Der Auskunftsanspruch und das Bankgeheimnis im Kennzeichenrecht


Seminararbeit, 2016

33 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsübersicht

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Inhaltsübersicht

A. Einführung

B. Auskunftsansprüche im Kennzeichenrecht
I. Der unselbständige Auskunftsanspruch nach § 242 BGB
1. Anwendbarkeit
2. Voraussetzungen
3. Inhalt und Umfang
4. Einschränkung der Auskunftspflicht
II. Der Auskunftsanspruch nach § 19 MarkenG
1. Allgemeines
2. Regelungszusammenhang
3. Sinn und Zweck des § 19 MarkenG
4. Anwendungsbereich des Auskunftsanspruchs
5. Arten der Auskunftsansprüche nach § 19 MarkenG
a. Auskunftsanspruch gegen den Verletzer
i. Voraussetzungen
1) Vorliegen einer Kennzeichenverletzung
2) Handeln im geschäftlichen Verkehr
3) Verschulden und Rechtswidrigkeit
ii. Anspruchsverpflichteter
1) Verletzer
2) Störer
b. Anspruch auf Drittauskunft
i. Voraussetzungen
1) Offensichtliche Rechtsverletzung
2) Klageerhebung gegen den Verletzer
3) Gewerbliches Ausmaß
(a) Begriffsbedeutung
(b) Gleichsetzung mit dem Begriff des geschäftlichen Verkehrs
(c) Private Endverbraucher
ii. Auskunftsschuldner
1) Besitzer rechtsverletzender Waren nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
2) Nehmer rechtsverletzender Dienstleistungen nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
3) Erbringer von Dienstleistungen für rechtsverletzende Tätigkeiten nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG
4) Als Beteiligte benannte Personen nach § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 MarkenG
c. Anspruchsberechtigter
6. Rechtsfolgen
a. Umfang der Auskunft
b. Zeitpunkt und Form der Auskunft
c. Gerichtliche Durchsetzung
i. Hauptverfahren
ii. Einstweiliger Rechtsschutz

C. Das Bankgeheimnis als Schranke der Drittauskunft
I. Ausgangsfall
II. Das Bankgeheimnis
1. Begriffsbestimmung
2. Gesetzliche Grundlage
3. Sinn und Zweck des Bankgeheimnisses
4. Umfang des Bankgeheimnisses
III. Zeugnisverweigerungsrecht kraft Bankgeheimnisses
IV. Zeugnisverweigerung bei Markenrechtsverletzungen
1. Streitfall „DAVIDOFF HOT WATER“
a. Vorliegen eines Auskunftsanspruchs aus § 19 Abs. 2 MarkenG
b. Ausschluss des Auskunftsanspruchs
i. Richtlinienkonforme Auslegung des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO
1) OLG Naumburg
2) OLG Stuttgart
3) BGH - Entscheidung
4) Entscheidung des EuGH
ii. Abschließende Entscheidung des BGH

D. Fazit

Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis:

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A. Einführung

Gegenstand der vorliegenden Seminararbeit ist der markenrechtliche Auskunftseinspruch und seine Begrenzung durch das Bankgeheimnis.

Bis zur Entscheidung des EuGH zum Fall „Davidoff“ verweigerten Bankinstitute gegenüber Markenrechtsinhaberin unter mit Blick auf das Bankgeheimnis regelmäßig die Auskunft über Name und Anschrift desjenigen Kontoinhabers, der möglicherweise das bei der jeweiligen Bank geführte Konto zur Abwicklung eines unter Markenrechtsverletzungen zustande gekommenen Geschäfts verwendete. Deutsche Bankinstitute beriefen sich bisher insoweit darauf, dass das zivilprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 und § 384 Nr. 3 ZPO einer Drittauskunft entgegenstehen. In solchen Fällen war der Rechteinhaber bisher darauf angewiesen, über eine Strafanzeige und ein oftmals langwieriges Strafverfahren an die kundenbezogenen Daten des Kontoinhabers zu gelangen.

