Der Wasserkreislauf und Möglichkeiten der Umsetzung dieses Themenfeldes im Sachunterricht der Primarstufe


Examensarbeit, 2002

115 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Fachwissenschaftliche Einlassung auf das Thema der ‚Wasserkreislauf’
1.1 Die Molekülstruktur des Wassers und daraus resultierende physikalische Eigenschaften
1.2 Das Gesamtwasservorkommen auf der Erde und seine Verteilung
1.3 Der Kreislauf des Wassers: Transport- und Speicherglieder
1.3.1 Eine Skizzierung des Wasserkreislaufs
1.3.2 Verdunstung von Wasser (Evaporation)
1.3.3 Das Wasser in der Atmosphäre
1.3.4 Niederschlag
1.3.5 Die Rolle der Vegetation im Wasserkreislauf
1.3.6 Infiltration von Wasser
1.3.7 Das unterirdische Wasser
1.3.8 Abfluss
1.4 Weltwasserbilanz und globale Verteilung der einzelnen Wasserhaushaltselemente
1.5 Eine Skizzierung anthropogener Eingriffe in den Wasserkreislauf
1.6 Zusammenfassung und Ausblick

2 Didaktische Einlassung auf das Thema der ‚Wasserkreislauf’
2.1 Die Bedeutung des Themas der ‚Wasserkreislauf’ und seine Legitimation in den Richtlinien für den Sachunterricht der Primarstufe
2.2 Didaktische Reduktion und erste didaktische Überlegungen bezüglich des Lerninhaltes
2.3 Die wesentlichen didaktischen Prinzipien in ihrer Relevanz für die Umsetzung der Unterrichtseinheit der ‚Wasserkreislauf’
2.4 Entwicklungspsychologische Gegebenheiten, Lernvoraussetzungen und daraus folgende Konsequenzen für den Unterricht
2.5 Die Unterrichtseinheit
2.5.1 Struktur der Unterrichtseinheit und Darstellung der experimentellen Methode
2.5.2 Die Einzelthemen der Unterrichtseinheit
2.6 Konstruktion eines Funktionsmodells zum Wasserkreislauf
2.7 Vorstellung möglicher weiterführender Themen für einen Unterricht, der an die Erarbeitung des Themas der ‚Wasserkreislauf’ anschließt
2.8 Zusammenfassung

1 Fachwissenschaftliche Einlassung auf das Thema der ‚Wasserkreislauf’

1.1 Die Molekülstruktur des Wassers und daraus resultierende physikalische Eigen­schaften

Wasser ist die einzige Substanz, die innerhalb des durchschnittlichen Temperaturbereichs auf der Erde in allen drei Zustandsformen (fest, flüssig, gasförmig) vorkommt. Der Was­serforscher Felix Franks stellt heraus, dass Wasser „...eine äußerst komplexe Substanz [ist], es gibt kaum eine Eigenschaft, die normal genannt werden könnte und die wir richtig verstehen“ (Franks, zit. in Breuer, 1988, 41).

Die besonderen Eigenschaften resultieren aus der molekularen Struktur des Wassers. Die allgemeine Formel H2O besagt, dass Wasser aus zwei Atomen Wasserstoff und einem Atom Sauerstoff besteht.

„Der Kern des Wasserstoffatoms wird von einer einzigen „Hülle“ umgeben, die zwar nur ein Elektron enthält, aber Raum für zwei hat. Die äußere Hülle des Wasserstoffatoms [sic.: Anm.: müsste ‚Sauerstoffatoms’ lauten], die acht Elektronen Platz bietet, enthält nur sechs“ (Leopold, Davis, 1968, 10).

Bei der Aufnahme von zwei Wasserstoffatomen in die äußere Hülle des Sauerstoffatoms entsteht ein Winkel von 104,5° (Wert bei: Baumgartner, 21996, 46). Auf Grund dieser Win­kelung des Moleküls entsteht ein elektrischer Di­pol mit der positiven Ladung an der Seite der beiden Wasserstoffatome und der negativen Ladung am Sauerstoffatom. „Der Moleküldurch­messer beträgt 0,275 nm...“ (Baumgartner, 21996, 46).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Wassermolekül: H2O oder H-O-H

(Quelle: Vereinigung Deutscher Gewässerschutz, 112000, 5)

Im Kontinuum lagern sich die einzelnen Wassermoleküle entsprechend der Ladungsver­teilung aneinander an; es entstehen sog. Wasserstoffbrückenbindungen, elektrostatische Bindungen (Baumgartner, 21996, 47). Die „...Wasserstoffbrücken [sind] rund 17 mal stär­ker als die gewöhnlichen Kräfte zwischen zwei Molekülen“ (Breuer, 1988, 46). Die Stabi­li­tät der Molekülaggregate hängt aber von der Zustandsform des Wassers ab: Gefriert Was­ser zu Eis, so ordnen sich die einzelnen Moleküle zu einer hexagonalen Struktur (Baum­gartner, 21996, 48), wo­bei „...ein Sauerstoffatom tetraedrisch von vier Wasserstoffatomen umgeben ist, von den zwei „ei­genen“ und zwei weiteren anderer Moleküle“ (Slaby, 1997, 122). Diese Anordnung be­wirkt eine Volumenvergrößerung gegenüber geschmolzenem Eis um ca. 9% (Wert z.B. bei: Wil­helm, 31997, 7), da beim Schmelzen die Molekülaggre­gate teilweise zerstört wer­den. Folglich hat Eis eine geringere Dichte als Wasser im flüssi­gen Zu­stand bei einer ver­gleichbaren Tempe­ratur. Das Dichtemaximum von Wasser liegt bei 3,98°C (Wert bei: Baumgartner, 21996, 54). Eine weitere Er­höhung der Temperatur be­deutet eine ver­stärkte Mo­lekularbewegung und so­mit Erhöhung des relati­ven Abstands der Mole­küle zu­einan­der.

Eine Folge der Dichteanomalie ist die Fähigkeit des Eises auf Wasser zu schwimmen (Breuer, 1988, 44). Ein Gewässer friert immer von oben nach unten zu, weil bei Abküh­lung das Wasser mit einer Temperatur von 3,98°C ab­sinkt. Dies ermög­licht zahlrei­chen Wasserlebe­wesen die Exis­tenz in oberflächlich zugefro­renen Gewässern. Der hohe Schmelz- und Siedepunkt (0°C bzw. 100°C), welche bei der ge­ringen Molekülgröße des Wassers eigentlich viel niedriger sein müssten, und die hohe Wärme­speicherkapazität sind weitere Anomalien des Wassers (Breuer, 1988, 44/45). Albert Baumgartner stellt den Energieumsatz bei den Phasenänderungen von Wasser dar: Um Eis zum Schmel­zen zu brin­gen ist eine hohe Wärme­ener­gie nötig (ca. 340 J/g Wasser); denn die Kristall­gitter­struktur muss auf­gebrochen werden. Erst wenn alles Eis geschmol­zen ist, steigt die Tem­peratur der Substanz. Die Energie ist im flüssigen Wasser in Form von la­tenter, d.h. nicht fühlbarer, Wärme gespeichert (Lauer, 31999, 34). Dies gilt auch für den Phasen­übergang von Wasser nach Wasser­dampf. Die Verdampfungswärme beträgt bei 20°C 2450 J/g Was­ser. Die im Wasser ent­haltene latente Wärme beeinflusst das globale Klima in starkem Maße: Der „...Transport von latenter Verdunstungs­wärme ... nimmt mit ca. 80 bis 85% am Wärmehaushalt teil“ (Lauer, 31999, 34). Eis kann auch auf direktem Weg in die Gasphase übergehen; die Eis­verdunstung (Sublima­tion) erfor­dert viel Energie, sowohl Schmelz- als auch Ver­dunstungs­wärme, insge­samt ca. 2790 J/g Wasser. Der um­gekehrte Pro­zess des Übergangs von Wasserdampf in Eis wird als Resublimation be­zeich­net (die angegebenen Werte finden sich bei: Baumgartner, 21996, 55-57). Die Änderung der Aggregat­zustände ist zudem druckab­hängig. Bei Druckzunahme erniedrigt sich der Ge­frierpunkt bzw. er­höht sich der Siedepunkt (normaler Atmosphä­rendruck: 1013 hPa), (Microsoft, 2001, Ge­frier­punkt 1/ Siedepunkt 1). Somit zeigt Was­ser bei hohen Druckverhältnissen die Tendenz zur flüs­sigen Phase. Es gibt einen vom Druck und von der Temperatur abhängigen Wert, an dem „...alle Zustandsformen permanent ne­beneinander bestehen“ (Baumgart­ner, 21996, 54) können. Er liegt bei „...0,0098°C und 6,11 hPa Dampfdruck...“ und wird als Tripelpunkt be­zeichnet (Baumgartner, 21996, 54).

Abgesehen von den ungewöhnlichen thermischen Eigenschaften, die für den Wärme­haushalt der Erde relevant sind, ist die Wasserstoff­brü­ckenbindung für die sog. Oberflä­chenspannung verant­wortlich: Starke Anziehungskräfte wirken zwi­schen den Wassermole­külen (Ko­häsion), (Slaby, 1997, 127). Die „...Moleküle an der Oberfläche [haben] nur Nach­barn neben sich und in der Flüssig­keit, jedoch keine über sich. Daher wirkt auf sie eine resultierende Kraft in die Flüssigkeit hinein“ (Microsoft, Encarta, Kohäsion 1). Die Oberflächenspannung be­wirkt, dass die Grenzfläche der Flüssigkeit Wasser möglichst klein gehalten wird (Tölgy­essy, Piatrik, 11990, 66). Wenn Wasser ver­dunstet, überwin­den einzelne Moleküle die Ober­flächenspan­nung und gelangen in die Atmosphäre (Baumgart­ner, 21996, 55). Die Adhä­sion dagegen wirkt zwi­schen den Wasser­molekülen und der Kontaktfläche eines Körpers (Microsoft, Encarta, 2001, Adhäsion 1). Auf dem Wechsel­spiel zwi­schen Kohäsion und Ad­häsion beruht die sog. Kapillar­wir­kung:

„Die Adhäsion wirkt senkrecht auf die Gefäßwand und die Kohäsion wirkt ins Zentrum der Flüssigkeit ... In engen Röhren oder haarfeinen Material­zwischen­räu­men sind die Ad­häsionskräfte so stark wirksam, das [sic.] sie die Kohäsions- und Gravitationskräfte über­stei­gen“ (Slaby, 1997, 128).

Somit kann Wasser in engen Röh­ren em­porsteigen. Dieser Mecha­nismus ist z.B. im Bo­den wirksam. In den Hohl­räumen zwischen den Bo­denkörnern kann Wasser ka­pillar aufstei­gen. Die Bedeutung der Kapillarwirkung für die Pflan­zenver­sor­gung und den Boden­was­serhaushalt wird später themati­siert (s. Kap. 1.3.5 und 1.3.7).

