Die "Herz vor Kopf" Coachingmethode


Fachbuch, 2020

127 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Prolog

1. Grundgedanken
1.1. Problemstellung - Ausgangslage
1.2. Zielsetzung
1.3. Aufbau der Arbeit

2. Begriffe der Motivationspsychologie

3. Notwendige basale Motivationstheorien
3.1. Inhaltstheorien
3.2. Nutzenerwartung - der „Weg-Ziel-Ansatz“ nach Vroom
3.3. Konstruktivismus oder „Wie wirklich ist Wirklichkeit“

4. Ziele – notwendige Basis zukünftigen Handelns
4.1. Organisationsentwicklung
4.2. Zielsetzungstheorie von Locke und Latham
4.3. Anforderung an Ziele
4.4. Zielkonflikt
4.5. Exkurs Lernende Organisation

5. Coaching – eine Ermöglichung
5.1. Wissenschaftliche Definitionen von „Coaching“
5.2. Voraussetzungen für Coaching
5.3. Einbettung von Coaching in den Bereich Weiterbildung
5.4. Weitere Rahmenbedingungen für internes Coaching
5.5. Coaching „Extern vs. Intern – Vorteile / Nachteile“
5.6. Self-Coaching
5.7. Abgrenzung Coaching zur Psychotherapie

6. Das Coaching-Konzept „Herz vor Kopf“
6.1. Die Intervention
6.2. Die Methode
6.3. Das didaktische Anliegen
6.4. Eine mathematische Bewertung - Diagnoseansatz
6.5. Die Herausforderung – Leistung vs. Lernen
6.6. Die Wirkung von Zielen im gegenseitigen Kontext
6.7. Die technische Nutzung des PC-Tools
6.8. Das Einsatzgebiet des Konzeptes „Coaching HvK“
6.9. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für internes Coaching
6.10. Der Testbericht
6.11. Kritische Würdigung des Coaching Konzepts

7. Zusammenfassung

8. Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang 1 „Herz vor Kopf“

Anhang 2 Die Vorgehensweise im Coaching

Anhang 3 Hilfestellung zur Zielformulierung

Anhang 4 „systemische“ Tools nach Arnold, R. (2008a)

Anhang 5 Introspektionstableau

Anhang 6 Das Tool Coaching HVK

Epilog

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Schnittmengen der Ziele

Abbildung 2 Bedingungen des Verhaltens (vgl. v. Rosenstiel, 2003, S. 49)

Abbildung 3 Introspektionsprozess

Abbildung 4 Ergebnis Pittsburgh-Studie

Abbildung 5 Beeinflussung nach Deci & Ryan

Abbildung 6 Beziehungsdiagramm (Nerdinger ,1995, S. 116)

Abbildung 7 Zielanforderungen SMART

Abbildung 8 Wirkung auf Organisation

Abbildung 9 Integration von Coaching

Abbildung 10 Arbeit und Lernen

Abbildung 11 Mitarbeiter-Motivation

Abbildung 12 Prozessübersicht

Abbildung 13 Struktur

Abbildung 14 Lehr- und Lernkurve

Abbildung 15 Formel Ziel-Commitment

Abbildung 16 Lernziele und Leistungsziele

Abbildung 17 Überblick

Abbildung 18 Coaching Zone

Abbildung 19 Wirtschaftlichkeitsberechnung

Abbildung 20 Testgruppen

Abbildung 21 Testergebnis Self-Coaching

Abbildung 22 Methode

Abbildung 23 Prozess nach Nerdinger

Abbildung 24 Zielformulierung Hilfen

Abbildung 25 Systemische Tools (nach Arnold)

Abbildung 26 Tagebuch

Abbildung 27 Der Prozess in Coaching HVK

Abbildung 28 Tool - Wünsche

Abbildung 29 Tool - Zielqualifizierung

Abbildung 30 Tool - Zielmatrix

Abbildung 31 Tool - Zeitfenster

Abbildung 32 Tool - Motiveinschätzung

Abbildung 33 Tool - Zielumfeld

Abbildung 34 Tool - Zielprüfung

Abbildung 35 Tool - Hintergründe offenlegen

Abbildung 36 Tool - Diagnose Dashboard

Insofern in den Abbildungen explizit keine Nennung einer Quelle vorhanden ist, so stammen diese aus eigener Quelle.

Abkürzungsverzeichnis

A Ausbildung

Abb. Abbildung

Anm. Anmerkung

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

CD Compact Disc

DISC Distance & International Studies Center

EB Erwachsenenbildung

engl. Englisch

fachl. Fachlich

FK Führungskraft

HR Human Ressource - Übersetzung: Personalbereich einer Organisation

Hrsg. Herausgeber

HvK Akronym für „Herz vor Kopf“

IBM International Business Machines

IT Information Technology

Kap. Kapitel

LO Lernende Organisation

m. E. meines Erachtens

MA Mitarbeiter

OE Organisationsentwicklung

Org. Organisation

PC Personal Computer

PE Personalentwicklung

Sp. Spalte

system. Systematisch

TN Teilnehmer

Verf. Verfasser

vs. versus

VIE Valenz-Instrumentalitäten-Erwartung (s-Theorie)

WB Weiterbildung

Prolog

Je nach Art und Intensität der eigenen Lebensgeschichte ist die erlebte Vergangenheit ein „Anlagevermögen“, das manchmal den Blick verstellt für eine neue, machbare und erlebnisreiche Zukunft, denn die Zeit ist begrenzt. Wie Hawking dazu ausführt: „Ist sie ein ewiger Strom, der alle unsere Träume davonträgt…?“ (vgl. Hawking 2001, S. 39).

Träume zu leben heisst, diese vorerst umzusetzen in Ziele. Diese Ziele können zwar sehr herausfordernd, aber letzthin doch erreichbar sein, wenn wir innerlich mit Macht daran glauben und arbeiten.

Das Kernthema dieser Arbeit orientiert sich an vorgenanntem Paradigma und lautet sinngemäß: „Ziele mit dem Herzen selektieren und mit dem Kopf evaluieren“ - dieses eingebettet im Rahmen einer methodisch und didaktisch entwickelten Vorgehensweise für persönliche Beratungen - Coaching.

Ich bedanke mich bei Herrn Dr. Christian Ehrlich1 für seine Ideen und Anregungen zu dieser Arbeit.

Kaiserslautern, im April 2010

Johann J. Marek

Alles, was uns begegnet, lässt Spuren zurück.

Alles trägt unmerklich zu unserer Bildung bei.