Nunmehr entschied der EuGH in seinem im Jahr 2015 ergangene Urteil zum Fall „Davidoff“, dass die Abwägung der Interessen an einer effektiven Verfolgung von Markenrechtsverletzungen auf der einen Seite und des Schutzes personenbezogener Daten auf der anderen Seite zugunsten des Markenrechtsinhabers ausfällt. Dieser Entscheidung schloß sich der Bundesgerichtshof unter Zur ü ckweisung des Urteils vom LG Naumburg im Streitfall „Davidoff“ an.

Im Folgenden werden Auskunftsansprüche im Kennzeichenrecht und das Verhältnis zum Bankgeheimnis unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung näher dargestellt.

B. Auskunftsanspr ü che im Kennzeichenrecht

Der verletzte Markeninhaber kann einen markenrechtlichen Anspruch, etwa eine Schadensersatzforderung, im Falle einer Verletzung seiner Markenrechte nur dann sinnvoller geltend machen, wenn er umfassend über den Umfang und die Tragweite der Rechtsverletzung informiert ist. Auskunftsansprüche dienen vor diesem Hintergrund insbesondere der Bezifferung der Anspruchshöhe.

Auskunftsansprüche lassen sich insbesondere danach unterscheiden, gegen wen sie sich richten. Gegen den Verletzer kommen der aus § 242 BGB von der Rechtsprechung entwickelte akzessorische Auskunftsanspruch und der unabhängige Anspruch nach § 19 Abs. 1 MarkenG in Betracht.1 Daneben ist zur Vorbereitung und Durchsetzung von Ansprüchen gegen Dritte der selbstständige Auskunftsanspruch, sog. Anspruch auf Drittauskunft, vorgesehen.

I. Der unselbst ä ndige Auskunftsanspruch nach § 242 BGB

Vor Einführung spezialgesetzlicher Vorschriften leitete die Rechtsprechung einen allgemeinen Auskunftsanspruch aus Treu und Glaube nach § 242 BGB ab. Bereits im Jahr 1923 entschied das Reichsgericht, dass der verletzte Patentinhaber einen Anspruch gegen den Verletzer auf die Erteilung der Auskunft auf Grundlage von Treu und Glauben nach § 242 BGB sowie unter Hieranziehung der §§ 259, 260 BGB hat.2 Dies übertrug das Reichsgericht u. a. auch auf das Warenzeichenrecht.3 Inzwischen ist diese Rechtsprechung gewohnheitsrechtlich anerkannt.4

1. Anwendbarkeit

Der unselbständige Auskunftsanspruch ist als Hilfsanspruch lediglich auf den konkreten Verletzungsfall beschränkt, welcher dem vorzubereitenden und durchzusetzenden Verletzungsanspruch zugrundliegt.5 Gemäß § 19d MarkenG ist dieser Auskunftsanspruch neben den Regelungen nach §§ 19 ff. MarkenG weiterhin anwendbar, welche keine abschließenden, sondern nur die allgemeinen Regeln ergänzende und erweiternde Regelungen darstellen.6 Gegenüber einem Störer7 ist dieser Auskunftsanspruch nicht anwendbar.8

2. Voraussetzungen

Der allgemeine Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ist akzessorisch.9 Er setzt eine besondere rechtliche Beziehung zwischen dem zur Auskunft Verpflichteten und dem Auskunftsberechtigten10 sowie einen Hauptanspruch, etwa einen Schadensersatz11 - oder Bereicherungsanspruch12, voraus. Er ist vom Bestehen des Hauptanspruchs abhängig und richtet sich nach dessen Voraussetzungen.13 So hat der BGH in der Entscheidung „ Remailing- Angebot “ 14 einen Auskunftsanspruch abgelehnt, da eine Verletzungshandlung noch nicht vorlag und wegen der fehlenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ein Anspruch auf Schadensersatz noch nicht entstanden war. Als weitere Voraussetzung hat der BGH in seinem Urteil „ Entfernung der Herstellungsnummer II “ verlangt, dass der durch die Verletzungshandlung eingetretene Störungszustand fortdauern muss.15 Nach BGH dient der Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines gegen den Auskunftspflichtigen selbst gerichteten Hauptanspruchs, während mit Hilfe der Drittauskunft künftige vergleichbare Beeinträchtigungen vermieden werden sollen. Weiterhin verlangt die Rechtsprechung, dass sich der Rechtsinhaber die Informationen, welche er für die Geltendmachung seiner Ansprüche benötigt, in entschuldbarer Weise anderweitig nicht verschaffen kann und der Auskunftsverpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist.16

