Public Corporate Governance. Unternehmenskontrolle bei Privatunternehmen im Eigentum der öffentlichen Hand

Lösungsansätze und Verbesserungsvorschläge


Diplomarbeit, 2006

103 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Grundlagen
2.1 Überblick über privatrechtliche Unternehmen der öffentlichen Hand und Begriffsabgrenzung
2.2 Grundsätzliche rechtliche Regelungen

3 Unternehmensinterne Kontrollmöglichkeiten
3.1 Weisungsmöglichkeiten
3.1.1 Weisungen gegenüber den Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer AG
3.1.2 Weisungen gegenüber den Vertretern der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer GmbH
3.1.3 Weisungen gegenüber dem Vorstand einer AG
3.1.4 Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer einer GmbH
3.2 Informationsmöglichkeiten
3.2.1 Informationsweitergabe der Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat und des Vorstandes einer AG
3.2.2 Informationsweitergabe der Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer GmbH
3.3 Die Kontrolle durch den Aufsichtsrat
3.3.1 Fehlende demokratische Legitimation der Arbeitnehmervertreter
3.3.2 Ausweitung der Mitbestimmung
3.3.3 Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder
3.4 Vielschichtiges Principal-Agent-Problem
3.5 Ergebnis der unternehmensinternen Kontrolle

4 Unternehmensexterne Finanzkontrollmöglichkeiten
4.1 Externe Wirtschaftsprüfung
4.2 Erweiterte Prüfung und Berichterstattung
4.3 Die Prüfung durch die Rechnungshöfe
4.3.1 Die Flucht aus dem Budget
4.3.2 Die Betätigungsprüfung
4.3.3 Direkte Prüfungsmöglichkeit
4.3.4 Kontrollprobleme durch die Rechnungshöfe selbst
4.4 Kommunales Rechnungswesen als Informationsgrundlage für den Gesamtüberblick
4.5 Ergebnis der externen Finanzkontrollen

5 Weitere externe Kontrollmöglichkeiten
5.1 Der Beteiligungsbericht als Kontrollinstrument für Parlament und Öffentlichkeit
5.2 Sanktionsmechanismen des Marktes
5.3 Ergebnis der weiteren Kontrollen

6 Die Diskussion über mögliche Lösungen und eigene Verbesserungsvorschläge
6.1 Anwendung des Deutschen Corporate Governance Kodex
6.2 Anwendung eines Public Corporate Governance Kodex
6.2.1 Erläuterung
6.2.2 Praktische Relevanz
6.3 Anreize für die Einhaltung von Kodex-Vorschriften
6.4 Eigene Verbesserungsvorschläge
6.4.1 Externe Überwachung jeder einzelnen Rechtsformentscheidung
6.4.2 Gesetzliche Vorgaben bei bestehenden Beteiligungen

7 Schlussbetrachtung

Anhang

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Rechtsformen der inländischen Beteiligungen deutscher Großstädte

Tabelle 2: Rechtsformen kommunaler Beteiligungsunternehmen deutscher Großstädte im sektoralen Bereich

Tabelle 3: Örtliche Betätigungsprüfung und Unterrichtungsrecht bei kommunalen Beteiligungen gemäß den Gemeindeordnungen

Tabelle 4: Überörtliche Betätigungsprüfung und Unterrichtungsrecht bei kommunalen Beteilungen gemäß den Gemeindeordnungen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

In den vergangenen Jahren wurden in zunehmendem Umfang mittels Formprivatisierungen die traditionellen, öffentlich-rechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen (wie z.B. Sondervermögen, Eigenbetriebe) durch privatrechtlich organisierte Unternehmen ersetzt, und auch im Verwaltungsbereich der Kommunen wurden immer mehr öffentliche in privatrechtliche Organisationsformen umgewandelt.[1] Daraus sind sowohl Privatrechtsunternehmen im alleinigen Besitz der öffentlichen Hand entstanden, als auch Mischformen – so genannte Public Private Partnerships – bei denen zu dem öffentlichen Eigner auch private Anteilseigner hinzukommen.[2] Als Begründung für diese Vorgehensweise ist häufig das Argument des Effizienzvorteils zu finden.[3] Der privatrechtliche Unternehmensbereich des Staates, der überwiegend kommunale Aufgaben erfüllt, unterliegt aber kaum einer parlamentarischen Steuerung und Kontrolle.[4] Wenn der Staat in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen handelt, gibt es Regel- und Kontrollmechanismen, die ausschließlich auf den Eigner öffentliche Hand ausgerichtet sind. Diese gelten aber nicht, wenn er in Privatrechtsform tätig ist. Außerdem kommt bei einer privaten Kapitalbeteiligung der immanente Konflikt zwischen der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe einerseits und dem Gewinninteresse der privaten Eigner andererseits hinzu.[5] Somit ist der Unternehmenskontrolle bei Privatunternehmen im Eigentum der öffentlichen Hand gesteigerte Aufmerksamkeit zu widmen. Es besteht die Gefahr, dass zum Teil bewusst Einbußen bei den Kontrollrechten hingenommen werden, da die Formprivatisierungen und die Beteiligung von Privaten durch den finanziellen Handlungsdruck der Politiker bestimmt werden.[6] Die beteiligten Akteure können zu ihren eigenen Gunsten und auf Kosten der übrigen Bevölkerung handeln, wenn keine verantwortungsvolle Kontrolle stattfindet,[7] obwohl der Staat für das ihm von den Bürgern überlassene Staatsvermögen nur eine treuhänderische Funktion besitzt.[8] In dieser Arbeit soll nun betrachtet werden, welche Probleme und Defizite hinsichtlich der Unternehmenskontrolle bei Privatunternehmen im alleinigen und teilweisen Eigentum der öffentlichen Hand bestehen, welche Lösungsansätze diskutiert werden und welche Verbesserungen sinnvoll erscheinen.

1.2 Gang der Untersuchung

Die Arbeit gliedert sich in sieben Abschnitte.

Zunächst werden in Abschnitt 2 einige Grundlagen für privatrechtlich organisierte Unternehmen im Eigentum der öffentlichen Hand dargestellt. Es folgt in Abschnitt 3 die Betrachtung der unternehmensinternen Kontrollmöglichkeiten und in Abschnitt 4 die der unternehmensexternen Finanzkontrolle. In Abschnitt 5 wird erläutert, ob weitere externe Überwachungsmöglichkeiten existieren, und in Abschnitt 6 werden für die aufgezeigten Mängel verschiedene Lösungsansätze vorgestellt sowie eigene Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Schließlich werden in einer Schlussbetrachtung die Ergebnisse zusammengeführt und ein kurzer Ausblick auf die Zukunft der Public Corporate Governance gegeben.

2 Grundlagen

2.1 Überblick über privatrechtliche Unternehmen der öffentlichen Hand und Begriffsabgrenzung

Der Staat hat auf Bundesebene viele ehemals öffentliche Unternehmen an Private verkauft. Er ist nur noch mit wenigen privatrechtlichen Unternehmen wie z.B. mit der Deutschen Bahn AG oder mit der Deutschen Flugsicherung GmbH als Unternehmer in Privatrechtsform tätig. Auf Landes- oder Gemeindeebene aber finden sich weiterhin zahlreiche privatrechtliche Unternehmen der öffentlichen Hand, beispielsweise im Bereich der Wasserversorgung, des öffentlichen Personennahverkehrs, der Gasversorgung, der Elektrizitätsverteilung bzw. -erzeugung, oder bei Hafengesellschaften, Schwimmbädern, Theatern, Museen, Bibliotheken, Konzerthallen, Kuranlagen, Strafvollzugsanstalten, Müllabfuhren und -deponien, Straßenreinigungen, Krankenhäusern, Wohnbaugesellschaften oder Kreditinstituten. Diese Bereiche zählen zur so genannten Daseinsvorsorge.[9]

Viele dieser zuvor als Eigengesellschaften geführten Unternehmen der Kommunen oder Länder wurden in Gemeinschaftsunternehmen mit Privaten eingebracht. Beispiele für solche Public Private Partnerships sind Stadtwerke, Wirtschaftsförderungs-, oder Abfallentsorgungsgesellschaften.[10] Der Begriff Public Private Partnership ist allerdings nicht klar definiert und wird in der politischen Praxis nicht nur für Gemeinschaftsunternehmen von öffentlichen und privaten Partnern verwendet, sondern auch für alle anderen denkbaren Kooperationsformen zwischen Hoheitsträgern und privaten Wirtschaftssubjekten und hat so zu einer inhaltlichen Unschärfe geführt.[11] In dieser Arbeit sollen neben reinen Organisationsprivatisierungen so genannte institutionalisierte Public Private Partnerships[12] betrachtet werden, d.h. sie sind in Form von Kapitalgesellschaften organisiert, nehmen eine Daueraufgabe wahr und können alle möglichen Beteiligungsquoten der privaten und öffentlichen Seite beinhalten.[13] Davon abzugrenzen sind so genannte Public Private Partnership Projekte, für die in der Regel keine gemischtwirtschaftlichen Unternehmen gegründet werden, sondern das Vorhaben zwischen der öffentlichen Hand und Privaten nur mit einer vertraglich vereinbarten Projektdurchführung geregelt wird.[14]