Johann Wolfgang von Goethe

1. Grundgedanken

„Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt“

Blaise Pascal2

Eventuell kann mit dem Blaise Pascal zugeschrieben Satz das Wort „Herz“ als „Seele“ interpretiert werden – insofern wählte ich diesen Satz zur Einstimmung, um den Blick auf die Sichtweise zu legen, die in dieser Arbeit wesensimmanent ist – ohne jedoch die Wissenschaftlichkeit im Umfeld der Psychologie, in der sich ein Teil dieser Arbeit bewegt, in Frage zu stellen.

Den Satz von Blaise Pascal weiter analysiert, bringt in der Interpretation eine Handlung ans Licht, nämlich dass eine Handlung vollzogen wird, die unter den Gesichtspunkten „Vernunft / Verstand“ nicht nachvollziehbar ist, bzw. dass der / die Gründe sprich die Motivation zur Handlung nicht erklärbar scheint.

„Für die Psychologie als Wissenschaft von menschlichem Erleben und Verhalten ist das Problem der Motivation fundamental, wird damit doch die Frage nach dem Warum bzw. dem Wozu menschlichen Verhaltens gestellt“ (Nerdinger, 1995, S. 5).

Gerade Aristoteles, der einen sehr großen Einfluss auf die Psychologie ausübte, führt aus, dass ein Wissenschaftler Ursachen zu analysieren, Beweise zu führen und den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nachzuweisen hat (vgl. Galliker et al, 2007, S. 24).

Und in unserer abendländischen Arbeitswelt (Die Schwerpunkte hier sind Organisationsentwicklung (OE) und Personalentwicklung (PE) und -forschung) werden bereits seit vielen Jahren Motivationsperspektiven dahingehend untersucht. Jedoch ist der Fokus dieser Untersuchungen vornehmlich darauf ausgerichtet, die Motivation bei Mitarbeitern zu erhöhen. Diese, für ein Unternehmen wichtigen, Fragen sind fundamental für das Verständnis des zielorientierten Handelns in Organisationen, um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können.

Doch für den Mitarbeiter / Mensch - als hier beachtete Singularität –wichtige Frage verortet sich seine „Seins-Frage“ in der Schnittmenge von Interessen des Unternehmens und seines privaten Umfelds. Dies eventuell im Sinne einer möglichen Ambivalenz und der daraus (als schwächeres Glied) folgenden Kontingenz seines Handelns. Hier kann (emotionale) Bildung eine Schlüsselfunktion wahrnehmen – so wie Coaching dies zu leisten vermag.

Das Konzept „Coaching mit Herz“ ist Weiterbildung – Weiterbildung in dem Sinne, dass der Klient / Mitarbeiter sein (berufliches) Leben somit besser „weiterbildet“.

Doch wie wirkt diese Weiterbildung?

Denn Coaching ist eine professionalisierte Form einer Dienstleistung. Eingebettet in das Umfeld der Beruflichkeit von Klienten soll diese Ausarbeitung den systemischen Zusammenhang erläutern und letzthin mittels eines Tools die Rezeption erlauben. Aber: - Ist dies eventuell eine „Entmündigung“ bzw. „Disqualifizierung“ der eigenen (Laien)-Kompetenz?

Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen, denn nur wer die (Coaching)-Qualifikation hat (woher auch immer), kann darüber reden und ist dann anerkannt in diesem Bereich. Die früher so selbstverständlich vorhandene Fähigkeit in Familie-, Bekannten- und Freundeskreis im bestimmten Maße seine Kompetenz auszuüben und Hilfe zu geben bzw. Hilfe zu empfangen - ist sie dadurch genommen und eine Entwertung eingetreten?

Coaching, wie in diesem Buch verstanden, ist (Lern)Hilfe zur Selbsthilfe. Diese Ausarbeitung ist ein Arbeitsbuch, (basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen) nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und es bietet eine Anleitung für Coaching. Und es bietet ein Tool.

Jedoch bietet es keine Garantie für ein gelingendes Leben3.

1.1. Problemstellung - Ausgangslage

Wenn der Mensch als Mitarbeiter eine Unternehmung betritt, dann legt er sein Inneres nicht ab wie einen Hut und handelt als „Homo oeconomicus“ (vgl. Schein 1980). Er behält sein „Wesen“ - seinen bis dato bestehenden Grad an Kompetenzen (fachliche, methodische, soziale, personale / emotionale) - bei.

In der Beziehung des Menschen mit seiner Unternehmensumwelt (Kollegen, Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kunden) bringt er seine Emotionen, Motive, Motivationen, Selbstwertgefühle, Kognition etc. mit ein, und im Weiteren seine Wünsche, Hoffnungen, Ziele, sowie Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten.

In der „Biozönose“4 Unternehmung (Aufgaben, Kommunikationsbeziehungen, Werte, etc.) ist der Mensch verstärkt Veränderungen ausgesetzt.

Hinzu kommt sein Leben außerhalb der Unternehmung. Hier existieren gleiche Eingangsbedingungen; und auch hier – im Privatleben - hat er seine eigene Welt zu konstruieren und sich mit ihr und seinem Streben auseinanderzusetzen bzgl. Eigen- und Fremdbestimmung; und auch hier gibt es Veränderungen.

Der Mensch ist somit gezwungen, auch im Privatleben Ziele mit sich zu vereinbaren und diese mit sich und seiner Umwelt in Einklang zu bringen. Allerdings sind diese Ziele persönlicher, und je nach Blickwinkel, von sehr komplexer Art und stehen im oft Wettbewerb mit den Zielen seiner Unternehmung.

Das nachfolgende Szenario soll diese (emotionale) Ambivalenz aufzeigen und zugleich das Kernproblem sichtbar machen:

„Müd bin ich - seit Wochen nur noch müde - leer und ausgebrannt - die geistige Flexibilität, die mir eigen ist - sie scheint vergangen. Nur schwer kann ich mich auf wichtige Aufgaben konzentrieren. Motivation – sprich intrinsische Motive sind mir jetzt fremd. Auf Reize – die wichtigen – reagiere ich kaum. Ich funktioniere nach außen hin – und Innen in mir – was ist los – rein nichts zu sehen ausser einer Leere – eine Erschöpfung sonders gleichen. Und immer wieder Vorbild sein – es allen zeigen zu müssen – der Erwartungshaltung und dem Druck von Außen gerecht werden! … Disziplin einführen als das Maß aller Dinge? Urlaub machen? Neuen Job suchen? Sich mal richtig ausleben? Fragen über Fragen? Antworten kann ich mir selber nicht! Morgen ist noch ein Tag – jetzt das Hirn ausschalten und? Schluss“ (Marek 2009a, S.104).

