Heinrich VII. und der Romzug


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung:

1. Einleitung

2. Die Person Heinrich VII.

3. Die Königskrönung und die Regierungszeit in Deutschland

4. Die Gründe Heinrichs für seinen Romzug

5. Die Vorbereitungen des Romzuges und die Situation in Italien

6. Der Romzug Heinrich VII.
6.1. Die Mailänder Krönung und die Unterwerfung der Lombardei
6.2. Der Kampf in Rom und die Kaiserkrönung
6.3. Italienpolitik Heinrichs nach der Kaiserkrönung

7. Schlusswort

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Thema meiner Hausarbeit lautet „Heinrich VII. und der Romzug“. Ich habe dafür mehrere Quellen herangezogen und mich mit ihnen auseinander gesetzt. Da dieses Thema sehr umfangreich ist und aus vielen Perspektiven behandelt werden kann, habe ich mich vor allem auf folgende Gliederungspunkte konzentriert.

Im ersten Teil meiner Hausarbeit wende ich mich der Person Heinrichs, seiner Königskrönung und seinen ersten politischen Handlungen innerhalb des deutschen Reichsgebietes zu, da diese eine Voraussetzung für seine folgende Italienpolitik bilden.

Heinrich war seit fast hundert Jahren der erste König, der in Italien zum Kaiser gekrönt wurde, damit an staufische Traditionen anknüpfte und die Kaiserwürde gegenüber anderen Herrschern zu neuer Geltung bringen wollte. In den folgenden Teilen beschäftige ich mich mit den Beweggründen Heinrichs einen Italienzug durchzuführen, der seine Kaiserkrönung als Ziel hatte. Weiterhin werde ich auf den Verlauf des Romzuges, von dem Heinrich nicht mehr nach Deutschland zurück kehrte, und dessen Ergebnisse eingehen.

2. Die Person Heinrich VII.

„Heinrich von Luxemburg wurde 1278 oder 1279 im Schloß zu Valenciennesin der Heimat seiner Mutter als erster Sohn des Grafen von Luxemburg und Laroche und Markgrafen von Arlon, Heinrich, und dessen Gemahlin Beatrix, Tochter des Grafen Balduin von Avesne, geboren. Er wird als mittelgroß und von kräftigem Körperbau geschildert; sein linkes Auge war kurzsichtig; französischer Sitte entsprechend trug er langes Haupthaar, aber keinen Bart.“[1]

Seine Jugend verbrachte Heinrich VII. am französischen Hof und auch seine Muttersprache war französisch, so dass man davon ausgehen kann, dass er von der französischen Kultur und Sitte stark geprägt war. Dies zeigt sich auch daran, dass Heinrich seit dem 12. November 1294 in Pontoise ein Kronvasall[2] des französischen Königs Philipp IV. war.

Am 9. Juli 1292 wurde Heinrich mit Margaretha, Tochter von Herzog Johanns von Brabant, vermählt. Dieser Ehebund diente der Aussöhnung zwischen Luxemburg und Brabant, bei deren Auseinandersetzungen um das Herzogtum Limburg Heinrichs Vater am 05. Juni 1288 gefallen war.

Am 27.November 1308 wurde Heinrich in Frankfurt zum römisch-deutschen König gewählt und am 29. Juni 1312 in Rom zum Kaiser gekrönt. Diese beiden Punkte werde ich in den folgenden Kapiteln näher erörtern.

Wenn man historiographische Aussagen aneinander reit, lässt sich über den Charakter und die Gestalt Heinrich VII. sagen: „mönchisch fromm, zur Askese neigend, gleichwohl waffentüchtig, gerecht, klug, liebenswürdig und umgänglich, standhaft im Unglück, maßvoll in Glück und Freude, ein treuer Ehemann und zärtlich besorgter Vater, von der Würde seines Herrscheramtes durchdrungen, aber als Politiker arglos und gutgläubig, der überlegenen Diplomatie der skrupellosen Gegner hilflos gegenüberstehend, dabei allzeit demütig in Gottes Willen ergeben, ja mit so großer Ehrfurcht vor dem empfangenen Sakrament, dass der sichere Vergiftungstod der Lebensrettung vorgezogen wird.“[3]

Am 24. August 1313 verstarb Heinrich VII. an einer schweren Malariaerkrankung in Buonconvento südlich von Siena noch während seines Italienzuges. Er ist im Dom in Pisa beigesetzt worden.

