächsischen Bibliotheksschatz stammen, eine besondere regionale Prägung, die keinen Anspruch auf Verallgemeinerbarkeit erheben kann. Allerdings trägt gerade diese regionale Perspektive auf die französische Sprache zur Erforschung der Grammatikographie und des Fremdsprachenunterrichts im ostdeutschen Raum bei, die oftmals hinter den Untersuchungen zum Französischen in der Region der französisch-deutschen Grenze zurücksteht.

Historische Grammatiken und Sprachlehrbücher lassen sich nach Becker et al. nach den folgenden Gesichtspunkten analysieren:

1) Qui était l’auteur, quelle formation avait-il pour le but qu’il poursuivait, quelle position sociale avait-il ?
2) À quels lecteurs s’adressait cet ouvrage ?
3) Comment traite-t-il la langue et comment ordonne-t-il globalement les différents paragraphes, compte tenu éventuellement des changements souvent substantiels des rééditions ?
4) Quelles sources et quels modèles utilise-t-il de façon avouée ou non ?

(Nach Becker et al. 1998, 70)

Der Aufbau dieser Arbeit orientiert sich grob an den Analysekriterien von Becker et al., die Analyse ist durch eine besondere Berücksichtigung der Leserschaft geprägt.

Nach der Darstellung des Status der französischen Sprache in Deutschland vom 16. bis zum 19. Jahrhundert wird die Entwicklung der ersten Grammatiken für Nichtmuttersprachler nachgezeichnet und es werden Charakteristiken und Modifikationen der im 17. und 18. Jahrhundert erschienenen Lehr- und Lernwerke aufgeführt. Der Darlegung von Herkunft und Motivation der Lehrwerksautoren folgt exemplarisch die Vorstellung von Werk und Leben zweier Sprachmeister. Die Merkmale der Französischlerner werden mithilfe einer Kategorisierung in verschiedene, allerdings wiederum beispielhaft angeführte Adressatengruppen analysiert. Im letzten Kapitel wird ein Überblick über die Geschichte des Französischunterrichts in Deutschland im Untersuchungszeitraum gegeben sowie die im Unterricht und in den Lehrwerken vertretenen Methodenauffassungen zusammengetragen.

2. Die französische Sprache in Deutschland

2.1. Französisch im 16. Jahrhundert

Das Französische war hinter dem Italienischen im 16. Jahrhundert für Deutschland die wichtigste lebende Sprache, die ein Mann von Welt beherrschen musste, um für internationale Kontakte gerüstet zu sein. Ein Teil des Adels konnte zwar ein wenig Französisch sprechen, jedoch wurde die französische Sprache weder zur Konversation zwischen Deutschen benutzt, noch fanden viele Französismen Eingang in die deutsche Sprache. Der Anteil neu aufgenommener Französismen an der deutschen Sprache des 16. Jahrhunderts ist mit etwas mehr als 150 Wörtern eher bescheiden. (vgl. Kramer 1992, 60)

2.2. Französisch im 17. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert festigte sich die absolute Monarchie und erreichte mit der Herrschaft von Louis XIV (1643-1715) ihren Höhepunkt. In der gesamten Art der Hofhaltung und des Hofzeremoniells wurde der Staat des „roi soleil“ zu einem nie erreichten Vorbild für Höfe in ganz Europa, an denen natürlich auch die Nachahmung der höfischen Sprache zum Alltag gehörte. Mit der im 17. und 18. Jahrhundert vollzogenen Französisierung des Hofes ging eine verstärkte Ausrichtung der deutschen Sprache auf die französische einher. „Der deutsche Adel des Westens und des Südens konnte im 17. Jahrhundert im allgemeinen durch Schulunterricht, Kavaliersreise und sonstigen längeren Aufenthalt in Frankreich oder auch infolge der zahlreichen verwandtschaftlichen Bindungen passabel Französisch.“ (Kramer 1992, 62) In den von Frankreich weiter entfernten Gebieten Deutschlands machte die Verbreitung der Französischkenntnisse, begünstigt durch die Aufnahme französischer Glaubensflüchtlinge und die Nachahmung der französischen Salonkultur, ebenfalls große Fortschritte. Mit dem Italienischen als Konversations- und Korrespondenzsprache des internationalen Hochadels kann das Französische im 17. Jahrhundert jedoch noch nicht konkurrieren.