O.g. Szenario zeigt ein Dilemma auf – hier die Unternehmung und dort, die eigene Verfassung und Ziellosigkeit.

Nach Spieß (2006) gehört jedoch zu den wichtigsten integrativen Feldern von Personal- und Organisationsentwicklung die Umsetzung und Ermöglichung der persönlichen Zielsetzungen der Mitarbeiter, sofern eine Übereinstimmung mit den Interessen des Unternehmens besteht (vgl. auch Spieß 2006, S. 19).

Im Sinne einer Kooperation zwischen Menschen und OE / PE ergeben sich zu betrachtenden Schnittmengen in der Sichtweise, wie sich die Interaktionspartner übereinstimmend optimal bzgl. impliziter und expliziter Zielsetzungen verhalten (sollten).

Eine grundsätzliche Betrachtung hierzu liefert Spieß im Rahmen ihres Modellentwurfs „Empathische5 Kooperation“ (vgl. Spieß 1998, S. 53f). Zielvereinbarungen erfordern diese Übereinstimmung von OE und PE. Die Vorgehensweise von OE und PE ist deshalb: Bildung von eindeutig formulierten Zielen, die in logisch strukturierte, den Sachzwängen einer Unternehmung folgende Pläne eingearbeitet, kommuniziert und verwaltet werden. Die Schnittmengen in der u. a. Abbildung sollen auf die Gemeinsamkeit von OE, PE und Mitarbeiter bzgl. der Zielintegration hinweisen - dies deckt sich faktisch mit der Bedeutung der Integration von PE und OE, sowie die gegenseitige Abhängigkeit und Vernetzung (vgl. Krämer-Stürzl, 2006, S.118).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2. Zielsetzung

Wenn Menschen in Zeiten persönlicher Zielkomplexitäten (vgl. auch kritische Lebensereignisse – nicht normative Lebensereignisse6 ) sich im Umbruch befinden, dann benötigen diese entweder ein hohes Maß an methodischer und personaler (emotionaler) Kompetenz (vgl. auch Arnold 2006, S. 189) zur Klärung ihrer Probleme, oder sie erkennen ihre Situation und ihre nicht ausreichenden Fähigkeiten und nehmen zur Lösung einen kompetenten Menschen in Anspruch, der ihnen helfen kann.

Coaching ist in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit, aus diesem (eventuell falschen) Dilemma zu kommen.

Die vorliegende Arbeit nutzt Wissen und Ergebnisse der Forschung aus OE und PE und stellt den Menschen mit der Thematik seiner Ziele in den Mittelpunkt. Diese Verschränkung, wie auch das Spannungsfeld von OE und PE mit der persönlichen Zielentwicklung des Menschen liegt auf der Hand.

Mittels dieses Coaching-Konzeptes sollen die Aspekte von persönlichen Zielszenarien hinterfragt, analysiert, dokumentiert und Ansätze für eine zielunterstützende Diagnose des Leistungsvermögens liefern. Vor allem aber stellt dieses Coaching-Konzept die motivationalen und kognitiven Aspekte von persönlichen Zielen in den Mittelpunkt, denn nur bei einer, wie in Abb. 1 dargestellten, weitestgehenden Übereinstimmung der Ziele des Unternehmens mit dem innerlichen Wollen des Mitarbeiters7 ist eine optimale Möglichkeit zur Zielerreichung gegeben

Meine Zielsetzungen für diese Arbeit:

- Unternehmen und ihren Mitarbeitern die Ermöglichung einer methodisch didaktischen Vorgehensweise (Lehren und Lernen) im Sinne von Coaching aufzuzeigen. Integriert in der Lern- und Unternehmenskultur soll es als Coaching-Tool eingesetzt und von Mitarbeiter (Coachee) und Vorgesetzten (Coach) im Rahmen ihres täglichen Miteinanders eine „Hilfe zur Selbsthilfe“ bieten (Coaching als Führungsstil). Die gilt im Übrigen auch für aktuell (nicht gern) angesprochene „Nachberuflichkeit“ von Mitarbeitern – „out of job“ – Maßnahme. Coaching kann hier ein Erfolgsfaktor für alle Beteiligten werden.
- Coaches sollen dieses Konzept nutzen – um ein probates Dokumentationstool einsetzen zu können.
- Und letzthin mir selber die notwendige wissenschaftliche Basis meiner Coaching-Arbeit zu schaffen – unabhängig von dem Unterzielen (wie Freude am „Schreiben“, das Werk selber zu in den Händen zu halten, Anerkennung etc.).

Das übergeordnete Ziel jedoch ist ein gelingendes Leben (vgl. Müller-Commichau, 2007, S. 7) .

1.3. Aufbau der Arbeit

Im Folgenden werden dazu im ersten Teil der Arbeit, die in Bezug auf Motivation wichtigsten Grundbegriffe der Motivationspsychologie erläutert und auf ausgewählte Motivationstheorien eingegangen (s. Kap. 2 und 3). In den Kontext dieser Theorien, werden angestrebte Ziele hinsichtlich ihrer Ausprägung und gegenseitigen Beeinflussung eines Menschen erklärt (s. Kap. 4) – inklusive der Kognition und Implikationen, die mittels Coachings in Kap. 5 aufgearbeitet werden können.

Im zweiten Teil der Arbeit (s. Kap. 6) wird als Anwendungsbezug das Konzept „Coaching HvK“ beschrieben, dass die wissenschaftlichen Grundlagen aus dem ersten Teil nutzen.

Im Fazit wird (Kap. 7) die Entstehung, Bedeutung und Wirkung von Motivation zusammengefasst, die verwendeten Motivationstheorien gewürdigt sowie die Vorteile dieses Konzeptes „Coaching HvK“ und dessen Fähigkeiten im Rahmen von Weiterbildung (WB) dargestellt, weiterführende Aktivitäten lokalisiert und auf noch weiterführende Fragen verwiesen.

Das Profil dieser Arbeit orientiert sich zum einem an den Quellen der wissenschaftlichen Literatur der relevanten Themenbereiche. Daneben bringt der Autor, auch als erfahrene Führungskraft, mehr als 38 Jahre Erfahrungswissen aus den Bereichen Personal- und Organisationsentwicklung, Erwachsenenbildung (Dozent) und Coaching ein.