Die chemischen Eigenschaften, welche sich aus der Struktur des Was­sermoleküls er­geben, so z.B. seine Lösungsfähigkeit, können in dem Buch von Rüdiger Wittig mit dem Titel ‚Wasser’, nachgelesen werden (Wittig, 1997, 48ff.).

1.2 Das Gesamtwasservorkommen auf der Erde und seine Verteilung

Seit ungefähr 3,7 Mrd. Jahren ist Wasser auf der Erde vorhanden (Baumgartner, 21996, 46). Sein Entste­hungs­prozess ist in den Einzelheiten noch nicht vollständig ge­klärt. Die meisten Theorien stimmen darin überein, dass die Existenz von Wasser sowohl auf den Einschlag von Kometen als auch auf die Entgasung aus dem Erdinneren (juveniles Was­ser) zurück­zuführen ist (Breuer, 1988, 42/43). „In Meteoriten hat man carbonathaltige und si­likati­sche Komponenten ge­funden, die Wasser in gebundener Form (bis zu 20%) enthiel­ten“ (Gordalla, Frimmel, 1999, 12). Durch die Entga­sung von Kohlenstoffdi­oxid und Was­ser­dampf konnte eine (neue) Erdat­mosphäre gebildet werden (Baumgartner, 21996, 45). Die Erd­kruste erkaltete zunehmend; der Wasser­dampf kon­densierte (Baum­gartner, 21996, 45). Eine eingehende Erörterung vom ‚Ursprung des Wassers auf der Erde’, die hier zu weit führen würde, findet sich im gleich­namigen Artikel von James F. Kasting in Spekt­rum der Wissen­schaft (Kasting, 1998, 14-19). Die Distanz zwischen Erde und Sonne ist für das Vorhanden­sein von Wasser auf unse­rem Planeten von größter Rele­vanz: Die Stärke der Sonnen­strahlung be­dingt die Oberflä­chen­temperatur der Erde, welche im Mittel bei 288 K (ca. 15°C) liegt (Baumgartner, 21996, 45). „Vergleichsweise ist der Planet Venus zu heiß, um flüssiges Wasser zu besit­zen und der son­nenferne Mars ist zu kalt, so daß dort nur H2O als Eis ... existiert“ (Dooge, zit. in: Baumgartner, 21996, 46). Das Zu­sammenspiel der ver­schiedenen Komponenten, wel­ches die Existenz von Was­ser in al­len drei Zustandsformen er­möglicht, ist „...nirgends sonst in unse­rem Son­nensys­tem anzu­tref­fen“ (Kasting, 1998, 19).

Das Wasservorkommen der Erde liegt bei ungefähr 1,4 Mrd. km3 (Baumgartner, 11990, 83). Exakte Werte sind kaum zu ermitteln. In der Literatur finden sich oft abwei­chende Werte. Eine unge­fähre Größenordnung ist an dieser Stelle aber ausreichend. Im Folgenden orientiere ich mich an den Werten, die Albert Baumgartner angibt: Genau ge­nommen müsste die Erde ‚Was­serplanet’ heißen, da sie zu 71% mit Wasser bedeckt ist. Die Vertei­lung ist auf den Erdhalbkugeln verschie­den. „Die Nordhalb­kugel hat 61% Mee­resoberflä­chen ... die Südhalbkugel hingegen 81%...“ (Baumgartner, 11990, 83). Der für den Men­schen nutzbare Süßwasseranteil be­trägt nur 0,05% der Ge­samtwassermenge. Der Großteil des Wassers befindet sich im Welt­meer, 96,5% (Baumgartner, 11990, 82-90). Die große Dis­krepanz zwischen den geringen Wassermengen, welche dem Men­schen potentiell als Trinkwas­ser er­schließ­bar sind, und der großen Menge an salzhaltigem bzw. nicht nutz­ba­rem Wasser wird deut­lich. Die übrigen Mengenangaben für Oberflä­chengewässer, Eis und Schnee etc. finden sich in unten ­stehender Ta­belle (Tab. 1), die Friedrich Wilhelm nach den Angaben von Albert Baumgart­ner, Hans-Jürgen Liebscher (1990) und W. Endli­cher (1991) erstellt hat.

Tabelle 1 : Bewegliche Wassermenge der Erde und ihre Verteilung auf einzelne Speicher

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Wilhelm, 31997, 12; zusammengestellt nach Baumgartner/ Liebscher und Endlicher)

Bezogen auf die Aggregatzustände „...lie­gen 98,233% in flüssiger, 1,766% in fester und 0,001% in dampf­förmiger Phase vor“ (Dyck, Peschke, 21989, 17). Die An­gaben über die Ver­teilung der Wassermen­gen sind nur statisch: Denn das Was­ser der Erde ist einem Transportprozess unterzogen, der für den Austausch zwischen den ein­zelnen Speicherglie­dern verant­wortlich ist (Wilhelm, 31997, 12).

1.3 Der Kreislauf des Wassers: Transport- und Speicherglieder

1.3.1 Eine Skizzierung des Wasserkreislaufs

In diesem Kapitel werden der Wasserkreislauf und seine Antriebskräfte beschrieben; wei­terhin werden wichtige Aspekte, die mit den ablaufenden Prozessen zusammen­hän­gen, he­raus­gegriffen, um auf dieser Basis in den folgenden Kapiteln die einzel­nen Teilglieder des Kreislaufes zu behandeln. Das Wasser „...der Erde befindet sich in einem endlosen, durch Zustands- und Ortsänderun­gen des Wassers gekennzeichneten, Atmosphäre, Land und Meer ver­bindenden Kreisprozeß mit den Hauptkomponenten Verdunstung, atmosphäri­scher Wasser­dampftransport, Nieder­schlag und Abfluß“ (Dyck, Peschke, 21989, 18).

Dieses System ist stabil; d.h. es treten keine (bzw. vernachlässigbar geringe) men­genmä­ßige Verluste oder Zugewinne an Wasser auf. Die auftretenden Veränderungen sind qua­litativer Art (z.B. Lösung von Stoffen im Wasser). Obwohl im Gesamtsystem die quantita­tiven Veränderungen nicht von Bedeutung sind, wird oft zwischen vadosem und ju­venilem Wasser unterschieden: Die „...in den Kreislauf eintretenden Wassermengen als vadoses (umher­schweifen­des) Wasser [bleiben] im Wesentlichen unverändert. Die Menge des ju­venilen (neu ent­ste­henden ...) Was­sers wird allgemein für ganz unbedeutend gehalten“ (Tietze, 1969, 885). Ein Beispiel für das Zutagetreten juvenilen Wassers sind Vulkanaus­brü­che, bei denen das im Gesteinsmaterial gebundene Wasser an die Erdoberfläche ge­langt (Breuer, 1988, 43). Insgesamt stellt der globale Wasserkreislauf ein geschlossenes System dar.

Der Wasserkreislauf existiert aber nicht unabhängig (kein Perpetuum Mobile), sondern wird durch ‚An­triebskräfte’ in Gang gehalten: Die notwendige Energie liefert die Sonne, durch die von ihr aus­gehende elektromagnetische Strahlung. Die kurzwellige Strahlung der Sonne wird an der Erdoberfläche in langwellige Strahlung umgewandelt. Die Ausstrahlung von der Erdober­fläche trägt zum Großteil zur Erwärmung der angrenzenden Luft­schichten bei. Der Was­serdampf in der Atmo­sphäre bewirkt eine Gegenstrahlung, die der Abkühlung der Erde, welche durch Ausstrahlung bedingt ist, entgegenwirkt (Prozess­beschreibung nach: Bauer [u.a.], 51996, 66/67). Die Gewässer der Erde erwärmen sich nur langsam durch die Strahlung der Sonne (vgl. Wärmespei­cherkapazität in: Kap. 1.1). Zusammenge­fasst, sind die Wär­me­verhältnisse in der Atmosphäre und Hydro­sphäre von der Sonnen­strahlung ab­hängig (Töl­gyessy, Piatrik, 11990, 14).

Weiterhin wird der Wasserkreislauf durch die Gravitation und die Rotation der Erde in Gang gehalten, welche von Hermann Pleiß beschrieben werden: Allein die Gravitations­kraft ‚bindet’ die Atmo­sphäre mit dem in ihr ent­haltenen Wasserdampf an die Erde. Nie­derschlag kann als solcher nur wegen der Erdan­ziehung auftreten. Alle Abflüsse unterlie­gen der Gra­vitation, indem sie dem Gefälle ent­sprechend langsam oder schnell zum tiefs­ten Punkt hin fließen. Ohne die Erd­rotation würde nur eine Seite der Erde von der Sonne bestrahlt; d.h. die „...heiße Seite müßte völlig austrocknen, und auf der kalten Seite käme es zur Bildung von Gletschern und Eispanzern größten Ausmaßes“ (Pleiß, 11977, 66). Bei Stillstand der Erde gäbe es kei­nen Wassertrans­port (Pleiß, 11977, 66-68). Diese Grundvor­aussetzungen für den Kreislauf des Wassers sind hin­gegen erfüllt; er kann als ein „...gewaltiges Trans­portsystem... eine Riesenklimaanlage und eine gigantische Destillati­onsan­lage, die ständig Süßwasser aus dem Salzwasser der Meere produziert“ (Dyck, Peschke, 21989, 19), bezeichnet werden.