Private Kapitalbeteiligungen an Unternehmen der öffentlichen Hand werden nicht nur aus Finanzierungsgründen als vorteilhaft angesehen, sondern auch wegen neuer unternehmerischer Impulse, dem zusätzlichen Druck auf eine rationale Unternehmensführung durch den privaten Eigner und der Einbringung von speziellem Branchenkenntnissen und Fachwissen.[15] Dies gilt vor allem deshalb, weil es sich bei den privaten Partnern in der Regel nicht um Kleinaktionäre handelt, sondern um Unternehmen, die bereits über Erfahrungen in bestimmten Wirtschaftszweigen verfügen. Auch die Autoren Kaulmann und Picot unterstützen diese Aussage. Sie haben in einer empirischen Untersuchung festgestellt, dass das öffentliche Eigentum einen signifikanten negativen Einfluss auf die Effizienz der von ihnen untersuchten Unternehmen hat.[16] Die gemeinsame Beteiligung mit Privaten führt infolgedessen zu einer Effizienzsteigerung. Ob der kommunale Einfluss dabei bestehen bleibt und welche Kontrollinstrumente bei diesen Unternehmen zur Verfügung stehen, ist kritisch zu prüfen.

Im Bereich der unmittelbaren Ämterverwaltung der Kommunen wurden zwar keine Public Private Partnerships gegründet, aber sehr viele privatrechtliche Unternehmen. Obwohl den Kommunen die Möglichkeit eröffnet wurde, ihre Tätigkeiten mit einer neu eingeführten öffentlich-rechtlichen Organisationsform – kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts, auch Kommunalunternehmen genannt – durchzuführen, entschieden sie sich dennoch überwiegend für die Privatrechtsform.[17] Auch hier wird als Begründung angeführt, dass die Verwaltung damit „...aus ihren überkommenen bürokratisch-hoheitlichen Strukturen gelöst und zu mehr Flexibilität, Wirtschaftlichkeit und Effektivität geführt wird“.[18]

Hinsichtlich der gewählten Privatrechtsform ist bei den Beteiligungen der Gebietskörperschaften – darunter sind der Bund, die Länder und die Gemeinden zu verstehen[19] – ein breites Spektrum zu finden.[20] Es gibt Gesellschaften mit beschränkter Haftung ebenso wie börsennotierte und nicht börsennotierte Aktiengesellschaften, GmbH & Co. KGs, GbRs, KGs, Vereine und privatrechtliche Stiftungen; und es halten viele staatliche Unternehmen in einer Rechtsform des öffentlichen Rechts wiederum unzählige Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen.[21] Bei den Beteiligungen der deutschen Großstädte ist die mit Abstand am häufigsten gewählte Rechtsform die der GmbH.[22] Besonders auffallend ist, dass keine andere Rechtsform an diesen hohen Häufigkeitswert der GmbH von 75,7 % herankommt. Die GmbH & Co. KG folgt als zweites mit nur 6,8 %, dicht gefolgt von der AG mit 6,1 %. Auch bei den übrigen Gebietskörperschaften ist die GmbH die Organisationsform der Wahl[23] und die AG die zweithäufigste.[24] Wird nach sektoralen Bereichen wie Wasser, Energie oder ÖPNV unterschieden, findet sich das gleiche Bild.[25] Andere Rechtsformen gibt es hier nur wenige oder gar nicht. Aufgrund der dargestellten Häufigkeit wird auf die Rechtsformen der GmbH und der AG in der vorliegenden Arbeit eingegangen.

2.2 Grundsätzliche rechtliche Regelungen

Die Rechtswissenschaft beantwortet die Frage nach Beteiligungen der öffentlichen Hand an Unternehmen vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit.[26] Nach dem Recht der Europäischen Union ist eine wirtschaftliche Betätigung der Mitgliedsstaaten nicht verboten. Es gibt dabei aber keine Vorgaben für das Ausmaß der staatlichen Teilnahme am Wirtschaftsleben und für die zu verwendende Rechtsform.[27] Grundsätzlich besteht die Verpflichtung, eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb (Art. 81 ff. EGV) und einen Binnenmarkt mit unverfälschtem Wettbewerb anzustreben. Durch diese Vorschriften wurden die Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren veranlasst, die Märkte durch den Abbau von Monopolen zu liberalisieren.[28]

Nur im Bereich der Daseinsvorsorge wurden Ausnahmen eingeräumt (Art. 86 Abs. 2 EGV). Hier müssen die Wettbewerbsregeln weitgehend nicht angewendet werden.[29] Der Begriff Daseinsvorsorge soll dabei aber nicht missbraucht und nicht zu weit interpretiert werden.[30] Daher hat die Kommission der europäischen Gemeinschaften ein Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse herausgebracht.[31] Es werden Definitionen und Beispiele für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und für Gemeinwohlverpflichtungen gegeben, die der Zuerkennung von ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteilen einzelner Unternehmen entgegen wirken sollen.[32] Auch bei den gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, den Public Private Partnerships, hat der EuGH mit seiner Entscheidung vom 11.01.2005 eine Klarstellung vorgenommen.[33] Nach diesem Urteil dürfen Vergaben an Gesellschaften, an denen privates Kapital beteiligt ist, unabhängig vom Umfang der privaten Beteiligung, nicht mehr ohne vorherige Ausschreibungsverfahren erfolgen. Ein ausschreibungsfreies Inhouse-Geschäft ist nur dann gestattet, wenn der öffentliche Auftraggeber 100 % der Gesellschaftsanteile hält.[34] So ist es beispielsweise nicht zulässig, dass eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft im Bereich der Abfallentsorgung mit der Einrichtung und dem Betrieb einer Deponie beauftragt werden kann, ohne dass ein Ausschreibungsverfahren stattgefunden hat.

Die weitere Definitionsmacht hinsichtlich der Daseinsvorsorge verbleibt bei den Mitgliedsstaaten, so dass die Aussagen des deutschen Rechts heranzuziehen sind.[35] Vorschriften zu privatrechtlichen Beteiligungen der öffentlichen Hand sind im deutschen Recht u.a. in den §§ 65 bis 69 der Haushaltsordnungen geregelt. Die Bundeshaushaltsordnung und die jeweiligen Landeshaushaltsordnungen schreiben in § 65 Abs. 1 Nr. 1 vor, dass sich der Bund bzw. das Land nur an privatrechtlichen Unternehmen beteiligen darf, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt, das sich anderweitig nicht erreichen lässt.

In § 65 BHO/LHO ist weiterhin festgelegt, dass sich der Bund bzw. die Länder nur an privatrechtlichen Unternehmen beteiligen sollen, wenn der Bund oder das Land einen angemessenen Einfluss erhalten (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO/LHO). Diese Einflussnahme soll die Gebietskörperschaft besonders im Aufsichtsrat oder in einem vergleichbaren Überwachungsorgan bekommen. Es ist aber schon hier kritisch anzumerken, dass es sich bei § 65 BHO/LHO nur um eine Soll-Vorschrift handelt, die umgangen werden kann.[36] Dass aber ein Kontrollverpflichtung bei privatrechtlichen Beteiligungen der öffentlichen Hand besteht, ist auch in der Literatur unumstritten.[37] Welche Überwachungsmöglichkeiten vorhanden sind, und ob sie bewirken, dass die Privatunternehmen im Sinne der Bürger geführt werden, wird nun im Einzelnen betrachtet.

