Wissensrepräsentationen unter Einbeziehung damit zu erklärender Gedächtniseffekte


Hausarbeit, 2003

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 HINFÜHRUNG ZUR THEMATIK

2 WAHRNEHMUNGSBASIERTE WISSENSREPRÄSENTATION
2.1 Visuelle Räumliche Vorstellung
2.2 Repräsentation verbaler Information

3 BEDEUTUNGSBEZOGENE WISSENREPRÄSENTATION
3.1 Die Bedeutung von Bedeutungen in Bezug auf Gedächtnisleistungen
3.2 Bedeutungsbezogene Wissensrepräsentationen
3.2.1 Konzeptuelles Wissen als Grundlage bedeutungsbezogener
Wissensrepräsentationen
3.2.2 Propositionale Wissensrepräsentationen
3.2.3 Schemata und Scripts

4 SCHLUSSWORT

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG (Abbildungen)

1. HINFÜHRUNG ZUR THEMATIK

Im alltäglichen Leben sind wir ununterbrochen damit konfrontiert Wissen zu erwerben bzw. anzuwenden. Diese vorhandenen Kenntnisse sind im Langzeitgedächtnis (LZG) organisiert, welches das gesamte Wissen einer Person über sich selbst und über die Welt zusammenfasst. Diesbezüglich sind verschiedene Strukturen, die für die Speicherung zuständig sind, zu nennen. Es gibt zum einen das deklarative Gedächtnis. Es ist unterteilt in das semantische Gedächtnis, das die grundlegende Bedeutung von Wörtern und Begriffen (Fakten) erfasst, und das episodische Gedächtnis, das sich mit den Erinnerungen an Ereignisse, die auf persönlichen Erfahrungen beruhen, befasst (autobiographische Informationen) (Zimbardo und Gerrig, 1999). Dazu ist zu sagen, dass das semantische Wissen in Form von Regeln, Tatbeständen und Bedeutungen nicht an einen spezifischen Kontext gebunden ist, während das episodische Wissen einen direkten Bezug zu einem jeweiligen Kontext hat. Man kann dies sehr einfach deutlich machen: Nehmen wir als Beispiel für semantische Kenntnisse eine Rechenaufgabe (z.B. 1+1=2). Es ist völlig unnötig zum Abrufen des Ergebnisses die aktuelle Situation, in der man sich befindet, mit einzubeziehen. Das gleiche gilt für das Reproduzieren von Wortbedeutungen, wie „Ente“, „Schrank“, „Tasse“ u.s.w., wobei man sich auch nicht auf den Kontext beziehen muss, in dem man einmal die Wörter gelernt hat. Als Beispiel für episodisches Wissen soll uns die Erinnerung an eine Unternehmung, die man letzten Montag gemacht hat, dienen. Es ist klar, dass es sich bei dieser Unternehmung um ein Ereignis handelt, das zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem bestimmten Ort, in einem bestimmten Umfeld stattgefunden hat. Somit wird verständlich das jedes Ereignis in einen kontextuellen Rahmen eingebettet ist, der beim Abruf der Information mit einbezogen werden muss (Wessells, 1994). Es muss jedoch erwähnt werden, dass es keine exakte Grenze zwischen semantischen und episodischen Wissen gibt, so dass durchaus ein breiter Übergang zwischen beiden Strukturen anzunehmen ist. Beim Wissenserwerb wird dies besonders deutlich: Das Erinnern an eine bestimmte Mahlzeit am letzten Mittwoch zählt, relativ deutlich erkennbar, zum episodischen Wissen. Ist es jedoch so, dass es jeden Mittwoch die gleiche Speise gibt, stellt dies auch eine Form vom semantischen Wissen dar. Es ist sozusagen das Resultat vieler Episoden (Wessells, 1994). Auf eine ähnliche Weise entsteht konzeptuelles Wissen, auf das ich später in einem gesonderten Kapitel genauer zu sprechen kommen möchte. Zum anderen gibt es, auf der gleichen Stufe, wie das deklarative, das prozedurale Gedächtnis, das Ge- dächtnis für Fertigkeiten, in dem die Art und Weise, wie Dinge getan werden, gespeichert werden (Zimbardo und Gerrig, 1999). Dazu ist wichtig zu sagen, dass es sich bei diesen Strukturen nicht um eine räumliche Anordnung des Gedächtnisses im Gehirn handelt. Sie ergeben zusammengenommen ein Modell, das auf die Beobachtung von Gedächtnisleistungen zurückzuführen ist.