2. Begriffe der Motivationspsychologie

Die Betrachtung und Erläuterung der basalen Begriffe der Motivationspsychologie ist notwendig, insofern gerade im täglichen Sprachgebrauch Begriffe wie Verhalten, Motiv, Motivation, Emotion und Kognition vielfältig verwendet werden – und sicherlich im Kontext der jeweilig verstandenen Begrifflichkeit der eigenen Sicht der Dinge richtig benutzt - jedoch bleiben sie öfter unverständlich.

Eine kurz geführte Zusammenstellung dieser Begriffswelt im Rahmen der Grundlegung hilft – insofern hier ein Bedarf an Klarheit besteht.

Verhalten: Sämtliche Aktivität oder Reaktion eines Organismus auf einen inneren oder äußeren Reiz wird als Verhalten bezeichnet.

Die hierbei ablaufenden volitionalen Prozesse werden im Handlungsmodell – Interventionsmodell „Herz vor Kopf“ erläutert.

Der Begriff „Motiv“ beschreibt aus welchen Gründen eine Handlung erfolgt. Meist die steht Erfüllung von Bedürfnissen im Fokus des Handelns.

V. Rosenstiel (2003, S. 206) beschreibt „Motivation“, „…, wenn eine Person mit Anregungsbedingungen der umgebenden Situation konfrontiert wird, die in ihr ganz bestimmte Motive aktivieren, die wiederum Verhaltensintentionen auslösen“.

Fröhlich (2003) definiert Motivation wie folgt„ Aus dem Lat. motivus (Bewegung auslösend) hergeleitete allgemeine, umfassende Bezeichnung für Prozesse, die dem Verhalten Intensität, bestimmte Richtung und Ablaufform verleihen, …Im weitesten Sinne dient das M[otivations]-Konstrukt der Erklärung, warum und wie Verhalten in spezifischen Situationen an bestimmten Zielen orientiert und in Richtung auf die Zielerreichung gesteuert wird. M[otivation]. wird im Zusammenhang mit biologisch-homöostatischen Bedürfnissen (Trieben, Antrieben, z.B. Hunger), mit erfahrungsgeprägten Gewohnheiten und Erwartungen, mit Einstellungen und bewussten [sic] Vorsätzen (determinierende Tendenzen; Gerichtetheit, Strebungen, Wünschen), mit Interessen und Werthaltungen sowohl im Selbst- als auch im Sozialbezug als Inbegriff der dynamischen Richtungs- und Organisationskomponente des zielorientierten Verhaltens diskutiert“(Fröhlich 2003, S. 1784).

Emotionen sind Gefühle, und sie bilden einen wesentlichen Bestandteil des menschlichen Verhaltens. Nahezu jede Handlung wird von Emotionen begleitet. Ebenso werden viele Entscheidungen bewusst oder unbewusst durch die Emotionen des Entscheidenden beeinflusst (Schwarz, 2003, S. 23).

Für Emotionen gibt es keine allgemeingültige Definition. Schlegel führt hierzu verschiedene Erklärungsdefinitionen von namhaften Wissenschaftlern wie Scherer, Otto, Euler, Mandl und Averill an, die Emotionen definieren als (vgl. Schlegel, 2003, S. 15):

- Emotion ist eine bedeutende Episode zeitlicher Synchronisation aller bedeutenden Subsysteme des Organismus,
- Emotion wird üblicherweise dadurch verursacht, dass eine Person bewusst oder unbewusst ein Ereignis als bedeutsam für ein wichtiges Anliegen (Ziel) bewertet,
- Emotion ist eine vorübergehende soziale Rolle, welche die Situationseinschätzung des Individuums einschließt und eher als Passion statt als Aktion aufgefasst wird, und
- „…, dass insbesondere die Rolle der kognitiven Prozesse, besonders bei der Einschätzung und kontinuierlichen Neueinschätzung der Auseinandersetzung mit der Umwelt, aber auch bei dem Entwurf von Handlungen, den Kern gegenwärtiger Arbeitsdefinitionen darstellen.“

Emotionen sind laut einer Arbeitsdefinition von Meyer (vgl. Dietrich 2003, S. 60) Vorkommnisse wie: Freude, Traurigkeit, Angst, Eifersucht, Stolz, Überraschung, Mitleid, Scham, Schuld, Neid, Enttäuschung, Erleichterung sowie weitere Arten von psychischen Zuständen, die den genannten genügend ähnlich sind. Eine ähnliche Aufzählung findet sich bei Goleman (vgl. Goleman 1997, S. 363).

Der Emotionsbegriff im Fokus der Psychologie im Lernzusammenhang von Kognition und Motivation umschreibt / beschreibt dies wie folgt:

Emotion - „Aus dem lat. emovere (aufwühlen, heraustreiben) hergeleitete, allgemeine und umfassende Bezeichnung für psychophysiologische Zustandsveränderungen, ausgelöst durch äußere Reize (Sinnesempfindungen), innere Reize (Körperempfindungen) und/oder kognitive Prozesse (Bewertungen, Vorstellungen, Erwartungen) im Situationsbezug. Emotionale Reaktionen (emotional Responses) gehen mit verdeckt ablaufenden autonomen, neurohumoralen, zentralnervösen und neuromuskulären Veränderungen einher, die zusammenfassend als emotionale Erregung (emotional arousal) bezeichnet werden. Zu ihren äußeren Kennzeichen gehören der emotionale Ausdruck (emotional Expression), die Orientierung am emotional erregenden Gegenstand bzw. Sachverhalt, die damit verbundene Unterbrechung bzw. Desorganisation des momentan ausgeführten Verhaltens, ggf. im Übergang zur Einleitung von Annäherungs- bzw. Vermeidungsschritten. Die spürbar einsetzende Erlebnisweise und die-von Kognitions- und Motivationserfahrungen mehr oder minder abgehobene - Erlebnisqualität von Emotion nennt man Gefühl“ (Fröhlich 2003, S. 785)

Kognition gilt somit umfassend für Erkenntniseinheiten des Bewusstseins, die auf Sinneserfahrungen, Vorstellungen, Denken und / oder Erinnern beruhen bzw. für Funktions- und Strukturmerkmale von auf Repräsentationen begründetem und aussagbarem Wissen (vgl. Arnold 1997, zitiert in Dietrich 2003, S. 60). Kognition ist das biographisch erworbene sensorische Archiv des Menschen. Daraus folgt, dass Emotion immer in einem engen Interdependenzverhältnis mit Kognition steht.

