Das Problem der Mitarbeiterauswahl - Rekrutierung von Führungskräften


Seminararbeit, 2004

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rekrutierung von Führungsnachwuchskräften
2.1. Begriffsbestimmungen
2.2. Abgrenzung des Themas: Führungsnachwuchskräfte vs. Top-Manager

3. Grundzüge der Prinzipal-Agenten-Theorie

4. Informationsökonomische Analyse des Auswahlprozesses
4.1. Einleitende Erläuterungen
4.2. Das Problem der adversen Selektion
4.3. Gestaltungsempfehlungen der Prinzipal-Agenten-Theorie
4.3.1. Signalling
4.3.2. Screening
4.3.3. Selbst-Selektion und Interessenangleichung

5. Fazit

6. Anhang

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Zielsetzung jedes Personalauswahlprozesses ist die Identifikation des „besten“ Kandida­ten. Diese „Investitionsentscheidung“ soll – dem ökonomischen Prinzip entsprechend – ratio­nal getroffen werden. Es soll unter gegebenen Alternativen diejenige gewählt werden, die die maximale Auszahlung verspricht, i. S. v. Arbeitsleistung und Erfolg. Insbeson­dere der Aus­wahl von Führungsnachwuchskräften kommt eine große Bedeutung zu. Der „War for talents“ ist zu einem viel zitierten Begriff geworden, der die Brisanz des Themas beschreibt. Unter­nehmen entwickeln immer neue Methoden, die Besten für sich zu gewinnen. Die Frage ist nur, wie die Besten tatsächlich identifiziert werden können. Trotz des Einsatzes bewährter Personal­aus­wahlinstrumente kann nicht eindeutig determiniert wer­den, welche Leistungen ein Unter­neh­men tatsächlich erhält. In der Literatur wird die Unsicherheit bei Personalauswahl­entscheidun­gen vermehrt unter dem As­pekt un­gleich verteilter Informationen der Akteure diskutiert und somit wird ein verstärkter Bezug zur mikroökonomischen Analyse personal­wirtschaftlicher Aufgaben hergestellt. Bislang war das Per­sonalmanagement sehr stark durch eine verhaltenswissen­schaftliche Ausrich­tung gekenn­zeichnet und von „Ökonomie nur Spu­ren­elemente“[1] zu finden. Im Zuge der Weiterentwicklung der Mikroökonomie und der Ab­kehr von der Prä­misse vollkommener Märkte, von denen vollständige und kostenlose Infor­matio­nen ange­nommen werden, ist der Weg frei für realistischere mikroökonomische Analy­sen von Märk­ten, die tatsächlich durch zahlreiche Informationsasymmetrien gekennzeichnet sind.[2] Vor diesem Hintergrund werden Erklärungsansätze, die sich auf Informationsasymmet­rien beziehen, auch unter dem Begriff „Informationsökonomik“ zusammengefasst.

Im Rahmen dieser Arbeit soll der Prozess der Auswahl von Führungsnachwuchskräften aus informationsökonomischer Sicht analysiert werden. Den theoretischen Bezugsrahmen bildet die Prinzipal-Agenten-Theorie, deren Gestaltungsempfehlungen im Vor­dergrund stehen. Es soll der Frage­stellung nachgegangen werden, ob diese zur Effizienz des Auswahlprozesses beitragen. Dieser Analyse vorangehend sollen die Begriffe Rekrutierung und Führungskraft bestimmt werden. Danach soll die hier fokus­sierte Gruppe der Führungsnachwuchskräfte zu Führungskräften, insbesondere Topmanagern, abgegrenzt werden. Im Anschluss daran erfolgt eine Erläuterung der Grundzüge der Prinzipal-Agenten-Theorie.

2. Rekrutierung von Führungskräften

2.1. Begriffsbestimmungen

Der Begriff Rekrutierung umfasst alle Aktivitäten eines Unternehmens der Personalanwer­bung und -auswahl.[3] Es wird unterschieden zwischen interner und exter­ner Rekrutierung. Die interne Rekrutierung zielt auf die Besetzung der Stelle durch einen Mitarbeiter des Unternehmens, während bei der externen Rekrutierung auf unternehmens­fremde Kandidaten zurückgegriffen wird. Im Rahmen dieser Arbeit ist ausschließlich die ex­terne Rekrutierung rele­vant.

