Auswirkungen sexistischer Witze in Hornscheidts Sprachauffassung


Seminararbeit, 2019

14 Seiten, Note: 1

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Lann Hornscheidt
2.1 Zur Person
2.2. Sprachauffassung
2.3. Diskriminierungen und Machtverhältnisse

3. Sexistische Witze und Auswirkungen
3.1 Einführung
3.2 Negative Behaftung
3.3 Positive Rolle

4. Schluss

Glossar

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Folgende Kursarbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen sexistischer Witze in Hinblick auf Lann Hornscheidts Sprachtheorie. Lann Hornscheidt arbeitet im Bereich der Genderforschung und Sprachanalyse und fordert einen kreativen Sprachgebrauch, der Menschen in Bezug auf Gendereinschränkungen sensibilisieren soll. In diesem Zusammenhang vertritt Hornscheidt eine konstruktivistische Sprachauffassung, in der Sprache abhängig von gesellschaftlichen Machtübereinkünften ist und Wirklichkeit konstituiert. Es spielt also eine Rolle, welche Worte wir verwenden und aus welcher Perspektive wir diese äußern.

Diese Arbeit argumentiert, dass demnach Witze nicht einfach nur „Witze“ sind, die jemanden zum Lachen bringen sollen, sondern achtsam durchdacht werden müssen, weil sie einen Einfluss auf die Wirklichkeit haben. Äußert man sexistische Frauenwitze beispielsweise aus einer weiß ableisierten männlichen Position, so kann dies zur Reproduktion von Machtstrukturen führen, in denen jene Männer privilegiert und Frauen diskriminiert werden.

Witze in Bezug auf Gender, müssen nicht immer negativ behaftet sein. Diese können angewandt werden, um traditionelle Denkweisen aufzulockern und somit Zweigenderung in Frage zu stellen. Dies ist möglich, wenn man sich seiner eigenen sozialen Positionierung und strukturellen Machtverhältnissen bewusst wird und daraus reflektierte Handlungen ableitet.

Um die Argumente in der Arbeit zu stützen, wird auf verschiedene Beispielswitze eingegangen und diese anhand von Hornscheidts Sprachauffassung analysiert.

2. Lann Hornscheidt

2.1 Zur Person

Hornscheidt, geboren 1965 in Velbert, studierte Gender Studies und Sprachanalyse und unterrichtete zuletzt an der Universität in Innsbruck zum Thema Geschlecht, Ethnizität und Sprache.1

Bevor sich dieses Kapitel Hornscheidts Sprachauffassung widmet, ist es wichtig auf Hornscheidts Persönlichkeit und den damit verbundenen sprachlichen Formen einzugehen, um einen respektvollen Umgang mit der Person zu sichern. Lann Hornscheidt versteht sich als zweigegendert, das heißt, weder als Frau noch als Mann. Da es in unserer Sprache eine solche Genderform nicht gibt, führt Hornscheidt die Form „ex“ ein, welche für „Exit Gender“ steht. Diese kann man als Endungen zu Benennungen einfügen, wie „Profex“, aber auch Sätze wie „Lann und ex Freundex haben ex Rad bunt angestrichen.“, lassen sich mithilfe der neu eingeführten Form bilden.2

Ex Sprachauffassung führte zu viel Widerstreit, sogar Hassmails waren eine Folge. Der erklärende Grund liegt für Hornscheidt darin, dass die Kritiker ex Intentionen nicht verstehen. Ex geht es nicht darum, eine bestimmte Sprachvorschrift auszuarbeiten, sondern eine Sensibilisierung bezüglich sprachlicher Formen und Pronomen anzuregen.3 Ex möchte sich zudem selbst erkennen und ist der Überzeugung, dass durch zweigeschlechtliche Einordnungen, Menschen „Schönheitsnormen“ gehorchen müssen. Es wäre demnach viel einfacher Personen als Personen und nicht in eine kategorisierte Form „Mann“ oder „Frau“ wahrzunehmen.4

2.2. Sprachauffassung

Hornscheidt kritisiert in ex Buch feministische w_orte ein instrumentelles Sprachverständnis. Diesem zufolge gibt es vorgefertigte Sprachformen, eine definierte Grammatik und eine richtige Bedeutung von Wörtern, die in Wörterbüchern aufzufinden ist. Die Sprache wäre demnach ein Instrument, dessen man sich bedienen und korrekte Sätze damit bilden kann.5

