Reduktion von Erbfehlern in der Schweinezucht. Erbfehlererfassung und -auswertung der Besamungsstation


Bachelorarbeit, 2018

48 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wirtschaftlich bedeutsame Erbfehler
2.1 Afterlosigkeit (Atresia ani)
2.2 Zwitter (Hermaphroditismus)
2.3 Brüche (Hernien)
2.4 Grätscher (kongenitale myofibrilläre Hypoplasie)
2.6 Binnenhodigkeit (Kryptorchismus)
2.7 Sonstige Missbildungen

3. Analysen zur Erbfehlererfassung
3.1 Phänotypische Selektion
3.2 Polygene Zuchtwertschätzung
3.2.1 Markerunterstützte Selektion (Marker Assisted Selection)
3.2.2 Genomische Selektion
3.3 Stand molekulargenetischer Untersuchungen

4. Erbfehlerermittlung der Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung eG
4.1 Erbfehlerzuchtwert

5. Erbfehlerermittlung anderer Zuchtunternehmen
5.1 Bundes Hybrid Zucht Programm
5.2 Pig Improvement Company Deutschland GmbH
5.3 DanAvl
5.4 Topigs-SNW GmbH
5.5 German Genetics

6. Diskussion
6.1 Bisherige Ansätze zur Erfassung und Auswertung von Erbfehlern
6.2 Neuere Ansätze zur Erfassung und Auswertung von Erbfehlern

7. Fazit

8. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Auftrittshäufigkeit verschiedener Anomalien nach Datensätzen (GFS)

Abbildung 2: German Genetic: Abschnitte aus dem Genom (Tholen)

Abbildung 3: Ablaufschema der genomischen Selektion in der Praxis (BENNEWITZ 2012)

Abbildung 4: Die durchschnittliche Fehlerrate beim Imputieren der Selektionskandidaten (BENNEWITZ, 2012)

Abbildung 5: Der - log(P-value) von SNPs auf Chromosom 6 und Cromosom 3 in Assoziationsanalysen zur Untersuchungen des Grätschersyndroms; Konformationen: front leg quality (FRONT), back quality (BACK), hind leg quality (HIND) and overall conformation trait (CONF)

Abbildung 6: Entwicklung der Anomalien in den Jahren 2003 bis 2016

Abbildung 7: Anteil der Anomalien in % im Zeitraum 2016-2017 (SCHRAUTH, 2017)

Abbildung 8: Verteilung der Anomalien je Genetik im Zeitraum 2016-2017 (SCHRAUTH, 2017)

Abbildung 9: Kreuzungsdaten und Genomische Selektion erhöhen die Genauigkeit der ZWS (LERRHOFF und BERGER, 2013)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beispiel der Daten im Sauenplaner (GERMAN GENETICS, 2017)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Das Hauptziel der ferkelerzeugenden Betriebe liegt in einer hohen Anzahl an abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr. Einfluss nimmt neben der Zahl an lebend geborenen Ferkeln die Höhe der Ferkelverluste. Diese sind abhängig von endogenen und exogenen Faktoren, die im Rahmen der Möglichkeiten begrenzt werden können. Ein Teil der Ferkelverluste sind auf genetisch bedingte Anomalien zurückzuführen.

Genetische Defekte, sogenannte kongenitale Anomalien entstehen durch Störungen in der Organogenese, durch Zerstörung oder Veränderung von Organen während der Fetalentwicklung und durch toxikologische oder mechanische Wirkungen. Kann der Zuchtwert des Defektes berechnet werden, wird von einem Erbfehler gesprochen (FRIEDRICHS, 2017). Unter Erbfehler wird dann die erblich bedingte Abweichung von der züchterischen Norm verstanden. Sie unterscheiden sich in ihren biochemischen Ursachen, in den unterschiedlichen Genwirkungen bzw. Genmutationen sowie in ihren Folgen. Wirken Sie letal zeigen sich drastische Erscheinungsbilder (SCHWARZENBACHER und DOLEZA, 2003).