Der Terminus Führungskraft wird oft synonym mit den Wörtern Manager oder leitender An­ge­stellter verwendet. Dabei kann er sowohl geschäftsführende Eigentümer bzw. Topmanager umfassen als auch Abteilungsleiter oder Meister.[4] Dies verdeutlicht, dass der Begriff Füh­rungs­kraft eine große Spannweite hat und Führungspersonen auf unterschiedlichen Hie­rar­chiestufen umfasst. Üblicherweise wird unterschieden in Führungskräfte des oberen bzw. Top-Managements, mittleren und unteren Managements.[5] Nach von Eckhardstein (1971) ha­ben alle Führungskräfte gemeinsam, dass sie innerhalb ihres Handlungs- und Entscheidungs­spielraums organisatorisch unterstellte Mitarbeiter zur Erreichung bestimmter Ziele veranlas­sen.[6] Abgrenzungskriterien zu den „Geführten“ bestehen also in der hie­rarchischen Position, in der Weisungs- und Entscheidungsbefugnis, in der Personal- u. Sach­verantwortung sowie in ihrem tatsächlichen Einfluss auf das Unternehmensgeschehen.[7] Kon­kretere Definitionen unter­scheiden sich dadurch, welches Kriterium in den Mittelpunkt ge­stellt wird. In der be­triebswirtschaftlichen Literatur herrscht eher ein Verständnis von Füh­rungskraft als Angehö­riger der Unternehmensleitung und somit wird das Kriterium „Einfluss“ in den Mittelpunkt ge­rückt.[8] Nach Gutenberg (1979) „...kommt den als Führungskraft be­zeichneten Personen die Aufgabe zu, die Unternehmenspolitik und –ziele zu bestimmen, ent­sprechende strategische Entscheidungen zu treffen sowie die (Rahmen-)Bedingungen für deren Umsetzung zu schaf­fen und koordinativ zu wirken.“[9]

2.2. Abgrenzung des Themas: Führungsnachwuchskraft versus Topmanager

Führungsnachwuchskräfte sind i. d. R. sehr gut ausgebildete Hochschulabsolventen jeglicher Fachrichtungen, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen. Unter­nehmen rekrutieren häufig einen Pool von Führungsnachwuchskräften, um langfristig den Bedarf an hoch qualifi­zierten Führungskräften zu sichern. Die genaue Position steht dabei oftmals noch nicht fest, jedoch werden dem Führungsnachwuchs diverse Aufstiegsmöglichkeiten aufgezeigt.[10] Im Rah­men von Trainee-Programmen z. B. sollen potenzielle Führungskräfte über einen ge­wissen Zeitraum betriebsspezifisches Humankapital erwerben, bevor sie in entsprechende Führungs­laufbahnen gebracht werden.[11] Ihre Laufbahn beginnt i. d. R. auf unterster Hierarchieebene und sie kann je nach individueller Möglichkeit des Kandidaten über verschiedene Entwick­lungsstufen bis hin zu Management-Top-Positionen führen. Hinsichtlich des Bedarfes und der Rekrutierungsinstrumente bestehen Unterschiede zwischen Topmanagern und Führungs­nachwuchskräften. Während Führungsnachwuchs­kräfte die zukünftige Verfügbarkeit von qualifizierten Humanressourcen garantieren sollen, werden Topmanager eher kurzfristig als Nachfolger aufgrund von Abgängen aus den Reihen des Top-Managements rekrutiert.[12] Der Beschaffungsweg steht ebenfalls in engem Zusammenhang mit der Hierarchiestufe der vakanten Position (vgl. Abb. 1 und 2).

3. Grundlagen der Prinzipal-Agenten-Theorie

Die Prinzipal-Agenten-Theorie ist ein Ansatz innerhalb der Neuen Institutionenökonomik,[13] in de­ren Mittelpunkt die Analyse von Institutionen (z. B. Verfügungsrechte, Hierarchien, Verträge, etc.) steht. Kernpunkt der Prinzipal-Agenten-Theorie ist die Institution des Vertra­ges zwi­schen zwei Nutzen maximierenden Wirtschaftssubjekten,[14] einem Auftragnehmer (Agent) und einem Auftraggeber (Prinzipal). Jensen/Meckling (1976) beschreiben eine Agency-Beziehung „…as a contract under which one or more persons (the principal(s)) en­gage another person (the agent) to perform some service on their behalf which involves dele­gating some decision making authority to the agent“[15]. Die Beziehung zwischen Arbeitneh­mer und Arbeitgeber ist ein Beispiel für eine Agency-Beziehung.