3. Die Königskrönung und die Regierungszeit in Deutschland

Am 01. Mai 1308 wurde König Albrecht ermordet. Der französische König wollte darauf die Wahl seines Bruders Karl von Valois durchsetzen und seine Machtposition in Europa stärken. Deswegen drängte er Papst Clemens V., seinen Bruder Karl zur Wahl zum König zu unterstützen. Clemens ließ sich im Juni 1308 bei einem Treffen mit Philipp dazu bewegen, seine Residenz in Avignon aufzuschlagen, welches in französischen Herrschaftsbereich lag. Er forderte die deutschen Kurfürsten auf, einen König zu wählen, aber ohne dabei Namen zu erwähnen oder sogar Karl von Valois als geeigneten Kandidaten zu nennen.

Die deutschen Fürsten sahen in der Wahl von Karl von Valois, welche ein Erstarken des französischen Königs bedeuten würde, eine Gefahr für ihre Machtpositionen. Da sie aber, vor allem die Erzbischöfe von Mainz und Trier, eng an den französischen König gebunden waren, suchten sie einen Thronkandidaten der ebenfalls an Philipp gebunden war. „In der Wahl eines Fürsten, der zu den Lehensleuten der französischen Krone gehörte, der also in der für die Verhältnisse an der deutschen Westgrenze typischen Doppelvasallität stand, eines Mannes zudem, der in der französischen Adelskultur aufgewachsen war und dessen Muttersprache das Französische war, konnte Philipp eine Provokation nicht erblicken. Und die Kandidatur eines solchen Mannes gab offenbar auch dem Papst trotz seiner Abhängigkeit vom französischen Hof die Möglichkeit, sich dem Drängen König Philipps zu entziehen,“[4]

Graf Heinrich von Luxemburg hatte nur geringe Machtmittel. Er stellte somit keine Gefahr für die deutschen Fürsten dar und galt als geeigneter Kandidat für die Königswahl. Er wurde maßgeblich von seinem Bruder Balduin unterstützt, der am 11. März 1308 vom Papst die Bischofsweihe erhielt und als Erzbischof von Trier zu den sieben Kurfürsten des Reiches gehörte.

Durch politische Zugeständnisse an die Kurfürsten wurde Heinrich VII. am 27.November 1308 zum deutschen König gewählt. Das Ergebnis der Wahl wurde im November 1308 mit der Bitte um baldmöglichste Kaiserwahl Papst Clemens V. mitgeteilt, doch die Kurfürsten warteten nicht auf eine Reaktion von diesem und vollzogen die Königskrönung Heinrich VII. am 06. Januar 1309 in Aachen.

Anschließend an die Königskrönung unternahm König Heinrich VII. seinen Umritt durch das Reich, um Privilegien zu bestätigen, auszustellen und Recht zu fällen. Vom 26. August bis zum 18. September 1309 hielt er dann den ersten Hoftag seiner Regentschaft in Speyer ab. Während dieses Hoftages einigte er sich mit den Habsburgern, indem er ihre Besitzungen anerkannte und die Mörder König Albrechts unter Reichsacht stellte. Auch über den Grafen Eberhard I. von Würtemberg verhing er diese, der die Rechte des Reiches und es Königs nicht anerkannte und bisweilen versuchte, sein eigenes Territorium zu erweitern und seine Dynastie zu stärken.