3. Inhalt und Umfang

Die Auskunft hat sämtliche Angaben zu enthalten, anhand denen im Hinblick auf die dreifache Schadensberechnung17 für jede der dem Verletzten offenstehenden Berechnungsmethoden der entsprechende Schaden kalkuliert und darüber hinaus die Richtigkeit der Rechnungslegung überprüft werden kann.18 Bei der konkreten Schadensberechnung des entgangenen Gewinns kann der Verletzte nur Auskunft über die erzielten Umsätze und – im Hinblick auf einen eventuellen Marktverwirrungsschaden19 – über Art und Umfang der getätigten Werbung verlangen,20 nicht jedoch über die Namen und Adressen der Kunden oder Lieferanten, Lieferdaten oder interne Kostenaufschlüsselungen des Verletzers.21

Vom Auskunftsanspruch werden auch kerngleiche Handlungen22 erfasst.23 Dieser gedankliche Ansatz findet sich bereits in den Entscheidungen des BGH zu Auskunftsansprüchen im Wettbewerbsrecht.24 In den Streitfällen ließ der BGH den Auskunftsanspruch gelten, wenn für kerngleiche Handlungen eine Wiederholungsgefahr besteht. Darüber hinaus erstreckt sich die Auskunftspflicht seit der Entscheidung „ Windsor Estate “ auch auf Angaben über gleichartige unbekannte Verletzungshandlungen, die zeitlich vor der ersten festgestellten Verletzungshandlung liegen.25 In dieser Entscheidung gab der BGH seine „ Gaby “ - Rechtsprechung26 zur zeitlichen Begrenzung des unselbstständigen Auskunftsanspruchs auf. Dagegen darf keine Auskunft darüber erteilt werden, ob auch bestimmte andere Schutzrechte verletzt worden sind.27 Etwas anderes gilt, wenn neben der bereits begangenen Verletzung eines Schutzrechts eine rechtliche Beziehung zwischen den Beteiligten besteht. 28

4. Einschr ä nkung der Auskunftspflicht

Der Auskunftsanspruch ist durch den Zumutbarkeitsgrundsatz beschränkt.29 Hierbei ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Berechtigten und des Verpflichteten sowie übergeordnete Interesse der Allgemeinheit vorzunehmen.30 Bei Bestehen von berechtigten Geheimnishaltungsinteressen gewährt die Rechtsprechung von Amts wegen einen sogenannten Wirtschaftsprüfervorbehalt.31

II. Der Auskunftsanspruch nach § 19 MarkenG

1. Allgemeines

Für die Fälle der Kennzeichenrechtsverletzungen hat der Kennzeicheninhaber einen selbstständigen und verschuldensunabhängigen Auskunftsanspruch sowohl gegen den Verletzer als auch gegen unbeteiligte Dritte nach § 19 MarkenG.32 Demnach ist dieser Auskunftsanspruch vom Hauptanspruch gegen den Auskunftsschuldner unabhängig. So kann sich der verletzte Marktinhaber auf diesen Anspruch auch dann berufen, wenn gegenüber dem Schuldner kein Hauptanspruch besteht, z. B. weil die Höhe des Schadensausgleichs bereits zwischen den Parteien vertraglich festgelegt wurde.