Die Prinzipal-Agenten-Theorie basiert auf dem Modell eines unvollkommenen Marktes, der ge­kennzeichnet ist u. a. durch unvollständige Information und hohe Informationskosten.[16] Demgemäß ist auch die vertragliche Beziehung zwischen Prinzipal und Agent durch eine In­formationsasymmetrie charakterisiert, die sich in drei Grundtypen manifestiert:

1) Der Prinzipal hat unvollständige Informationen über unbeeinflussbare Eigenschaften wie Begabung, Talent oder Qualifikation des Agenten (hidden characteristics).[17]

2) Der Agent hat einen Informationsvorsprung bzgl. der sachlichen Bearbeitung der Aufgaben und somit einen diskretionären Hand­lungsspielraum. Er kann willentlich sein Anstrengungs- und Sorgfaltsniveau beeinflussen. Der Prinzipal hat unvollständige Informationen über die Effizienz der Dienste des Agenten (hidden action).[18]

3) Der Agent nutzt den Handlungsspielraum willentlich in seinem eigenen Interesse aus. Der Prinzipal kann dieses zwar beobachten, aber nicht verhindern (hidden intention).[19]

Aus dem ersten Fall resultiert die Gefahr der adversen Selektion, d. h. einen unerwünschten Ver­tragspartner auszuwählen. Die Merkmale werden dem Prinzipal erst ex-post, d. h. nach Vertragsabschluss im Laufe der Vertragsbeziehung bekannt.[20] Ansätze zur Lösung dieses Informationsproblems bilden die Verfahren Signalling, Screening, Selbst-Selektion sowie Interessenangleichung, die im Kapitel 4.3. näher erläutert werden.

Im zweiten Fall, dem hidden-action-Fall, kann der Prinzipal nicht verifizieren, ob das Arbeitsergebnis von den Anstrengungen des Agenten ab­hängt oder aber auf Umwelteinflüsse zurück­zuführen ist.[21]

Es besteht ein Interessenkonflikt zwischen Agent und Prinzipal: Der Agent beabsichtigt seinen Gewinn unter der geringstmöglichen Beanspruchung zu maximieren, wäh­rend der Prinzipal seinen Gewinn nur maximieren kann, wenn der Agent seine Aufgaben bestmöglich ausführt. Dabei möchte er die Ergebnisbeteiligung möglichst gering halten. Der Prinzipal kann aber das Anstrengungs- bzw. Sorgfaltsniveau nicht oder nur verbunden mit hohen Kosten beobachten.[22] Opportunistisches Ausnutzen dieser Situation wird als moral ha­zard bezeichnet. Die Theorie empfiehlt hier Risikoverteilungs- bzw. Anreizsysteme zur Lö­sung des Problems.

Im Zusammenhang mit dem vierten Fall, dem hidden-intention-Fall, spricht man von der hold-up-Gefahr, wenn der Agent die Abhängigkeit des Prinzipals von den Diensten des Agenten zu seinen Gunsten ausnutzt. Der Agent nutzt Vertragslücken in seinem eigenen Inte­resse aus, was der Prinzipal zwar beobachten, aber nicht mehr verhindern kann.[23]

Die angesprochenen Problemkomplexe wirken sich nachteilig auf die Effektivität der vertrag­lichen Beziehung aus. Die Intention der Agency-Beziehung ist, durch Arbeitsteilung und Spe­zialisierung eine größtmögliche Produktivität und Nutzenmaxi­mierung zu erreichen.[24] Nur un­ter der Prämisse des vollkommenen Marktes könnte das Ver­tragsverhältnis für beide Ak­teure Nutzen maximierend gestaltet werden. Die Agenturprobleme würden nicht existieren und es könnte hinsichtlich der Vertragsgestaltung die „First-best-Lö­sung“ realisiert werden. Die real existierenden Agenturprobleme lassen jedoch nur eine so ge­nannte „Second-best-Lösung“ zu. Die Differenz zwischen der „First-best-Lö­sung“ und der „Second-best-Lösung“ wird als Agency-Kosten bezeichnet. Ziel ist es, „... durch das Finden der „Second-best-Lösung“, die der „First-best-Lösung“ am nächsten kommt“[25], die Agency-Kosten zu minimieren.