Und letzthin bietet diese Verschränkung von Emotion und Kognition die Basis für intentionale Handlungen - hin zu „Emotionalen Kompetenz“. Doch vorweg; Goleman (1997) beschreibt in seinem Werk „Emotionale Intelligenz“ hierzu: „Die Schulreife eines Kindes beruht auf der elementaren Fähigkeit lernen zu können…“. Er bezieht sich hierbei auf Visionen von Salovey und Mayer (1989): Selbstvertrauen, Neugier, Intentionalität, Selbstbeherrschung, Verbundenheit, Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft.

Diese Fähigkeiten der emotionalen Intelligenz zeichnen nicht nur den Erwachsenen aus, sondern sollten bereits - vom Elternhaus weitergegeben – „…von einem Kind erbracht werden, wenn es in die Schule kommt“ (Goleman 1997, S. 244 f). Schlegel bezieht sich auf ähnliche Ergebnisse und Quellen (vgl. Schlegel 2003, S. 20).

Kompetenz jedoch ist somit noch nicht gegeben, denn erst durch Rezeption ist Emotionale Kompetenz gegeben in Anwendung vorgenannter Fähigkeiten der emotionalen Intelligenz. Es ist die Kompetenz, mit eigenen und fremden Gefühlen umgehen zu können, sie im konkreten Kontext richtig anzuwenden, um so Konflikte und Stress zu vermeiden (vgl. Arnold 2004, S. II). Goleman führt hierzu im Kontext aus, dass „…Personal competence is the mastering of one’s emotions, social competence is like learning to master and influence other people’s emotions.” (Goleman 2006, S. 202).

3. Notwendige basale Motivationstheorien

Die Entstehung von Motivation wird hier anhand verschiedener Motivationstheorien dargestellt. Ich werde hier nur für das Konzept relevanten Theorien in Kurzform darstellen und ihr Bezug zu Motivation erläutert (vgl. auch Kahle-Hausmann 2006, S. 4).

Doch vorweg eine Eingliederung des Themas in die wissenschaftliche Sichtweise der Dinge – der Psychologie – so gefunden bei Renner & Mack Fernuniversität in Hagen (2009) im Studiengang Psychologie.

Den Terminus Psychologie zu definieren wird durchgängig als sehr schwierig beschrieben. Psychologie ist im alltäglichen Sprachgebrauch ein Modewort und Menschen verwechseln Psychologie sehr häufig mit Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen. Die freie Übersetzung von Psychologie ist „Seelenkunde“ oder „Seelenlehre“.

Dass es eine seelische Disposition gibt, wird angenommen, über ihr Vorliegen gibt es oft nur wenig anschauliche Gewissheit. Da die Psychologie eine empirische Wissenschaft ist, liegt es nahe zu thematisieren, wie Erleben und Verhalten erfasst bzw. gemessen werden können (Introspektion vs. Verhaltensbeobachtung) und welche Probleme damit verbunden sind.

Gerade die Introspektion steht für eine Aussage, die auf eigene Anschauung oder eigene Erlebnisse gründet. Im strengen Sinne handelt es sich dabei um eine unmittelbare Retrospektion, denn die Aussage erfolgt unmittelbar nach dem Auftreten des betreffenden Erlebnismodus (vgl. Fröhlich 2002, S.248). Im o.g. Szenario „Müd bin ich.“ kommt es in der Nachbetrachtung zu einer Zeitverzögerung. Die Methode leistet in Form standardisierter, systematischer Selbstbeschreibungen oder -beurteilungen (Adjektivlisten, Fragebögen, Ratings) in der Wahrnehmungs-, Emotions- und Persönlichkeitsforschung unentbehrliche Dienste (vgl. auch ebenda). Jedoch es ist letztlich keine Objektivität der Introspektion möglich, da die Methode, wie auch darin enthaltenen Fragen bereits einer Wertung unterliegen. Somit kann nur von einer so wenig wie möglich subjektiven Erhebung gesprochen werden – bzw. es wird immer eine Wirklichkeit zweiter Ordnung generiert (vgl. Watzlawick 2009, S. 91f; vgl. Watzlawick 2007a, S. 142f).

Zurück zum Szenario – dies ist ein Bild, das eine Introspektion möglicherweise Erlebten gestattet. Doch dieses Szenario ist (noch) eine Konstruktion, es sind fremde Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen. Wenn dem kybernetischen Prozess aus nachstehender Abbildung gefolgt wird (und das ist Gedankenarbeit und Gefühlsarbeit (vgl. Arnold 2008d, S. 9f)), dann stellen sich Fragen, die in den nachstehenden Kapiteln erörtert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Introspektionsprozess

Andererseits ist die Psychologie (und somit der Coach) aber auch auf qualitative und hermeneutische Methoden angewiesen, wenn Texte, z.B. Autobiographien oder Tagebücher, untersucht werden sollen.

Bei der genaueren Explikation kann auch auf die Ausführungen von Selg und Dörner Bezug genommen werden, nach denen nicht jedes Verhalten Gegenstand der Psychologie als Wissenschaft ist und der Begriff des Erlebens unscharf definiert ist. So ist z.B. Schwitzen in der Sauna für die Psychologie nicht von Interesse, wohl aber Schwitzen beim Halten eines öffentlichen Vortrags. Zudem kann Psychologie unter eher systemtheoretischer Perspektive als Wissenschaft von den offenen bzw. variablen Regulationen definiert werden. Im Gegensatz zu den meisten Tieren verfügen Menschen über nur wenige Reflexe und Instinkte (= fest verdrahtete Regulationsmechanismen) und müssen deshalb lernen, wie Bedürfnisse, z.B. Hunger, aber auch Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Anerkennung befriedigt werden können (vgl. Renner & Mack 2009, S.9f).

Wie ein Mensch bei der Befriedigung der genannten und anderer Bedürfnisse vorgeht, ist offen und variabel. Nachfolgende8 Bedürfnistheorien und Prozess-Ansätze, die sich an „Inhalten“ fokussieren, verdeutlichen den Sachverhalt.

3.1. Inhaltstheorien

Maslow stellt die Gesamtheit menschlicher Motive in hierarchisch geordneten Bedürfnisgruppen zusammen:

1. physiologische Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Schlaf,
2. Sicherheitsbedürfnisse wie Abgrenzung, Ordnung, Recht, Schutz,
3. soziale Bedürfnisse wie Liebe, Zugehörigkeit zu einer Gruppe,
4. Achtungs- oder Anerkennungsbedürfnisse wie positive Selbstbewertung und Anerkennung durch andere und
5. Selbstverwirklichungsbedürfnisse wie Individualität, Güte, Gerechtigkeit, Selbstlosigkeit

Weiterhin führt er an, dass die Inhalte der nächsthöheren Bedürfnisebene erst dann motivational relevant werden, wenn die Bedürfnisse der vorgeordneten Stufen erfüllt sind (vgl. ebenda).