2. Regelungszusammenhang

Der Auskunftsanspruch aus § 19 MarkenG stellt die rechtliche Umsetzung der Vorgaben von Art. 8 RL 2004/48/EG dar und wurde zuletzt durch Art. 4 Nr. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (VDRgEG) vom 7. Juli 2008 (BGBl. I 2586), welches am 1.9.2008 in Kraft getreten wurde, geändert und erweitert.33 Mit einer durch Art. 8 RL 2004/48/EG veranlasste Erweiterung des Kreises der zur Auskunft Verpflichteten kann der Markeninhaber seinen Auskunftsanspruch auch gegen einen unbeteiligten Dritten geltend machen.34

3. Sinn und Zweck des § 19 MarkenG

Die Vorschrift des § 19 MarkenG dient der effektiven Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie.35 Sie hat zum Ziel, das Auskunftsrecht dadurch zu erweitern, dass der Verletzte unbekannte Verletzungshandlungen von Dritten, z. B. von Lieferanten oder Abnehmer, ermitteln kann.36

4. Anwendungsbereich des Auskunftsanspruchs

Der Anspruch aus § 19 MarkenG ergänzt die Ansprüche aus §§ 14, 15 oder 17 MarkenG und gilt für Marken, geschäftliche Bezeichnungen und Werktitel in gleicher Weise. Er ist auf deutsche Marken, IR-Marken nach §§ 107, 119, 19, 117 MarkenG sowie über §§ 125b, 19 MarkenG i.V.m. Art. 102 Abs. 2 GMVO auch auf Gemeinschaftsmarken anwendbar. Zudem gilt er auch für die Verletzung geographischer Herkunftsangaben nach §§ 128 Abs. 1 Satz 3, 135 Abs. 3 Satz 3, 19 MarkenG sowie nach Art. 8, 13 VO (EG) 510/06. Dagegen findet § 19 MarkenG im Falle der Verletzung von Namen keine Anwendung.37 In einem solchen Fall greift der selbstständige Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben ein.38

5 . Arten der Auskunftsanspr ü che nach § 19 MarkenG

a. Auskunftsanspruch gegen den Verletzer

Im Fall einer Markenrechtsverletzung kann der Rechtsinhaber gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG unverzügliche Auskunft über die Herkunft und die Vertriebswege von widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen und den möglicherweise noch vorhandenen Vervielfältigungsstücken von dem Verletzer verlangen.

i. Voraussetzungen

1) Vorliegen einer Kennzeichenverletzung

Für die Auskunftspflicht wird zunächst eine Kennzeichenverletzung i.S.v. §§ 14, 1 5 und 17 MarkenG vorausgesetzt. Im Gegensatz zur alten Fassung kann nur eine Auskunft über widerrechtlich gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen und nicht mehr auf Gegenstände erteilt werden.39 Widerrechtlich gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen sind dabei wie bei § 18 MarkenG neben typischen Piraterie- und sonstigen Verletzerwaren auch Originalwaren des Markeninhabers, welche einer Erschöpfung i.S.v. § 24 MarkenG nicht unterfallen.40 Gleich gilt für Originalwaren, die nachträglich verändert oder verschlechtert wurden.41 Wie beim akzessorischen Auskunftsanspruch ist der Auskunftsanspruch zeitlich unbeschränkt.42 Zudem unterfallen der Auskunftspflicht auch kerngleiche Verletzungsformen.43 Nach BGH führt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht zum Entfallen des Auskunftsanspruchs.44

2) Handeln im gesch ä ftlichen Verkehr

Weiterhin verlangen die dargestellten Verletzungstatbestände ein Handeln im geschäftlichen Verkehr. Damit wird jede wirtschaftliche Betätigung auf dem Markt, welche zur Wahrnehmung oder Förderung eigener oder fremder Geschäftsinteressen zu dienen bestimmt ist.45 Kein Handeln im geschäftlichen Verkehr stellen rein private Handlungen dar.46 Vom Handeln im geschäftlichen Verkehr ging der BGH in der Entscheidung „ Internet-Versteigerung III “ jedoch aus, wenn ein Anbieter wiederholt mit gleichartigen, insbesondere auch neuen Gegenständen handelt.47 Dies bejahte er in der Entscheidung „ Internet-Versteigerung II “ auch, wenn der Anbieter die zum Kauf angebotene Produkte erst kurz zuvor selbst erworben hat, um diese weiter gewinnbringend an Dritte zu veräußern.48