4. Informationsökonomische Analyse des Auswahlprozesses

4.1. Einleitende Erläuterungen

In den folgenden Ausführungen über den Auswahlprozess von Führungsnachwuchskräften steht das Problem der Qualitätsunsicherheit und der daraus resultierenden adversen Selektion im Vordergrund. Dabei geht es um Qualitätsunsicherheiten der auswählenden Instanz, die sich ausschließlich ex-ante offenbaren. Die Akteure in der folgen­den Analyse sind ein Unterneh­men bzw. dessen Manage­ment, das Führungs­nachwuchskräfte rekrutie­ren möchte, und Hoch­schulabsolventen, die sich als potenzielle Füh­rungsnachwuchs­kräfte auf die ausgeschriebenen Stellen des Unternehmens bewerben. Verein­fachend sollen die Akteure „Arbeitgeber“ (Prinzipal) und „Bewerber“[26] (Agent) genannt wer­den, bzw. „Arbeitnehmer“, wenn auf ex-post Situationen hingedeutet wird. In allen be­schriebenen Situationen herrscht eine Informations-asymmetrie zuungunsten des Arbeitge­bers.

4.2. Das Problem der adversen Selektion

Der Arbeitgeber hat üblicherweise die Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern zu tref­fen, deren Qualitätseigenschaften ihm zum Einstellungszeitpunkt teilweise noch nicht bekannt sind. Diese werden erst ex-post sukzessive aufgedeckt. Dabei handelt es sich zunächst um festste­hende Eigenschaften der Bewerber, wie z. B. Begabung, Talent oder Qualifikation, die nicht kurzfristig be­einflussbar sind.[27] Hinsichtlich dieser Eigenschaften ist der Bewerber i. d. R. bes­ser informiert aufgrund seiner Vergleichsmöglichkeiten während seiner bisherigen Aus­bil­dung. Für den Arbeitgeber geht es jedoch um die Eignung des Bewerbers für bestimmte Ar­beitsplätze, welche sich aus der Gegenüberstellung von Qualifikation und Arbeitsanfor­de­run­gen ergeben (funktionale Anforderungen). Da der Be­werber keine genauen Kenntnisse über die Anforderungen der Stelle hat, könnte hier argu­mentiert werden, dass hinsichtlich der funktionalen Qualifikationen kein Informationsvor­sprung besteht, sondern lediglich in Bezug auf die extrafunktionalen Fähigkeiten,[28] d. h. auf nicht stellenbezogene Fähigkeiten, wie z. B. Lernfä­hig­keit, Belastbarkeit, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit etc. Da jedoch insbe­sondere diese Fähigkeiten von potenziellen Führungsnachwuchskräften erwartet werden und sogar notwendig sind, um den funktionalen Anforderungen gerecht zu werden, kann von ei­nem Informationsvorsprung des Bewerbers hinsichtlich seiner Qualifikationen ausgegangen werden. Unsicherheit auf Seiten des Arbeitgebers besteht auch hinsichtlich der nicht festste­henden bzw. willentlich beeinflussbaren Eigenschaften der Bewerber. Im Hinblick auf das In­formationsproblem hidden action, hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, auch Verhaltens­merkmale wie Anstrengung, Fleiß oder Sorgfalt aufzudecken. Verhaltensmerkmale, die mit hidden intention assoziiert werden, sind z. B. Entgegenkommen, Kulanz oder Fairness.[29] Das Problem dieser Qualitätsunsicherheit[30] besteht in dem Risiko der adversen Selektion, d. h. ei­nen nicht geeigneten Bewerber aus­zuwählen. Dieses hätte weitreichende Konsequenzen. Zum einen entstehen dem Unternehmen Kosten durch den Auswahlprozess und die Einarbeitung, sog. „sunk costs“[31], und zum anderen wäre nicht sichergestellt, dass die überdurchschnittlich hohen Kosten der hoch qualifizierten Ar­beitskraft durch überdurchschnittliche berufliche Leistungen aufgewogen würden. Dem Auswahlprozess kommt die Aufgabe zu, durch gezielte Informationsakkumula­tion die Quali­tätsunsicherheit des Arbeitgebers zu reduzieren, um so der Gefahr der adversen Selek­tion vor­zubeugen. Es gilt dabei, die „Second-best-Lö­sung“ an­zustreben, d. h. ein optimales Verhältnis zwischen den Kosten des Auswahlprozesses und der Qualität des Be­werbers zu finden.