Er betont die Autonomie des Menschen, sein zielgerichtetes Handeln und sein aktives Streben nach Selbstverwirklichung bzw. nach Ausschöpfung seiner Potenziale (vgl. ebenda S. 209).

Herzberg führte empirische Studien (Pittsburgh) über Ursachen der Arbeitszufriedenheit durch und entwickelte daraus eine Theorie (Zwei-Faktoren-Theorie), die deutlich von Maslow inspiriert wurde (vgl. Nerdinger 1996). Als Resultat ergeben sich zwei Kontinuen „Zufriedenheit – Nicht-Zufriedenheit“ und „Unzufriedenheit – Nicht-Unzufriedenheit“ (vgl. Weibler 2001). Es werden dabei zwei Faktor-Klassen der Arbeitszufriedenheit unterschieden (vgl. ebenda):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Schmalen, 1996, S.267)

Herzberg fand / ermittelte in dieser Study, dass Menschen bei der Arbeit zufrieden sind, wenn die Arbeit selbst zufriedenstellend ist (Motivatoren). Menschen sind hingegen unzufrieden, wenn interpersonelle Dinge und die äußeren Rahmenbedingungen (Hygienefaktoren) ungünstig sind. Fazit hierbei ist, dass Lob / Anerkennung die Arbeit selbst und Verantwortung, wie auch Karrierechancen als die wirklich wichtigen Dinge im Berufsleben anzusehen sind.

Deci & Ryan (1995) griffen vorgenannte Ansätze von Herzberg auf und nähern sich dabei jener Überlegung, dass einer Unterscheidung von intrinsischer und einer extrinsischen Motivation ein unterschiedlicher Grad von Selbstbestimmung zugrunde liegt (vgl. v. Rosenstiel 2007, S. 243). Wichtiges Momentum in der Darstellung von Deci & Ryan, basierend auf Forschungsergebnissen, ist:

1. Die intrinsische Motivation nimmt ab, wenn man Versuchspersonen extrinsische Belohnungen wie z.B. Geld oder Auszeichnungen für eine ursprünglich intrinsische Aktivität anbietet. Deci & Ryan interpretierten die Ergebnisse dahingehend, dass extrinsische Motivatoren, die in den Handlungsablauf einer intrinsisch motivierten Tätigkeit eingeführt werden, das Gefühl der Selbstbestimmung unterminieren (vgl. v. Rosenstiel 2007, S. 426). Der wahrgenommene Ort der Handlungsverursachung verschiebt sich von innen nach außen, infolgedessen sinkt die Neigung, die Aktivität allein wegen ihrer intrinsischen Befriedigung auszuüben.
2. Andere Untersuchungen zeigen, dass extrinsische Belohnungen die intrinsische Motivation aufrechterhalten, d.h. extrinsische und intrinsische Motivatoren sind keine Antagonisten. Auch extrinsisch motiviertes Verhalten kann durchaus selbstbestimmt sein.

Zur Verdeutlichung des vorher Ausgeführten dient folgende Darstellung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Beeinflussung nach Deci & Ryan

Ergänzend zu vorgenannter Abb. seien Handlungen erwähnt, die ohne motivationales Abwägen allein durch situationsauslösende Emotionen ablaufen.

Sokolowski (1993) beschreibt z.B.: „..., dass motivationale Steuerungen vor allem bei den Handlungen vorliegen, die eigene Wünsche realisieren, während die willentliche Steuerung besonders bei Handlungen wirkt, die bspw. aufgrund von Zwängen vollzogen werden.“ (zitiert in Weibler 2001).

Es geht letzthin dem Individuum um den Nutzen, der aus der Handlung zu erzielen ist. Hier gilt es zu unterschieden im Rahmen der Nutzenerwartung und Sinnstiftung:

- Nutzengewinn aus der Handlung selber,
- Nutzengewinn aus dem Handlungsergebnis und
- Nutzengewinn als eine „Mischung“ aus beiden vorgenannten.

Es kommt bei der Betrachtung von Nutzenerwartung immer auf die genuine Intention an!

3.2. Nutzenerwartung - der „Weg-Ziel-Ansatz“ nach Vroom

Dieser Grundgedanke beschäftigt sich mit dem weitgehend unbestimmten Ziel des menschlichen Verhaltens. Das Individuum strebt danach, den subjektiv erwarteten Nutzen seiner Handlungen zu maximieren. Dynamische Prozesse in Bezug auf Planung und nachfolgende Umsetzung der Verhaltensintention werden in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt (vgl. v. Rosenstiel 2003).

Wie bei den Inhaltstheorien (von Maslow und Herzberg) gibt es auch hier verschiedene Prozess-Theorien. Wesentliche Grundaussagen aller Prozesstheorien finden sich in der VIE-Theorie von Vroom (vgl. Kahle-Hausmann, 2006 S. 7f).

Dieser Theorie liegt zugrunde, dass Menschen ihre Motive befriedigen wollen. Sie fokussieren / Priorisieren Motive, die einen besonders hohen Nutzen versprechen und mit hoher Wahrscheinlichkeit erreicht werden können. Vroom verbindet quantitative Messgrößen für den subjektiven Nutzen sowie die subjektive Wahrscheinlichkeit und multipliziert diese, um vorherzusagen, welche Handlungsoptionen ein Individuum auswählt (vgl. Vroom 1964, vgl. Kahle-Hausmann 2006, S. 7f).

Die Intention des Verhaltens errechnet Vroom aus:

1. der Wertigkeit des Ziels (V für Valenz),
2. der Instrumentalität (I) der Handlung für das Erreichen dieses Ziels,
3. der subjektiven Wahrscheinlichkeit (E), zielführende Handlungsfolgen erreichen bzw. zielführendes Handeln zeigen zu können und
4. der Kraft (F) als Anstrengungsniveau, das gewählt wird, um den Handlungsausgang herbeizuführen (vgl. v. Rosenstiel 2003).