Es folgt eine überblicksartige Beschreibung des Wasserkreislaufs, welche in ähnli­cher Form durchgängig in der Literatur zu finden ist (z.B. bei: Baumgartner, 21996, 73-75/ Golf, 11980, 11/ Marcinek, Rosenkranz, 11989, 36/ Töl­gyessy, Piatrik, 11990, 14/15 etc.): Die Son­nen­strahlung lässt Wasser von den Meeren, den Oberflächenge­wässern, von den Pflan­zen und der Erdoberfläche verdunsten. Der Hauptumsatz findet aber über dem Meer statt: „90% des verdunsteten Wassers reg­nen sich bereits über dem Meer wieder ab; nur 10% über dem Festland“ (www.whv.shuttle.de). Der in der Atmo­sphäre be­findliche Wasser­dampf kühlt sich mit zunehmender Höhe ab. Wenn die Luft in Folge der Abkühlung wäh­rend des Aufstiegs die Feuchtesättigung erreicht, findet Kondensation statt. Der Wasser­dampf kann auch resublimieren; es ent­stehen Eiskristalle. Aus den Was­sertröpf­chen und/ oder Eis­kristallen bilden sich Wolken, die vom Wind ho­rizontal (und vertikal) verla­gert werden. Wenn die Wolkentröpfchen eine gewisse Größe erreicht haben, kommt es zur Niederschlagsbildung. Der Niederschlag trifft auf die Erd­oberfläche auf, wird z.T. von der Vegetation zurückgehalten (Interzep­tion). Von der Pflanzenober­fläche kann das Nie­der­schlagswasser entweder sofort verdunsten (un­produk­tive Verduns­tung) oder es wird durch die Pflanze auf­genommen und anschließend von ihr verdunstet bzw. transpiriert (Transpi­ration: produktive Verduns­tung). Ein anderer Teil des Wassers fließt/ tropft von der Vege­tation ab, erreicht die Erd­oberfläche. Wenn das Wasser an der Oberfläche nicht ver­dunstet (Evaporation), kann es in den Boden eindringen (Infilt­ration) und wird verti­kal in die Tiefe verlagert (Per­kolation). Ist aber die Nieder­schlagsin­tensität größer als die In­filtrationskapa­zität, kommt es bei vorhandenem Ge­fälle zu Ab­fluss an der Oberfläche bzw. zu Mulden­rückhalt, wenn kein Gefälle vorhanden ist. Das ober­fläch­lich abfließende Was­ser gelangt in den Vorfluter, der das Gebiet entwäs­sert. Das in­filtrierte Wasser kann im Boden ober­flächennah abfließen (Zwischenab­fluss, engl.: In­terflow), oder es ge­langt bei Tie­fenverla­gerung an eine Schicht, die wasserun­durchlässig bzw. sehr schwer durchläs­sig ist (Aquic­lude). Das nachfol­gende Wasser füllt die darüber liegende durchläs­sige Schicht; Grund­wasser wird auf diese Weise gebildet. Das Grund­wasser bewegt sich im Grundwas­serleiter (Aqui­fer) entsprechend der Schwerkraft, bis es an einer Quelle wie­der zu Tage tritt. Der Ober­flächenabfluss wird aus dem Grundwasser und dem Zwischenab­fluss ge­speist. Es besteht eine Wechselbeziehung zwischen Grundwasser und Flusswasser (in­fluente, effluente Flussverhältnisse s. Kap. 1.3.8). Er­reicht das Wasser das Meer, schließt sich der große Kreislauf des Wassers. „So­mit stellt der Wasser­kreislauf eine Folge von Transport- und Speicherprozessen in den ver­schie­de­nen Phasen des Wassers dar“ (Baum­gartner, 21996, 75). Wasser wird z.B. in Form von Eis und Schnee ge­spei­chert bzw. in Seen zu­rückgehalten (s. Kap. 1.3.8).

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Abbildung 2: Der globale Wasserkreislauf (Angabe des Transports in 1000 km3 pro Jahr)

(Quelle: Deutsches Klimarechenzentrum, 1994, 24)

(Anm.: „Die pro Jahr im Umlauf befindlichen Wassermengen der gesamten Erdoberfläche ... betragen 496,1 ´ 103 km3“ (Baumgartner, Reichel, 1975, 60).)

Bisher wurde nur der große Kreislauf des Wassers beschrieben, der Aus­tausch zwi­schen Meer-Atmosphäre-Land-Meer. Es gibt neben diesem zwei wei­tere Haupt­kreisläufe; der eine spielt sich nur über dem Meer ab (Meer-Atmo­sphäre-Meer), der andere über Land (Land-Atmosphäre-Land), (Frater, 2000, Wasser der Erde: Was­serkreislauf). Der Haupt­umsatz an Wasser findet über dem Meer statt (Baumgartner, 21996, 72/ und s.o.). Nur bei globaler Betrachtung besteht ein aus­geglichenes Verhältnis zwi­schen Niederschlag (N) und Abfluss (A); die ver­dunstete Wassermenge entspricht der Niederschlagsmenge (N = V); (z.B. bei: Baumgartner, Reichel, 1975, 15). Werden aber Land- und Meeresflächen ge­trennt be­trachtet, so gilt dieses Verhältnis nicht mehr. „Die Landflächen erhalten mehr Wasser durch Niederschläge, als von ihnen verdunstet; beim Meer ist es umge­kehrt. Diese Diffe­renz wird durch den Abfluß vom Land zum Meer ... ausgegli­chen“ (Dyck, 1985, 178). Der globale Wasserkreislauf besteht aus zahlreichen kleinen Teilkreisläufen, die sich regional abspielen und nicht mit der globalen Wasserhaushaltsgleichung zu erfassen sind. Bei­spielsweise ist der Wasserhaushalt eines Waldes sehr spezifisch und durch viele Fakto­ren beeinflussbar. Im Gegensatz zum großen Wasserkreislauf liegen bei den Teilkreisläu­fen of­fene Systeme vor.

„In Wirklichkeit besteht der die ganze Erde umspannende Wasser­kreislauf aus vielen kleinen und kleinsten Teilkreisläufen, die sich besonders aus der Viel­gestaltigkeit der Kli­mazonen und -gebiete, der Wechselwirkungen zwischen Land und Meer sowie aus der Höhengliederung des Festlandes ergeben“ (Pleiß, 11977, 77).

In den folgenden Kapiteln werden die Teilglieder des globalen Wasserkreislaufs stär­ker unab­hängig voneinander dargestellt. Die Wechselbeziehungen zwischen den einzel­nen Kompo­nenten des Wasserkreislaufs werden vornehmlich im Bezug zum jeweilig behan­delten Teilglied des Wasserkreislaufs betrachtet. Weil im didakti­schen Teil Experi­mente zu den einzelnen Teilgliedern des Wasserkreislaufs erprobt werden sollen, halte ich es für sinn­voll, schon in der fachwissenschaftlichen Ausei­nandersetzung Paralle­len zu der unter­richtli­chen Umsetzung aufzuzeigen.

1.3.2 Verdunstung von Wasser (Evaporation)

Größtenteils beginnen die Darstellungen des Wasserkreislaufs mit der Beschreibung der Verdunstung (Evaporation) über dem Meer. „As water is heated by the sun, it’s surface molecules become sufficiently energized to break free of the attractive force binding them together, and then evaporate and rise as invisible vapour in the atmosphere” (www.ec.gc.ca). Die Wasserstoffbrückenbindungen derjeni­gen Mole­küle, wel­che sich an der Grenzfläche der Flüssigkeit befinden, werden durch Energiezufuhr zerstört. Die ein­zelnen Moleküle treten in Form von Wasserdampf in die Atmosphäre über. Jedoch ist die Verdunstung vom Vorgang des Siedens zu unterscheiden. Wenn Wasser siedet, bil­den sich innerhalb der Flüssigkeit Blasen, die mit Wasserdampf gefüllt sind (Baum­gartner, 21996, 57). Nicht nur die Sonnenstrahlung, auch Oberflächen, von denen Wasser verdunstet, lie­fern die notwendige Wärmeenergie. Als Folgewirkung kühlen sich die Oberflächen ab. Der Wärmeentzug, der unter anderem dem Menschen beim Schwitzen Abkühlung verschafft, wird als ‚Ver­dunstungskälte’ (z.B. bei: Krüger, 1994, 13; dort: ‚Verdunstungsabküh­lung’) bezeichnet. Der Begriff ‚Verdampfungs­wärme’ (z.B. bei: Baumgartner, 21996, 55) hinge­gen betrifft den Wasserdampf, in dem nun die Wärmeenergie latent enthalten ist. Die bei­den Begriffe sollten nicht miteinander verwechselt werden, da sie zwei verschiedene Per­spektiven des­selben Prozes­ses beschreiben. Zudem kühlt sich die Flüssigkeit selbst durch die Verdunstung ab, da die schnelleren Moleküle (kinetische Energie) aus ihr ausge­treten sind. Die durch­schnittliche Geschwindigkeit der Moleküle in der Flüssigkeit ist ab­gesun­ken (Micro­soft, 2001, Verdampfung 1). Weil die Verdunstung ein energieabhängiger Pro­zess ist, kann sie auch dem Wärmehaushalt zugerechnet werden (Golf, 11980, 10). Ein­ge­hende Informa­tionen über die ‚Energetische Umsetzung im Wasserkreis­lauf’ finden sich in dem gleich­namigen Kapitel bei Friedrich Wilhelm (Wilhelm, 31997, 160-178).

Die Aufnahmekapazität der Luft für Wasserdampf ist jedoch beschränkt. Dieser übt, neben anderen in der Luft enthaltenen Gasen, einen gewissen Partialdruck aus, der zeitlich und räumlich nicht konstant ist (Krüger, 1994, 8). „Ist die nicht überschreitbare maximale Grenze erreicht..., so wird dieser Zu­stand als Sättigung und der vom Wasserdampf ausge­übte Druck als Sättigungsdruck [oder: Sättigungs­dampfdruck] ... bezeichnet“ (Pleiß, 11977, 15). Diese Grenze ist von der Temperatur der Luft abhängig. Je höher die Tempe­ratur ist, desto mehr Wasserdampf kann die Luft aufnehmen (Krüger, 1994, 8). Die relative Luft­feuchtigkeit gibt das „...Verhältnis des herrschenden Dampfdrucks zum Sätti­gungsdruck [an], ausgedrückt in Prozen­ten“ (Pleiß, 11977, 85). Dagegen versteht man unter absoluter Luftfeuchtigkeit den absoluten Wasserdampfgehalt der Luft, gemessen in „Gramm Was­serdampf pro Kubikmeter Luft“ (Krüger, 1994, 11). Wird ein Luftquantum abgekühlt, so bleibt die absolute Luftfeuchtigkeit gleich, aber die relative Luftfeuchtigkeit steigt an.

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Abbildung 3: Maximaler Wasserdampfgehalt der Luft bei verschiedenen Temperaturen (Angabe in g pro m3 Luft)

(Quelle: Wiedersich, 1996, 45)

Der Wind ermöglicht den Fortgang der Verdunstung bei Erreichen des Sättigungs­drucks. Er ersetzt die wasserdampfgesättigte Luft durch neu her­ange­führte, trocke­nere Luft (Frankenberg, 11991, 58).

„Physikalisch ist die Verdunstung von vier Faktoren abhängig: 1. Differenz zwi­schen dem Dampfdruck an der Oberfläche und dem der oberflächennahen Luft; 2. An der Ober­fläche zur Verfügung stehende Energie; 3. Menge des in die Luft ab­transportierten Was­serdampfes; 4. Menge des an der Oberfläche vorhandenen oder dorthin transportierten Wassers“ (www. hydroskript.de, Hydrologie/ Verdunstung/ Physikalische Grundlagen).

Die unterschiedlichen Beiträge von Land und Meer an der globalen Verdunstung lassen sich mit dem Wasserangebot erklären (vgl. Abb. 2). Das Meer erhält einen stetigen Was­sernachschub, so dass die tatsächliche Verdunstung (aktuelle Verduns­tung) der potentiell möglichen Verdunstung entspricht (Frankenberg, 11991, 58). Der globale Zustand lässt sich nicht uneingeschränkt auf regionale Verhältnisse übertragen. Die Verdunstung von Gewässern fällt mitunter geringer als die Landes­verdunstung aus, z.B. wenn der maximale Wasserdampfgehalt wegen mangelnder Windverhältnisse über dem Wasser schnell er­reicht wird (Keller, 1961, 39). Landes- und Meeresverdunstung werden unter dem Begriff ‚Ge­bietsverdunstung’ zusammen­gefasst (Keller, 1961, 43).