In dieser Arbeit soll die Form, in der das Wissen in diesen Strukturen repräsentiert ist, dargestellt werden. Repräsentation in diesem Sinn meint eine Abbildung bzw. ein „Stehen für“ eine Sache, einen Zustand, ein Ereignis (vgl. Thema 9, Folie 4 der Vorlesung Allge- meine Psychologie bei Prof. Dr. D. Wentura, SS 2002). Eine Hauptursache für das Interesse der Psychologen an der Thematik der Wissensrepräsentation liegt darin, dass die Art und Weise, wie das Wissen repräsentiert ist, möglicher Weise auch die Art der Wissensver- arbeitung beeinflusst. Dazu soll ein kurzer Blick auf eine Annahme bezüglich der Verar- beitung von Informationen gerichtet werden. Die Theorie der dualen Kodierung hat in diesem Zusammenhang einen besonders nennenswerten Status, was die Verarbeitung der verbalen und visuellen Informationen angeht. In dieser Theorie wird zwischen einem non-verbalen (bildlichen) und einem verbalen System der Kodierung unterschieden, wobei ersteres auf die Verarbeitung non-verbaler Objekte und Ereignisse (z.B. Erzeugen von Vorstellungen) spezialisiert ist, und folglich das verbale System auf die Verarbeitung lingu- istischer Informationen (Sprache). Allan Paivio (1986; vgl. Zimbardo und Gerrig, 1999) ver- trat durch diese Theorie u.a. die Annahme, dass eine Kombination beider Systeme förderlich für Gedächtnisleistung ist. Das heißt, dass man verbales Material, insbesondere konkrete Wörter (Bezeichnungen für konkrete Dinge, wie z.B. Gegenstände), besser behalten kann, wenn man bildliche Vorstellungen dazu entwickelt. Weiterhin stellte er fest, dass Wörter für abstrakte Inhalte (z.B. Gerechtigkeit) ausschließlich sprachlich kodiert werden, was eine schlechtere Behaltenswahrscheinlichkeit mit sich bringt. Zur Darstellung der Unterschei- dung zwischen verbalen und visuellen Repräsentationen eignet sich ein Experiment von Santa (1977, vgl. Anderson, 2001). Es gab, wie in der Abbildung 1 zusehen ist, zwei Versuchsbe- dingungen: a) die geometrische Bedingung (visuell) und b) die verbale Bedingung. Der Vorga-

bereiz der Bedingung a bestand aus drei geometrischen Objekten, die in ihrer Anordnung einem Gesicht glichen. Die Aufgabe der Probanden war es, nachdem der Vorgabereiz entfernt worden war, aus den nachfolgenden Prüfreizen diejenigen Varianten auszuwählen, die unab- hängig von der räumlichen Anordnung, die gleichen Objekte enthielt wie der Vorgabereiz. In der Abbildung 1a sind die unterschiedlichen Varianten (in Objekten und Konfiguration) der Prüfreize zu erkennen. Das Ergebnis des Experimentes unter dieser Bedingung zeigte, dass die Konfiguration der Elemente einen entscheidenden Einfluss auf die Schnelligkeit der Verifikation hatte. Das heißt, die Probanden konnten schneller verifizieren, wenn sich die Objekte in der gleichen Konfiguration wie der Vorgabereiz befanden. Zu begründen ist dies mit der Annahme, dass das visuelle Gedächtnis die räumlichen Informationen des Vorgabereizes Auf- recht erhalten hat. In der Abbildung 1b sieht man, dass die räumliche Konfiguration, sowohl für den Vorgabereiz, als auch für die Prüfreize beibehalten wurde, wobei es sich jetzt jedoch nicht mehr um geometrische Objekte handelt, sondern um Wörter. Es wird deutlich, dass hier keinerlei bildhafte Eigenschaften enthalten sind, wie z.B. das Gesicht aus der a-Bedingung. Im Ergebnis wurden Santas Vermutungen bestätigt, dass die Probanden unter der verbalen Bedingung wie beim normalen Lesen (also: Leserichtung von links nach recht bzw. von oben nach unten) vorgehen würden. Das heißt: Die Kodierung der Wörter aus dem Vorgabereiz würde linear erfolgen, da sie ein Wort nach dem anderen lesen und speichern. Das hatte zur Folge, dass die lineare Konfiguration der Prüfreize schneller verifiziert werden konnte als die Konfiguration des Vorgabereizes. Ersichtlich sind die Ergebnisse beider Bedingungen in Abbildung 2, in der die Wechselseitigkeit der visuellen und verbalen Verarbeitung bildlich besonders deutlich wird. Zusammenfassend lässt sich aus diesem Experiment erschließen, dass visuelle Informationen vornehmlich in ihrer räumlichen Anordnung (während verbale Informationen eher als lineare Anordnung) gespeichert werden. Das für die Verarbeitung verbaler und räumlicher Informationen auch entsprechend unterschiedliche Regionen des Cortex zuständig sind, bestätigten Roland und Friberg (1985, vgl. Anderson, 2001) in einem Experiment, in dem die verbale Bedingung das Aufsagen eines Merkverses war und die räumliche Bedingung die Vorstellung des Weges durch die Nachbarschaft bis zum eigenen Haus der Probanden. Im genaueren soll auf dieses Experiment nicht eingegangen werden.

