Pieter Bruegel - Der Turmbau zu Babel


Seminararbeit, 2000

14 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Biographischer Überblick

3. Genesis 11

4. Historische Daten zur Stadt Babylon und ihrem Turm

5. Entstehungsgeschichte

6. Bildbeschreibung
6.1. Inhalt
6.2. Komposition

7. Zur Architektur des „Bruegelschen Turmes“

8. Natur -Technik- Architektur

9. Resümee

10. Quellennachweis

1. Einleitung

Das Buch Genesis berichtet von dem Versuch der Menschen, einen Turm bis zum Himmel zu bauen und von der Strafe Gottes, der Verwirrung der Sprache und dem Beginn der Besiedelung der gesamten Welt und damit der Beginn der divergierenden Menschheit.

Diese Geschichte blieb mit dem Bild des babylonischen Turmes über Jahrhunderte hinweg bis heute in das neue technische Zeitalter herauf virulent.

Der Turm galt als Mahnmal gegen den Hochmut des Menschen, als Warnung sich gegen Gott und seine Ordnung aufzulehnen und gleichzeitig als großartige Architekturutopie, als Meisterleistung der Technik. Hier stellt sich die Frage: Welches Thema liegt Bruegels Turmbau zu Babel zugrunde? Bestrafter Hochmut oder architektonisches Wunderwerk? Ist nach Bruegels Ansicht der jetzt noch unvollendete Turm zu Babel vollendbar oder nicht?

Pieter Bruegel hat in seinen Werken des Turmbaus zu Babel - drei an der Zahl sind bekannt - nur zwei erhalten, das biblische Thema aufgegriffen und von seinem Standpunkt aus interpretiert. Er dokumentierte und kritisierte damit seine Zeit und die Gesellschaft in der er lebte.

Zeitkritische, politkritische und wirtschaftskritische Äußerungen sind bei Bruegel häufig zu finden und auch der Wiener Turmbau zu Babel läßt es daran nicht ermangeln. Dazu kann der Betrachter in diesem wunderbaren Werk auch noch Bruegels Liebe zum technischen Detail erleben. Akribisch genau stellt er die Bauvorgänge, die einzelnen Arbeitsschritte und die dazu benötigten Maschinen und Arbeitshilfen vor.

Bruegel schuf mit dem Turmbau zu Babel ein weiters Dokument seiner Zeit für die Nachwelt, wertvoll und unverzichtbar - ein didaktisches Werk.

2. Biographischer Überblick:

Pieter Bruegels Geburtsjahr ist unbekannt, vermutlich lag es zwischen 1525 und 1530. Unbekannt ist auch der Geburtsort, wahrscheinlich Breda im nördlichen Brabant.

Man nimmt an, das Bruegel bis zum Jahr 1550 eine Lehre bei Pieter Coeck van Aelst in Antwerpen machte.

1551 wird Peeter Brueghels als Meister in die Antwerpener Malerzunft (Lukasgilde) aufgenommen.

Bruegel reist 1552 über Lyon nach Italien und über die Schweizer Alpen zurück nach Antwerpen. Vermutlich hat er in Rom mit dem Miniaturisten Giulio Clovio gearbeitet.

1563 heiratet Pieter Bruegel die Tochter seines früheren Lehrmeisters Mayken Cocks. Bereits ein Jahr später bekommen die beiden den ersten Sohn Pieter (später Höllenbruegel genannt).

1566 übergibt der Antwerpener Kaufmann Nicolas Jonghelinck der Stadt 39 Gemälde als Bürgschaft, darunter 16 Werke von Bruegel (u.a. Der Turmbau zu Babel, Kreuztragung und Die zwölf Monate).

1568 wird der zweite Sohn Jan (später Samtbruegel genannt) geboren.

1569 stirbt Pieter Bruegel. Er wird in der Kirche Notre Dame de la Chapelle in Brüssel beigesetzt.

3. Genesis 11

Der Turmbau zu Babel

Alle Menschen hatten die gleiche Sprache und gebrauchten die gleichen Worte. Als sie von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und siedelten sich dort an. Sie sagten zueinander: Auf, formen wir Lehmziegel, und brennen wir sie zu Backsteinen. So dienten ihnen gebrannte Ziegel als Steine und Erdpech als Mörtel. Dann sagten sie: Auf, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel, und machen wir uns damit einen Namen, dann werden wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen. Da stieg der Herr herab, um sich Stadt und Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten. Er sprach: Seht nur, ein Volk sind sie, und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen. Auf, steigen wir hinab und verwirren wir dort ihre Sprache, so daß keiner mehr die Sprache des andren versteht. Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde, und sie hörten auf, an der Stadt zu bauen. Darum nannte man die Stadt Babel (Wirrsal), den dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut. (Gen 11)

4. Historische Daten zur Stadt Babylon und ihrem Turm

Der erste Turm in Babylon entstand schon im dritten Jahrtausend v. Chr., er wurde mehrfach zerstört, aber immer wieder neu aufgebaut. So wurde er vom Assyrerkönig Sanherib im Jahre 689 v. Chr. zusammen mit der Stadt Babylon vernichtet, von dessen Nachfolgern Assarhaddon (680 bis 669) und Assurbanipal (668 bis 626) an gleicher Stelle neu errichtet, nach teilweise weiterer Zerstörung von Nebukadnezar wiederhergestellt und zuletzt von Xerxes 469 v. Chr. gänzlich zerstört.