Klimaklassifikationen berücksichtigen diese Verdunstungsverhältnisse. Über­trifft der Niederschlag die aktuelle Verdunstung, so spricht man von einem humiden Klima; liegt die potentielle Verdunstung über der zur Verfügung stehenden Wasser­menge, werden die Be­dingungen als arid bezeichnet (Frankenberg, 11991, 58).

Die Transpiration der Vegetation ist von der beschriebenen Verdunstung (Eva­pora­tion) zu unterscheiden (s. Kap. 1.3.5). Der Begriff ‚Evapotranspiration’ fasst die Eva­pora­tion und die produktive Pflanzenverdunstung zusammen (Wilhelm, 31997, 144). Selbst wenn die Wasserversor­gung optimal ist, ist die potentielle Evapotranspiration Einschrän­kun­gen unterlegen, die von physiologischen Vorgängen innerhalb der Pflanze abhängen (z.B. Ver­schluss der Spaltöffnungen der Blätter), (www.hydroskript.de, Hydrolo­gie/ Ver­duns­tung/ Begriffe).

Andrew Goudie beschreibt den Jahresgang der Verdunstung in Mitteleuropa, welcher deutlich ausgeprägt ist: Die höheren Lufttemperaturen im Sommer lassen die Verdunstung stark ansteigen. Der Boden weist ein zunehmendes Feuchtigkeitsdefizit auf. Im Winter hingegen sinkt die poten­tielle Eva­potranspiration wegen Abnahme der durchschnittlichen Lufttemperatur (Goudie, 1995, 294). Der Ein­fluss des Atlantiks (maritimes Klima) wirkt aber ausgleichend auf die Jahresamp­litude (Lauer, 31999, 65). Die relative Luft­feuchtigkeit beträgt in Mitteleuropa im Jahresmittel 70-80% (Krü­ger, 1994, 9).

1.3.3 Das Wasser in der Atmosphäre

Tagsüber werden die angrenzenden Luftschichten von der Erdoberfläche her er­wärmt. Die warme Luft wird leichter (erhöhte kinetische Energie der Moleküle) und steigt mit dem in ihr enthaltenen Wasserdampf auf. Der atmosphärische Teil des Wasserkreislaufs bzw. das Wettergeschehen finden im untersten Bereich, in der Troposphäre, statt. Diese reicht bis in maximal 18 km Höhe (Bauer [u.a.], 51996, 70). Das Wasser macht in der Tro­posphäre ei­nen „...Massenanteil von im Mittel 0,3%, im Einzelfall bis 3%...“ (Hantel, 11990, 192) aus. Wilhelm Lauer erläutert die adiabatischen Vorgänge in der Atmosphäre: Die vertikale Verlagerung eines Luftpaketes kann sich ‚trockenadiaba­tisch’ oder ‚feuchta­diabatisch’ vollziehen. Beim Aufsteigen dehnt sich die Luft aus, da der Luft­druck mit der Höhe ab­sinkt und er­fährt hierdurch eine Abkühlung. „Bei diesem Vor­gang wird Ausdeh­nungsarbeit geleistet ... Die erforderliche Energie wird dem Wärmeinhalt der Luft ent­nommen. Umge­kehrt erwärmt sich die Luft, wenn sie absteigt und dabei komp­ri­miert wird“ (Lauer, 31999, 72). Bei trockenadiabatischem Aufstieg nimmt die Tempera­tur des Luftvolumens um 0,98°C pro 100 m ab (Lauer, 31999, 72). Die zunehmende Ab­küh­lung führt zur Kon­densa­tion von Wasserdampf, wenn die maximale Sättigung über­schrit­ten ist. Die im Wasser­dampf ent­haltene Wärme, die sog. Kondensationswärme, wird freige­setzt. In Folge fällt die Temperaturabnahme mit der Höhe geringer aus; sie liegt im Mittel bei ungefähr 0,5°C pro 100 m (Wert bei: Bauer [u.a.], 51996, 73). Dieser Wert wird als feuch­tadiabati­scher Tem­peraturgradient bezeichnet (Lauer, 31999, 72). „Es wird von Minderabkühlung und nicht von „Erwärmung“ gesprochen...“ (Hantel, 11990, 194). Fran­kenberg dagegen behauptet: Die „...latente Wärme des Wasser­dampfes [wird] frei und er­wärmt die umgebende Luft“ (Frankenberg, 11991, 63). Jedoch ist ersicht­lich, dass die freigesetzte latente Wärme als Energiequelle für den weite­ren Auf­stieg des Luft­quantums (s. feuchtadiabatischer Tempe­raturgradient) genutzt wird (Lauer, 31999, 72) und somit der Aussage von Michael Hantel zuzustimmen ist.

Der Föhn im Alpen­bereich und an anderen Gebirgsketten beruht auf adiabati­schen Temperaturän­derungen. Dieses Phänomen wird von Lutz Krüger in ‚Wetter und Klima’ be­schrieben: An der Südseite der Alpen wird die Luft zum Aufstieg gezwungen (Luv-Seite der Alpen) und kühlt sich zunächst trockenadiabatisch um ca. 1°C pro 100 m ab. An­ge­nommen die aktuelle Temperatur am Boden läge 3°C über dem sog. Taupunkt. Der Tau­punkt beschreibt „denjenigen Wert..., auf den die Temperatur der Luft ge­senkt werden muß, damit Feuchte­sättigung herrscht; denn dann bildet sich z.B. an Grashalmen »Tau«“ (Krüger, 1994, 10). Der Wasserdampf beginnt zu kon­densieren. Somit würde die Kon­den­sation in 400 m Höhe bei Erreichen von 100% relativer Luftfeuchtigkeit begin­nen; denn die Po-Ebene liegt schon ungefähr 100 m über Meeresniveau (NN). Wol­ken bilden sich und Nieder­schlag (orographischer Nieder­schlag) entsteht. Wegen der frei ­wer­denden Kon­densations­wärme kühlt sich die Luft beim weiteren Aufstieg nur noch um den feuchta­dia­batischen Temperaturgradienten (0,5°C pro 100 m) ab. Der Abstieg der Luftmasse an der Lee-Seite führt zur Er­wärmung der Luft (durch Kompression); die rela­tive Luft­feuchte fällt unter 100%. Somit verläuft der gesamte Abstieg trockenadiabatisch. Die Luftmasse er­reicht auf der Nordseite der Alpen eine höhere Temperatur als vor dem Auf­stieg an der Süd­seite, bedingt durch die Minderabkühlung während des feuchtadiabati­schen Auf­stiegs (Krüger, 1994, 23-27). Dieses Beispiel verdeutlicht die Klimawirksamkeit des Wasser­dampfes in der Troposphäre.

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Abbildung 4: Schema des Alpensüdföhns

(Quelle: Krüger, 1994, 24)

Nicht nur die Abkühlung ist eine Voraussetzung für Kondensation; zudem müs­sen sog. Kondensationskerne in der Luft vorhanden sein. „Kondensa­tionskerne [hygroskopi­sche Partikel] sind in der Atmosphäre schwe­bende kleine Teilchen mit einer Größe von 0,001 mm bis 10 mm. Die Teilchen bestehen aus Staub, Salzen, Rauch, kleinen Bodenteil­chen, Abgasen u.a.m“ (Lauer, 31999, 75). Ohne diese Anlagerungs­partikel könnte trotz Erreichen einer Luftfeuchtigkeit von 100% keine Kondensation statt­finden, da „...der Sätti­gungsdampfdruck ... nur über ebener Wasserfläche bei 100% relativer Feuchte liegt und mit Zunahme der Oberflä­chen­krümmung ansteigt...“ (Frankenberg, 11991, 63). Mit der An­lagerung des Was­ser­dampfes an die Kondensationskerne wird der Sättigungsdampfdruck durch Ver­rin­gerung der Oberflächenkrümmung abgesenkt (Fran­kenberg, 11991, 63). In der Tro­posphäre bilden sich die ersten Wassertröpfchen. Das Ge­frieren von Wasser­tröpf­chen oder seltener die Resublimation von Wasserdampf lassen Eis­kristalle in der Luft ent­stehen. „Bei Agglomeration vieler Wassertropfen und Eiskristallen [sic.] bil­den sich Wol­ken “ (Frankenberg, 11991, 63). Die Wolkentröpfchen sind derart klein, durch­schnittlich zwi­schen 0,002 bis 0,01 mm (Wert bei: Wiedersich, 1996, 64), dass Rei­bung, Konvektion (Hebungsvorgänge) und Aufgleiterscheinungen gegen die Gravi­tation wirken und die Tröpfchen im Schwebezustand gehalten werden kön­nen (Lauer, 31999, 76). Nach den An­gaben bei Wolf Tietze enthalten Wolken erstaunlich wenig Wasser, „...in 1 m3 Wolken­luft [sind] höchstens ei­nige wenige Gramm flüssiges Wasser...“ (Tietze, 1969, 845).

Die Gestalt der Wolken ist abhängig von ihren Entstehungsbedingungen. An die­ser Stelle möchte ich zunächst auf Hebungsvorgänge (Konvektion) eingehen, die von Bauer [u.a.] dargestellt werden: Ist eine aufstei­gende Luftmasse wärmer als die sie umgebende Luft, steigt sie wegen ihrer geringeren Dichte weiter auf (labile Schichtung). Nach Über­schreiten des Kondensa­tionsniveaus kön­nen sich Wolken mit einer großen vertikalen Erstreckung bilden, sog. Cumulus-Wolken (lat.: Haufen). Gelangt das Luftquan­tum beim Aufstieg jedoch in Bereiche mit höherer Umgebungstemperatur, „...sinkt es we­gen sei­ner größeren Dichte zurück (stabile Schichtung)...“ (Bauer [u.a.], 51996, 73). Die Wolken­form gestaltet sich flacher. Diese besondere Art der Stratus-Wolke (lat.: Schicht), entsteht oft im Winter un­terhalb einer Inversionsschicht, an der die Temperatur sprunghaft mit der Höhe zunimmt (Bauer [u.a.], 51996, 73/74). Im Allgemeinen entstehen Schicht­wolken durch Aufgleitvorgänge (Advektion) wärmerer Luftmassen auf käl­tere, wobei der Tau­punkt der aufgleitenden Luft überschritten wird (Krüger, 1994, 28-31).