4.3. Gestaltungsempfehlungen der Prinzipal-Agenten-Theorie

4.3.1. Signalling

Im Zuge von Anwerbungs- und Vorauswahlmaßnahmen steht dem Arbeitgeber ein begrenzter Bewerberpool zur Verfügung, der für weitere Tests vorgesehen ist. Aufgrund der Analyse von Bewerbungsunterlagen kann eine weitere Selektion erfolgen. Bestandteil der Bewerbungsun­terlagen sind u. a. Zeugnisse, Referenzen und Zertifikate über den Bildungsabschluss. Diese sind Kernpunkt des folgenden Ansatzes, der auf Spence (1973)[32] zurückgeht. Der Grundge­danke ist, dass ein Stellenbewerber einem Arbeitge­ber z.B. mit Hilfe eines Diploms oder Ex­amens signalisieren kann, dass er über bestimmte, allgemein anerkannte berufliche Fähig­kei­ten ver­fügt. Dem Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass ein Zusammenhang zwischen ei­nem gu­ten Bil­dungsabschluss und guten Leistungen im Beruf steht.[33] Während der Ausbildungs­zeit entste­hen für den Studen­ten Opportunitätskosten, die sich zusammensetzen aus direkten (z. B. Stu­diengebüh­ren) und indirekten Ausbildungskosten, nämlich dem Ein­kommensverzicht in der Ausbil­dungszeit. Signale können aus folgenden Überlegungen einen Hinweis auf die Qualität eines Bewerbers liefern: Die Opportunitätskosten für den Erwerb ei­nes hohen Bil­dungsab­schlusses sind für Arbeitnehmer mit niedriger Qualität prohibitiv hoch, z. B. aufgrund des Zeitaufwands. Diese verzichten daher auf ein Signalisieren. Die Opportu­nitätskosten für Ar­beit­nehmer hoher Qualität hingegen sind so gering, dass sich ein Signali­sieren für sie lohnt.[34] Bezo­gen auf die Rekrutierung von Führungsnach­wuchskräften gilt zu­nächst festzu­stellen, dass ein Fach- oder Hochschulabschluss i. d. R. ein Ausschlusskri­terium dar­stellt. Weitere Krite­rien, die die Bewerber voneinander abgrenzen sind dann z. B. die Art des Abschlusses (z. B. Ba­chelor oder Master), Noten, die Dauer des Studiums, Prak­tika und/oder Auslandsaufent­halte. Um tatsächlich Bewerber mit hoher Qualität auszuwählen, sollte der Ar­beitgeber wei­tere Ausschlusskriterien definieren. So sollten es solche Kriterien sein, die die meisten Be­werber hoher Qualität erfül­len und die meisten niedriger Qualität nicht. Vor dem Hintergrund, dass für Bewerber, die die verlangten Kriterien erfüllen, die Wahrscheinlichkeit sehr viel hö­her ist, ausgewählt zu wer­den und ein höheres Gehalt zu er­zielen, sehen Bewerber niedriger Qualität von einer Bewer­bung ab. Auf diese Weise findet durch das Aufstellen ho­her Anfor­derungskriterien verbunden mit einem entsprechenden Lohnangebot eine Selbst-Selektion statt. Kritisch angemerkt werden sollte jedoch, dass sich durch Signale in Form von Bildungsab­schlüssen nur die fachlichen Qualifikationen eines Be­werbers feststellen lassen. Es lässt sich außerdem nicht ausschließen, dass ein Bewerber statt einer brei­ten Wissensbasis nur ein sehr enges, prü­fungsbezogenes Wissen erworben hat. Weiterhin erhält der Arbeitgeber keine Informationen über beein­flussbare Eigenschaften. Bezüglich der extrafunktionalen Eigenschaften könnte er lediglich aus außeruniversitären Aktivitäten Schlussfolgerungen ziehen: Aus ehrenamtlichen Tätigkeiten könnte auf Führungsfähigkeit, Verant­wortungsgefühl und Teamfähigkeit ge­schlossen werden, aus Auslandsaufenthalten auf Ei­geninitiative.[35] Aus den vorgenannten Gründen sollte die Signalling-Methode le­diglich als Vorauswahlinstrument eingesetzt werden. Weitere Tests sind unerlässlich, um si­cherzustellen, dass das Qualitätsniveau tatsächlich zu den Stellen­anforderungen passt.