2.3. Französisch im 18. Jahrhundert

Im 18. Jahrhundert wird das Französische zur lingua franca in Europa, die von allen „gens de qualité“ beherrscht oder zumindest verstanden wurde und gleichzeitig als Sprache der europäischen Diplomatie fungierte. Der Hof von Wien ging Anfang des 18. Jahrhunderts vom Italienischen zum Französischen über. 1728 berichtet Montesquieu aus Wien, dass dort fast alle Gebildeten Französisch sprechen. (vgl. Spillner 73) Voltaire schreibt 1750 aus Potsdam über ähnliche Erfahrungen: „Je me trouve ici en France. On ne parle que notre langue. L’allemand est pour les soldats et pour le chevaux: il n’est nécessaire que pour la route.” (Kramer 1992, 63) Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein wird eine weite Verbreitung der französischen Sprache in Deutschland bezeugt, z. B. schreibt Heinsius 1814: „Französisch lernen Fürsten und ihre Räthe, Gelehrte, Künstler, Geschäftsmänner, Kaufleute und Handwerker, Reiche und Arme, vornehme und Geringe. Es giebt keinen Stand, kein Alter, kein Gewerbe, dem die französische Sprache ganz fremd wäre.“ (zit. n. Spillner 1997, 75)

Allerdings scheint es sich hier um einen subjektiven Eindruck zu handeln, welcher von der selektiven Auswahl der Gesprächspartner herrührt. Die Reisenden pflegten den Umgang mit bestimmten Personen, die dem Französischen mächtig waren. „Weiterhin wird das Französische, auch in den direkten Kontaktgruppen solcher Reisenden, bei den Dienern, den Wirten usw. verbreitet gewesen sein, so dass Ausländer einen Eindruck vergleichbar dem erhalten konnten, den heute Sprecher des Hochdeutschen in der Schweiz gewinnen, nämlich dass dort in der Schweiz eigentlich alle Leute Hochdeutsch sprechen, und dass es das Schweizerdeutsch wohl gar nicht mehr gäbe.“ (Mattheier 1997, 33) Mattheier geht von einer sozialsymbolischen Funktion des Französischgebrauchs und der Verwendung von Französismen im 17. und besonders im 18. Jahrhundert aus. „Mit dem Französischen konnte man den Kommunikationspartnern die Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe signalisieren. Und das konnte man sowohl dadurch, dass man ganz französisch sprach, als auch durch die Verwendung von einzelnen französischen Brocken.“ (Mattheier 1997, 35) Aufgrund dieser Funktion des Französischgebrauchs als Markierung einer höheren gesellschaftlichen Stellung äußert Mattheier die Vermutung, das Französische sei wahrscheinlich erheblich weniger verbreitet gewesen, als es die Quellen suggerierten. (Mattheier 1997, 36) Auch Kämper-Jensen weist auf die Exklusivität der französischen Sprache hin: „[…]Thomasius behauptete, dass Kutscher und Schuster sie [die Französische Sprache, Anm. d. Verf.] beherrschten, vielmehr ist Französisch Verkehrssprache von Adel und Bildungsbürgertum und damit zugleich ein sprachliches Medium, das andere ausschließt.“ (Kämper-Jensen 1982, 236) Im Bürgertum fand das Französische im 18. Jahrhundert wohl nur geringe Verbreitung. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wird das Französische im Rahmen der bürgerlichen Erziehung vermittelt und Bürgerschulen mit Französischunterricht nehmen in den Städten zu. Bei Brunot finden sich Hinweise auf den Zusammenhang von Französischgebrauch und guter Erziehung, die wiederum die Zugehörigkeit zu einem höheren gesellschaftlichen Stand bezeugt: „Ainsi la langue fançaise apparisssait aux Allemands comme inséparable des bonnes manières. » (Brunot 1966, 358)

Das Französische hat Ende des 17. bis Anfang des 19. Jahrhunderts eine eminente Rolle im deutschen Geistes- und Kulturleben gespielt. „Da ist die Sprache des französischen Hoftheaters, da sind die französischsprachigen Gazetten und Journale, da sind die Romane, die in deutschen Landen im Original verschlungen werden.“ (Spillner 1992, 72) Otto Behagel schreibt in seiner 1928 erschienenen „Deutschen Sprachgeschichte“, in den Jahren von 1750 bis 1780 seien über 10 Prozent aller Druckerzeugnisse im deutschen Sprachraum auf Französisch erschienen.