Diese Auffassung ist riskant, weil sich die Benutzer einer instrumentellen Sprache ihrer Handlungsmächtigkeit nicht bewusst sind und Diskriminierungen oder sprachliche Verletzungen rechtfertigen mit Argumenten wie „Das meine ich doch nicht so. Schau doch im Wörterbuch die genaue Bedeutung nach!“. Was solche Argumente nicht beachten, ist die Tatsache, dass auch die Definitionen in einem Wörterbuch problematisch sind, weil sie auf Machtübereinkünften beruhen.6

Stattdessen schlägt Hornscheidt ein konstruktivistisches Sprachbild, welches von Judith Butler beeinflusst ist, vor. Eine konstruktivistische Sprache besitzt keine „Sprache vor dem Sprechen“, ist also kein Instrument. Sprache ist vielmehr eine Sprachhandlung, welche Wirklichkeit konstituiert und gleichzeitig selbst konstituiert wird. Das bedeutet beispielsweise, dass Menschen nicht als Frauen geboren werden, sondern durch die Sprache und Gesellschaft „frauisiert“ werden.7

2.3. Diskriminierungen und Machtverhältnisse

Sprache ist für Hornscheidt nicht neutral. Sie beruht auf gesellschaftlichen, interdependenten Machübereinkünften, welche Privilegierungen und „strukturelle Diskriminierungen“ reproduzieren. Interdependent bedeutet, dass Arten von Diskriminierungen, wie Genderismus, Rassismus und Ableismus immer zusammengehören und dass eine Ebene nicht ohne die beiden anderen bestehen kann.8

Strukturelle Diskriminierungen entstehen, indem Menschen zu Kategorien (z.B. „Frau“, „Behindert“, „Schwarz“, etc.) zugeordnet werden, welche wiederum eine Hierarchisierung bilden. Diese strukturellen Gewalten werden durch unser alltägliches Sprachhandeln reproduziert und können manchmal so tief liegen, dass wir sie gar nicht erkennen.9 Der Grund für ihre Unsichtbarkeit ist, dass auch das, was nicht gesagt wird, eine sprachliche Handlung ist, welche Machtstrukturen reproduziert. Hier spricht Hornscheidt von „Entsprachlichungen“, welche sich aus „Entnennungen“ und „Enterwähnungen“ zusammensetzen. Die Entnennung ist eine sprachliche Handlung, bei der privilegierte Positionen (zumeist weiße ableisierte Männer) nicht benannt werden und dadurch naturalisiert (d.h. „normalisiert“) werden (Beispiel: Frauenliteratur wird in einer Bücherei benannt, Männerliteratur entnannt). Bei Enterwähnungen werden hingegen de-privilegierte Positionen nicht explizit erwähnt (Beispiel: Personen, die sich nicht mit Zweigenderung, also weder als Mann noch als Frau identifizieren, werden bei Begrüßungen entwerwähnt). Entsprachlichungen sind machtvoller als konkrete Benennungen, weil durch diese die Diskriminierung nicht direkt benannt wird und dadurch nicht in Frage gestellt werden kann.10

Wichtig ist auch die Unterscheidung zwischen „Diskurs“ und „Dispositiv“. Der Diskurs bildet das, was versprachlichbar ist, also alles, worüber wir im Alltag sprechen können, während das Dispositiv der Rahmen für den Diskurs darstellt. Er enthält alles, was nicht versprachlichbar und nicht vorstellbar ist. Deshalb ist sein Inhalt erst im Nachhinein verständlich, das heißt, wenn er im Diskurs landet. Diskurs und Dispositiv stehen in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. Da man sich Ideen, die im Dispositiv enthalten sind, nicht vorstellen kann, muss man auf Ideen und den damit verbundenen Ausdrücken zurückgreifen, die im Diskurs enthalten sind. Dadurch reproduziert man strukturelle Machtverhältnisse und Kategorieformen und setzt wiederum fest, was versprachlichbar ist und was nicht.11

Daraus darf man allerdings nicht schließen, dass man gar nicht anders kann, als zu diskriminieren, weil im Diskurs schon alles festgesetzt ist. Die Grenze zwischen Diskurs und Dispositiv ist nämlich keine strenge, fixe Grenze, denn sie lässt sich durch reflektiertes Handeln in Bezug auf die eigene soziale Positionierung, also die Position, die einem durch Sprache und Gesellschaft zugeordnet wird, wie „Frau“, „Mann“, „Schwarz“, auflockern. Solche Handlungen bezeichnet Hornscheidt als „kritisch verortet“.12