4.3.2. Screening

Im Gegensatz zum Signalling-Ansatz, bei dem der Bewerber versucht, die Informationsa­symmetrien zu beseiti­gen, geht durch Screening-Verfahren diese Intention vom Arbeitgeber aus. Hier stehen dem Arbeitgeber verschiedene Instru­mente (siehe Abb. 2) zur Verfügung, um seine Restunsicherheit zu reduzieren. Mit Hilfe dieser Screening-Instrumente kann der Arbeitgeber beobachtbare, mit der späteren Arbeitsleistung korrelierte Merkmale der Bewer­ber erheben und auswerten. In­wieweit die vorgestellten Screening-Instrumente tatsächlich eine zuverlässige Prognose über den Berufserfolg des Bewerbers leisten können, wird in der Literatur sehr kontrovers disku­tiert. Im Rahmen dieser Arbeit soll dieses aber nicht weiter ausgeführt werden. Ein weiteres Screening-Instrument ist das Selbst-Selektions-Verfahren, das im folgenden Abschnitt be­schrieben wird.

4.3.3. Selbst-Selektion und Interessenangleichung

Der Arbeitgeber kann versuchen, den Informationsvorsprung der Bewerber zu nut­zen, indem er sie durch bestimmte Vertragsangebote dazu veranlasst, wahre Informationen über sich selbst preiszugeben. Dieses wird als Selbst-Selektions-Verfahren bezeichnet. Der Ar­beitgeber bietet dem Stellenbewerber z. B. im Rahmen eines Interviews verschiedenartige Ar­beitskon­trakte an. Auf­grund der Auswahlhandlung des Bewerbers kann der Arbeitgeber auf bestimmte verdeckte Charakteristika schließen, wie z. B. die Produktivität oder die geplante Verweil­dauer im Unternehmen.[36] Ziel der Vertragsgestaltung ist, dass der Vertrag nur für Bewerber hoher Qualität attraktiv ist. Um Rückschlüsse auf die Produktivität des Bewerbers ziehen zu können, könnte der Arbeitgeber dem Bewerber die Wahl zwischen einem leistungs­abhängigen Vertrag, der z.B. auf vorher festgelegten Zielvereinbarungen beruht, evtl. sogar Prämien oder Provisionen vorsieht, oder einem Zeitlohnvertrag ohne leistungsabhängige Komponente stel­len. Geht man dabei davon aus, dass die Bewerber jeweils eine outside option be­sitzen, d. h. eine Alternativ­beschäftigung in einem anderen Unternehmen mit entsprechender Vergütung wahrnehmen könnten, muss die erfolgsabhängige Vergütung so gestaltet sein, dass es für den Bewerber niedriger Qualität günstiger ist, sich für die outside option zu entscheiden, während für den Bewerber hoher Qualität das Angebot des Arbeitgebers lohnender ist.[37]

Problema­tisch bei die­sem Verfahren ist jedoch, dass die Produktivität von Füh­rungs(nachwuchs)kräften oft­mals schwierig zu messen ist. Sie produzieren i. d. R. keinen quantitativen Output, der als Bemessungsgrundlage für die Entlohnung dienen könnte. Die Messung der Leistung erfolgt eher nach qualitativen Kriterien. Weiterhin ist es für potenzielle Führungsnachwuchs­kräfte schwierig, ihre Produktivität aufgrund geringer Vergleichsmöglichkeiten einzuschätzen.