Ein weiterer Punkt des Hoftages in Speyer und des Hoftages in Frankfurt im darauffolgenden Jahr war die Böhmenfrage. Zu einer endgültigen Lösung kam es, als Heinrichs Sohn Johann Ende August 1310 mit Elisabeth, Tochter des Königs Wenzels II., vermählt wurde und ihm damit Böhmen verliehen wurde. Heinrich gelang es mit Böhmen, eines der größten und wirtschaftlich stärksten Reichsterritorien zu sichern. Durch diese innenpolitischen Erfolge, die seine Vorgänger nicht durchsetzen konnten, wird seine „nicht ganz zweijährige Regierungszeit als die ersehnte Friedenszeit empfunden und der König von den deutschen Historiographen als rex iustus et pacificus gepriesen.“[5]

Um seine Macht weiter auszubauen, wollte Heinrich so schnell wie möglich die Kaiserkrone erlangen und sendete im Juni 1309 eine bevollmächtigte Gesandtschaft zu Papst Clemens um den Sicherheitseid zu leisten, Versprechungen der römischen Könige zu erneuern und vor allem einen baldigen Termin für die Kaiserkrönung auszuhandeln.

Papst Clemens verwies in seinem darauf folgenden Schreiben, dass die Aachener Krönung für ihn keine rechtliche Relevanz besaß und nur er selbst hätte „die Befugnis, die Wahl und den Gewählten zu überprüfen, den er dann zum römischen König ernannte – erst diese Ernennung erzeugte das Herrschaftsrecht.“[6] Heinrich versprach, „die römische Kirche und den Papst zu erhöhen, und akzeptierte damit eine gewisse Überordnung des Papstes.“[7] Das bedeutet, dass er die Herrschaftsansprüche anerkannte. Auf diesen Eid leistete der Papst dem Kaiser seine Approbation[8] und legte den Termin für die Kaiserkrönung auf den 02. Februar 1312 in der Peterskirche in Rom.

4. Die Gründe Heinrichs für seinen Italienzug

Für den Italienzug Heinrichs gab es besonders drei Antriebskräfte. Zum einen hatte Heinrich nur eine regional und finanziell eingeschränkte Macht, die er auf deutschem Gebiet nicht weiter ausbauen konnte. Da er aber finanzielle Mittel brauchte, um versprochene Gelder an seine Wähler zu zahlen und um als König mit anderen Herrschern gleichwertig zu sein, sah er in den wirtschaftlich starken Gebieten Italiens eine große Einnahmequelle.

Ein weiterer Grund für die Romreise zur Durchführung der Kaiserkrönung lag in der verfassungsrechtlichen Situation. Dies wird in einer Denkschrift König Heinrichs VII. vom November 1310 deutlich: „Obwohl kluge Leute wissen, dass der römische König, sobald er gewählt und vom Papst approbiert ist, die Verwaltung des Imperiums innehat, ganz so, als wenn er schon zum Kaiser gekrönt wäre, so gibt es doch gewisse andere Leute, die Schaden und bei den Einfältigen Verwirrung stiften, indem sie behaupten, ihm, dem König, brauche man nicht zu gehorchen, ehe er nicht zum Kaiser gekrönt sei. .“[9] Da seit dem Tod Kaiser Friedrichs II. kein König mehr persönlich die Herrschaft in Italien ausgeübt hatte, wollte Heinrich nun die Reichsrechte des Königs in Italien wieder durchsetzen.

Auch in Deutschland wäre die Kaiserkrönung für ihn von Vorteil und würde sein Ansehen steigern. Er hätte die Macht der Kurfürsten eingeschränkt, die nicht ohne weiteres einen Kaiser absetzen konnten. Außerdem erhielt Heinrich durch die Kaiserkrönung die Möglichkeit bereits zu Lebzeiten einen Nachfolger zu bestimmen.

Neben diesen Gründen spielten Heinrichs Traditionsbewusstsein und Sendungsbewußsein als Friedensfürst eine Rolle für seinen Entschluss, den Italienzug durchzuführen. Weiterhin sah er in seiner Krönung eine Chance, seinen ehemaligen Lehnsherren, den französischen König Philipp, an Würde übertreffen.