Babylon und sein Turm, die Perle des Zweistromlandes, galt als „Sündenbabel“, als Stadt des Überflusses und Luxus, als Symbol des Verschwenderischen und Lasterhaften, als machtvolle Wirtschaftsmetropole.

Ausgrabungen haben die Beschreibung des Turmes zu Babel Herodots im wesentlichen bestätigt. In ihrem Verlauf wurden Anzeichen für einen Turm mit sieben Stockwerken freigelegt, der einen Umfang von 700 m hatte und auf einer äußeren Wendeltreppe erstiegen werden konnte. Für den Gott Marduk, dessen Heiligtum hier stand, war außerdem eine eigene Freitreppe unter 36° Neigung bis zur Höhe des zweiten Stockwerks gebaut worden. Im obersten Stockwerk befand sich ein Thronhimmel und ein Bett des Gottes.

5. Entstehungsgeschichte

Das Gemälde, der Turmbau zu Babel, ist eines der wohl berühmtesten und meist rezipierten, Werke Pieter Bruegels des Älteren. Drei mal malte Bruegel dieses Thema, zwei dieser Gemälde sind noch erhalten, “Der kleine Turmbau zu Babel“ (1563, Rotterdam) und „Der Turmbau zu Babel“ (1563, Wiener Kunsthistorisches Museum). Auch viele Künstler nach Bruegel haben sich des Themas, Turmbau zu Babel, angenommen. Zur Zeit sind ca. 180 weitere Werke anderer Künstler gezählt, die in der Tradition Bruegels und nach dessen Vorbild dieses Thema aufgriffen und gestalteten (z.B. die Grafik von Cornelis Anthonisz, siehe Abb. rechts). Doch kein anderer hat die Größe des Turms über alles Menschenmaß hinaus so anschaulich darzustellen vermocht.

1563, drei Jahre nach der Romreise Bruegels, entstand dieses Meisterwerk, und die Eindrücke dieser Reise sind noch deutlich in der Architektur des Turmes zu erkennen. Besonders in der Spitze der Turmarchitektur ist die Bauformation des Colosseums erkennbar, obgleich, anstatt der Trichterarchitektur, eine sich nach oben hin windende Schneckenarchitektur entstanden ist.

Der Entstehungsgrund des Werkes liegt eher im Dunkeln, aber womöglich entstand es aus politischen Gründen.

Ein Anlass könnte aber auch die wirtschaftliche Situation und deren Folgen auf das Leben in Antwerpen im 16.Jh. gewesen sein.

Der Turm zu Babel könnte hier als Zeichen imperialer Macht und Tyrannei des Königs Nimrod (erster Tyrann) als Identifikationsmuster für Spanien gelesen werden, um dem Unmut über die spanische Gewaltherrschaft und die katholische Kirche Ausdruck zu verleihen.

Die angedeutete Sprachverwirrung des Babel-Themas könnte als Manifestation der multikulturellen und marktwirtschaftlichen Probleme in Antwerpen stehen. Die fremden Kaufleute, die neuen religiösen Gruppierungen und das schnelle Wachstum der Stadt verursachten in Antwerpen Orientierungslosigkeit und Verständigungsschwierigkeiten. Denn normalerweise lebten Menschen des 16. Jahrhunderts in kleinen, überschaubaren Gemeinden. Die Bevölkerung war relativ stabil, jeder kannte jeden. Nicht so in Antwerpen, der Welthandelsmetropole dieser Tage. Von 1500 bis 1569 verdoppelte sich nahezu die Zahl der Bewohner Antwerpens, etwa eintausend unter ihnen waren Ausländer mit fremden Sprachen, fremden Sitten und fremden Religionen. Unsicherheit und Unruhe brachte zudem der Verlust der kirchlichen Einheit, neben den Katholiken lebten jetzt Calvinisten, Lutheraner, Wiedertäufer. Es war eine „multikulturelle“ Gesellschaft mit besonders religiösen Verständigungsschwierigkeiten. Als Gleichnis für diese Situation kann eben die biblische Geschichte des Turmbaus zu Babel dienen. Gott sah den Bau als Hochmut, als Hybris an und strafte den Menschen, indem er ihnen die gemeinsame Sprache nahm. Sie verloren die Möglichkeit, sich zu verständigen. Die Bauleute zerstreuten sich, das Werk blieb unvollendet. „Bis zum Himmel sollte er reichen, das mißfiel Gott, er nahm den Menschen die gemeinsame Sprache und verhinderte so die Vollendung des Baus.“ (Gen 11,9)

[...]

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Details

Titel
Pieter Bruegel - Der Turmbau zu Babel
Hochschule
Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz  (Kunstwissenschaft und Ästhetik)
Veranstaltung
Seminar zu Pieter Bruegel
Note
gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
14
Katalognummer
V5842
ISBN (eBook)
9783638135801
Dateigröße
911 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pieter, Bruegel, Turmbau, Babel, Seminar, Pieter, Bruegel
Arbeit zitieren
Martina Traxler (Autor:in), 2000, Pieter Bruegel - Der Turmbau zu Babel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5842

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