Die Leistungsbereitschaft als eine in Leistungsorganisationen besonders bedeutsame Verhaltensform ist Wunderer / Küpers (2003) zufolge einer Funktion aus ebendiesen Faktoren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Leistungsbereitschaft = f (Valenz x Instrumentalität x Erfolgs- bzw. Nutzenerwartung)

Die subjektive Wahrscheinlichkeit lässt sich allerdings ohne eine genaueste Zielformulierung und -analyse und deren Abhängigkeit im Vorfeld der VIE-Theorie nicht qualifizieren und selbst dann – ist dies nur eine der möglichen Wirklichkeiten aus Sicht des Individuums!

3.3. Konstruktivismus oder „Wie wirklich ist Wirklichkeit“

Zurück zum Szenario - ist das, was vonstattenging Realität, die Wirklichkeit, oder ist dies eine individuelle Lebensweltliche Sicht, eine Interpretation des Subjektes (des Wahrnehmenden)? Inwieweit folgt ein anderes Individuum der gleichen Auffassung des Geschehens, des Erlebten und Handelns (i.S. sich der Stimmung hinzugeben) oder kommt es zu einem völlig andren Ergebnis (Gefühlslage und Erkenntnis)? Was ist nun die reale Wirklichkeit und was ist die Wertigkeit der Situation der unterschiedlichen Subjekte?

Eine m.E. valide Antwort für diese Arbeit liefert der (radikale) Konstruktivismus. Als Begründer des radikalen Konstruktivismus werden Ernst von Glasersfeld und Heinz von Förster genannt. Die zentralen Vertreter aus der Biologie sind Humberto Maturana und Francisco Varela. Ihr Autopoiese-Konzept hat die Theoriebildung in der Soziologie (Luhmann) und der Psychologie stimuliert (vgl. Renner / Mack 2009, S. 153f). Es ist eine Erkenntnistheorie mit der Kernaussage, dass die individuelle Wahrnehmung des Subjekts nicht die Realität als solche abbildet, sondern dieses, mittels seiner Wahrnehmung, die Realität interpretiert und so (von dem Individuum) „passend“ gemacht wird. Für „Passen“ im Fachjargon des Konstruktivismus wird hier der Begriff „Viabilität“ verwendet (vgl. Arnold / Siebert 2006, S. 103; Glasersfeld v. 2009, S. 24f).

Die epistemische Konstruktion unserer Wirklichkeit erfolgt nicht nach dem Maßstab der ontologischen Wirklichkeit, sondern nach dem der Viabilität (vgl. ebenda). Im radikalen Konstruktivismus besteht die Auffassung, dass die Wirklichkeit „erfunden“ wird. Jeder macht sich sein eigenes Bild von dem was, er „wirklich“ (k)nennt (vgl. Glasersfeld v. 2009, S. 31f).

Jede Wahrnehmung ist somit subjektiv. Im Konstruktivismus wird die Autonomie gegenüber der Umwelt betont, nicht determiniert, wohl aber pertubiert (vgl. Maturana / Varela 1984, S. 55). Das Individuum ist selbstorganisiert und autonom (selbstreferenziell). Autopoietische Systeme benötigen ihre Umwelt letzthin nur zur Aufrechterhaltung ihrer selbst. Eben dieser Autonomieansatz bringt zu Tage, dass ein Individuum nur begrenzt von außen steuerbar ist (vgl. ebenda).

Determiniert also das biologische System (der Leib, Körper) das kognitive System (das Mentale, Immaterielle, den Geist) oder umgekehrt? Innerhalb der Theorie selbstreferentieller Systeme lassen sich diese Fragen mit dem Konzept der Emergenz (teilweise) beantworten.

Dieses Konzept besagt, dass aufgrund der Netzwerkinteraktionen der Komponenten eines Systems 1. Ordnung phänomenologisch andere Komponenten hervorgebracht werden können. Diese beginnen, sich zirkulär selbst hervorzubringen und zu steuern und somit ein System 2. Ordnung bilden. Konkret: aufgrund von bestimmten Netzwerkinteraktionen (oder Mustern) neuronaler Erregungen taucht die Bedeutung und über die Selbstreferenz von Bedeutung das kognitive System auf. Das biologische System ermöglicht also aufgrund der Komplexität der neuronalen Netzwerkinteraktionen das kognitive System, ohne es zu determinieren, da es sich über zirkuläre Bedeutungszuweisungen selbst steuert und organisiert. Ebenso kann das Verhältnis zwischen kognitiven Systemen und dem sozialen System gefasst werden (vgl. Luhmann 1984, S. 25f).

Ein grundlegender Kritikpunkt, der immer wieder vorgebracht wird, ist ein mit dem radikalen Konstruktivismus einhergehender Selbstwiderspruch. Einerseits werden neuro-biologische Befunde zur Funktionsweise des Gehirns zur Begründung der erkenntnistheoretischen Position in Anspruch genommen, andererseits wird behauptet, dass man über die „Welt da draußen“ grundsätzlich nichts wissen könne, weil man die Realität eben nicht finden, sondern nur erfinden kann. Da das menschliche Gehirn und dessen Funktionsprinzipien zur Welt gehören, kann man eigentlich auch darüber nichts wissen. (vgl. Renner / Mack 2009, S. 157f).

Jedoch bezogen auf das o.g. Szenario scheint die „Lösung“ nach der Frage der Wirklichkeit m.E. viabel.

Der Akteur in diesem Szenario unterliegt als autopoietisches System unterschiedlichen Emotions- und Deutungsmuster9.

- Er interpretiert die Welt für sich in seinem Handlungs- und Erlebnisraum und dies ebenso unterschiedlich von aktuellen Raum- und Zeitentitäten.
- Er erlebt seine eigenen Emotionen und Erkenntnisse und deren Passung in sein Leben – letzthin in seine Lebenswelt,
- die ER auszuhalten vermag auf Dauer (oder auch nicht!) und in / auf diesem Kontinuum bildet er seine Wünsche, Hoffnungen und Ziele ab.

4. Ziele – notwendige Basis zukünftigen Handelns

Ziele sind angestrebte Ereignisse, die durch eine bewusst, auf sie ausgerichtete Handlung erreicht werden. Sie beschreiben somit einen, für die Zukunft, i.d.R. auch für einen genau angegebenen Zeitpunkt, erwünschten Soll-Zustand.

Der Weg der Zielverfolgung ist für gewöhnlich nicht enthalten bzw. vorgeschrieben vom Ist- zum Sollzustand (vgl. Breisig 2004, Sp. 2055).

Gemeinsam von OE und PE ist im Vorfeld von Zielvereinbarungen die Planung der Ziele, denn es gilt: die Planung der Organisationsziele ist die Vorwegnahme zukünftigen Handelns.

Kritische Anmerkung: Wenn dies eine hinreichende Bedingung ist, dann ist die notwendige Voraussetzung für Planung die Zielsetzung. Daraus folgt allerdings, dass Handlungen nicht notwendigerweise Zielsetzungen aufweisen. Es gibt Handlungen (affektiv), die keinerlei Planungen oder Zielsetzungen aufweisen. Vielen (Fehl)- Planungen liegt oft zugrunde, dass die Ziele nicht ausreichend definiert resp. qualifiziert wurden.

Zielverfolgung bedeutet jedoch Veränderung und dies wird oft landläufig mit „Stress“ verbunden. Dieses Symptom gilt es sich i.d.R. auszusetzen – vor allem für das betroffene Subjekt gilt „aushalten“ als ein Dogma.

Stress (i.S. von Distress) ist auf Dauer gesehen pathogen, sonach das Individuum nicht durch geeignete Handlungen substituiert resp. eine Saturierung anstrebt. Stress bedeutet aber auch extreme psychische Belastungen wie schwere Konflikte, Lebensängste, Zukunftssorgen etc., die das innere Gleichgewicht stören und eine Neuanpassung erforderlich machen, wenn die erfahrene Erfolglosigkeit zur Abnahme oder Einstellung aller Aktivitäten führt und Erschöpfung, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit hervortreten (vgl. Fröhlich, 2003, S. 422f).

Stress lässt sich bis zu einem gewissen Maße aushalten bzw. ist eine notwendige Voraussetzung für die Pertubation des Individuums (vor allem in Lern- und Veränderungsprozessen im Rahmen von Organisationsveränderungen) – dies gilt insbesondere im Rahmen von Organisationsentwicklung und darin inhärenten dynamischen Gruppenprozessen („Bist Du dafür oder dagegen?“).

4.1. Organisationsentwicklung

„Unter OE werden alle Ansätze zusammengefasst, welche die Verbesserung der Funktionsweise des gesamten Unternehmens zum Ziel haben. Diese Ansätze beinhalten die Änderung der Einstellung und das Verhalten von Einzelnen und Gruppen, sowie eine Veränderung von Organisationsstrukturen und Technologien. Die Ziele der OE sind: die Organisation leistungsfähiger, die Zusammenarbeit effizienter und die Arbeitsbedingungen befriedigender zu gestalten. Darüber hinaus soll sich die Anpassungsfähigkeit der Organisation und ihrer Mitglieder an Veränderungen (einer sich ständig wandelnden Umwelt) erhöhen.“ (Marek 2009b, S. 8). In der PE und OE sind Zielvereinbarungen seit längerem Gegenstand und Aufgabe. Auf Basis von z.B. Betriebsvereinbarungen werden strategischen Unternehmensziele auf die Mitarbeiterebene determiniert . Notwendige Voraussetzung für die Zielerreichung (Handlung) sind also definierte Ziele (messbare Größen) im Rahmen von Zielvereinbarungen.

Persönliche Ziele unterscheiden sich von den Organisationszielen dergestalt, dass Menschen nicht nur auf äußere Reize reagieren. Sie erfüllen nicht nur das, was man ihnen gefordert wird, sondern sie handeln auch, um eigene, von ihnen gesetzte, Ziele zu erreichen. Dies gilt immer öfter auch auf dem Feld des beruflichen "Wirkens"; eine Übereinstimmung von persönlichen und beruflichen Zielen ist nicht ausgeschlossen (vgl. Kaschube 1997).

Der Mensch agiert nicht entsprechend einer zwingenden Entscheidungslogik, sondern auch aufgrund der eigenen Selbstwahrnehmung und seiner innerlich gewählten Ziele – trotzdem lassen sich Theorien anführen, die vorgenanntes modellhaft beschreiben können.

4.2. Zielsetzungstheorie von Locke und Latham

Locke et. al. (1990) ergänzten u.a. die Überlegungen von Bandura (1986) die die Wirkung bzw. Einwirkung von Moderatoren (Selbstwirksamkeit, Feedback, Komplexität) berücksichtigen, die gerade im Zielbildungs- und Bindungsprozess eine elementare Rolle spielen (vgl. auch Nerdinger 1995, S. 136) und somit betrachtet werden müssen. Das Beziehungsgeflecht in nachstehender Abbildung soll dies verdeutlichen Nach der Modellvorstellung beeinflussen (fremde) gesetzte Ziele die persönlichen Ziele, die wiederum das Leistungshandeln steuern. Gesetzte Ziele beeinflussen auch die Selbstwirksamkeit, da die Vorgabe herausfordernder Ziele ein stärkeres Gefühl der Selbstwirksamkeit auslöst, als nur wenig herausfordernde Ziele.

[...]


1 PD an einer Universität in England – Fach Psychologie

2 Blaise Pascal (* 19. Juni 1623 in Clermont-Ferrand; † 19. August 1662 in Paris) war ein französischer Mathematiker, Physiker, Literat und Philosoph.

3 Nun die gibt es sicherlich nicht mit dieser Methode – aber zumindest bietet diese Ausarbeitung eine Ermöglichung, sich dem Thema „Coaching“ fundiert zu nähern.

4 Analogie zur Ökologie – abgrenzbarer Lebensraum

5 Empathie stammt vom griechischen Wort „empatheia“ ab, was übersetzt so viel bedeutet wie Zuneigung, Einfühlung.

6 Als Beispiel ist nicht erwartete Kündigung – andere Komplexitäten sind normativer Art wie: Ruhestand, Karriere u.a.; - (vgl. Mehlhorn, 2003, S. 88)

7 Die Begrifflichkeit wie Menschen / Mitarbeiter / Coachee etc. muss immer im Kontext der beschriebenen Situation gesehen werden.

8 Ich führe nur die notwendigen Theorien „stichwortartig“ aus

9 dies ist eine der wesentlichsten Erkenntnisse, die ein Coach im Vorfeld sich aneignen muss

Ende der Leseprobe aus 127 Seiten

Details

Titel
Die "Herz vor Kopf" Coachingmethode
Autor
Jahr
2020
Seiten
127
Katalognummer
V584747
ISBN (eBook)
9783346199850
ISBN (Buch)
9783346199867
Sprache
Deutsch
Schlagworte
coachingmethode, herz, kopf
Arbeit zitieren
Johann Marek (Autor:in), 2020, Die "Herz vor Kopf" Coachingmethode, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/584747

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