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Abbildung 5: Die wichtigsten Wolkenarten in den für sie typischen Höhen

(Quelle: Pedgley, in: Goudie, 1995, 288)

Die Klassifizierung von Wolken kann grob in vier Hauptarten vollzogen werden, wel­che sich wie­derum in vier Untergruppen einteilen lassen (z.B. bei: Wiedersich): Die hohen Wolken befin­den sich in 7 bis 13 km Höhe, die mittelhohen in 2 bis 7 km, die tiefen Wol­ken gelan­gen bis in 2 km Höhe; zudem treten Wolken mit hoher vertikaler Erstreckung auf. Die oben ste­hende Ab­bildung (Abb. 5) zeigt die Hauptwolkenarten, die je nach Ent­stehungsbe­dingun­gen eher haufenför­mig (durch Kon­vektion) oder schichtartig (durch Ad­vektion) ausse­hen. Die hohen Wolken enthalten zum Großteil Eiskristalle. Die ein­zelnen Tropfen einer Wolke existieren mitunter nur wenige Se­kunden; sie können aber auch meh­rere Stunden beste­hen bleiben (Wiedersich, 1996, 57-67).

Lutz Krüger definiert Nebel als eine Schichtwolke in Bodennähe (Krüger, 1994, 32). Bodennebel tritt häufig im Winter auf, wenn die Ausstrahlung in der Nacht stark ist und eine wärmere Luftschicht auf die bodennahe kalte Luft abgesunken ist (Inver­sion). Der Wärme­verlust der Luft in Bodennähe führt bei Überschreiten des Tau­punktes zur Konden­sation (Wiedersich, 1996, 59). Berthold Wiedersich behandelt das Thema ‚Nebel’ einge­hender, z.B. werden weitere Nebelarten von ihm erläutert (Wieder­sich, 1996, 58-63).

Friedrich Wilhelm beschreibt den Wasserumsatz in der Atmosphäre: Obwohl nur 12900 km3 Wasser in der Troposphäre vorhanden sind, werden jährlich 496100 km3 umge­setzt, d.h. in Form von Niederschlag ausgeschieden. Folglich erneuert sich das in der Tro­posphäre befindliche Wasser 38 mal im Jahr, also alle 9 bis 10 Tage (Wilhelm, 31997, 12). Joachim Marcinek nimmt an, dass der atmosphärische Teil des Wasserkreislaufs sogar noch schneller verlaufen würde, weil nicht die gesamte Wassermenge der Troposphäre an der Nie­derschlagsbildung beteiligt sei (Marcinek, 1967, 78). Die Wirkung des Wasser­dampfes in der Troposphäre ist enorm. Mittels des Windes wird er in andere Brei­ten trans­portiert und mit ihm die latente Wärmeenergie, die für einen Ausgleich zwischen den Kli­maten sorgt. Zudem wird über die Verdunstung und Kondensation das salzige Meer­wasser destilliert.

1.3.4 Niederschlag

Der Niederschlag gleicht den Wasserverlust der Erdoberfläche aus. Die Vegeta­tion wird mit Wasser versorgt, Boden- und Grundwasservorräte aufgefüllt. Der Nieder­schlag ist „...die Hauptquelle all unseres Wassers...“ (Federer, Schirmer, 11990, 233). Al­lerdings fällt die Niederschlagsverteilung in den einzelnen Erdregio­nen sehr unter­schied­lich aus. Um eine ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Planung zu errei­chen, ist die Kenntnis der Prozesse unabdingbar, welche mit der Niederschlagsverteilung zusammenhängen.

„Niederschlag ist nach DIN 1996 Wasser der Atmosphäre, das nach Kondensa­tion oder [Re-] Sublimation von Was­serdampf in der Lufthülle ausgeschieden wurde und sich in­folge der Schwerkraft entweder zur Erdoberfläche bewegt (fallender Nie­derschlag) oder zur Oberfläche gelangt ist (gefallener Niederschlag)“ (www.hydroskript.de, 2001, Hyd­rologie/ Nie­derschlag/ Einleitung).

Nicht aus jeder Wolke fällt Niederschlag. Federer und Schir­mer betonen, dass seine Bil­dungsprozesse immer noch nicht genau erforscht sind (Federer, Schirmer, 11990, 233). Die Wolkentröpfchen oder Eiskristalle müssen auf eine bestimmte Größe an­gewachsen sein, um der Wirkung der Aufwinde zu entge­hen. „Der normale Regen hat Tropfendurch­messer zwischen 0,5 und 7 mm bei einer Fallgeschwindigkeit von 3 bis 9 m/s“ (Lauer, 31999, 81). Es gibt zwei unterschiedliche Prozesse der Niederschlagsbildung, die von And­rew Goudie beschrieben werden: In den mittleren Breiten vollzieht sich diese zumeist über das An­wachsen von Eiskristallen (Bergeron-Findeisen-Prozess). An die Eis­kristalle, die sich in der Luft befinden, binden sich unterkühlte Was­sertröpfchen. Da der Sättigungs­dampf­druck über Eis geringer ist als über Wasser, überwiegt die Größenzunahme durch Wasseranla­gerung ge­genüber der Abgabe. Die Tröpfchen gefrieren. Unter Umständen kann Hagel entstehen.

„Aus ihrer schalenförmigen Struktur läßt sich schließen, daß die Hagelkörner mehr­fach die Wolke durchfallen haben und durch starke Aufwinde wieder empor­geschleudert wor­den sind, so daß der Ablagerungsprozeß sich einige Male wieder­holen konnte“ (Lon­scheck, 1985, 26).

Der Zustand der Niederschlagsprodukte in Bo­dennähe, ob fest oder flüssig oder so­gar ver­dunstet, ist abhängig von den Temperaturverhältnissen während des Falls bzw. der Hö­henlage der Nullgradgrenze: Diese liegt je nach Jahreszeit zwischen 800 m und 3000 m (Krüger, 1994, 62). In reinen Wasserwolken, die eher in den Tropen vorkommen, entsteht Niederschlag durch Vereinigung von Wassertropfen, der sog. Koagulation. Größere Tröpf­chen erreichen eine gewisse Fallgeschwindigkeit und kollidieren mit den noch schweben­den Tröpfchen. Sie reißen diese mit sich und wachsen auf diese Weise an (Gou­die, 1995, 289/290). Die erreichbare Größe der Tropfen wird durch das vertikale Ausmaß der Wolken und die Wirkung der Aufwinde be­stimmt (Lonscheck, 1985, 25). Nieder­schlag ist zwar nicht chemisch rein, verfügt aber nur über eine geringe Konzentration von Inhaltsstoffen: Die „...natürliche Zusammensetzung des Niederschlagswassers [entspricht] chemisch der einer schwachen und nahezu ungepuf­ferten Säure, nämlich der Kohlensäure (H2CO3)“ (Krieter, 1991, 327). Auf die Wirkung anthropogener Eingriffe werde ich in Ka­pitel 1.5 eingehen.

Die beschriebenen Niederschläge fester und flüssiger Art, welche aus der freien Atmo­sphäre niedergehen, werden als ‚fallende Niederschläge’ bezeichnet. Die hier angeführte Klassifizierung findet sich z.B. bei Federer und Schirmer: Die flüssige Form ist der Regen oder wenn er sehr fein ist, Niesel (Sprühregen). Zahlrei­che Ausprägungen zei­gen die fes­ten Formen: Schnee (hexagonale Eiskristalle), Ha­gel (Eiskugeln oder Eisstü­cke), Griesel (ab­geplattete Körnchen) etc. Findet die Nie­derschlagsbildung direkt an der Erdoberfläche statt, handelt es sich um ‚abgesetzten Niederschlag’. Auch hier ist zwischen flüssigen (Tau: an horizontalen Flä­chen, Be­schlag: an vertikalen Flächen) und festen For­men (Reif und Frostbeschlag durch Re­sublimation) zu differenzieren. Weiterhin kann Nie­derschlag von der Vegetation abgefangen werden (abgefangener Niederschlag). Die Waldvegeta­tion in hochgele­genen Bergwäldern (z.B. an der Westseite der Anden: Peru, Chile) bewirkt die Aus­kämmung von Nebeltröpfchen. Die feste Form, mit weiteren Un­terkategorien, ist der Nebelfrostnie­derschlag (Federer, Schirmer, 11990, 250/251). Das Verhalten des Mole­küls Wasser sowie die äußeren Ein­flussfaktoren bewirken eine Variations­breite an Nie­der­schlagsarten.

Federer und Schirmer stellen weiterhin die Charakteristika von Niederschlagsereignis­sen dar: Das Niederschlagsereignis selbst wird nach Intensität, Dauer, Verlauf, Nieder­schlags­höhe etc. klassifiziert. „Die Niederschlagsintensität ergibt sich aus der Nie­der­schlagshöhe und der zugehörigen Zeit; die Angabe erfolgt in mm/min oder mm/h“ (Fede­rer, Schir­mer, 11990, 254). Sie ist eine wichtige Größe für den Wasser­haushalt eines Ge­bietes. Inten­sive Regenfälle, z.B. nach längerer Trockenheit, führen zu starkem oberfläch­lichen Ab­fluss. Bei gemäßigter Intensität und lang anhaltendem Niederschlag dagegen versickert ein großer Teil des Wassers im Boden (Keller, 1961, 24). Die „...ergiebigsten Regen [fal­len] in den kürzeren Zeiträumen ... in Ge­bieten mit kontinentalem Klima“ (Keller, 1961, 26). Wäh­rend eines Niederschlagser­eignisses bleibt die Intensität nicht kon­stant, sondern unterliegt Schwankun­gen. Durchschnittlich verringert sich die In­tensität mit der Zeitdauer des Nieder­schlagsereignisses. Lang anhaltende, schwächere Regenfälle tre­ten in den gemäßig­ten Breiten häufiger auf, ein sog. Landregen, der mit dicken Schicht­wolken (Nimbostra­tus) einhergeht. Ein Schauer hingegen ist ein intensives, kurzfristiges Ereignis. Der­artige Nie­derschläge gehen aus Konvektionswolken nieder (Fe­derer, Schir­mer, 11990, 253).

Auf die Regenmessung sei kurz verwiesen, weil in der Unterrichtseinheit eine Re­gen­messung praktisch durchgeführt werden soll. Der Regenmesser (nach Hellmann) ist ein genormtes Auffanggefäß mit einer „...runde[n] Öffnung von 200 cm2...“ (Lauer, 31999, 82). Ungenauigkeiten bei der Messung sind durch Spritzwas­ser, Wind­einfluss, Schneehau­ben, Inhomogenitäten der Umgebung etc. möglich (www.hydroskript.de, Hydrologie/ Nie­der­schlag/ Niederschlagsmessung). Der Niederschlag an einer singulären Messstation lässt sich nicht ohne weiteres auf das gesamte Niederschlagsgebiet übertragen. Weitere Infor­matio­nen sind beim Deutschen Wetterdienst zu erhalten (www.dwd.de).

„Aufgrund der Ursachen für aufsteigende Luftbewegung können drei Hauptty­pen des Niederschlags unterschieden werden, die bezüglich räumlicher und zeitlicher Verteilung spezifische Eigenschaften aufweisen: konvektive, orographische und zyklonale Nieder­schläge“ (Dyck, Peschke, 21989, 104).

Erläutert werden diese Haupttypen von Niederschlägen z.B. bei Dyck und Peschke, bei Bauer [u.a.] der zyklonale Niederschlag, an deren Ausführungen ich mich im Folgenden orientiere: Schauer sind eine Er­schei­nung konvektiver Niederschläge, welche im Allge­meinen lokal begrenzt und von re­lativ kurzer Dauer sind (Konvektion s. Kap. 1.3.3). Sie sind typisch für Tro­penregio­nen. Orographische Niederschläge (Staunieder­schläge oder Steigungsniederschläge) wer­den durch er­zwungenen Luft­massenaufstieg an Gebirgs­ketten hervorge­rufen. Unter dem Einfluss des Westwindstrahl­stromes sind für Mitteleuropa zyklo­nale Nie­derschläge cha­rakte­ristisch.

„Im Strömungswirbel wird Warmluft subtropischer Herkunft mit Kaltluft polarer Her­kunft verwirbelt. An der Luftmassengrenze der Warmluft gegen die vorgelagerte Kaltluft entsteht eine Warmfront, an der Luftmassengrenze der Kaltluft gegen die vorgelagerte Warmluft die Kaltfront...“ (Bauer [u.a.], 51996, 88).

An der Warmfront gleitet die wärmere Luft auf die kältere auf. Es entstehen durch Ab­kühlung nach der ersten Aufzugsbewölkung (Cirren) schließlich tiefe Schicht­wolken (Nimbostratus). Mäßig intensiver Landregen geht nieder. Der Einbruch der dynamischeren Kaltluft bewirkt einen raschen Auftrieb des Warmluftkeils; Gewit­terwolken (Cumulonim­bus) entstehen. Starke Schauer sind die Folge (Bauer [u.a.], 51996, 88/89/ Dyck, Peschke, 21989, 104). Eine kurze Darstellung dieses typischen Witte­rungsverlaufes erschien mir wichtig, da auf diesem Weg das Wasser in seinen unter­schiedlichen Erscheinungsformen Mitteleu­ropa den Großteil des Jahres er­reicht.

Insgesamt fallen in Deutschland pro Jahr ca. 274 Mrd. m3 Niederschlag (www.ifs.tu-darmstadt.de). Während der Westen der Bundesrepublik atlantisch ge­prägt ist mit durch­schnittlich 803 mm Niederschlag pro Jahr, erreicht der Osten wegen des stärkeren konti­nentalen Einflusses ge­ringere Werte, die bei durchschnittlich 628 mm pro Jahr liegen (Fi­scher, Grabert, 1994, 4). Der Westwind trägt während des gesamten Jahres Feuchtigkeit vom Atlantik in die ‚meeresna­hen’ Berei­che des Kontinents, so dass in Deutschland Regen zu allen Jahreszeiten fällt, mit einem leichten Maximum im Sommer. Der ty­pische Jahres­gang wird als Niederschlagsre­gime be­zeichnet (Dyck, Peschke, 21989, 116).

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Abbildung 6: Durchzug einer Zyklone

(Quelle: Bauer [u.a.]. 51996, 88/89)

1.3.5 Die Rolle der Vegetation im Wasserkreislauf

Im Kreislauf des Wassers ist die Vegetation ein integraler Bestandteil. Aus dem Bo­den wird das Wasser in den Pflanzenkörper aufgenommen und über die Oberfläche wieder an die Luft abgegeben (Klink, 31998, 132). Es besteht nicht allein eine Ab­hängigkeit der Pflanzen von der Wasserversorgung; ebenso wird der Wasserkreislauf entscheidend durch Einflüsse der Vegetation bestimmt (Wittig, 1979, 169). Die In­terzeption meint das vorü­bergehende Auffangen von gefallenem oder abgesetztem Niederschlag durch Pflanzenteile. Die Wasserabgabe erfolgt durch Verdunstung oder Abtropfen an Blättern bzw. Abfluss an Baumstämmen (www.hydroskript.de, Hyd­rologie/ Interzeption/ Einleitung und Begriffe). Folglich zeigen die hydrologischen Prozesse (Verdunstung, Infiltration, Abfluss) in Ge­bieten mit Vegetation sowohl zeitlich, räumlich als auch mengenmäßig eine deutliche Ab­weichung gegenüber ve­getationslosen Regionen (Brechtel, 11990, 314). Der Wasser­haus­halt einer Vege­tati­onsdecke unterliegt zahlreichen Einflussfaktoren; einige sind durch die Vegetati­ons­decke selbst bedingt (z.B. Vegetationsperiode, Zusammensetzung der Pflanzen­ge­sellschaft etc.). Ein offensichtlicher Faktor ist die Größe, genauer genommen die Oberfläche der jeweiligen Pflanze. „Bei der Interzeption wird die Gesamtoberfläche eines Baumes oder Strauches wirksam. Diese Oberfläche ist sehr viel größer als die Fläche der Parallelprojektion eines Baumes auf den Grund“ (Wilhelm, 31997, 50). Die Bestands­dichte beeinflusst neben dem Wasserangebot für die Pflan­zen auch die Mög­lichkeit der einzelnen Pflanze zur Evapotranspiration. (Klink, 31998, 149). Der Verlauf der Interzep­tion, ob der Niederschlag die einzelne Pflanze erreicht, Verdunstung von der Ober­fläche stattfinden kann oder das abfließende Wasser auf weitere Pflanzen trifft, hängt von der Bestandsdichte ab.

Die Interzeption lässt sich in Teilprozesse untergliedern, welche in ‚Hydroskript’ dar­gestellt werden: Das Niederschlagswasser tropft nicht gleich ab, da die Oberfläche der Pflanze über eine bestimmte Speicher­kapazität ver­fügt (Benet­zungs- und Aufsättigungs­phase). Erst nach Überschreiten dieser Kapazität fin­det Abtropfen, Abfließen von Wasser statt (gesättigte Phase). Die gespeicherte Wasser­menge wird zwischenzeitlich durch die Evapotranspiration von der Pflanzenoberflä­che verringert. Irgendwann ist die Oberfläche nach dem Nieder­schlag abgetrocknet (Trock­nungsphase), (www.hydroskript.de, Hydrolo­gie/ Interzeption/ Prozesse). Zusammengefasst findet zunächst eine Auffül­lung des Spei­chers, anschlie­ßend seine Entleerung statt. Die Analyse der Teilpro­zesse legt nahe, dass der Verlauf des Nie­derschlagsereignisses die Interzeption mit ­bestimmt.

„Bei Niederschlagshöhen von 1 mm und weniger wurden Interzeptionswerte von 85-92% (K. PRIESMEIER, 1976) bekannt. Umgekehrt verhält es sich bei Schauerregen hoher Intensität, bei denen der Interzeptionsspeicher rasch aufgefüllt wird, somit hohe Anteile zum Abfluß gelangen“ (Wilhelm, 31997, 50).

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Abbildung 7: Komponenten der Niederschlagsbilanz von Vegetationsdecken, hier Buchenwald mit Stammabfluss und Fichtenwald ohne Stammabfluss

(Quelle: Brechtel, 11990, 315)

Für Vegetationsdecken lassen sich Niederschlagsbilanzen aufstellen, die den In­terzep­tionsprozess quantitativ beschreibbar machen (nach: Horst Brechtel): Die Interzeption lässt sich nur mittelbar bestimmen, indem der Freilandniederschlag (Nf), also vor Erreichen der Vegetation, und der Be­standsnieder­schlag (Nb) bilanziert werden. Der Bestandsnieder­schlag setzt sich aus dem durchfallenden Nie­derschlag (Nd), dem abtropfenden Nieder­schlag (Nt) und dem Stammabfluss (Nst) zu­sam­men. Zu dem Freilandniederschlag kommen noch Inter­zeptions­gewinne (Ig) durch ab­ge­fangenen und abgesetzten Niederschlag hinzu. Die Differenz von Freilandniederschlag plus Interzeptionsgewinne zu Bestandsnie­der­schlag ergibt die Inter­zeptionsmenge (I) an Wasser: I = Nf + Ig – Nb (Darstellung der Nie­der­schlags­bilanz nach: Brechtel, 11990, 314/315; veränderte Abkürzungen). Die Interzep­ti­onsspeicherkapazität von verschiedenen Baumar­ten liegt zwischen 20-40% der Freiland­niederschläge. Grä­ser erreichen einen Wert von 10-20% (Werte bei: Wilhelm, 31997, 49). Aus dieser Spei­che­rung resultiert eine starke Interzeptionsver­dunstung, die er­heblich zur Gesamtverduns­tung eines Gebietes beiträgt: Während der Ve­getations­zeit bewegt sich die Interzeptions­ver­dunstung untersuchter Baumarten (Buche, Ei­che, Lärche, Fichte u.a.) um Werte von 35%. In der Nichtvegetationszeit überwiegt die Verdunstungskapazität der im­mergrünen Nadel­bäume mit 30-40% gegenüber winterkalten Laubbäumen mit 10-20% (Interzeptions­ver­dunstung nach: Brechtel,11990, 322/323).

Die Verdunstungsleistung der Vegetation erscheint noch be­deutender unter Einbezug der Transpiration. Zunächst muss das Wasser gegen die Gravitation durch den Pflanzen­körper hindurchgeführt werden, wo­bei das Dampf­druckgefälle zwischen Boden und Luft genutzt wird (Bauer [u.a.], 51996, 124). Hinzu kommt die Transpiration als „ [t]reibende Kraft für die enorme Hubleistung... “; ergänzend führen kapillare Wirkungen das Wasser durch das Leitgewebe der Pflanze (Geo Wissen, 1988, 116). Auf diese Weise kann „...ein Blatt pro Tag je nach der Witterung das Zwei- bis Achtfache seines Gewichtes an Wasser ... an die Luft“ ab­geben (Heyn, 1965, 34). Somit erreicht der Wasser­verbrauch in Abhän­gigkeit vom Bodenwasserhaushalt beeindruckende Werte. Ein Baum benötigt während der ge­samten Vegetationszeit un­gefähr 50000 Liter Wasser (Geo Wissen, 1988, 116).

Einerseits ist der Verbrauch der Vegetation an Wasser enorm; andererseits wir­ken die Pflanzenbestände regulierend auf den Wasserhaushalt ihrer Umgebung ein. Eine besondere Bedeutung wird unter diesem Gesichtspunkt dem Wald zugespro­chen (Anm.: Laub- und Mischwald, keine Fichten-Monokultur), welche von Brechtel herausgestellt wird: Die In­terzeption hat eine ‚Pufferwirkung’, indem sie starke Niederschläge abbremst. Die Auf­fangfunktion der Bäume sowie die günstigen Durchlässigkeitsver­hältnisse des Waldbo­dens, bedingt durch einen von intensiver Durchwurzelung auf­gelockerten Boden, führen zu einer Abflussmin­derung (Brechtel, 1971, 1154/1155). Besonders die Evapotranspiration des Waldes verrin­gert die abfließenden Wassermengen; so ist festzuhalten, „...daß der Wald von allen Land­oberflä­chen die größte Gesamtverdunstung bewirkt und mithin auch die niedrigste Abflußmenge „produziert“ “ (Brechtel, 1971, 1154). In einem Waldgebiet besteht eine stark verringerte Gefahr der Entstehung von Hochwasserwellen im Vergleich zu einem Kahl­schlagsgebiet. Die Verrin­gerung der Abflusswerte ist vor allem in den Som­mermonaten relevant (Kel­ler, 1961, 406/408). Die hohe Luftfeuchtigkeit des Waldes von annähernd 100% re­lativer Feuchte ist die Wirkung der Interzeptionsverdunstung und der Transpira­tion (Bauer [u.a.], 51996, 136). Insgesamt sorgt der Waldbestand durch Milde­rung von Extremwerten hydrolo­gi­scher Prozesse für einen ausgeglichenen Wasserhaus­halt.

1.3.6 Infiltration von Wasser

Der Niederschlag, welcher nicht von der Vegetation zurückgehalten wird, er­reicht die Erd­oberfläche und dringt in die oberste Bodenschicht ein (Infiltration). Die Infilt­rations­menge sowie die Tiefenverlagerung des Wassers im Boden werden durch die physikali­schen Ge­gebenheiten innerhalb des Bodens bestimmt (Benecke, 11990, 373). Zunächst richtet sich die Infiltration nach dem Bodenfeuchtezustand. Wenn der Boden sehr feucht ist, können keine größeren Wassermengen zusätzlich aufgenom­men werden. Ist der Boden hingegen stark ausgetrocknet, so bietet er dem Nieder­schlag Widerstand. Ein Großteil der Regen­tropfen prallt an der Bodenoberflä­che ab. Der Benetzungswiderstand „...wird durch Verun­reinigung der Oberflä­chen der Bodenpartikel erklärt“ (Wilhelm, 31997, 84). Die günstigs­ten Infiltrations­bedin­gun­gen bieten mäßig trockene Böden. „Es gibt eine Ma­ximal­rate, mit welcher der Boden Wasser absorbiert. Diese obere Begrenzung nennen wir Infilt­rationska­pa­zi­tät “ (Goudie, 1995, 294). Wird diese Kapazität überschritten, unter­lie­gen die über­schüssigen Wassermengen der Verdunstung, fließen oberflächlich ab, oder sie verblei­ben in kleineren oder größeren Mulden an der Oberfläche (Liebscher, 21996, 74). Nachdem genügend Wasser in tiefere Bodenschichten versickert ist, kann das bis da­hin in Mulden gespeicherte Wasser infiltrieren. Neben der Interzeptionswir­kung der Ve­getation, der Bo­denstruktur und dem Bodenfeuchtezustand, stellt auch das Bodengefälle einen Ein­fluss­faktor dar. Die Tendenz zu oberflächlichem Abfluss steigt mit zunehmen­dem Gefälle; so­mit sinkt die Infiltrationsmenge (Leopold, Davis, 1968, 56). Ebenso ver­stärkt sich der Oberflächenabfluss auf Kosten der Infiltration bei in­tensiven Niederschlä­gen. Friedrich Wilhelm beschreibt, wie längerfristige Niederschläge von mittlerer Intensität den Benet­zungswider­stand des Bodens nach einer bestimmten, von der Bodenstruktur ab­hängigen Zeit überwin­den: Nach Einsetzen des Niederschlags infiltriert vorerst wenig Was­ser. Die Infiltrationsrate (Wasservolumen pro Zeiteinheit) steigt mit der Aufhebung des Benet­zungswiderstandes rasch an. Mit Zunahme der Boden­feuchte verlangsamt sich die Infiltra­tion und pendelt sich auf einen konstanten Wert ein (Wilhelm, 31997, 84).

Anschließend wird ein Teil des Wassers, den Bodenverhältnissen (s. Kap. 1.3.7) ent­sprechend, in die Tiefe verlagert (Perkolation), (www.uni-klu.ac.at). Der andere Teil des Wassers fließt nicht vertikal, sondern: „…some [water], usually the greater part, flows down the hillside within the soil layers as ‚throughflow’…” (Kirkby, 1969, 218). Dieser bo­deninterne, zur Ober­fläche parallel verlaufende Ab­fluss wird als Zwi­schenabfluss (In­terflow) bezeichnet (Flü­gel, zit. in: Wilhelm, 31997, 84) und dem Infiltrati­ons- und Si­ckerwasser zugeordnet (Wil­helm, 31997, 84). Ein Zwischenab­fluss ent­steht, wenn die Durchlässigkeit des Bodens mit der Tiefe abnimmt; durch­schnittlich geschieht dies an der Basis des Alluvialhori­zontes (Auswaschungshori­zont oder Oberboden), (Kirkby, 1969, 219). Das Wasser wird „...an [den] weniger durchlässigen Schichten zeitweilig gestaut und bildet dort temporär einen mit Wasser gesättigten Bereich“ (www.rzuser.uni-heidelberg.de/ genauso bei: Liebscher, 11990, 477). Nach einer Untersuchung von Wolfgang Flügel am Unterlauf der Elsenz in der Nähe von Heidelberg tritt ein Zwischenabfluss im Hanglehm erst ab einer Bo­den­feuch­tigkeit über 35 Volumen-Prozent ein (Flügel, 1981, 28). Je mehr Wasser sich in den obersten Bo­denschichten befindet, umso oberflä­chennäher verläuft der Zwischenabfluss (Kirkby, 1969, 219). Whipkey untersuchte die Wasserbewe­gungen an ei­nem Berghang, welche mit denen von Zwischenabflüssen identisch sind. Die Ergebnisse von Whipkey werden von Hans-Jürgen Liebscher referiert: Im oberen Be­reich des Hanges staut sich Wasser auf einer gering durchlässigen Schicht. Er­reicht die Wasserspeicherung eine ge­wisse Mächtigkeit, fließt Wasser als Zwischen­ab­fluss dem hydraulischen Gefälle ent­sprechend in die unte­ren Hangbereiche ab. Bei starkem Abfluss kann Wasser im Hang­be­reich zu Tage treten und somit in einen oberflächlichen Abfluss überge­hen (Whipkey, zit. in: Liebscher, 11990, 478-480). Verglichen mit einem oberflächlichen Ab­fluss (s. Kap. 1.3.8) ist die Fließge­schwindigkeit des Zwi­schenabflusses stark verlang­samt; der Schei­tel­punkt wird erst deutlich später er­reicht und der Wasserfluss klingt stark verzögert ab (www.rzuser.uni-heidelberg.de/ genauso bei: Liebscher, 11990, 478). Der Zwischenab­fluss er­reicht auf sei­nem Weg den Vorfluter, tritt an der Erdoberfläche wieder aus oder gelangt in die Grundwasserzone (Liebscher, 11990, 478). Abflüsse inner­halb des Oberbo­dens tre­ten haupt­sächlich in hu­mid-gemäßigten Kli­maten auf.

1.3.7 Das unterirdische Wasser

In der Lithosphäre beginnt der unterirdische Abschnitt des Wasserkreislaufs. Der obere Bereich des Bodens, die ungesättigte Zone, enthält von Wasser und Luft erfüllte Hohl­räume. In den Hohlräumen der gesättigten Zone, die sich unterhalb der ungesät­tigten Zone anschließt, findet sich ausschließlich Wasser, genauer das Grundwasser (Heath, 1988, 13). Auf seinem Weg zur gesättigten Zone passiert das Wasser, nach­dem es infiltriert ist, die belebte Bo­denzone, die dem ungesättigten Bereich zuge­rechnet wird. Anschließend ge­langt das Was­ser in den Zwischenbereich (ungesättigte Zone), der auch Teile der Deck­schicht des Aus­gangsgesteins umfassen kann, welche sich unterhalb der untersten Boden­schicht anfügen. Schließlich gelangt das Wasser in den gesättigten Bereich mit der grund­wasserführenden Schicht (Beschreibung des Weges des Wassers nach: Matthess, 1973, 143).

Der Boden ist „...jener lockere, oberste Bereich der Erdkruste, der aus verwitter­tem Ge­stein, Wasser, Luft und organischen Bestandteilen gebildet wird“ (Microsoft, 2001, Bo­den 1). Sobald der Niederschlag den Boden erreicht und in diesen eindringt, un­terliegt er chemischen Veränderungen (Matthess, 1973, 143). Die che­mischen Umsetzun­gen können in dieser Arbeit aus Umfangsgründen nicht bespro­chen werden. Es sei auf das Werk ‚Die Beschaffenheit des Grundwas­sers’ von Georg Matthess (Matthess, 1973) verwie­sen. Die Bewegungen des Was­sers im Boden werden direkt und indirekt von der Korngrö­ßenver­teilung der Bodenpartikel und deren Packung im Verbund bestimmt. In Ab­hän­gigkeit von seiner Struktur speichert ein Boden viel Wasser oder ist durch­lässig gegen­über Fließvor­gängen (Dyck, Peschke, 21989, 243). Die anschlie­ßenden Beschrei­bungen der Bo­denarten (Benecke, 11990, 374-376) und des Bodengefüges (Benecke, 11990, 376/377) ori­en­tieren sich an den Ausführungen von Paul Bene> Das Bodengefüge meint die räumliche Ordnung der Bodenpartikel innerhalb des Bo­dens. In bindigen Böden (Ton, Bodenmischungen mit Ton) werden die ein­zelnen Par­tikel eng zusammengefügt, Bodenaggregate entstehen. Folglich sind die Porenräume ver­engt bis verschlossen, so dass sich der Wasserdurchfluss auf Risse und Spalten innerhalb der Ag­gregate konzentriert (Benecke, 11990, 374-377). Er­gänzt werden die Risse, Spalten der Aggregate durch Kanäle, die von Wurzeln und Tieren in den Boden ge­graben wurden (Dyck, Peschke, 21989, 246). Erst dieser Komplex aus Korngrö­ßenzu­sam­mensetzung und dem räumlichen Zusammen­hang der Körner innerhalb des Bodens bedingt die Was­serbe­wegungen im Bo­den und wirkt sich somit letztend­lich auf die Grundwasser­bil­dung aus (s. Kap. 1.3.7.1).

Das Wasser füllt zunächst die Bodenporen in der ungesättigten Zone.

Unter Wasser- oder Feuchtegehalt einer Bodenprobe verstehen wir die Wasser­menge, die ... in den Bodenporen gespeichert oder an den Oberflächen der festen Boden­substanz gebunden ist, soweit sie sich durch Trocknung bei 105°C entfernen läßt “ (Dyck, Peschke, 21989, 246).

Das Kristallwasser der Bodenpartikel ist dasjenige Wasser, welches bei der Trock­nung nicht entfernt werden kann. Es zählt nicht zum Bodenwasser (www.hydroskript.de, Hyd­rolo­gie/ Bodenwasser/ Einleitung). Bestimmte Mengen an Bodenwasser sind nicht beweg­lich in den Poren vorhanden, sondern an die Boden­teilchen gebunden (gebundenes Was­ser). Die Adhäsionskräfte (s. Kap. 1.1) er­möglichen diese Anlagerung an die festen Bo­denbestandteile. Reiner Keller geht davon aus, dass Wasser­dampf der Luft kondensiert und vom Boden resorbiert wird (hygroskopisches Wasser), (Keller, 1980, 41). Das hygroskopi­sche Wasser macht nur einen geringen Pro­zentsatz an Bodenwasser aus. In Tonböden kön­nen bis zu 18 Ge­wichtsprozente hygrosko­pisches Wasser gebunden werden, in Sandböden jedoch nur weni­ger als 5 Gewichts­prozent (Keller, 1961, 221). Die unter­schiedliche Fähig­keit zur Resorb­tion resul­tiert aus dem Oberflächenanteil bei verschiede­nen Korngrößen. Die innere Ober­fläche gestaltet sich umso größer, je geringer die Korn­größen sind (Dyck, Peschke, 21989, 247). Pflanzen können das hygroskopische Wasser nicht erschließen, weil die von ihnen aus­geübte Saugspannung zu gering ist (Keller, 1961, 221).

Das sog. Häut­chenwasser legt sich um die bereits von hygroskopischem Wasser um­schlossenen Bodenteilchen. Auf diese Weise bildet es eine Art Film, weshalb es oft die Bezeich­nung Filmwasser trägt (Keller, 1961, 221). Die Bodenpartikel sind „...mit einem Film aus Wassermo­lekülen, dessen Di­cke mit dem Wasserangebot steigt, dennoch aber nur maximal aus etwa 20 Molekülschichten be­steht“ (Dyck, Peschke, 21989, 247), überzogen. Reiner Keller erläutert den Ausgleich zwischen den Hydrathüllen von Bodenpartikeln: Treffen die Hydrathül­len zweier ­Partikel aufeinander, findet ein Wasserausgleich zwi­schen beiden statt. Von dem Bodenpartikel mit der dickeren Hülle ausgehend fließt Was­ser zur dünneren Hülle des an­deren Teilchens. Ab einer relativen Feuchte von 75% wird ver­mehrt der im Boden enthaltene Wasser­dampf kondensiert. „Das Filmwasser kriecht prak­tisch von Bodenpartikel zu Bodenpartikel...“ (Keller, 1980, 42/43). Mittels des Filmwas­sers kann viermal mehr Wasser als die Menge an hygroskopischem Wasser gebunden wer­den (Kel­ler, 1980, 41-43). Zudem ist es den Pflan­zen als „nutzbares os­motisches Wasser“ (Va­geler, zit. in: Keller, 1980, 43) zugänglich.

Der Haftwasserbe­reich umfasst diejenige Bodenschicht, in der sich Bodenteilchen mit Häut­chenwasser, Porenwinkelwasser und dem hängenden und aufsitzenden Haftwasser befin­den. Die aufgezählten Wasserarten werden unter dem Begriff ‚Haftwasser’ zusam­menge­fasst. Die Bodenschicht mit rein hygroskopischem Wasser befindet sich oberhalb des Haftwasserbereiches (Einteilung nach: Hendl, Marcinek, Jäger, 31988, 128). Die ge­nannten Was­ser­arten innerhalb des Bodens zählen allesamt zum gebundenen Wasser. Wenn der Haft­was­serbereich jedoch über­sättigt ist, fließt das überschüssige Wasser nach unten ab und wird dem­entsprechend zu ‚Gravitationswasser’ (Keller, 1961, 222).

In dem Bereich, in wel­chen das Gravitationswas­ser absinkt, wirken ent­gegengesetzte Kräfte, die Kapillar­kräfte (s. Kap. 1.1). Die kapillare Zone, oft auch als Kapillarsaum be­zeichnet, liegt zwischen dem Haftwasserbe­reich und der Grundwasseroberfläche (Keller, 1961, 222). Durch die engen Bodenporen, die als Kapillaren wirken, steigt das Grundwas­ser nach oben. An den Kontaktflächen zu den Bodenkörnern steigt das Wasser höher (Ad­häsion) als in der Mitte des ­Rau­mes zwischen den Körnern. Die Wassermoleküle im Zwi­schenraum, die keinen Kontakt zur Oberfläche der Bo­denpartikel haben, sind be­strebt, die Wasseroberfläche zu verkleinern (Kohäsion), (Beschreibung der Kapillarität nach: Slaby 1997, 128). Die gegenläufigen Kräfte bewir­ken die Ausbildung einer gekrümmten Was­ser­ober­fläche (Meniskus) zwischen den Bo­denteil­chen (Wilhelm, 31997, 80). Der Kapillar­saum kann zudem von dem Gravitations­wasser gespeist werden (Keller, 1961, 222). In den einzelnen Poren steigt das Wasser nicht gleich­mäßig an, sondern in Abhän­gigkeit vom Po­rendurchmesser. In engen Poren steht das Was­ser höher als in weiten. Deswegen ist der obere Bereich des Kapillarsaumes nicht durch­gängig feuchtegesät­tigt und wird im Gegen­satz zum ingesamt feuchtege­sättigten ‚ge­schlossenen Kapil­larsaum’ als ‚offener Kapillar­saum’ bezeichnet (Hendl, Marcinek, Jäger, 31988, 128/129). Folglich erreichen grobe Sandböden deut­lich geringere Steighöhen ka­pilla­ren Aufstiegs (12-15 cm) als z.B. Lehm­böden (225-250 cm), (Werte nach Bogomo­low, in: Keller, 1961, 225). Die Kräfte, welche an den Boden­teilchen wirksam sind, zeigen, „...daß das Bodenwasser über potentielle Energie verfügt ... Bezieht man den durch Ober­flächen- und Kapillarkräfte (Matrixkräfte) bedingten Anteil der potentiellen Energie auf eine Volumen- oder Masseneinheit des Bodenwassers, so erhält man sein Matrixpoten­tial ... das häufig auch als Saugspannung oder Tension bezeichnet wird“ (Benecke, 11990, 379).

Somit beschreibt die Saugspannung die Bindungsintensität eines Bodens für Wasser (Dyck, Peschke, 21989, 251). Die Feldkapazität hingegen betrifft diejenige Wasser­menge, die der Boden gerade eben noch gegen die Schwerkraft halten kann (Wil­helm, 31997, 83). Steht für Pflanzen kein Wasser zur Verfügung, da dieses zu fest an die Boden­partikel ge­bunden ist, so ist der sog. Welkepunkt erreicht (Pleiß, 11977, 130). Die Pflanzen gehen wegen Wassermangels ein. Das Wasser, welches den Pflanzen zugänglich ist, betrifft den Bereich zwi­schen Welkepunkt und Überschreiten der Feldkapa­zität, weil dann die Boden­poren dränen (Keller, 1961, 224). Für das Pflanzenwachstum güns­tige Bodenverhältnisse bieten schluffreiche Böden mit einem Tongehalt über 15%. Sie speichern viel Wasser, welches den Pflanzen aber zum größten Teil zugänglich ist (Benecke, 11990, 374).

Herrmann Pleiß beschreibt die Wasserbewegungen, welche durch die Saugspannung be­gründet sind: Das Wasser bewegt sich von den feuchten zu den trockenen Boden­zonen. Hierbei ist jede Bewegungsrichtung möglich. „Das Saugspannungsgefälle ist von geringen Wasserspannungen (feuchter Zustand) zu größeren (trockener Zustand) gerichtet und wird auch als Saugspannungsgradient bezeichnet...“ (Pleiß, 11977, 130). In den Trockenregio­nen der Erde ist die Bewegungsrichtung zur Erdoberfläche gerichtet, bedingt durch den kapillaren Aufstieg (Pleiß, 11977, 130). Die mitgeführ­ten Mineralsalze führen zu Boden­ver­krustungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Erscheinungsformen des unterirdischen Wassers

(Quelle: Marcinek, Rosenkranz, 11989, 230; nach Zunker)

Rückgreifend auf die Ausführungen zu den Bodenarten kann festgehalten werden, dass die Wasserbewegungen zudem von den Durchlässigkeitsverhältnissen der einzelnen Boden­schichten abhängen. Ralph C. Heath untersuchte diesen Faktor an zwei verschiede­nen Glaskugelmo­dellen: Das erste Modell sollte eine ungeschichtete Boden­be­din­gung si­mulie­ren, wozu gleich große Kugeln verwendet wurden. Das eingefüllte Wasser bewegte sich in die­sem Modell rein vertikal in die Tiefe. Das geschichtete Modell umfasste eine abwech­selnde Schichtung zweier Kugelsorten unterschiedli­cher Größe. Da die obere Front nur wenig durchlässig war und starke Kapillarkräfte wirksam wurden, breitete sich das Wasser in gleicher Geschwindigkeit sowohl verti­kal als auch horizontal aus. Im Ver­such erreichte das Wasser die darunter liegende durchlässige Schicht erst nach neun Stun­den. An dieser Stelle fand eine vertikale Tiefenverlage­rung des Wassers statt, welche sich auf schmale vertikale Strei­fen konzentrierte (Heath, 1988, 41). Die starke Beeinflussung der Wasser­bewegung, die unter­schiedlich durchlässige Bodenverhältnisse verursachen, wird durch den Versuch von Ralph C. Heath verdeutlicht. Unter natürlichen Bedingungen fin­den sich durch­weg geschichtete Bedingungen, so dass eine rein vertikal ausgerichtete Tie­fenverla­gerung des Niederschlagswassers nicht zu erwarten ist (s. auch: Zwischenab­fluss, Kap. 1.3.6).

[...]

Ende der Leseprobe aus 115 Seiten

Details

Titel
Der Wasserkreislauf und Möglichkeiten der Umsetzung dieses Themenfeldes im Sachunterricht der Primarstufe
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Geographie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
115
Katalognummer
V584061
ISBN (eBook)
9783346216755
ISBN (Buch)
9783346216762
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Physische Geographie, Didaktik Geographie, Modell Didaktik, Wasserkreislauf, Sachunterricht, Primarstufe
Arbeit zitieren
Meike Borggräfe (Autor:in), 2002, Der Wasserkreislauf und Möglichkeiten der Umsetzung dieses Themenfeldes im Sachunterricht der Primarstufe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/584061

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