Nicht zuletzt die im 18. Jahrhundert in die deutsche Sprache übernommenen Gallizismen zeugen von dem großen Einfluss des Französischen auf die deutsche Kultur, obgleich die meisten dieser Fremdwörter französischer Herkunft das 19. Jahrhundert nicht überdauert haben. Gallizismen waren im 18. Jahrhundert als symbolische Markierungen für die Herkunft aus einem höheren gesellschaftlichen Stand beliebt, wurden im normalen Sprachgebrauch jedoch mäßig eingesetzt, und traten besonders in bestimmten Themenbereichen wie Etiquette, Mode, Empfindungen oder Kriegstechnik in den Vordergrund. Der mit französischen Fremdwörtern und Redewendungen gespickte Stil der deutschen Sprache, damals als „à la mode“ empfunden, wird in Anlehnung an einen Buchtitel von Friedrich Gladow[1] auch als „Alamode-Sprache“ bezeichnet. (vgl. Kramer 1992, 60) Matthias Kramer hatte bereits im Jahr 1700 im Vorwort zu seinem deutsch-italienischen Wörterbuch Das herrlich grosse teutsch-italiänische dictionarium die Unsitte verurteilt, Vokabeln aus den modernen Sprachen in den deutschen Sprachgebrauch einzustreuen: „[…] ich möchte aber, als ein nunmehr bejahrt- und betagter Sprachmeister, meinen lieben Landsleuten recht lebhaftig können vor Augen stellen, wie heßlich es laute, und wie übel es ihnen anstehe, zumalen wann sie vorhin entweder gar nicht oder doch gar wenig Französisch können, auch sonsten noch Schreiben zu durchfremden, und ohne Noth, und ohne daß es etwa Termini artis (Kunst-wörter) seyen, allerhand frantzösische, italiänische &c. Brocken lächerlich drein zuwerffen, um sich damit groß zu machen, dass man gedencken solle, sie verstünden solche Sprachen auch, und sich durch diese (oft ungereimte) Galanterie der galanten Welt als einen galanten Kerl (eine galante Dame) darzustellen. Es wendet (o der großen Thorheit) fast kein Teutscher mehr Geld auf etwas: er emplorirts nur. Er suchet keine Ehr und Ruhm, sondern Gloire. Er wagt nichts, sondern hasardirts.[…]“ (zit. n. Bray 2000, 481)

3. Französische Sprachlehrbücher in Deutschland

In dem in dieser Arbeit betrachteten Zeitraum lassen sich die folgenden Lehrwerke der französischen Sprache finden: Wörterbücher bzw. Wortlisten, Grammatiken, Aussprachetraktate und Gesprächsbücher. Vor allem Grammatiken und Gesprächsbücher werden im 17. und 18. Jahrhundert vermehrt verlegt, wobei die verschiedenen Typen von Lehrwerken nicht als eigenständige Bücher auf den Markt kommen, sondern häufig in Form eines einzigen, integrierten Werkes publiziert werden. Zum besseren Verständnis der Ausdifferenzierung der Französischlehrwerke soll ihre Entwicklung im chronologischen Verlauf ab dem 16. Jahrhundert betrachtet werden.