3 Unternehmensinterne Kontrollmöglichkeiten

3.1 Weisungsmöglichkeiten

3.1.1 Weisungen gegenüber den Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer AG

Die Gesellschafter einer AG, unabhängig davon, ob es sich um private oder staatliche Anteilseigner handelt, üben ihre Rechte in der Hauptversammlung aus (§ 118 Abs. 1 AktG). Bei den staatlichen Eignern vertritt der erste Bürgermeister die Gemeinde in der Hauptversammlung der AG. Er kann aber auch laut der Gemeindordnungen der Länder einen Beamten oder Angestellten der Gemeinde mit seiner Vertretung beauftragen (z.B. § 4 Abs. 1 GO Baden-Württemberg). Ist die öffentliche Hand im Alleinbesitz der AG, so wird sie als Ein-Mann-Gesellschaft eine Hauptversammlung haben, die in der Regel aus nur einem Hauptversammlungsvertreter des öffentlichen Eigners besteht.[38] Als unumstritten gilt, dass die gewählten Vertreter der Bürgerschaft ein Weisungsrecht gegenüber ihren Vertretern in der Hauptversammlung besitzen.[39] Die jeweilige Gebietskörperschaft ist nämlich als juristische Person Gesellschafterin der AG und verwendet, um ihre Rechte ausüben zu können, von ihr bestimmte Vertreter, da sie als solche nicht handlungsfähig ist.[40]

Es stellt sich die Frage, ob auch gegenüber den entsandten oder gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrates Weisungen zulässig sind. Besonders bei Public Private Partnerships ist es wichtig, dass die beteiligte Gebietskörperschaft über den Aufsichtsrat die Geschäftsleitung genügend überwachen kann. Zunächst ist festzuhalten, dass ein Aufsichtsrat für Aktiengesellschaften nach § 95 ff AktG zwingend erforderlich ist. Die Vertreter der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat werden gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 AktG von der Hauptversammlung gewählt. Der öffentlichen Seite kann aber auch ein Entsenderecht eingeräumt werden, wobei dies für höchstens ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder der Inhaberseite möglich ist (§ 101 Abs. 2 AktG). In der Regel wählt der Gemeinderat seine Mitglieder für den Aufsichtsrat, und diese werden dann entweder der Hauptversammlung zur Wahl vorgeschlagen oder von der Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat entsandt.[41] Die Positionen werden häufig durch Bürgermeister, Gemeinderatsmitglieder und Kommunalbedienstete besetzt.[42]

Das Aktiengesetz enthält keine explizite Regelung darüber, ob die Vertreter der Gebietskörperschaft ihren Aufsichtsratsmitgliedern Weisungen erteilen können oder nicht. Der Bundesgerichtshof vertritt den Grundsatz vom Vorrang des Gesellschaftsrechts, wonach das Bundesgesellschaftsrecht nach Art. 3 GG einen grundsätzlichen Vorrang gegenüber dem Landesrecht besitzt.[43] Danach ist ein Aufsichtsratsmitglied nur an die Weisungen des Gemeinderates gebunden, wenn und soweit sie nicht mit den gesellschaftsrechtlichen Regelungen kollidieren.[44] Der Vorrang des Gesellschaftsrechts wird damit begründet, dass sich die öffentliche Hand auf eine Stufe mit Privatpersonen begibt, wenn sie sich privater Rechtsformen bedient. Somit muss sie dann auch die spezifischen Bedingungen akzeptieren, die hier gelten und denen auch Privatleute bei der Wahl dieser Rechtsform unterliegen.[45] Wenn die öffentliche Seite ihren Aufsichtsratsmitgliedern Weisungen erteilen darf, ist sie besser gestellt als die übrigen Aktionäre.[46] Da das Unternehmen aber einen öffentlichen Zweck verfolgen soll, ist die Gleichstellung der öffentlichen und privaten Anteilseigner zu hinterfragen. Siekmann sieht den Vorrang des Gesellschaftsrechts als sehr kritisch an. Er begründet dies damit, dass auch privatrechtlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand öffentliche Aufgaben erfüllen und daher die Normen des öffentlichen Rechts für die mittelbare Verwaltung beachten müssen.[47] Folglich müsste die Gebietskörperschaft Einfluss auf die Überwachungstätigkeit ihrer Entsandten nehmen können, um so ihrer Verpflichtung zur Kontrolle nachkommen zu können.

Es wird auch die persönliche Haftung als Begründung für die Unzulässigkeit von Weisungen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern angeführt.[48] Nach dem Aktiengesetz gilt, dass jedes Aufsichtsratsmitglied Inhaber eines ungebundenen, höchstpersönlichen Mandats ist und dass es nur dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet ist[49]. Sonstige Interessen, und somit auch solche, die nur der Gebietskörperschaft nutzen, sind zurückzustellen[50]. Die Autoren May und Weiblen kommen daher zu der Auffassung, dass die öffentliche Hand nur auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrates einwirken kann, mehr Einflussmöglichkeiten auf den Aufsichtsrat hat sie nach dem Aktiengesetz nicht.[51] Auch Mahlberg schließt ein Weisungsrecht aus: „Grundsätzlich ist kein von der Gemeinde bestelltes Aufsichtsratsmitglied nach dem Aktienrecht verpflichtet, Weisungen der Gemeinde zu befolgen“.[52] Allerdings sind bei der genannten Begründung die Unterschiede zwischen den Aufsichtsratsmitgliedern der öffentlichen Hand und den Aufsichtsratsmitgliedern der privaten Eignerseite bezüglich der Haftung zu berücksichtigen. Der Leistungsanreiz für ein engagiertes, eigenverantwortliches Handeln wird bei den privaten Aufsichtsratsmitgliedern durch die Androhung der persönlichen Haftung gegeben (§ 116 Satz 1 i.V.m. § 117 AktG), die im Übrigen auch für den Vorstand gemäß § 93 Abs.2 AktG gilt.[53] Dies trifft für die Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Seite nicht zu, denn in den Gemeindeordnungen ist eine Freistellung von der Haftung vorgesehen (z.B. Art. 93 Abs. 3 GO Bayern oder § 113 Abs. 6 GO Nordrhein-Westfalen). Nur bei Vorsatz oder grob fahrlässiger Schädigung müssen sie persönlich haften. Beamte sind gemäß § 78 des Bundesbeamtengesetzes auch von einer persönlichen Haftung befreit.[54] Da der öffentliche Anteilseigner die Haftung übernimmt, muss er Vorkehrungen treffen, um Haftungsfälle möglichst zu vermeiden.[55] Dies wird mittels einer Beteiligungsverwaltung zu erreichen versucht. Es besteht eine Verpflichtung zur Einrichtung einer solchen Verwaltung[56]. Deren Aufgabe ist, die Aufsichtsratsmitglieder bei ihrer Kontrolltätigkeit zu unterstützen[57].

Der Autor Schön berücksichtigt bei der Frage der Zulässigkeit von Weisungsrechten den Ermessensspielraum, der den Mitgliedern bei Entscheidungen im Aufsichtsrat zusteht.[58] Für den Fall, dass kein Ermessensspielraum vorliegt, haben die entsandten Aufsichtsratsmitglieder die zuvor in der Gebietskörperschaft getroffene Meinung umzusetzen. Wenn allerdings eine Entscheidung zu treffen ist, die einen gewissen Spielraum offen lässt, dann soll die Beteiligungsverwaltung nur die notwendigen Informationen aufbereiten und Empfehlungen und Hinweise geben[59], ansonsten kann das Mitglied seine eigene Auffassung durchsetzen[60]. Diese Empfehlungen und Hinweise sollen zulässig sein, da das Aufsichtsratsmitglied nicht von der Verpflichtung entbunden wird, sie eigenverantwortlich zu überprüfen.[61] Wenn ein Aufsichtsratsmitglied bei Entscheidungen ohne Ermessensspielraum eine andere Meinung vertritt als die zuvor in der Gebietskörperschaft festgelegte, muss es dies zuvor bekannt geben[62]. Der Gemeinderat kann bei einem entsandten Aufsichtsratsmitglied entscheiden, ob er es abbestellen möchte oder nicht. Ein entsandtes Aufsichtsratsmitglied kann nach § 103 Abs. 2 AktG jederzeit von dem Entsendungsberechtigten abberufen werden. Schön betont zwar, dass durch die Möglichkeit der Abberufung die gesellschaftsrechtliche Unabhängigkeit gefährdet sei, kommt aber dennoch zu dem Schluss, dass es sich um ein zulässiges Verhalten handelt, da der Gesetzgeber gerade wegen der dadurch entstehenden Einflussmöglichkeit der öffentlichen Hand Entsenderechte vorgesehen hat.[63]

Möller hingegen vertritt die Auffassung, dass es nicht erlaubt ist, ein Mitglied abzubestellen, wenn damit der gesellschaftsrechtliche Grundsatz der Weisungsfreiheit umgangen werden soll.[64] Die Vertreter der Gebietskörperschaft können nicht mit Abberufung drohen, wenn ihr Aufsichtsratsmitglied einer Weisung nicht nachkommen möchte.[65] Außerdem behauptet er, dass sich die Aufsichtsratsmitglieder gegen ungefragte Hinweise und Empfehlungen des Beteiligungsmanagements mit einer Unterlassungsklage wehren können.[66]

Sogar für den Fall, dass es sich um Aktiengesellschaften im alleinigen Besitz einer Gebietskörperschaft handelt, finden sich unterschiedliche Auffassungen über die Berechtigung von Weisungen. Das Argument, dass aussenstehende Aktionäre nicht schlechter gestellt sein sollen als jene, die Weisungen erteilen können, kann hier nicht mehr angeführt werden. Es ist kein Privataktionär vorhanden und es gibt kein Unternehmensinteresse, das autonom ist und sich von dem des öffentlichen Gesellschafters unterscheidet.[67] Diese Ansicht wird aber beispielsweise von dem Autor Gersdorf nicht geteilt.[68] Insgesamt kann festgehalten werden, dass aufgrund des gesellschaftsrechtlichen Vorrangs keine Weisungsrechte bestehen. Die gewählten Vertreter der Bürgerschaft können ihrer Pflicht zur Einflussnahme und Kontrolle auf diese Weise nicht nachkommen.

3.1.2 Weisungen gegenüber den Vertretern der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer GmbH

Anders als im Aktiengesetz besteht im GmbH-Gesetz keine Pflicht zu einem Aufsichtsrat, nur die Organe des Geschäftsführers und der Gesellschafterversammlung sind obligatorisch (§§ 6 und 48 GmbHG). Die Gesellschafter können aber in ihrem Gesellschaftsvertrag einen Aufsichtsrat vorsehen (§ 52 GmbHG). Ist eine Gebietskörperschaft Gesellschafterin einer GmbH, so stellt sich die Frage, ob nicht nur dann eine Beteiligung zugelassen ist, wenn ein Aufsichtsrat gebildet wird.[69] Diese Überlegung basiert auf der bereits genannten Bestimmung, dass Bund, Land oder Gemeinden einen angemessenen Einfluss auf das Unternehmen über den Aufsichtsrat oder ein entsprechendes Überwachungsorgan zu erhalten haben (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO/LHO[70] ) Daraus könnte abgeleitet werden, dass sie sich nur an Gesellschaften mit Überwachungsorgan beteiligen sollen.[71] Eine gesetzliche Verpflichtung existiert aber nicht.

Nach dem GmbH-Gesetz wird der Aufsichtsrat Pflicht, wenn die GmbH mit mehr als 500 Beschäftigten (§ 3 MontanMitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 DrittelbG) bzw. mit mehr als 2000 Beschäftigten (§ 6 MitbestG) unter die Unternehmensmitbestimmung der Arbeitnehmer fällt. Die Mitglieder eines fakultativen oder obligatorischen Aufsichtsrates der Eignerseite werden von der Gesellschafterversammlung gewählt, falls kein Entsenderecht besteht. Ein Entsenderecht für die Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand kann nur durch den Gesellschaftsvertrag begründet werden.[72]

Das Weisungsrecht der Gebietskörperschaft als Gesellschafterin einer GmbH gegenüber ihren Vertretern in der Gesellschafterversammlung ist wie bei der Hauptversammlung einer AG unumstritten.[73] Es ist aber ebenfalls unklar, ob gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern Weisungsrechte bestehen. Wenn die Gesellschaft einen fakultativen Aufsichtsrat im Gesellschaftsvertrag festgelegt hat oder der Aufsichtsrat obligatorisch ist, dann sind die entsprechenden Vorschriften des Aktiengesetzes für den Aufsichtsrat anzuwenden (§ 52 GmbHG), sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes bestimmt.

3.1.3 Weisungen gegenüber dem Vorstand einer AG

Der Vorstand einer Aktiengesellschaft wird durch den Aufsichtsrat bestellt und abberufen (§ 84 AktG). Die Möglichkeiten der Gebietskörperschaft, bei dieser Entscheidung Einfluss zu nehmen, sind durch die dargestellten Weisungsprobleme gegenüber dem Aufsichtsrat gekennzeichnet und durch die Informations- und Mitbestimmungsprobleme, die in den folgenden Abschnitten noch erläutert werden. Eine unmittelbare Entsendung eines Mitglieds des Rates oder der Verwaltung durch die Gebietskörperschaft in den Vorstand ist aktienrechtlich nicht möglich, da dies, wie schon erwähnt wurde, Aufgabe des Aufsichtsrates ist.

Der Vorstand leitet die AG nach § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung, und seine Vertretungsbefugnis darf nicht beschränkt werden (§ 82 Abs. 1AktG). Er muss zwar die von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossenen Maßnahmen ausführen (§ 83 Abs. 2 AktG), und er kann auch hinsichtlich seiner Geschäftsführungsbefugnis im Verhältnis zur Gesellschaft durch die Satzung, den Aufsichtsrat, die Hauptversammlung und die Geschäftsordnungen des Vorstandes und des Aufsichtsrates beschränkt werden (§ 82 Abs. 2 AktG), er ist aber nicht an Weisungen des Aufsichtsrates oder der Hauptversammlung gebunden.[74] Werden in der Satzung die öffentliche Aufgabe und die daraus abzuleitenden Handlungsanweisungen nicht genau festgelegt, unterstellt das Aktienrecht die Absicht der Gewinnerzielung.[75] Für den Fall, dass hiervon abgewichen wird, haben die privaten Anteilseigner Schadensersatzansprüche.[76] Nachträgliche Änderungen des Unternehmenszwecks sind nur mit einem einstimmigen Beschluss der Hauptversammlung möglich.

Es ist auch nicht erlaubt, dem Aufsichtsrat Maßnahmen der Geschäftsführung zu übertragen (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG). Er kann nur mittels zustimmungspflichtiger Geschäfte Einfluss nehmen. Seit der Geltung des Transparenz- und Publizitätsgesetzes (TransPuG)[77] muss die Satzung der AG oder der Aufsichtsrat einen Katalog von Geschäften festlegen, die die Zustimmung des Aufsichtsrates benötigen (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Ob ein Veto, das dem öffentlichen Interesse zugute kommt, auch tatsächlich vom Aufsichtsrat erhoben wird, ist von den Mitgliedern im Aufsichtsrat abhängig. Häufig werden Entscheidungen unter Berücksichtigung von Einzelinteressen getroffen, wie im folgenden Abschnitt gezeigt wird. Erhebt der Aufsichtsrat ein Veto hinsichtlich eines zustimmungspflichtigen Geschäfts, kann der Vorstand bestimmen, dass die Hauptversammlung darüber entscheidet (§ 11 Abs. 4 Satz 4 AktG). Die Gebietskörperschaft kann mit Hilfe ihrer Vertreter in der Hauptversammlung hier das Interesse der öffentlichen Hand vertreten. Das Veto des Aufsichtsrates ist unwirksam, wenn mindestens ¾ der Stimmberechtigten dem Geschäft zustimmen (§ 111 Abs. 4 Satz4 AktG). Somit hängen der Zustimmungsvorbehalt und seine Relevanz von den Mehrheiten in der Hauptversammlung ab. Die Gebietskörperschaft kann über die zustimmungspflichtigen Geschäfte entscheiden, wenn sie eine Mehrheit von mindestens ¾ besitzt. Umso entscheidender ist dann die Einflussnahme der Gebietskörperschaft auf ihre Vertreter im Aufsichtsrat, dass es überhaupt zu einem Veto kommt, wenn das Geschäft nicht im Sinne der öffentlichen Hand ist.

Allerdings gibt es eine Ausnahme, bei der die Anteilseigner auf die Geschäftsführung des Vorstandes starken Einfluss nehmen können. Diese Ausnahme gilt für verbundene Unternehmen.[78] Gemäß § 308 Abs. 1 AktG sind Weisungsbindungen des herrschenden Unternehmens an Vorstandsmitglieder zulässig. Daher gründen Gebietskörperschaften häufig so genannte Holding-Gesellschaften in der Rechtsform einer GmbH.[79] Diese schließen Beherrschungsverträge mit den Tochter-AGs nach § 291 AktG ab. Die GmbH kann dem Vorstand der Untergesellschaften bindende Weisungen erteilen und somit erheblichen Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen.[80]

In einigen Gemeindeordnungen ist u.a. aus diesem Grund ein Nachrang der Aktiengesellschaft vorgesehen.[81] Demnach soll eine unmittelbare Beteiligung an Unternehmen in dieser Rechtsform nur dann gestattet sein, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut in einer anderen Rechtsform erfüllt werden kann (z.B. § 95 Abs. 2 GO Sachsen, § 103 Abs. 2 GO Baden-Württemberg, § 108 Abs. 3 GO NRW). Allerdings bestehen auch bei der GmbH Weisungsprobleme, wie im Folgenden erläutert wird.

3.1.4 Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer einer GmbH

Anders als bei einer AG wird bei einer GmbH der Geschäftsführer nicht durch den Aufsichtrat bestellt und abberufen, sondern durch die Gesellschafter selbst (§ 46 Nr. 5 GmbHG). Diese Aufgabe kommt nur dann dem Aufsichtsrat zu, wenn das Unternehmen dem Mitbestimmungsgesetz unterliegt (§§ 31 Abs. 1 Satz 1 MitbestG i.V.m. 84 Abs. 1 Satz 1 AktG[82] ).

Die Gesellschafter stellen bei einer GmbH das Entscheidungszentrum dar, so dass dem Geschäftsführer keine eigenverantwortliche Stellung wie dem Vorstand einer AG zukommt.[83] Er hat nach den Vorgaben der Gesellschafter bzw. des Gesellschaftsvertrages zu handeln und ist auch im Einzelfall weisungsgebunden.[84] Die Eigentümer der GmbH besitzen im Gegensatz zur AG die Möglichkeit, direkt in die Geschäftsführung einzugreifen. Dies soll ein weiterer Grund für den genannten Nachrang von Aktiengesellschaften sein, wie es von einigen Gemeindeordnungen verlangt wird[85]

Allerdings merkt der Autor Püttner an, dass auch bei der Rechtsform der GmbH, selbst dann, wenn die Gestaltungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand genutzt werden, der Geschäftsführer doch freier ist als der Werkleiter eines öffentlich-rechtlichen Betriebes, wie beispielsweise eines kommunalen Eigenbetriebes.[86] Auch in einer GmbH besitzt die Gebietskörperschaft keine originäre Entscheidungskompetenz.[87] Die Gesellschafterversammlung trifft die maßgeblichen Entscheidungen – und nicht die Gebietskörperschaft selbst wie bei den Eigenbetrieben und den Anstalten des öffentlichen Rechts.[88] Bei einem Unternehmen der öffentlichen Hand besteht ohnehin der Konflikt zwischen dem Sachziel der öffentlichen Leistungserstellung und der Gewinnerzielung.[89] Kommen private Anteilseigner hinzu, verschärft sich dieser Konflikt noch, weil dann sowohl der öffentliche als auch der private Partner über die Zielsetzung entscheiden.[90]

In den meisten Gemeindeordnungen wird verlangt, über die Satzung sicherzustellen, dass der öffentliche Zweck erfüllt wird (z.B. § 91 Abs. 1 Nr. 1 BayGO, § 108 Abs. 1 Nr. 7 GO NRW). Um dies zu gewährleisten, müsste aber der öffentliche Zweck möglichst konkret benannt werden. Das ist aber dem Wortlaut der Gemeindeordnungen nicht zu entnehmen.[91] Letztendlich bleibt es dann Aufgabe des Geschäftsführers, das Ziel des Unternehmens zu konkretisieren, und es entspricht häufig nicht mehr dem öffentlichen Zweck, für den das Unternehmen gegründet wurde.[92] Vor allem bei den formprivatisierten Unternehmen des Verwaltungsbereiches, kommt die Gefahr hinzu, dass die Geschäftsführer ihre Eigeninteressen verfolgen können, wenn sie zuvor im öffentlichen Dienst standen und mit Entscheidungen bezüglich dieses Unternehmens betraut waren.[93] Viele der staatlichen Bediensteten sind an einem Geschäftsführungsposten bei den privatrechtlichen Unternehmen interessiert.[94] Da ein solcher Wechsel nicht verboten ist, besteht ohne die Möglichkeit von konkreten Weisungen die Gefahr von korruptem Verhalten.[95]

Ob die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer den Interessen der öffentlichen Hand entsprechen, kommt schließlich auf die Mehrheitsverhältnisse an. Möglicherweise reichen diese für eine entsprechende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages nicht aus. Ein privater Anteilseigner wird auch in der GmbH auf Regelungen bestehen, die ihn vor einem gewinnmindernden öffentlichen Interesse schützen.[96] Der Private wird versuchen, den Gesellschaftsvertrag so auszugestalten, dass die Vorschriften des Aktiengesetzes, die das Privatkapital schützen, auch in die GmbH übernommen werden.[97]

Die Zulässigkeit von Weisungsrechten der Gesellschafter gegenüber ihrem Geschäftsführer ist nicht mehr eindeutig zu bejahen, wenn die GmbH einen Aufsichtsrat zu bilden hat. Auch hier ist ein Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte zwingend zu erstellen.[98] Somit ist es auch hier von erheblicher Bedeutung, dass die Kontrolle durch den Aufsichtsrat funktioniert und dass die zustimmungspflichtigen Geschäfte so festgelegt werden, dass es zu einer Erfüllung der öffentlichen Aufgaben kommt.

3.2 Informationsmöglichkeiten

3.2.1 Informationsweitergabe der Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat und des Vorstandes einer AG

Gemäß § 131 Abs. 1 AktG haben die Aktionäre in der Hauptversammlung ein Auskunftsrecht gegenüber dem Vorstand. Die rechtlich verankerten Informationsmöglichkeiten des öffentlichen Gesellschafters sind damit aber noch nicht erschöpft, da im Aktiengesetz Sondervorschriften bei Beteiligungen von Gebietskörperschaften festgelegt sind (§§ 394 – 398 AktG). Diese entbinden die Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat von ihrer Verschwiegenheitspflicht bei der Berichterstattung an den öffentlichen Gesellschafter (§ 394 AktG). Die Empfänger der Information in der Gebietskörperschaft müssen gemäß § 395 AktG hingegen Verschwiegenheit wahren. Dieses besondere Informationsrecht des öffentlichen Anteilseigners stellt eine Aufhebung des Gleichbehandlungsgrundsatzes der Aktionäre nach § 53a AktG dar[99] und könnte der Besonderheit des öffentlichen Eigners gerecht werden, wenn nicht eine Ausnahme eingeräumt wäre.

Die Verschwiegenheitspflicht wird nämlich nicht aufgehoben, wenn es sich um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handelt, die für das Verständnis der Berichte nicht erforderlich sind (§ 394 Satz 2 AktG). Folglich ist die öffentliche Hand hinsichtlich ihres Kenntnisstandes von der Entscheidung ihres Aufsichtsratsmitgliedes abhängig, ob es die Information als Geschäftsgeheimnis interpretiert oder nicht.[100]

Auch über den Vorstand einer AG werden die Vertreter der öffentlichen Hand nicht umfassend informiert. Dieser ist gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG ebenfalls zu Stillschweigen über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verpflichtet. Die einzelnen Vertreter der Gebietskörperschaft, z.B. Mitglieder des Gemeinderates, haben keinen Anspruch auf eine direkte Information durch den Vorstand.[101] Diese Gremien werden nur über die mitgliedschaftlichen Vertreter informiert. Sollte sich das Aufsichtsratsmitglied entscheiden, der Gebietskörperschaft über einen Sachverhalt nicht zu berichten, so wird damit die Möglichkeit der Kontrolle eingeschränkt. Es kann dazu kommen, dass selbst der erste Bürgermeister über Vorgänge und Beschlüsse nicht in Kenntnis gesetzt wird, da sich die Vertreter im Aufsichtsrat auf ihre Verschwiegenheitspflicht berufen. Unter diesen gesetzlichen Bedingungen ist die Entscheidung des entsandten oder gewählten Aufsichtsratsmitgliedes, eine Information weiterzugeben, abhängig von dessen Interpretation und individuellem Nutzen.

Der Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen sieht das als bedenklich an. Er betont in seinem Urteil zur Gewährleistung der parlamentarischen Verantwortung und Kontrolle bei der Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, dass es dem Gebot der demokratischen Legitimation der Erfüllung öffentlicher Aufgaben widerspricht, wenn die Behörde keine Informationen erhält, weil sich auf das gesellschaftsrechtlich geschützte Interesse an der Geheimhaltung bestimmter Themen berufen wird.[102]

3.2.2 Informationsweitergabe der Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer GmbH

Das GmbH-Gesetz kennt im Gegensatz zum Aktiengesetz keine Sondervorschriften für die privatwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand.[103] Daher stellt sich bei einer GmbH die Frage, ob auch hier die Verschwiegenheitspflicht der Vertreter der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat aufgehoben ist.

Die für den fakultativen und den obligatorischen Aufsichtsrat maßgeblichen Vorschriften (§ 52 Abs. 1 GmbHG; §§ 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG, 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG) verweisen nur auf die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern nach §§ 116 i.V.m. 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. Einen Verweis auf die Sondervorschriften der §§ 394 f. AktG, der Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht, gibt es nicht.

Ob eine analoge Anwendung auch beim fakultativen bzw. obligatorischen Aufsichtsrat der GmbH gelten soll, ist unklar. Der Autor Vogel vertritt die Auffassung, dass von einer analogen Anwendung ausgegangen werden kann, da ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Sondervorschriften und den sonstigen Informations- und Prüfungsrechten bei Unternehmen im Anteilsbesitz der öffentlichen Hand besteht.[104] Der Autor Reichert betont dies noch, indem er von einer Gesetzeslücke ausgeht, da die Lage der Vertreter im Aufsichtsrat einer AG mit denen in einer GmbH vergleichbar sei.[105]

3.3 Die Kontrolle durch den Aufsichtsrat

3.3.1 Fehlende demokratische Legitimation der Arbeitnehmervertreter

Der Aufsichtsrat einer Gesellschaft, an der die öffentliche Hand beteiligt ist, befindet sich bei der internen Unternehmenskontrolle aber nicht nur in den dargestellten Konfliktfeldern der Weisungs- und Informationsmöglichkeiten, sondern auch im Konfliktfeld der Arbeitnehmermitbestimmung. Wie bereits erwähnt wurde, verlangt das Mitbestimmungsgesetz ab 2001 Beschäftigen, dass die Aufsichtsratsmitglieder zur Hälfte aus Vertretern der Beschäftigten bestehen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG). Bei mehr als 500 Beschäftigten muss nach dem Drittelbeteiligungsgesetz immerhin noch ein Drittel der Mitglieder des Kontrollgremiums mit Arbeitnehmervertretern besetzt werden (§1 Abs. 1 DrittelbG). Die Beschäftigten von großen Kapitalgesellschaften erhalten durch dieses Gesetz fast gleichgewichtige Kontrollbefugnisse im Verhältnis zu den Eigentümern.[106]

Der Konflikt, der hier entsteht, ist zum einen die fehlende demokratische Legitimation der Arbeitnehmervertreter bei der Entscheidungsteilhabe im Aufsichtsrat[107], und zum anderen entsteht die Auswirkung, dass sich Einzelinteressen wie die der Beschäftigten, der Gewerkschaftsfunktionäre[108] und der Parteiangehörigen durchsetzen können[109]. In einem demokratischen Staat geht gemäß Art. 20 GG die gesamte Staatsgewalt vom Volke aus. Die Legitimationskette muss also bis in alle Organe reichen, die als Vertreter der öffentlichen Hand fungieren.[110] Obwohl die Vertreter der Beschäftigten nicht von den Bürgern der Gebietskörperschaft gewählt wurden und somit keine vom Volk abgeleitete Legitimation besitzen, dürfen sie dennoch im Aufsichtsrat maßgebend an der Kontroll- und Steuerungsaufgabe beteiligt sein. Ihnen stehen mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der privatrechtlichen Betätigung des Staates zur Verfügung als den übrigen Bürgern. Folglich handelt es sich um einen Verstoß gegen die Gleichheit aller Bürger.[111]

Nach Püttner ist die fehlende demokratische Legitimation nicht von Belang, da es nur darauf ankommt, dass sich die öffentliche Seite im Ernstfall durchsetzen kann.[112] Und das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich entschieden, dass eine „ununterbrochen auf das Volk zurückzuführende Legitimationskette“ nicht immer vorhanden sein müsse, solange es „maßgeblichen Einfluss“ auf das Verhalten habe.[113] Dies ist aber gerade nicht der Fall. Es wird zwar behauptet, dass die beteiligte Gebietskörperschaft letztlich ihre Ziele erreichen kann, weil bei einer Pattsituation dem Aufsichtsratsvorsitzenden, den die Eigner stellen, die ausschlaggebende Stimme zukommt.[114] Faktisch ist dies aber nicht gesichert. Anders als bei ausschließlich privaten Eigentümern besteht hier keine antagonistische Stellung von Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern. Bei rein öffentlichem Eigentum haben beide Seiten oftmals eher ähnliche Ansichten und Meinungen, da sie aus demselben politisch-weltanschaulichem Umfeld kommen.[115] Und außerdem werden gerade im kommunalen Bereich Aufsichtsratsmitglieder kaum wegen ihrer fachlichen Qualifikation entsandt. Sie fühlen sich ihrer Partei und damit sich selbst verpflichtet. Insgesamt kann es dazu kommen, dass sie Absprachen mit den Arbeitnehmervertretern vereinbaren und Entscheidungen treffen, die nicht im Interesse der beteiligten Gebietskörperschaft sind, sondern im Interesse einzelner Beteiligter.[116] Eine Stimmengleichheit, bei der die entsandten Vertreter die Gebietskörperschaftsinteressen vertreten, und die Vertreter der Beschäftigten ihre, ist eher unwahrscheinlich. Somit ist es unerheblich, dass der Vorsitzende über den Stichentscheid verfügt, selbst dann, wenn er im Sinne der öffentlichen Hand entscheiden würde. Es ist auch möglich, dass die Arbeitnehmervertreter die Anteilseignerseite aushebeln. Da die entsandten Mitglieder kein homogener Block sind, sondern untereinander häufig uneinig sind, weil sie die Meinung ihrer jeweiligen Partei vertreten, können die Vertreter der Beschäftigten als Zünglein an der Waage fungieren.[117] Es resultiert faktisch eine Arbeiterselbstverwaltung.[118]

Die dargestellten Abläufe bei der Kontrolltätigkeit und bei Entscheidungen des Aufsichtsrates werden noch verstärkt, wenn Private am Unternehmen beteiligt und damit auch im Aufsichtsrat vertreten sind. Die Heterogenität der Anteilseignerseite vergrößert sich, und die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses kann noch weiter verdrängt werden. Die Arbeitnehmervertreter können die Uneinigkeit der Eignerseite verstärkt für sich nutzen.

3.3.2 Ausweitung der Mitbestimmung

Besonderes kritisch ist im Zusammenhang mit der Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats zu sehen, dass bei vielen Unternehmen mit staatlicher Beteiligung sogar eine Ausweitung der Mitbestimmung zu beobachten ist.[119] Manche Gesellschaften der öffentlichen Hand haben die Mitbestimmung eingeführt oder weiterhin beibehalten, obwohl sie weniger Beschäftigte haben als die vom Gesetz geforderte Anzahl.[120] Um das zu erreichen, wurden formelle und informelle Absprachen zwischen den Beteiligten durchgeführt.[121] Nach Püttner bestehen sogar bei dieser freiwilligen Erweiterung der Mitbestimmung keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, solange die Steuerungs- und Kontrollpflicht der öffentlichen Hand gewährleistet ist.[122] Dass dies nicht der Fall ist, wurde bereits erläutert. Das Ziel der Gewerkschafter eine paritätische Mitbestimmung in Eigengesellschaften ohne Gesetzesänderung zu erreichen, ist damit gelungen.[123] Die Gewerkschaftsfunktionäre haben mit diesem Verhalten ihr Einkommensinteresse erfolgreich verfolgt.

3.3.3 Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

Außerdem kommt hinsichtlich einer funktionierenden Kontrolle im Aufsichtsrat das Problem hinzu, dass weder die Vertreter der öffentlichen Hand noch die Gewerkschaftsfunktionäre als Vertreter der Beschäftigten über genügend unternehmerische Erfahrung, Qualifikation und Unabhängigkeit verfügen, die für diese Tätigkeit erforderlich ist. Um mit dem Vorstand zusammenarbeiten und ihn kontrollieren zu können, benötigen die Mitglieder im Aufsichtsrat fundierte Kenntnisse aus den Bereichen Strategie, Controlling und Corporate Finance.[124] Dabei sollten sie vor allem komplexe Bilanzierungs- und Finanzthemen verstehen und sich im Risikomanagement auskennen. In der Praxis sind aber vor allem in den Kommunen die politisch entsandten Aufsichtsratsmitglieder weder geschult noch erfahren, da sie überwiegend Regional- und Kommunalpolitiker sind.[125] Beamte, die über ein Aufsichtsratsmandat verfügen, sind verpflichtet die gesamte Vergütung abzuliefern, für Wahlbeamte hingegen besteht ein Ablieferungsfreibetrag.[126] Somit haben eventuell besonders gut geeignete Beamte wenig Interesse an einem Mandat und weniger geeignete Gemeinderatsmitglieder drängen in die Aufsichtsräte.[127] Es sind also häufig Freizeitparlamentarier, die diese wichtige Kontrollaufgabe wahrnehmen. Außerdem achten die Vertreter der öffentlichen Hand auch darauf, dass der politische Proportz des Gemeinderates möglichst gut im Aufsichtsrat abgebildet ist. Die Qualifikation spielt nur eine ganz nebensächliche Rolle, da das Ziel ist, die Parteiinteressen zu wahren. Die Anforderung der Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder ist damit ebenfalls verletzt, da die proportzgerechte Besetzung mit politischen Mandatsträgern oder Beamten ein großes Potential für sachfremden Einfluss und Abhängigkeiten schafft.[128] Es ist auch zu bemängeln, dass die entsandten Mitglieder der öffentlichen Hand häufig über 60 bzw. sogar über 65 Jahre alt sind, da sie erst nach einer langen politischen Laufbahn über genügend Einfluss verfügen, um sich einen solchen Posten zu sichern.[129]

Auch die Gewerkschaftsfunktionäre verfügen über keine ausreichende Qualifikation, da sie aufgrund ihrer beruflichen Laufbahn in der Regel keine Erfahrung in der Leitung und Kontrolle von Unternehmen gesammelt haben und diese auch nicht von ihnen gefordert wird.[130] So sitzen im Aufsichtsrat sowohl auf der Anteilseigner- als auch auf der Arbeitnehmervertreterseite Verantwortliche mit erheblichen Qualifikationsdefiziten und fraglicher Unabhängigkeit. Zudem ist die Anzahl der Mitglieder eventuell größer als gesetzlich erforderlich und damit einer effizienten Aufsichtsrattätigkeit abträglich[131]. Von einer Corporate Governance im Sinne des öffentlichen Eigentümers kann hier keine Rede mehr sein. Im Bereich von formprivatisierten Verwaltungen kann beispielsweise festgestellt werden, dass viele Vertreter der Gebietskörperschaft an den gut bezahlten Posten der Geschäftsführung interessiert sind.[132] Die Entscheidung im Aufsichtsrat, wer die Unternehmensleitung übernehmen darf, erfolgt überwiegend anhand von Beziehungsgeflechten.[133] Die Kompetenz der betreffenden Person findet auch hier kaum Berücksichtigung. Damit besteht die Möglichkeit, dass die öffentlichen Gelder in die Karrieren von inkompetenten Politikern und Verwaltungsangestellten umverteilt werden, und es kann zu erheblichen Wohlfahrtsschäden kommen.[134]

3.4 Vielschichtiges Principal-Agent-Problem

Privatunternehmen im alleinigen Eigentum der öffentlichen Hand zeichnen sich durch das Problem der Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht aus.[135] Da alle Bürger die gleichen Anteile halten, besitzen sie weder die Kontrollmehrheit[136] noch können sie über ihre Anteile verfügen und sie einfach verkaufen, wenn sie mit der Leistung des Unternehmens unzufrieden sind.[137] Daraus ergibt sich die Möglichkeit des Missbrauchs der Verfügungsmacht für die regierenden Politiker, für die mit der Beteiligung beauftragten Verwaltungsangestellten und für das Management.[138] Es besteht ein vielschichtiges Principal-Agent Problem.[139] Der Principal (Auftraggeber = Bürger) wählt seine Agenten (Auftragnehmergruppe I = Politiker). Aus diesen wird eine Regierung gebildet. Diese Regierung nutzt wiederum Agenten (Auftragnehmergruppe II a = Mitglieder der Verwaltung) für die Durchführung ihrer Aufgaben. Die gewählten Politiker bzw. die Verwaltungsmitglieder[140] beauftragen weitere Agenten (Auftragnehmergruppe II b = Management) mit der Leitung des Unternehmens. Die Agenten werden ihren Informationsvorsprung zu eigennützigen Zwecken ausnutzen und dadurch die Einsparungen nicht an die Bürger weitergeben, die erzielt werden konnten bzw. sich nicht an der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe orientieren. Das trifft auch auf die Beamten und Angestellten der Verwaltung zu.[141] Nur aufgrund ihres Amtes, kann nicht geschlossen werden, dass sie sich an ihre Vorgaben halten.[142] Sie handeln regelkonform, weil sie ihren Nutzen unter gegebenen Beschränkungen maximieren.[143] Dies kann beispielsweise zu überhöhten Kosten führen. Mit einer umfassenden Kontrolle können diese Agency-Kosten reduziert werden.[144] Es ist ersichtlich, dass die Bürger selbst kaum Möglichkeit haben, genaue Kontrollen durchzuführen.[145] Zum einen ist der Aufwand viel zu groß, so dass die daraus entstehenden Kosten und der erzielte Nutzen in einem unangemessenen Verhältnis zueinander stehen.[146] Und zum anderen hofft jeder Bürger, dass sich andere Bürger besser informieren und die Agenten kontrollieren, so dass sie selbst davon als Trittbrettfahrer („free rider“) profitieren können.[147] Da sich das jeder Bürger erhofft, wird es zu keiner umfassenden Kontrolle kommen.[148]


[...]

[1] Vgl. SIEKMANN (2004), S.395

[2] Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (2004), S. 411

[3] Vgl. ebenda; ENGELLANDT (1995), S. 217

[4] Vgl. WERNER (2004), S. 1

[5] Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (1994), S. 17

[6] Vgl. SCHAEFER (2004), S. 120

[7] Vgl. FREY/SERNA (1990), S. 265

[8] Vgl. ALBRECHT (2002), S. 352

[9] Vgl. BLANKART (2005), S. 489

[10] Vgl. BECKER (1997), S. 2

[11] Vgl. EGGERS (2004), S. 30

[12] Vgl. GRABOW et al. (2005), S. 7

[13] Vgl. ebenda

[14] Vgl. GRABOW et al (2005), S. 46

[15] Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (1994), S. 17

[16] Vgl. KAULMANN/PICOT (1995), S. 956

[17] Vgl. SIEKMANN (2004), S.395

[18] Vgl. STORR (2002), S. 239

[19] Vgl. BLANKART (2005), S. 9

[20] Vgl. TREUNER (2005), S. 38

[21] Vgl. ebenda

[22] Vgl. BOLAY/TRAPP (2003), S. 26, siehe dazu Tabelle 1

[23] Vgl. ZYPRIES (2005), S. 3

[24] Vgl. VOGEL (2005), S. 238

[25] Vgl. BOLAY/TRAPP (2003), S. 30, siehe dazu Tabelle 2

[26] Vgl. BLANKART (1987), S. 54

[27] Vgl. EHLERS (2001), S. 10

[28] Vgl. EHLERS (2001), S. 10

[29] Vgl. BLANKART (2005), S. 490

[30] Vgl. WERNER (2004), S. 59

[31] Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch zu Dienstleistungen von Allgemeinem Interesse, 21.05.2003, KOM (2003) 270 endgültig

[32] Neben den großen netzgebundenen Wirtschaftszweigen wie das Verkehrswesen, der Postdienste, des Energiesektors und der Telekommunikation führt die Kommission Beispiele wie die Abfallwirtschaft und die Wasserversorgung an, vgl. ebenda, Rn. 17 und 32

[33] Vgl. EuGH, Urteil vom 11.01.2005 in der Rechtssache C-26/03, Richtlinie 92/50 /EWG

[34] Vgl. ebenda

[35] Vgl. ALBRECHT (2002), S. 354

[36] Vgl. STORR (2002), S. 243

[37] Vgl. EHLERS (1984), S. 124 ff.

[38] Vgl. MAHLBERG (1986), S. 37 f.

[39] Vgl. GERSDORF (2000), S. 298

[40] Vgl. MAY/WEIBLEN (1987), S. 169

[41] Vgl. SCHÖN (2004), S.17

[42] Vgl. ebenda

[43] Vgl. Grundsatzurteil vom 29.01.1962, BGHZ 36, 296,306

[44] Vgl. ebenda

[45] Vgl. ZYPRIES (2005), S: 24, 25

[46] Vgl. ebenda

[47] Vgl. SIEKMANN (2004), S.407

[48] Vgl. SCHÖN (2004), S. 36

[49] Vgl. MAHLBERG (1986), S. 36; PÜTTNER (1985), S. 235

[50] Vgl. KRIEGER/LUTTER (2002), Rn. 765

[51] Vgl. MAY/WEIBLEN (1987), S. 171

[52] MAHLBERG (1986), S. 37

[53] Allerdings kann auch die private Seite ihrer Haftung ausweichen, indem eine Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) abgeschlossen wird. Daher soll gemäß dem Deutschen Corporate Governance Kodex ein angemessener Selbstbehalt vereinbart werden, vgl. Ziffer 3.8 DCGK

[54] Vgl. SROCKE (2005), S. 320

[55] Vgl. SCHÖN (2004), S. 60

[56] Vgl. ebenda, S. 173

[57] Vgl. ebenda, S.60

[58] Vgl. ebenda

[59] Eine inhaltliche Einflussnahme darf grundsätzlich nur erfolgen, wenn dies durch eine Entscheidung des Gemeinderates legitimiert ist, vgl. SCHÖN (2004), S. 175

[60] Vgl. ebenda, S. 39

[61] Vgl. KRIEGER/LUTTER (2002), Rn. 692; zitiert nach SCHÖN (2004), S. 47

[62] Vgl. SCHÖN (2004), S. 46

[63] Vgl. ebenda, S. 59, 60

[64] Vgl. MÖLLER (1999), S. 132

[65] Vgl. ebenda, S. 132

[66] Vgl. ebenda, S. 105 ff.

[67] Vgl. VON DANWITZ (1995), S. 626

[68] Vgl. GERSDORF (2000), S. 265

[69] Vgl. ROREGER/SCHÄFER (1998), S. 71

[70] Vgl. z.B. § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 GO Baden-Württemberg

[71] Vgl. ROREGER/SCHÄFER (1998), S. 71

[72] Vgl. ZÖLLNER ( 2000), § 52 Rn. 29

[73] Vgl. GERSDORF(2000), S. 298

[74] Vgl. MAHLBERG (1993), S. 138

[75] Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (1994), S. 18

[76] Vgl. ebenda

[77] Das TransPuG ist am 26.07.2002 in Kraft getreten.

[78] Vgl. CRONAUGE/WESTERMANN (2003), S. 130

[79] Vgl. ebenda

[80] Vgl. ebenda

[81] Vgl. MACHURA (1993), S. 148

[82] Gilt das Drittelbeteiligungsgesetz, so wird hier nicht auf das Aktiengesetz verwiesen

[83] Vgl. MAHLBERG (1993), S. 151

[84] Vgl. EHLERS (1984), S. 133

[85] Vgl. MACHURA (1993), S. 148

[86] Vgl. PÜTTNER (2002a), S. 147

[87] Vgl. BISSINGER/EICKMEYER (2002), S. 98

[88] Vgl. WERNER (2004), S. 30

[89] Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (1994), S. 18

[90] Vgl. ebenda

[91] Vgl. ebenda, S. 67

[92] Vgl. MACHURA (1993), S. 70 ff.

[93] Vgl. SIEKMANN (2004), S. 400

[94] Vgl. ebenda

[95] Vgl. ebenda

[96] Vgl. EGGERS (2004), S. 128

[97] Vgl. ebenda, S. 128,129

[98] § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG und § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG verweisen auf die Regelungen des § 111 AktG

[99] Vgl. TREUNER (2005), S. 43,44

[100] Vgl. SCHÖN (2004), S. 41

[101] Vgl. ENGELLANDT (1995), S. 224

[102] Vgl. Urteil des Staatsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen vom 15. Januar 2002 (Az.: St 1/01),

[103] Vgl. MACHURA (1993), S. 155

[104] Vgl. VOGEL (1996), S. 253

[105] Vgl. REICHERT (1983), S. 47 f.

[106] Vgl. PLAMPER (2005), S. 67

[107] Vgl. SIEKMANN (2004), S. 405

[108] Nach § 7 Abs. 2 MitbestG müssen auch Vertreter der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat entsandt werden.

[109] Vgl. PLAMPER (2005), S. 69

[110] Vgl. ebenda, S. 68

[111] Vgl. SIEKMANN(2004), S. 407

[112] Vgl. PÜTTNER (1985), S. 141

[113] BVerfG, 5.12.2002, Az.: 2 BvL 5/98 u. 6/98

[114] Vgl. PÜTTNER (1985), S. 141

[115] Vgl. SIEKMANN (2004), S. 406

[116] Vgl. PLAMPER (2005), S. 69

[117] Vgl. MACHURA (1993), S. 140

[118] Vgl. SIEKMANN (2004), S. 406

[119] Vgl. HASLINGER et al. (2002), S. 38

[120] Beispielsweise wurde bei 21,7 % der von Haslinger et al. untersuchten Unternehmen eine paritätische Mitbestimmung vereinbart, obwohl hier weniger als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt waren, vgl. HASLINGER et al. (2002), S. 38

[121] Vgl. SIEKMANN (2004), S. 394

[122] Vgl. PÜTTNER (1985), S. 141

[123] Vgl. BIEDENKOPF/SÄCKER (1971), S. 212

[124] Vgl. VOGEL (2005), S. 238, 239

[125] Vgl. PAPE (2004), zitiert nach VOGEL (2005), S. 238

[126] Vgl. SCHÖN (2004), S. 31

[127] Vgl. SCHÖN (2004), S. 31

[128] Vgl. VOGEL (2005), S. 243

[129] Vgl. ebenda, S. 240

[130] Vgl. ADAMS (1999), S. 23

[131] Als Idealzahl für eine effiziente Arbeit des Aufsichtsrats werden 8 bis 12 Mitglieder angesehen, vgl. VOGEL (2005), S. 240, 241

[132] Vgl. SIEKMANN (2004), S. 400

[133] Vgl. PRIDDAT (2004), S. 123

[134] Vgl. PRIDDAT (2004), S. 123

[135] Vgl. BLANKART (1987), S. 57

[136] Vergleichbar mit dem Fehlen der Kontrollmehrheit einer Gruppe von Anteilseignern bei den klassischen börsennotierten Publikumsgesellschaften, vgl. grundlegend JENSEN/MECKLING (1976)

[137] Vgl. BLANKART (1987), S. 57

[138] Vgl. BUDÄUS (2005), S. 2

[139] in Anlehnung an BLANKART (2005), S. 531

[140] Handelt es sich um eine GmbH wird die Geschäftführung durch die Vertreter der Gebietskörperschaft in der Gesellschafterversammlung gewählt (§ 46 Nr. 5 GmbHG), falls kein obligatorischer oder fakultativer Aufsichtsrat besteht. In der Regel nehmen diese Aufgabe die regierenden Politiker wahr, wie z.B. der Oberbürgermeister. Handelt es sich um eine AG, bestimmen die Aufsichtsratsmitglieder den Vorstand (§ 84 AktG). Da in den Aufsichtsrat häufig Mitglieder der Beteiligungsverwaltung entsendet oder gewählt werden, übernehmen diese die Beauftragung des Managements.

[141] Vgl. BLANKART (2005), S. 526

[142] Die Vorstellung, dass die Beschäftigten des öffentlichen Sektors ausschließlich gesellschaftlichen Normen folgen, entspricht insbesondere nicht der ökonomischen Theorie der Bürokratie. Für staatliche Bedienstete wird ebenso wie für alle anderen Individuen der Gesellschaft angenommen, dass sie grundsätzlich ihren Eigennutzen verfolgen. Die Mitglieder des öffentlichen Sektors unterscheiden sich nur darin, dass sie dabei bestimmte Einschränkungen zu beachten haben; vgl. grundlegend DOWNS (1967)

[143] Vgl. BLANKART (2005), S. 527

[144] Vgl. ebenda

[145] Vgl. ebenda, S. 531

[146] Vgl. ebenda

[147] Vgl. BLANKART (2005), S. 531, HILLEBRANDT/PELLENS (2001), S. 59

[148] Vgl. BLANKART (2005), S. 531

Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Public Corporate Governance. Unternehmenskontrolle bei Privatunternehmen im Eigentum der öffentlichen Hand
Untertitel
Lösungsansätze und Verbesserungsvorschläge
Hochschule
Universität Hamburg  (Recht der Wirtschaft Arbeitsbereich Zivilrecht)
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
103
Katalognummer
V58205
ISBN (eBook)
9783638524674
ISBN (Buch)
9783638709422
Dateigröße
3406 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmenskontrolle, Privatunternehmen, Eigentum, Hand, Public, Corporate, Governance
Arbeit zitieren
Cosima Lütge (Autor:in), 2006, Public Corporate Governance. Unternehmenskontrolle bei Privatunternehmen im Eigentum der öffentlichen Hand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58205

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