Eine Alternative zur o. g. Methode ist, die Bewerber mit Hilfe der Probezeitregelung zu einer Preisgabe von Qualitätsinformationen ex-ante zu veranlassen. Offeriert der Arbeitgeber zu­nächst eine Probezeit mit einem relativ geringen Anfangsgehalt mit der Option, dass anschlie­ßend weiterbeschäftigte Arbeitnehmer eine entsprechend höhere Entlohnung erhalten, so kön­nen Bewerber mit einer geringeren als der verlangten Qualität davor ab­geschreckt werden, die Bewerbung für die vakante Stelle aufrechtzuerhalten.[38] In der Probezeit würde also eine Art Pfand aufgebaut, das später durch eine höhere Entlohnung wieder an den Arbeitnehmer zu­-rückgezahlt wird. Bewerber niedriger Qualität würden befürchten, die Probe­zeit nicht erfolg­reich zu überstehen oder nach der Probezeit nur ein sehr geringes Gehalt zu erhalten.[39] Ein nied­riges Anfangsgehalt aufgewogen mit wahrscheinlich hohen Opportunitäts­kosten während der Ausbildungszeit und die Aussicht auf ein niedriges Gehalt nach der Pro­bezeit, sind für Bewerber niedriger Qualität in keiner Weise lohnenswert. Kritisch angemerkt werden muss auch hier, dass eine Selbsteinschätzung bezüglich der zukünftigen Berufsleis­tungen schwierig ist. Der Vorteil der Probezeitregelung ist jedoch, dass die Einstellungsent­scheidung ex-post überprüft und ohne hohen Kostenaufwand ggf. revidiert wer­den kann. Hinsichtlich des Kos­tenaspektes ist diese Form der Selbst-Selektion für den Arbeit­geber sehr vorteilhaft, da die selektierten Stelleninhaber durch einen partiellen Lohnverzicht in den Anfangsmonaten die Testkosten quasi selbst tragen.[40]

Analog zu den oben beschriebenen Modellen kann z. B. auch eine Selbst-Selektion dadurch erfolgen, dass dem Bewerber Karrieren über sog. „Beförderungsturniere“ in Aussicht gestellt werden. D. h. nur die besten Arbeitnehmer werden auf höher entlohnte Positionen befördert.[41] Das Aufzeigen einer Gehaltsentwicklung kann dem Arbeitgeber aufschlussreiche Informatio­nen über die geplante Verweildauer des Bewerbers im Unternehmen liefern.[42]

Es soll nun weiterhin überlegt werden, ob die oben beschriebenen Verfahren auch ge­eignet sind, um schon ex-ante weiteren Agenturproblemen vorbeugen zu können. Die Prinzi­pal-Agenten-Theorie beschreibt einen Interessenkonflikt zwischen den Akteuren, der in der bei­derseitigen Nutzenmaximierung besteht. Leistungsbezo­gene Entlohnung gilt als eine Lö­sungsmöglichkeit, um moral hazard vorzubeugen. Für den Arbeitnehmer stellt diese Form der Entlohnung einen Anreiz dar, seine Anstrengungen auf die erfolgreiche Ausführung der Auf­gaben zu konzentrieren. Entscheidet sich also ein Bewerber im Zuge eines Selbst-Selektions-Verfahrens für einen leistungsabhängigen Vertrag, so können gleich zweierlei wichtige In­formationen aufgedeckt werden: Zum einen beurteilt sich der Bewerber hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit positiv, und zum anderen schließt er indirekt opportunistische Handlungs­absichten aus. Der Bewerber wird sozusagen ex-ante sensibilisiert, dass nur bei vollem Leis­tungseinsatz ein Erfolg versprechendes Arbeitsverhältnis zu Stande kommt. Somit kann der Ar­beitgeber das durch das Anreizschema induzierte Verhalten des Arbeitnehmers „prognosti­zieren.“ Ausschlaggebend für das Realisieren dieser Selbst-Selektions-Strategien ist jedoch, dass die Ausprägung der Bezugsgrößen (z. B. Anzahl gewonnener Kunden, Kostenrückgang um x % etc.) der leistungsgerechten Entlohnung genau festgelegt wird und die Vorgaben auch er­reichbar sind. Des Weiteren spielt auch die Risikoneigung des Bewerbers eine Rolle. Das Erreichen der Vorgaben ist oft abhängig von exogenen Einflüssen, auf die der Arbeit­nehmer kei­nen Einfluss hat. Ist der Arbeitnehmer risikoavers, lehnt er leistungsbezogene Verträge ab oder verlangt eine Risikoprämie.