Die Gliederung des Repräsentationsbegriffes erfolgt in dieser Arbeit orientierend an den Vorgaben von Anderson (2001), da mir eine derartige Unterteilung am übersichtlichsten und einleuchtendsten erscheint.

2. WAHRNEHMUNGSBEZOGENE WISSENSREPRÄSENTATION

Wahrnehmungsbezogene Repräsentationen erhalten ihre Bezeichnung aus der Feststellung, dass diese Arten der Wissensrepräsentation viel von der Struktur der ursprünglichen Wahrnehmungserfahrung beibehalten. Dabei handelt es sich um interne Informationen (verbal und visuell), die ohne extern wahrgenommenen Stimulus repräsentiert und verarbeitet werden. Man bezeichnet diese Verarbeitung interner Informationen als mentale Vorstel- lungen. Dabei ist anzumerken, dass diese Vorstellungen, nicht, wie oft angenommen, nur vi- sueller, sondern auch taktiler und auditiver Art sein können. Nach Kosslyn (1995, vgl. Anderson, 2001) haben diese mentalen Vorstellungen eine vorbereitende Funktion, um ex-terne Stimuli zu verarbeiten und, um in der Welt zu handeln.

2.1 Visuelle und räumliche Vorstellungen

Im Hinblick auf dieses Kapitel soll zunächst etwas genauer dargestellt werden, dass räumliche Repräsentationen nicht an die visuelle Modalität gebunden sind (Sie können durchaus auch über taktile und akustische Informationen aufgebaut werden). Das heißt, dass räumliche Repräsentationen u.a. durch einige visuelle Informationen aufgebaut werden können, wobei sich andere Aspekte visueller Erfahrungen (z.B. Farbe) deutlich von räumlichen Informa- tionen unterscheiden. Dem kann man entnehmen, dass anschauliche Vorstellungen sowohl räumliche als auch visuelle Komponenten enthalten. Diese Annahme, der Existenz zweier Arten der anschaulichen Vorstellung, wurde durch Experimente von Farah, Hammond, Levine und Calvanio (1988; Anderson, 2001) belegt. Sie gaben an, dass bei der Ausführung von Vorstellungsaufgaben ohne externe Reize die gleichen Gehirnregionen aktiviert werden wie beim Erkennen von visuellen Objekten und Mustern (Temporallappenbereich) bzw. der visuellen oder taktilen Lokalisierung von Objekten (Parietallappenbereich). Die Experimente wurden mit Probanden durchgeführt, die eine bilaterale Schädigung der Temporalregion auf- wiesen, wobei sich folglich herausstellte, dass diese Probleme mit Vorstellungsaufgaben hat- ten, die den Zugriff auf visuelle Details erforderten.