3.1. Französische Sprachlehrbücher im 16. Jahrhundert

1521 erscheint das erste Lehrbuch des Französischen, das speziell für das Selbststudium von Ausländern konzipiert ist: Introductory for to learne, to rede, to pronounce and to speke French trewly von Alexander Barcley. Wahrscheinlich bedingten die engen Wirtschaftsbeziehungen zwischen England und Frankreich das Erlernen der französischen Sprache, woraus die Publikation des Lehrwerkes resultierte. 1550 gibt Johannes Pilotus unter dem Titel Gallicae linguae institutio das erste Französischlehrwerk für deutsche Muttersprachler heraus, das allerdings nicht in Deutsch verfasst ist, sondern Latein als Mittlersprache benutzt. „Das ist ganz natürlich; denn Lateinisch wurde als Sprache der Wissenschaft überall gelehrt, und auch die Deutschen fingen das Studium fremder Sprachen mit der lateinischen an.“ (Lehmann 1904, 5f) Die ersten Grammatiken für Französischlerner sind in lateinischer Sprache abgefasst, um ihnen einerseits eine größere Verbreitung auch in anderen Ländern zu verschaffen., andererseits spielte der Status von Latein als allgemeiner Wissenschaftssprache eine Rolle. Spillner nennt als ältestes Französischlehrwerk in deutscher Sprache eine in Köln erschienene Schrift von Claude Luython mit dem Titel Instruction gallice descripta, continens decem & octo Canones quibus quis facilè & perfectè legere Gallicè addiscet: in usum eorum que eius linguae sunt studiosi. Instruction und underricht inhaltent achttzehen Regulen durch welche mann leichtlich unn volkommentlich mach Frantzösisch lesen unn reden leren[…]. Spillner datiert das Werk auf die Jahre 1548-1551 und räumt ein, dass es möglicherweise älter ist als die Grammatik von Pilotus. Auf jeden Fall sei es das älteste bekannte Französischlehrwerk in deutscher Sprache. (vgl. Spillner 1997, 88)

Auch die ersten in französischer oder deutscher Sprache abgefassten Grammatiken des Französischen griffen indirekt, durch strukturell-inhaltliche Anlehnung an die lateinischen Werke, auf das Latein zurück. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts werden selbständige französische Grammatiken geschaffen. Die erste in Frankreich erschienene Grammatik in französischer Sprache stammt von Louis Meigret und erschien 1550 unter dem Titel Le Tretté de la Grammere françoeze, fet par Louis Meigret Liones. Die ersten französischen Grammatiken waren im Gegensatz zu den späteren, umfangreicheren Werken, kurz, beschränkten sich auf die Behandlung der Schriftzeichen, der Aussprache und der Formenlehre, während die Syntax entweder überhaupt nicht oder nur ganz kurz behandelt wird. (vgl. Lehmann 1904, 7)

Ein Beispiel einer frühen französischen Grammatik ist Charles Maupas’ 1607 in Orleans erschienenes Werk Grammaire et syntaxe françoise contenant reigles bien exactes et certaines de la prononciation, orthographe, construction et usage de nostre langue, En faueur des estrangers qui en seront desireux. Von Profession eigentlich Chirurg, gab Maupas Französischstunden, in denen er seine Grammatik verwendete. „So las und besprach dann Maupas in den vielen freien Stunden, die ihm sein eigentlicher Beruf ließ, seine Grammatik mit seinen Schülern, jungen Edelleuten aus aller Herren Länder, besonders Deutschen, die meistens wohl schon in der Heimat sich unter Anleitung eines Sprachmeisters oder im Umgange mit französischen Dienern (Lakaien) und Kammerjungfern des väterlichen Hauses mehr oder weniger mit der französischen Sprache vertraut gemacht hatten und die sich nun in Frankreich darin vervollkommnen wollten.“ (Lehmann 1904, 8)

Die ältesten Gesprächssammlungen stammen von zwei Sprachmeistern aus Antwerpen, Noel van Berlemont und Gabriel Meurier. Berlemont, „Maistre d’Escole à Anvers“, veröffentlichte 1552 die französische Grammatik Walsche Schoelmeester. Als Anhang zu seinem Vocabulaire en quarte langues, Flam., Franc., Lat., Esp. publizierte er im Jahr 1588 die Gesprächssammlung Colloques ou dialogues; eine Sammlung von Wörthern, deren man sich täglich bedient; l’art de parfaictement lire et parler François; das Aue Maria, die zwei Credo, die in deutscher Sprache 1588 von Jost Dobler unter dem Namen Der New Barlamont, oder gemeine Gespräche zu Teutsch und Frantzösisch beschrieben herausgegeben wurden.[2] Die Kapitel sind unter anderem überschrieben mit: „Un banquet de dix personnes“, „Pour apprendre à acheter et vendre, „Pour demander une debte“ oder «Propos de marchandise ». Die Titel der einzelnen Kapitel lassen auf eine Verwendung in kaufmännischen Kreisen schließen.