3) Verschulden und Rechtswidrigkeit

Wie beim Unterlassungsanspruch kommt es auf ein Verschulden des auskunftspflichtigen Verletzers nicht an.49 Hierfür ist vielmehr lediglich eine objektiv rechtswidrige Kennzeichenrechtsverletzung ausreichend, wobei die Rechtswidrigkeit durch den objektiven Tatbestand der Verletzungshandlung als einer unerlaubten Handlung indiziert wird.50 Die Kenntnis des Verletzers von dem Rechtsbestand des Kennzeichenrechts ist auch nicht erforderlich.51

ii. Anspruchsverpflichteter

1) Verletzer

Nach Maßgabe des § 19 MarkenG ist Anspruchsgegner der Verletzer, also derjenige, der die Verletzungshandlung begangen hat.52 Darunter fallen auch Mittäter.53 In den Grundsatzurteilen „ ambiente.de “ und „ Internet-Versteigerung I “ hat der BGH für die Haftung der Anstifter und Gehilfen verlangt, dass diese vorsätzlich hinsichtlich der Haupttat handeln und der Rechtswidrigkeit bewusst sind.54 Dies gilt auch für die Haftung auf Auskunft.55 Zur Auskunft sind auch Agenten und Vertreter i.S.v. § 17 MarkenG verpflichtet.56

2) Störer

Störer ist wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes oder zu einer verbotenen Handlung beigetragen hat.57 Der BGH machte in der Entscheidung „ ambiente.de “ die Störerhaftung jedoch davon abhängig, ob und inwieweit eine Prüfungspflicht verletzt wurde.58 Ob der Störer auch nach § 19 Abs. 1 MarkenG auf Auskunft haftet, ist im deutschen Recht umstritten.59 Problematisch ist dies, weil eine solche Haftung verschuldensunabhängig und ohne die zusätzlichen Anforderungen aus Abs. 260 möglich wäre. Nach einer Auffassung spricht gegen eine Haftung, dass der Gesetzgeber die Störerhaftung in den unterschiedlichen Rechtsgebieten des gewerblichen Rechtsschutzes differenziert behandelt61. Denn im Patenrecht gelte der Störer nach § 140b Abs. 1 PatG ausdrücklich als Auskunftsschuldner und eine solche ausdrückliche Regelung habe er aber in das MarkenG nicht aufgenommen.62 Überzeugender erscheint die gegenteilige Ansicht.63 Denn der Auskunftsanspruch hat allein zum Ziel, eine effektive Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen.64 Zudem ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 MarkenG „ unbeschadet von Abs. 1 “, dass der Störer mit dem Verletzer gleichzusetzen ist. Damit wollte der Gesetzgeber die Haftung des Störers auf Auskunft ausdrücklich nicht ausschließen.65

b. Anspruch auf Drittauskunft

Für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs gegen einen Dritten, welcher weder Verletzer noch Störer ist, verlangt das Gesetz in § 19 Abs. 2 MarkenG zusätzlich, dass die Kennzeichenrechtsverletzung i.S.d. §§ 14, 15 oder 17 MarkenG offensichtlich oder eine Klage gegen den Verletzer bereits anhängig ist.

[...]


1 Vgl. dazu Hildebrandt, Marken und andere Kennzeichen, § 27, Rn. 69.

2 Dazu RGZ 107, 251.

3 Vgl. RGZ 108, 1, 7; 158, 377, 379

4 Vgl. BGH GRUR 1962, 382; 1973, 375 - Miss Petite; 1980, 227 - Monumenta Germaniae Historica; 1991, 153 -"Pizza & Pasta'; 1994, 630 - Cartier-Armreif; 1995, 50 - Indorektal/Indohexal; 2001, 841 - Entfernung der Herstellungsnummer II.

5 Vgl. BGH GRUR 2001, 849, 851 - Remailing-Angebot; Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, Rn. 5847; Ann, Maute GRUR-Prax 2012, 249.

6 Vgl. Hasselblatt/Raab, MAH GewRS, § 36, Rn. 299; Ingerl/Rohnke, MarkenG, §19d, Rn. 2, § 19, Rn. 65; Ann, Maute GRUR-Prax 2012, 249.

7 Zum Begriff „Störer“ siehe Seite 9.

8 Vgl. dazu Hildebrandt, Marken und andere Kennzeichen, § 27, Rn. 72.

9 Vgl. Fezer, MarkenG; § 14, Rn. 1048; Steinbeck GRUR 2008, 110; Köhler/Bornkamm, UWG, § 9, Rn. 4.8; Hasselblatt/Raab, MAH GewRS, § 3, Rn. 64; Krüger/MüKo, BGB; § 260, Rn. 13, 15 ff.

10 Vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 9, Rn. 4.8; Hasselblatt/Raab, MAH GewRS, § 3, Rn. 64; Krüger/MüKo, BGB; § 260, Rn. 13.

11 Vgl. BGH GRUR 1965, 313, 314 - Umsatzauskunft; GRUR 1980, 227, 232 - Monumenta Germaniae Historica; OLG Hamm, Urteil vom 16.06.2015 - 4 U 32/14.

12 Vgl. BGHZ 131, 308, 318 – Gefärbte Jeans; BGH GRUR 2010, 623, 626, Rdnr. 43 – Restwertbörse.

13 Vgl. BGH GRUR 2001, 841 - Entfernung der Herstellungsnummer II; 2001, 849, 851 - Remailing-Angebot.

14 Vgl. BGH GRUR 2001, 849, 851 - Remailing-Angebot.

15 Dazu BGH GRUR 2001, 841 - Entfernung der Herstellungsnummer II; dazu auch BGH GRUR 2001, 849, 851 -Remailing-Angebot.

16 Vgl. RGZ 107, 251; 108, 1, 7; BGH GRUR 1962, 382; 1973, 375 - Miss Petite; 1994, 630 - Cartier-Armreif; Hasselblatt/Raab, MAH GewRS, § 3, 66.

17 Der Verletzte kann den Ersatz seiner Vermögenseinbuße einschließlich des entgangen Gewinns oder eine angemessene Lizenzgebühr oder die Herausgabe des durch die Benutzung der Marke erzielten Reingewinns verlangen; vgl. Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, § 30, Rn. 21 ff.; Hacker, Markenrecht, Rn. 641; Ann, Maute GRUR-Prax 2012, 249.

18 Vgl. BGHZ 176, 311 – Tintenpatrone; dazu auch Hildebrandt, Marken und andere Kennzeichen, § 27, Rn. 27.

19 Dieser Schaden liegt vor, wenn die aufgrund der Markenidentität oder -ähnlichkeit entstandene Zuordnungsverwirrung die Identifizierung der Produkte des Geschädigten auf dem Markt beeinträchtigen kann; vgl. Sosnitza, Deutsches und europäisches Markenrecht, § 11, Rn. 38; Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, § 63, Rn. 10; Hacker, Markenrecht, Rn. 653.

20 Vgl. BGH GRUR 1977, 491; 1981, 592; BGHZ 173, 269, 280.

21 Vgl. BGH GRUR 1973, 375, 378; GRUR 1977, 491, 494; GRUR 1981, 592, 594; GRUR 1991, 153, 155.

22 Nach der "Kerntheorie" umfasst der Schutzumfang eines Unterlassungsgebots nicht nur die Verletzungsfälle, die mit der verbotenen Form identisch sind, sondern auch solche gleichwertigen Verletzungsformen, die ungeachtet etwaiger Abweichungen im Einzelnen den Handlungskern unberührt lassen; dazu BGH, NJW 2014, 2870.