3. Sexistische Witze und Auswirkungen

3.1 Einführung

Schlägt man ein Witzebuch auf, finden sich in diesem zumeist verschiedene Rubriken. Darunter oftmals „Frauenwitze“ oder „Blondinenwitze“. Diese reduzieren Frauen auf beleidigende Stereotype: Frauen gehören in die Küche, Frauen sind dumm, Frauen können nur shoppen, Frauen haben übertriebene Emotionen, Frauen werden auf sexuelle Objekte limitiert, usw…

Sucht man hingegen nach „Männerwitzen“, so findet man diese Kategorie nur selten. „Männerwitze“ sind dann eher Witze für Männer und nicht Witze gegen Männer, also wiederum Frauenwitze. In Witzen, die sich gegen Männer richten, werden Männer durch „weibliche“ Eigenschaften charakterisiert und so belustigt. Somit verfestigt sich wieder ein bestimmtes weibliches Klischee. Folgendes zeigt sich an diesem Beispiel: „Männer 1845: Ich habe gerade einen Büffel erlegt. Männer 1952: Ich habe gerade das Dach repariert. Männer 2016: Ich habe gerade meine Beine rasiert.“

Das folgende Kapitel wird anhand Hornscheidts Sprachkonzeption zeigen, wie sich sexistische Witze negativ auf die Gesellschaft auswirken und zu einer eingeschränkten Sichtweise führen. Zudem wird erläutert, wie Witze, in Bezug auf Gender, eine positive Auswirkung haben können.

3.2 Negative Behaftung

Das obige Beispiel der Witzkategorien zeigt bereits, wie die von Hornscheidt beschriebenen Machtstrukturen wirken. „Je privilegierter eine soziale Position, desto weniger wird diese versprachlicht“, schreibt ex.13 Männer erhalten keine spezifische Rubrik, weil sie als die Norm gelten oder in Hornscheidts Worten: Männer werden entnannt. Frauenwitze werden im Gegensatz benannt, was dazu führt, dass Frauen nicht als zu einer Norm zugehörig wahrgenommen werden. Dies hat wiederum die Folge, dass sie als „anders“ gelten und genau deshalb Frauenwitze legitimiert werden. Diese Legitimierung wird reproduziert, wenn sexistische Frauenwitze getätigt werden.

[...]


1 Vgl. Hornscheidt, Lann: „Lebenslauf“, in: https://www.lannhornscheidt.com/w_ortungen/lebenslauf (Zugriff: 22.06.2019).

2 Vgl. Ebd.

3 Vgl. Hornscheidt, Lann : feministische w_orte: ein lern-, denk- und handlungsbuch zu sprache und diskriminierung, gender studies und feministischer linguistik. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel 2012, S. 23.

4 Vgl. Heise, Katrin: „Hinter der Grenze zweier Geschlechter“, in: Deutschlandfunk Kultur, https://www.deutschlandfunkkultur.de/lann-hornscheidt-hinter-der-grenze-zweier-geschlechter.970.de.html?dram:article_id=381791, Beitrag vom 21.03.2017 (Zugriff: 21.06.2019).

5 Vgl. Ebd. S. 30-32.

6 Vgl. Ebd. S. 34-39.

7 Vgl. Ebd. S. 32, 39, 40.

8 Vgl. Ebd. S. 50.

9 Vgl. Hornscheidt, Lann: Sprachgewalt erkennen und sprachhandelnd verändern. Berlin: Sukultur 2018, S.4.

10 Vgl. Hornscheidt, Lann : feministische w_orte: ein lern-, denk- und handlungsbuch zu sprache und diskriminierung, gender studies und feministischer linguistik. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel 2012, S. 359, 360.

11 Vgl. Ebd. S. 171 ff.

12 Vgl. Ebd. S. 232.

13 Hornscheidt, Lann: Sprachgewalt erkennen und sprachhandelnd verändern. Berlin: Sukultur 2018, S. 7.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen sexistischer Witze in Hornscheidts Sprachauffassung
Hochschule
Universität Wien
Note
1
Jahr
2019
Seiten
14
Katalognummer
V583535
ISBN (eBook)
9783346164537
ISBN (Buch)
9783346164544
Sprache
Deutsch
Schlagworte
auswirkungen, hornscheidts, sprachauffassung, witze
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Auswirkungen sexistischer Witze in Hornscheidts Sprachauffassung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/583535

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