5. Die Vorbereitungen des Romzuges und die Situation in Italien

Der Papst erhoffte sich vom Romzug und der folgenden Kaiserkrönung Heinrichs neben einer Lockerung seiner Abhängigkeit vom französischen König Philipp, seine Rückkehr nach Rom. Deswegen forderte Clemens alle geistlichen und weltlichen Untertanen Italiens auf, Heinrich in seinem Unternehmen zu unterstützen und pries ihn: „Es mögen die dem Römischen Reich unterworfenen Völker jauchzen, denn siehe, ihr friedbringender König, der mit der göttlichen Gnade erhöhte, dessen Angesicht die ganze Erde zu schauen begehrt, kommt ihnen daher mit Sanftmut, auf dass er, auf dem Stuhle der Majestät sitzend, mit seinem blossen Wink alle Übel zerstreue und für seine Untertanen Gedanken des Friedens ausdenke.“[10]

Natürlich wollte Clemens nicht eine neue Abhängigkeit von einem anderen Herrscher, König Heinrich, riskieren, so dass dieser ihm etliche Zugeständnisse in bezug auf die päpstliche und kirchliche Politik versprechen musste: Heinrich sollte die Rechte des Papstes und der Kirche, sowie den Glauben schützen, die Besitzungen und Privilegien der Kirche achten und keine Ländereien der römischen Kirche okkupieren. Außerdem versuchte Papst Clemens erfolgreich den Kirchenstaat um die Grafschaft Bertinoro, die Städte Bologna, Orvieto und Rocca die Cesari auszudehnen und verweigerte Heinrich jegliche Finanzierung des Romzuges. Im Gegenzug beauftragte Clemens den Kardinal Arnaldo di Pelagrua als Berater und Begleiter Heinrich in Italien entgegenzugehen, damit die Untertanen gehorchten und der Italienzug friedlich durchgeführt werden konnte.

Heinrich verhandelte nicht nur mit Papst Clemens um seinen Romzug vorzubereiten. Im Juni 1310 traf er sich mit dem französischen König Philipp und unterzeichnete den Vertrag von Paris, indem sich beide Herrscher die Sicherheit und Unverletzlichkeit ihrer Länder garantierten. Somit bannte Heinrich die Gefahr, von Frankreich angegriffen zu werden und sicherte die westlichen Grenzen seines Reiches.

Weitere Verhandlungen gab es mit König Robert von Neapel, der seine eigenen Pläne, seine Herrschaft in Ober- und Mittelitalien zu erweitern, gefährdet sah. Mit Hilfe des Papstes wurde eine Ehe von Heinrichs Tochter Beatrix mit dem Sohn König Roberts, Herzog Karl von Kalabrien, avanciert. Dies scheiterte allerdings an den sehr hohen Mitgiftsforderungen König Roberts.

Auf dem Hoftag in Speyer 1309, bei dem auch italienische Gesandte anwesend waren, wurde der Aufbruch nach Rom auf den 01. Oktober 1310 festgesetzt. Heinrich erhoffte von einem früheren Aufbruch eine Vorverlegung seiner Kaiserkrönung zu erwirken.

Im Mai und Juni 1310 schickte Heinrich zwei Gesandtschaften in die Toscana, die Lombardei und nach Piemont um den dortigen Städten sein Kommen anzukündigen. Er erwartete von den Städten, dass sie ihm einen Empfang bereiteten, ihm ein Ehrengefolge entgegensendeten und ihm Bewaffnete stellten. Im Gegenzug versprach er, dem von Bürgerkämpfen zerrütteten Regnum Italicum Frieden zu bringen.

In Ober- und Mittelitalien hatten größere Städte aus politischer und ökonomischer Sicht einen Status eines mittleren Staates erreicht. Es kam zu Kleinkriegen um die Vormachtstellung zwischen diesen Städten. Aber auch innerhalb der Städte kämpften einflussreiche Familien um die Macht. Die Situation wurde weiterhin durch die anhaltenden Streitigkeiten der Parteien, den Ghibellinen[11] und Guelfen[12], verschärft, wobei die kaiserlich gesinnten Ghibellinen auf Heinrich als Friedensbringer hofften. Der Dichter und Philosoph Dante Alighieri[13] schrieb in einem Werk über Heinrich und seinen erwarteten Romzug, in den er und viele Italiener die Hoffnung auf baldigen Frieden setzten:

„Siehe, nun ist die freudenreiche Zeit,

in der sich die Zeichen des Trostes und des Friedens ankünden...