23 Dazu BGHZ 166, 233 - Parfümtestkäufe; BGH GRUR 2010, 623 – Restwertbörse.

24 Dazu BGH GRUR 1996, 502 - Energiekosten-Preisvergleich I; GRUR 2000, 907 - Filialleiterfehler.

25 Vgl. BGHZ 173, 269 - Windsor Estate; vgl. auch im Patentrecht BGHZ 117, 264 – Nicola; dazu auch Steinbeck GRUR 2008, 110.

26 Dazu BGH GRUR 1988, 307 - Gaby.

27 Vgl. BGHZ 166, 253 - Markenparfümverkäufe; BGH GRUR 2000, 907 - Filialeiterfehler; GRUR 2003, 446 -Preisempfehlung für Sondermodelle.

28 Vgl. BGH GRUR 2010, 623, 627 – Restwertbörse.

29 std. Rspr., BGH GRUR 2010, 623, 626, Rn. 43 – Restwertbörse; Lange Marken- und Kennzeichenrecht, Rn. 5856, 5874.

30 Dazu BGH GRUR 1981, 535 - Wirtschaftsprüfervorbehalt; 1994, 630 - Cartier-Armreif; 2001, 841 - Entfernung der Herstellungsnummer II; Hasselblatt/Raab, MAH GewRS, § 3, 68.

31 Vgl. BGH GRUR 1957, 336 – „Rechnungslegung”; GRUR 1958, 346, 348 – „Spitzenmuster”; GRUR 1978, 52, 53 – „Fernschreibverzeichnisse”; BGH GRUR 1980, 227, 232 – Monumenta Germaniae Historica; GRUR 1981, 535 - Wirtschaftsprüfervorbehalt; BGH GRUR 2002, 709, 713 – Entfernung der Herstellungsnummer III.

32 Vgl. Bergmann/Goldmann in Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, Vorbemerkung zu §§ 8 ff., Rn. 13; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 19, Rn. 6; Ann, Maute GRUR-Prax 2012, 249; Hildebrandt, Marken und andere Kennzeichen, § 27, Rn. 74.

33 Dazu Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 1 ff.

34 Dazu Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 17.

35 Vgl. Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 11.

36 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, Kap. 38, Rn. 35; Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 15.

37 Vgl. Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, Rn. 5875.

38 Vgl. Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, Rn. 5926.

39 Neben Waren und Dienstleistungen fallen darunter auch Geschäftspapieren und Werbemittel sowie Aufmachungen, Verpackungen und Kennzeichnungsmittel i.S.v. § 14 IV MarkenG. Werden z.B. lediglich gefälschte Verpackungen oder Etiketten, aber keine widerrechtlich gekennzeichneten Waren aufgefunden, so liegt zwar eine Marktverletzung nach § 14 MarkenG vor, aber eine Auskunftspflicht über Herkunft und Vertriebsweg der Verpackungen oder Etiketten besteht nicht mehr; vgl. dazu Hacker, § 26, Rn. 676. (Franz Hacker, Markenrecht, 3. Auflage 2014)

40 Vgl. BGH GRUR 2006, 504 - Parfümtestkäufe; GRUR 2008, 796 - Hollister.

41 Vgl. BGH GRUR 1996, 271 - Gefärbte Jeans; BGH GRUR 2002, 1063 – Aspirin; Hacker, Markenrecht, Rn. 675.

42 Hasselblatt/Raab, MAH GewRS, 39, Rn. 295; dazu auch die Ausführungen unter B. II. 3. und die Fußnoten 23 und 24.

43 Dazu BGH GRUR 2002, 709 - Entfernung der Herstellungsnummer III; BGHZ 166, 233 – Parfümtestkäufe; dazu auch die Ausführungen unter B. II. 3. und die Fußnoten 20, 21 und 22.