3.2. Französische Sprachlehrbücher im 17. und 18. Jahrhundert

Zum Anfang des 17. Jahrhunderts ist eine erhöhte Publikationstätigkeit auf dem Gebiet der Fremdsprachengrammatiken in Deutschland zu verzeichnen. Dabei ist die Lehrbuchproduktion nicht auf das eigene Land beschränkt, sondern es gibt Hinweise auf die Benutzung von Sprachlehrwerken in verschiedenen Ländern. Das 1608 in Jena für den sächsischen Hof gedruckte Italienische Lehrbuch von Abraham De La Faye Linguae gallicae et italicae hortulus amoenissimus consitus optimus floribus, rationem terse et eleganter in utraque lingua loquendi brevissime et facillime monstrantibus Hortulano Abrahamo Fayo wurde auch in Frankreich zum Erlernen der italienischen Sprache verwendet. Zudem bleiben zahlreiche, in Dialogform verfasste Sprachlehrwerke nicht auf Zweisprachigkeit beschränkt. Besonders vor der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts besteht eine ausgeprägte Tendenz zu drei- bzw. häufig viersprachigen Gesprächstexten.

Im 1890 in Oppeln erschienenen Chronologischen Verzeichnis französischer Grammatiken vom Ende des 14. bis zum Ausgange des 18. Jahrhunderts von Edmund Stengel sind bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts neun Grammatiken der französischen Sprache aufgeführt, um 1650 beträgt die Gesamtzahl der bis dahin erschienenen französischen Grammatiken bereits 100.

Vor Beginn des 17. Jahrhunderts sind nur sehr rudimentäre Gesprächsbücher mit sparsamen Wortlisten nachgewiesen. Erst zum Anfang des 17. Jahrhunderts werden spezielle Fremdsprachengrammatiken[3] vermehrt verlegt und etwa ab 1680 erscheinen Werke, die auf teils unveränderte, teils umgearbeitete, bestenfalls an den aktuellen Sprachgebrauch adaptierte Ausgaben von Standardlehrwerken zurückgreifen. Im 17. Jahrhundert gab es keine urheberrechtlichen Bestimmungen, was sich in beliebigem Abschreiben äußerte. Diese Neuauflagen und Raubdrucke schöpfen aus den Grundlagen und Verfahren der Sprachbücher des 17. Jahrhunderts und werden vereinzelt bis ins 18. Jahrhundert neu aufgelegt.

[...]


[1] Unter dem Pseudonym Sperander 1727 in Nürnberg erschienen: A la Mode Sprach der Teutschen oder Compendius Hand-Lexicon, in welchem die meisten aus fremden Sprachen entlehnte Wörter und gewöhnliche Redens-Arten, so in denen Zeitungen, Briefen und täglichen Conversationen vorkommen, klar und deutlich erkläret werden.

[2] An diesen Titel lehnt auch das Werk von Matthias Kramer, Nouveau Parlement, c’est à dire dialogues François – Allemands, an.

[3] Diese Werke sind meist als Lehrbücher für den Privatunterricht mit Lehrern konzipiert.

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Französische Lernergrammatiken im 17. und 18. Jahrhundert: Wer lernte Französisch?
Hochschule
Technische Universität Dresden
Veranstaltung
Die Französische Sprache im 18. Jahrhundert: Le Francais hors de France
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
39
Katalognummer
V58562
ISBN (eBook)
9783638527187
ISBN (Buch)
9783656799726
Dateigröße
651 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Französische, Lernergrammatiken, Jahrhundert, Französisch, Französische, Sprache, Jahrhundert, Francais, France
Arbeit zitieren
Daniela Fiedler (Autor:in), 2005, Französische Lernergrammatiken im 17. und 18. Jahrhundert: Wer lernte Französisch?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58562

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