Es ist anzunehmen, dass jeder Mensch schon einmal ein Bild „in seinem Kopf“ hatte, welches er sich vor seinem „geistigen Auge“ betrachtete. Derartige Repräsentationen werden als men- tale Bilder bezeichnet, die sich meist auf Objekte beziehen, die man irgendwann schon einmal gesehen hat (Anderson, 2001). In diesem Fall ist es so, dass diese Vorstellungen den ur- sprünglichen Objekten sehr stark ähnlich bzw. spiegelbildlich sind. Diese Tatsache kann man sehr schnell im Selbstversuch feststellen, indem man ein Objekt aus seinem Gedächtnis abruft (dazu müsste man sich am besten an einem gewohnten Ort befinden) und es dann zur Kon- trolle mit dem Original „vergleicht“. Zwar können durchaus Verzerrungen vorhanden sein, die jedoch keine entscheidend verändernden Differenzen aufweisen (- mir ist wohl bekannt, dass Introspektionen nicht sehr zuverlässig sind, es soll lediglich zum besseren Verständnis dienen). Aufgrund dieser Ähnlichkeit der Vorstellungen zu den Objekten (nahezu eine Ana- logie) wird sehr oft von analogen Repräsentationen gesprochen (Wessells, 1994). Dies- bezüglich stellt sich die Frage, ob man Vorstellungen, aufgrund ihrer Analogie zu den Objek- ten auch in einer ähnlichen Weise handhaben kann. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die mentale Rotation zusprechen kommen. Externe Objekte kann man ohne weiteres in einer ruhigen und gleichmäßigen Weise kreisförmig so bewegen, dass keine Sprünge zu erkennen sind (vorzustellen wie die Bewegung des Sekundenzeigers einer Uhr). Um eine mögliche Übertragung dieser Fähigkeit auf mentale Vorstellungen zu untersuchen, machen Shepard und Metzler (1971; vgl. Anderson, 2001) folgendes Experiment. Den Probanden wurden Paare zweidimensionaler Bilder von dreidimensionalen Objekten gezeigt (siehe Abbildung 3). Die Aufgabe der Probanden bestand darin, zu überprüfen, ob es sich bei den jeweiligen Paaren, unter Berücksichtigung einer Veränderung der räumlichen Ausrichtung, um ein und dieselbe Figur handelte. Betrachtet man Abbildung 3a und 3b unter dieser Anweisung, kann man, wie es auch die Probanden dieses Experimentes getan haben, feststellen, dass die Objekte identisch sind (nicht ihre Ausrichtung!). Sie erklärten nach der Untersuchung das Herausfinden der identischen Objektpaare dadurch bewerkstelligt zu haben, dass sie eines der Objekte so lange in ihrer Vorstellung drehten, bis es sich mit dem anderen Objekt deckte. Bei nicht identischen Objekten kam es folglich nicht zu einer solchen Deckung (vgl. Anderson, 2001). Dieses Prinzip konnte anhand der Reaktionszeit bestätigt werden, da die Verifikation um so länger brauchte, je länger das Objekt gedreht werden musste, um zu einer Deckung zu gelangen (proportionale Zunahme der benötigten Zeit mit der Zunahme des Rotationswinkels). Im gleichen Versuch stellte sich heraus, dass die mentale Rotation dreidimensionaler Objekte nicht mehr Zeit beanspruchte, als die zweidimensionaler Objekte. Dies lässt die Schlussfol- gerung zu, dass unter beiden Bedingungen in einem dreidimensionalen Raum operiert wurde. Dabei sollte klar sein, dass nicht wirklich Objekte im Kopf rotiert werden. Wie genau dieser Vorgang aussieht, ist noch unbekannt – jedenfalls nicht derartig (Anderson, 2001). Zur Zweckmäßigkeit dieser Operation ist folgendes zu sagen: Wie Deutsch, Bourbon, Papanicolaou und Eisenberg (1988; Anderson, 2001) herausfanden, sind bei mentalen Rotationen, die mit dem Planen und Ausführen von Bewegungen verbunden waren, Aktivitäten des Frontal- und Parietallappens nachweisbar. Kosslyn (1995; Anderson, 2001) geht davon aus, dass mentale Rotationen normalerweise zur Vorbereitung motorischer Aktionen vorgenommen werden, die damit zu tun haben ein Objekt aus einer ungewohnten Position in eine gewohnte bzw. brauchbare Position zu bewegen (z.B. einen auf dem Tisch liegenden Löffel bereits mental in die Position bringen, dass man ihn in den Mund schieben kann), um diesen Vorgang dann real zu verwirklichen. Während dieses Vorgangs werden nach Kosslyn auch die Zwischenstufen, die beispielsweise der Arm beim Löffel- greifen durchläuft, mental vorbereitet (im Durchlaufen), die mit der Wunschposition enden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Wissensrepräsentationen unter Einbeziehung damit zu erklärender Gedächtniseffekte
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Allgemeine Psycholgie)
Veranstaltung
Psychologie NF
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V58390
ISBN (eBook)
9783638525992
ISBN (Buch)
9783656772248
Dateigröße
557 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wissensrepräsentationen, Einbeziehung, Gedächtniseffekte, Psychologie
Arbeit zitieren
Astrid Schäfer (Autor:in), 2003, Wissensrepräsentationen unter Einbeziehung damit zu erklärender Gedächtniseffekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58390

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