[...]


[1] Mittmann, J., Wunderer, R. (1983), S. 623ff.

[2] Vgl. Alewell, D. (1994), S. 58.

[3] Vgl. Rastetter, D. (1996), S. 8.

[4] Vgl. Oesterle, M.J. (2004), S. 791.

[5] Vgl. Welge, M. K. (1992), S. 938.

[6] Vgl. Eckardstein, D.v. (1971), S. 19.

[7] Vgl. Welge, M.K. (1992), S. 937.

[8] Ebenda, S. 937.

[9] Oesterle, M.J. (2004), S. 791, vgl. Gutenberg, E. (1979), S. 131ff.

[10] Vgl. Kuonen D., Friedli, V., Thom, N. (2002), S. 727.

[11] Ebenda, S. 725.

[12] Vgl. Schäfer, I. (2001) S. 86ff.

[13] Vgl. z. B. Kleine, A. (1996), S. 23ff.

[14] Vgl. Föhr, S. (1991), S. 125.

[15] Jensen, M.C., Meckling, W.H. (1976). S. 308.

[16] Vgl. Alewell, D. (1994), S. 58.

[17] Vgl. Spremann, K. (1990), S. 566.

[18] Ebenda, S. 569.

[19] Vgl. Alewell, D. (1993), S. 157.

[20] Vgl. Picot, A., Dietl, H., Franck, E. (2002), S. 88.

[21] Vgl. Kleine, A. (1996), S. 34.

[22] Vgl. Alewell, D. (1993), S. 211.

[23] Ebenda, S. 157.

[24] Vgl. Picot, A., Dietl. H., Franck, E. (2002), S. 91.

[25] Ebenda, S. 87.

[26] Vereinfachend soll nur die männliche Form benutzt werden, die aber im Folgenden beide Geschlechtsformen umfasst.

[27] Vgl. Alewell, D. (1993), S. 110.

[28] Ebenda, S. 113.

[29] Vgl. Spremann, K. (1990), S. 566.

[30] Ausgehend von dieser „Qualitätsunsicherheit“ wird im Folgenden von Bewerbern hoher/niedriger Qualität gesprochen.

[31] Sunk costs sind in diesem Zusammenhang irreversible, spezifische Investitionen, die bei einer Vertragsauflösung wertlos würden, vgl. Alewell, D. (1993), S. 156.

[32] Spence, M., (1973).

[33] Vgl. Backes-Gellner, U., Lazear, E.P., Wolff, B. (2001), S. 121.

[34] Vgl. Kräkel, M. (1997), S. 83.

[35] Vgl. Schäfer, I. (2001), S. 140.

[36] Vgl. Kräkel, M. (1997), S. 189.

[37] Vgl. Kräkel, M. (1993), S. 492ff.

[38] Vgl. Wolff, B. (2001), S. 145ff.

[39] Vgl. Alewell, D. (1993), S. 119ff.

[40] Vgl. Kräkel, M. (1997), S. 199.

[41] Vgl. u. a. Rosen, S. (1986), S. 701ff.

[42] Vgl. u. a. Salop, J., Salop, S. (1976), S. 619ff.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Problem der Mitarbeiterauswahl - Rekrutierung von Führungskräften
Hochschule
Universität Paderborn  (Lehrstuhl für Personalwirtschaft)
Veranstaltung
Personalwirtschaftliches Seminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V58330
ISBN (eBook)
9783638525589
ISBN (Buch)
9783656817116
Dateigröße
511 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Problem, Mitarbeiterauswahl, Rekrutierung, Führungskräften, Personalwirtschaftliches, Seminar
Arbeit zitieren
Kerstin Mickenbecker (Autor:in), 2004, Das Problem der Mitarbeiterauswahl - Rekrutierung von Führungskräften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58330

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Problem der Mitarbeiterauswahl - Rekrutierung von Führungskräften



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden