Werkimmanente, formalistische Methoden


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Theorie und Kritik der werkimmanenten Methode

II. Eigene Stellungnahme

III. Interpretation von Kafkas „Gibs auf“

IV. Schlußbetrachtung

Literaturverzeichnis

I. Theorie und Kritik der werkimmanenten Methode:

Die „werkimmanente Methode“ dient der Interpretation dichterischer Texte. Sie wird auch als „formalistische“ Methode bezeichnet, da der Text ausschließlich als ein „Produkt künstlerischer Konstruktion“[1] aufgefaßt wir dessen Bauform und Strukturen aufgedeckt werden sollen: Bei einem dichterischen Werk wird nur nach dem „Was“ und dem “Wie“ gefragt, „indem man sich auf die in ihm greifbaren Phänomene konzentriert, d.h. man orientiert sich ausschließlich am Ergebnisobjekt selbst und fragt weder, unter welchen Bedingungen es entstand, noch, an wen es sich richtet, noch, wie weit es einer literarischen Tradition folgt usw. .“[2] Der Begriffsteil immanent zeigt an, daß die Analyse innerhalb des Werkes bleibt. Mit dieser Methode soll erreicht werden, daß nur das „Werkimmanente“ erfaßt wird. „Außerhalb des Werkes liegende Feststellungsakte“[3] dürfen dabei nicht als eine Urteilsbasis dienen. Die Analyse soll sich nur auf die textliche Realität beziehen. Jegliche außerliterarische Faktoren sind außer Acht zu lassen, und die Analyse muß frei von jedem Vorurteil sein. Daraus folgt zwingend, daß gesellschaftliche, ideologische oder historische Einflüsse bei der Interpretation nicht berücksichtigt werden. Auch die Biographie des Autors hat keinen Einfluß auf diese Interpretationsmethode: „Auf keinen Fall lasse sich ein Gedicht aus biographischen Daten erklären.“[4] Diese Methode ist demgemäß als Analyse nur solcher Phänomene anzusehen, die sich in dem entsprechenden Text selbst finden. „Die Interpretation will das Werk als Ganzheit fassen, keine Seite von ihm übergehen und dabei tunlichst das Subjektive vermeiden.“[5] Formelemente müssen erkannt werden, um sie in ihrem Zusammenhang und ihrer Wirksamkeit zu begreifen: „Doch eben dies, was uns der unmittelbare Eindruck aufschließt, ist der Gegenstand literarischer Forschung: das wir begreifen, was uns ergreift, (...).“6 Es muß darauf geachtet werden, daß nicht der Inhalt des Werkes noch einmal wiederholt wird (Inhaltsnacherzählung). Auch soll nicht der Gemütszustand des Betrachters beim Lesen des Werkes beschrieben, „sondern Sachliches im Werk“7 aufzeigt werden. einleiten

Die Verschiedenartigkeit der Werke bezüglich Form, Stil, Inhalt, etc. macht Unterschiede im Aufbau ihrer jeweiligen Interpretation erforderlich. Es ist z.B. möglich, das Werk k von „oben nach unten“ zu interpretieren, d.h. es Zeile für Zeile und Strophe für Strophe zu analysieren. Der Gesamteindruck ergibt sich bei dieser Vorgehensweise am Ende. Andererseits ist es möglich, sich als erstes einen Gesamteindruck zu verschaffen ,und dann einzelne interpretatorische Schritte wie z.B. die Analyse von Klang oder Inhalt einzuleiten. Die werkimmanente Methode entwickelte sich in verschiedenen Ländern innerhalb unterschiedlicher Zeiträume. Schon 1915 wurden werkimmanente Methoden in Rußland angewandt und verbreiteten sich nach und nach in anderen Ländern. Namen wie Boris Eichbaum, Emil Staiger und Wolfgang Kayser zählen zu den führenden Vertretern dieses Interpretationsprinzips.

In den USA richtete sich der „New Criticism“ der 30er und 40er Jahren vor allem auf „den zeitlosen Kunstcharakter von Dichtung“8. Hiermit löste er eine Literaturanalyse ab, die in Folge der Wirtschaftsdepression sehr sozialkritisch war. Die geschichtliche Entwicklung der Literaturwissenschaft in Deutschland wurde in starkem Ausmaß von der Phase des Faschismus in den Jahren 1933-1945 geprägt. Die Germanistik hatte sich in die Naziideologie verstrickt, und so mußte nach Ende des zweiten Weltkrieges nach einem ganz neuen Anfang gesucht werden.

In diesem Zusammenhang entwickelte sich die werkimmanente Interpretation in Deutschland zunächst zur herrschenden Interpretationsrichtung. Kritiker sind allerdings der Meinung, daß die Literaturwissenschaftler auf diesem Wege eine Flucht vor der Verantwortung, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, vorgenommen hätten. Dadurch, daß bei der formalistischen Methode sämtlicher Einfluß von Außen, wie z.B. Politik und Geschichte außer Acht gelassen wurde, entzogen sich die Formalisten jeglicher Schuld. „Mit der werkimmanenten Methoden meinte man allen weiteren Nachfragen enthoben zu sein.“9

Unter dem Druck fortwährender Kritik und angesichts einer tiefgehenden Krise der Germanistik Ende der sechziger Jahre als Folge der vorgenannten Tatsachen, trat die Literatursoziologie sehr stark in den Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses. „Auch moderne methodische Ansätze... lösen sich von der Vorstellung, ein Text schwebe isoliert in einem Zeit enthobenen Raum. Die neue Formel lautet: Wer sagt wann was zu wem wie mit welcher Wirkung?“10. Es wurde eine klare neue Meinung verfolgt, nämlich die, daß jegliche Texte durch Funktionalität, Geschichte, Politik, Gesellschaft und Biographie des Autors beeinflußt sind und deshalb auch diese Aspekte bei der Interpretation eines Werkes eine Rolle spielen müssen.

II. Eigene Stellungnahme:

Die kritische Auseinandersetzung mit den Prinzipien der werkimmanenten, formalistischen Methode veranlassen mich persönlich zu der Schlußfolgerung, dieses Vorgehen für die Interpretation dichterischer Werke nicht wählen zu wollen. Zur Begründung lassen sich eine Reihe von Aspekten anführen. Ich bin der Überzeugung, daß der Dichter beim Schaffen eines Werkes den unterschiedlichsten Einflüssen unterliegt welche Form und Inhalt des Produktes seines dichterischen Schaffens häufig stark mit beeinflussen. In Kunst und Literatur sind häufig Kreativität und Sensibilität als ausgeprägte Persönlichkeitselemente bei dem Schaffenden eng vereint. Daraus folgt, daß psychische, emotionale Einflußfaktoren, wie z.B. Freude oder Trauer sehr stark die Gestaltung eines Gedichtes beeinflussen. Analog werden emotionale Faktoren auch bei der Interpretation nicht außer Acht gelassen.

[...]


[1] J.-W. Goette: Methoden der Literaturanalyse im 20. Jahrhundert. Ein Arbeitsbuch. Für die Grundschule zusammengestellt. Frankfurt/M.: Diesterweg 1973, S. 72-95

[2] J. Vogt: Aspekte erzählender Prosa. 7., neubearbeitete und erweiterte Aufl. Opladen: Westdeutscher Verlag 190 (= WV Studium, Bd. 145)

[3] J.-W. Goette: Methoden der Literaturanalyse...

[4] E. Staiger: Die Kunst der Interpretation. Studien zur deutschen Literaturgeschichte. Zürich: Atlantis 1961

[5] V. Zmegac: Methoden der deutschen Literaturwissenschaft. Frankfurt/M. 1971, S. 218-219

6 E. Staiger: Die Kunst der Interpretation. ...

7 V. Zmegac: Methoden der deutschen ...

8 J.-W. Goette: Methoden der Literaturanalyse...

9 E. Staiger: Die Kunst der Interpretation. ...

10 J.-W. Goette: Methoden der Literaturanalyse...

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Werkimmanente, formalistische Methoden
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Sprache und ihre Didaktik)
Veranstaltung
HS.: Einführung i.d. Studium der neueren deutschen Literaturwissenschaft
Note
2,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
14
Katalognummer
V5836
ISBN (eBook)
9783638135757
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Werkimmanente, Methoden, Einführung, Studium, Literaturwissenschaft
Arbeit zitieren
Louisa Klose (Autor:in), 2000, Werkimmanente, formalistische Methoden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5836

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