Die weitaus meisten Erbfehler sind monofaktoriell und werden rezessiv vererbt. Während der Defekt in homozygot rezessiver Form (aa) direkt in Erscheinung tritt, bleiben heterozygote Anlageträger (Aa) häufig unerkannt. Heterozygote Trägertiere können sogleich phänotypisch gesund sein, als auch Träger eines Letalgens sein und die Mutation zur Hälfte an die Nachkommen weitergeben (WILLAM und SIMIANER, 2011). Polygene Erbkrankheiten entstehen nicht allein durch Veränderungen des Erbmaterials, sondern zusätzlich durch die Wirkung schädlicher Umwelteffekte. Das Ausmaß der Veränderung des Erbgutes ist abhängig von der Anzahl an Genen, die für die Ausprägung polygener Merkmale verantwortlich sind, wie auch von der Art des Umweltfaktors selbst (WIMMERS, 2007). Aufgrund von Zufallsereignissen ist die Identifikation und Korrektur von Erbfehlern erschwert. Durch Mutationen können immer wieder neue Defekte entstehen, die als solches meistens nicht erkannt werden. Das Krankheitsbild ist oft nicht eindeutig (SCHWARZENBACHER und DOLEZA, 2003). Eine effiziente konventionelle Selektion gegen Erbfehler wird durch komplexe Vererbungsgänge, unvollständige Penetranz und der Existenz von Phänokopien erschwert (WIMMERS, 2007; GLODEK, 1977). Die vollständige Eliminierung der Erbfehler wird aufgrund der genannten Punkte nicht möglich sein.

Nichts desto trotz bestehen Anstrengungen, Erbfehler beim Schwein auf ein Minimum zu reduzieren. Erbfehler haben negative Auswirkungen auf die Tiergesundheit und auf das Tierwohl. Aufgrund der zunehmenden Sensibilität der Verbraucher für Tierschutz ist der Tierzüchter gefordert, auf die Erwartungen und Wünsche der Konsumenten einzugehen. Jeder Tierzüchter hat die moralische Pflicht seine Tiere bestmöglich zu halten und vor Schmerzen, Schäden und Leiden zu schützen. In der Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) und in der Schweinehaltungshygieneverordnung (SchHaltHygV) ist festgehalten, welche Anforderungen beim Halten der Schweine von Zuchtbetrieben eingehalten werden müssen. Dies erhöht auch die Dringlichkeit eines konsequenten Erbfehlerprogramms (RIECK, 1971).

Zweiter Grund zur Reduktion der Erbfehler ist der wirtschaftliche Schaden, der durch erkrankte Tiere im Produktionszyklus entsteht. Dieser wird für die deutsche Schweineproduktion auf einen zwei- bis dreistelligen Millionenbeitrag geschätzt (FREITAG, 2003). Dabei wird zwischen den direkten und indirekten Kosten unterschieden. Direkte Kosten entstehen insbesondere für den Ferkelerzeuger und den Mäster. Mit steigender Zahl an erbfehlerbetroffener Tiere steigt auch die Zahl der Tierverluste. Tierbehandlungen und tierärztliche Operationen müssen häufiger ausgeführt werden, wodurch neben den Tierarztkosten auch der Arbeits- und Zeitaufwand steigt (BORCHERS und VON BURGSDORFF, 2008).

Indirekte Kosten entstehen durch die Verminderung des Zuchtfortschrittes, durch die züchterische Entwertung der Trägertiere, durch Bekämpfungskosten im Zuchtprogramm sowie durch einen Imageschaden der Rasse. Die Künstliche Besamung (KB) wird zu 90 % auf ferkelerzeugenden Betrieben in Deutschland praktiziert. 8.000-10.000 Mastferkeln können von einem KB-Eber erzeugt werden. Durch den Einsatz unerkannter Anlageträger kann die Frequenz einzelner rezessiver Allele schnell erhöht werden (SCHNAIDT, 2017). Tritt ein Erbfehler auf, muss durch züchterische Hygienemaßnahmen eine Sanierung der Population vorgenommen werden, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Auf Basis der Ergebnisse von Gentests verschiedener Schweinezuchtorganisationen sollen betroffene Tiere identifiziert werden, bevor Symptome auftreten oder die Anlage an ihre Nachkommen weitergeben wird. Unter Berücksichtigung von sogenannter Genmarker auf DNA-Ebene soll die genomische Selektion (GS) neben der phänotypischen Selektion Einsatz in der züchterischen Praxis finden. Dazu müssen fehlende Kandidatengene, die die möglichen Assoziationen mit dem Defekt aufweisen, ermittelt werden.

Ziel dieser Arbeit ist es züchterische Möglichkeiten zur Reduktion von Erbfehlern in der Schweinezucht aufzuzeigen. In Kooperation mit der Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung e.G. (GFS) soll auf das Erbfehlermonitoring verschiedener Schweinezuchtorganisationen eingegangen werden. Dabei soll die genomische Selektion als möglicher Einsatz in Zuchtprogrammen bewertet werden. In Anlehnung an eine Masterarbeit wird in einer kurzen Charakterisierung auf die wirtschaftlich bedeutendsten Erbfehler beim Schwein eingegangen, um im Literaturteil das Erbfehlermonitoring der verschiedenen Schweinezuchtorganisationen charakterisieren zu können. Im Anschluss an die Diskussion soll auf die Verantwortung von Züchter, Landwirt und Verband hingewiesen werden.

2. Wirtschaftlich bedeutsame Erbfehler

Im Katalog „Online Mendelian inheritance in animals (OMIA)“ werden für das Schwein 248 Erbdefekte aufgeführt. Angesichts der wirtschaftlichen Notwendigkeit, Ferkelverluste zu minimieren, stellen Schweinezuchtorganisationen verschiedene Erbfehlerprogramme vor (BORCHERS und VON BURGSDORFF, 2008). Dazu werten Besamungsstationen regelmäßig Wurfdaten aus Anomalienprüfungen aus, um so die Zahl der Negativvererber zu reduzieren. Die GFS hat im Jahr 2016 Datensätze von 24.744 Würfen in 174 Betrieben für die Zuchtwertschätzung (ZWS) genutzt. Den größten Anteil an erbfehlererkrankter Ferkel machen Grätscherferkel aus, gefolgt von Ferkeln mit Hoden- und Leistenbrüchen sowie Binnenebern. Niedrigere Frequenzen sind bei Afterlosigkeit, Kryptorchismus, Nabelbruch, Zwitter und sonstigen Missbildungen zu verzeichnen (s. Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Auftrittshäufigkeit verschiedener Anomalien nach Datensätzen (GFS)

Hinsichtlich des Tierschutzes, der wirtschaftlichen Bedeutung und der Prävalenzen in den aktuellen Zuchtpopulationen werden in dieser Arbeit die Anomalien Afterlosigkeit, Zwitter, Hernien, Grätscher, Zitterer, Binnenhodigkeit und sonstige Missbildungen charakterisiert. Neben der physiologischen Ursache und der phänotypischen Ausprägung wird auf den Vererbungsmodus und auf die Frequenzen der einzelnen Erbfehler eingegangen. Der Vererbungsmodus ist allerdings nicht bei jeder Anomalie eindeutig geklärt. Bei einigen steigert der Grad der Empfindlichkeit gegen Umwelteinflüsse die Auftrittshäufigkeit der Erbfehler.

2.1 Afterlosigkeit (Atresia ani)

Afterlosigkeit (Atresia ani) bei Ferkeln ist die Folge einer Hemmungsmissbildung, die mit einer gestörten Differenzierung der Kloake in Rektum und Sinus urogenitalis einhergeht und eine Fehlmündung des Anus in den Urogenitaltrakt zur Folge hat (WIMMERS, 2007). Phänotypisch wird Afterlosigkeit durch das Fehlen der Afteröffnung, einer verschlossenen Hautmembran sowie durch einen nicht ausgebildeten Mastdarm charakterisiert (PFEIFFER, 2006).

STIGLER et al. (1991) bestimmen für das Merkmal Afterlosigkeit einen rezessiven wie auch einen dominanten Genort, weswegen auf einem polygenen Erbgang mit Schwellenwertcharakter geschlossen wird. Der Schwellenwert gibt an, ab welcher Anzahl von Genen und Umweltfaktoren eine Erkrankung in Erscheinung tritt. Ein monogener Erbgang wird in aktuelleren Studien ausgeschlossen (WIEDEMANN et al., 2005). Die Frequenzen für das Auftreten der Afterlosigkeit variieren nach Rasse zwischen 0,04 % und 0,45 % (BEIßNER, 2003; BORCHERS und VON BURGSDORFF, 2008).

Bei männlichen Tieren führt Afterlosigkeit wenige Tage nach der Geburt zum Tode, während sich bei weiblichen Tieren eine fistelartige Verbindung zwischen Mastdarm und Scheide bildet, sodass der Kotabsatz und damit das Überleben ermöglicht wird (WIESNER und WILLER, 1974). Das Auftreten von Afterlosigkeit verursacht besonders große wirtschaftliche Verluste, da die Anomalie nur mit großem Aufwand operativ beseitigt werden kann und andernfalls die betroffenen Tiere sofort verenden (AVERDUNK et al., 1979).

2.2 Zwitter (Hermaphroditismus)

Zwitter ist das Vorkommen von Organen beider Geschlechter in einem unterschiedlichen Ausbildungsgrad. Der Defekt kommt durch eine gestörte Geschlechtsentwicklung zu Stande und kann in folgende drei Typen unterteilt werden: Pseudohermaphroditismus masculinus (Karyotyp XY), Pseudohermaphroditismus femininus (Karyotyp XX, männliche Merkmale), Hermaphroditismus verus (Karyotyp XX/XY, Hoden, phänotypisch weibliche Merkmale). Die Mehrheit der betroffenen Tiere hat einen 38 XX-Karyotyp ohne Y-Chromosomsequenzen (PAILHOUX et al., 1997; BEIßNER, 2003). Einige Tiere leiden unter verengten oder verlegten Harnröhren. Diese neigen zum Kümmern, wahrscheinlich infolge einer Vergiftung.

Bei nicht kastrierten Tieren kann es am Schlachthof zu Geruchsabweichungen kommen. Positive Korrelationen zwischen dem Erbfehler Zwitter und der Wurfgröße werden von BEIßNER (2003) dargestellt. Allerdings werden weitere Untersuchungen benötigt, um die Annahme bestätigen zu können.

Der Erbgang für das Merkmal Zwitter ist nicht zweifelsfrei geklärt. Von einer polygenen Vererbung kann aufgrund von verstärkten Genotyp-Umwelt-Wirkungen und Gen-Gen-Wirkungen ausgegangen werden (SCHWERIN et al., 2006; BRANDSCH, 1964). Die Frequenzen liegen nach aktuellen Studien zwischen 0,03 % und 1,44 % (BORCHERS und VON BURGSDORFF, 2008).

2.3 Brüche (Hernien)

Hernien entstehen, ähnlich der Afterlosigkeit, infolge einer Hemmungsmissbildung und zeichnen sich durch einen fehlenden Verschluss der Leibeshöhle während der Embryogenese aus (BEIßNER, 2003). Organteile werden aus einer natürlich ausgebildeten Körperhöhle durch eine angeborene oder traumatisch erworbene Bruchpforte der Körperhöhlenwand nach außen verlagert. Beim Schwein sind Leistenbrüche (Hernia inguinalis), Hodensackbrüche (Hernia scrotalis) und Nabelbrüche (Hernia umbilicalis) von Bedeutung (BEIßNER, 2003; WALDMANN, 2004).

STIGLER et al. (1992) beschreiben einen polygenen Erbgang mit Schwellencharakter für die Merkmale Leisten- und Hodenbrüche. PFEIFFER (2006) geht von einem rezessiv mit unvollständiger Penetranz beschriebenen Erbgang aus. DU et al. (2009) beobachten, dass sich die verschiedenen Frequenzen in den Ausgangspopulationen aufaddieren. BORNEMANN-KOLATZKI (2004) ergänzt, dass für das Auftreten von Leisten- und Hodenbrüchen mehrere Mutationen verschiedener Gene und nicht ein einzelner Defekt in einem Gen verantwortlich sind. Neben genetisch bedingten Prädispositionen wirken Umwelteffekte auf die oligofaktorielle Anomalie.

[...]

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Details

Titel
Reduktion von Erbfehlern in der Schweinezucht. Erbfehlererfassung und -auswertung der Besamungsstation
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Note
2,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
48
Katalognummer
V583975
ISBN (eBook)
9783346167958
ISBN (Buch)
9783346167965
Sprache
Deutsch
Schlagworte
besamungsstation, erbfehlererfassung, erbfehlern, reduktion, schweinezucht
Arbeit zitieren
Henrike Meyer (Autor:in), 2018, Reduktion von Erbfehlern in der Schweinezucht. Erbfehlererfassung und -auswertung der Besamungsstation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/583975

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