44 Dazu BGH GRUR 2001, 841, 843 – Entfernung der Herstellungsnummer II.

45 Vgl. EuGH GRUR 2003, 55 – Arsenal FC; GRUR 2007, 971 - Céline; BGH GRUR 2009, 871 - Ohrclips; Erbs/Kohlhaas/Kaiser, MarkenG § 14 Rn. 13.

46 Vgl. BGH GRUR 2007, 708 - Internet-Versteigerung II; GRUR 2008, 702 - Internet-Versteigerung III; GRUR 2009, 871 - Ohrclips; Erbs/Kohlhaas/Kaiser, MarkenG § 14 Rn. 14.

47 Vgl. BGH GRUR 2008, 702 - Internet-Versteigerung III; GRUR 2009, 871 – Ohrclips; Erbs/Kohlhaas/Kaiser, MarkenG § 14 Rn. 15.

48 Vgl. BGH GRUR 2007, 708 - Internet-Versteigerung II; Erbs/Kohlhaas/Kaiser, MarkenG § 14 Rn. 15.

49 Regierungsbegründung zum PrPG, BT-Drucks. 11/4792 vom 15. Juni 1989, S. 31; Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, Rn. 5883.

50 Vgl. Der BGH, MMR 2012, 178 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm sieht diese Ausgestaltung der Störerhaftung im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben nach der Entscheidung EuGH, MMR 2011, 596 Rn. 90 ff. – L’Oréal/eBay; Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 21.

51 Dazu Regierungsbegründung zum PrPG, BT-Drucks. 11/4792 vom 15. Juni 1989, S. 31.

52 Vgl. Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 22; Sosnitza, deutsches und europäisches Markenrecht, § 11, Rn. 10.

53 Vgl. Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, Rn. 5883.

54 Vgl. BGH NJW 2001, 3265, 3266 - ambiente.de; MMR 2004, 668 – Internet-Versteigerung I; Leible/Sosnitza, NJW 2004, 3226; Lement GRUR 2005, 210; Leistner GRUR-Beil. 2010, 1.

55 Dazu BeckOK/Eckartt, MarkenG § 19 Rn. 5.

56 Dazu Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 22.

57 Vgl. BGH NJW-RR 2002, 832 - Meißner Dekor; Müller in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, MarkenG, § 14, Rn. 13; Leible/Sosnitza, NJW 2004, 3226; Leistner GRUR-Beil. 2010, 1.

58 Vgl. BGH NJW 2001, 3265 - ambiente.de; dazu auch BGH MMR 2004, 668 – Internet-Versteigerung I; siehe auch Leistner GRUR-Beil. 2010, 1.

59 BT-Drs. 16/5048, 29 f.

60 Dazu ausführlich unter B. II. 4. b. ff.

61 BT-Drs. 16/5048, 30.

62 Der Referentenentwurf zum VDRgEG ging zunächst von einer Störerhaftung aus. Während des Gesetzgebungsverfahrens wurde aber auf eine Regelung verzichtet und der Gesetzgeber wollte diese Frage der Rechtsprechung überlassen; dazu Begründung RegE VDRgEG, BT-Drucks. 16/5048, S. 68; vgl. auch BT-Drs. 16/5048, 30.

63 Vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, § 19, Rn. 17; Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 23.

64 Vgl. Fezer, MarkenG, § 19, Rn. 23.

65 Dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, § 19, Rn. 17.

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Details

Titel
Der Auskunftsanspruch und das Bankgeheimnis im Kennzeichenrecht
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Gewerblichen Rechtsschutz)
Veranstaltung
Kennzeichenrecht / Markenrecht
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
33
Katalognummer
V584303
ISBN (eBook)
9783346206336
ISBN (Buch)
9783346206343
Sprache
Deutsch
Schlagworte
auskunftsanspruch, bankgeheimnis, kennzeichenrecht
Arbeit zitieren
Faouzia Below (Autor:in), 2016, Der Auskunftsanspruch und das Bankgeheimnis im Kennzeichenrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/584303

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Titel: Der Auskunftsanspruch und das Bankgeheimnis im Kennzeichenrecht



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