Freue dich, Italien... Denn dein Bräutigam

Naht zur Hochzeit, der Trost der Welt

Und der Ruhm deines Volkes,

der göttliche Augustus und Cäsar,

der gütigste Heinrich.“[14]

Die Gesandten des Königs wurden in den Städten freundlich empfangen, so dass Heinrich keine Gefahr in seinem geplanten Italienzug sah, brach er mit seinem Gefolge, nachdem er den Erzbischof Peter von Mainz für die Zeit des Italienzuges zum Reichsverweser[15] erklärte, nach Italien auf.

6. Der Romzug Heinrich VII.

Nachdem König Heinrich VII. von Bern über Lousanne in Genf eintraf, begann von dort aus am 13. Oktober 1310 der Zug über die Alpen. Heinrich wurde neben seiner Frau Margarete von Brabant, von seinen zwei Brüdern, Erzbischof Balduin von Trier und Graf Walram von Luxemburg, seinem Schwager, Graf Amadeus von Savoyen, nur von wenigen Reichsfürsten begleitet, unter anderem vom Bischof von Lüttich, zwei Grafen von Flandern, zwei Grafen von Vienne und vom Herzog Leopold von Österreich. Sein mitgeführtes Heer bestand maximal aus 5000 Bewaffneten. Ein größeres Heer nach Italien zu schicken, hätte als Provokation ausgelegt und in Auseinandersetzungen enden können. Aber auf Grund der freundlichen Reaktionen über Heinrichs Ankündigungen für seinen Romzug, hoffte er, dass die Reise friedlich verläuft und er sich den Weg nicht freikämpfen musste. Außerdem erwartete er, dass er in Italien weitere Anhänger als Unterstützung zu seinem bisherigen Gefolge erhielt.

Um seine Reise und sein Gefolge zu finanzieren, die meisten seiner Anhänger dienten mit befristeten Soldverträgen, wollte Heinrich die wirtschaftlich und finanziell gute Lage der italienischen Städte durch Abgaben und Steuern nutzen.

Heinrich wählte einen westlichen Weg über die Alpen, über den Mont Cenis. Am 23. Oktober erreichte der Zug Val di Susa und Heinrich verbrachte dort sechs Tage in der Burg Avigliana. Eine weitere Ruhepause legte der Zug vom 30. Oktober bis 09. November in Turin ein, welches im Gebiet des Grafen Amadeus von Savoyen, Schwager und enger Vertrauter des Königs, lag.

Während des Zuges stießen etliche ghibellische Herren mit ihren Hilfskräften zum König um ihn für ihre Sache zu gewinnen. Dieser betonte aber immer wieder, dass er unparteiisch bleibt und nach Italien gekommen ist, um Frieden zu bringen und um seine tatsächliche Herrschaft als rex romanorum auszuüben. Das zeigte er, indem er in den italienischen Städten königliche Stellvertreter, sogenannte Vikare einstellte und ihnen das Stadtregiment übertrug.. Dies tat er bereits in Chieri , „wo er Ugolino di Vico, den verbannten Florentiner, als Vikar einsetzte“[16], und auch in Asti, der nächsten Station seines Italienzuges.

Ein weiterer Punkt seiner Italienpolitik war die Rückführung der Verbannten in ihre Städte. Diese waren aber meist Ghibellinen. Heinrich ergriff somit unbewusst Partei für sie und verletzte die jeweiligen Stadtherren in ihren Interessen und schürte neuen Unfrieden.

6.1. Die Mailänder Krönung und die Unterwerfung der Lombardei

Am 23. Dezember 1310 erreichte Heinrich VII. mit seinem Gefolge fast widerstandslos Mailand und wurde von dessen Bevölkerung und vom Stadtherren, dem guelfischen Guido della Torre feierlich empfangen. Am 06. Januar 1311 erfolgte dann auch die Krönung Heinrichs im Ambrosius-Dom zum König Italiens mit der Eisernen Krone[17], die neu angefertigt werden musste. „Die Eiserne Krone, die auf die Langobardenkönige zurückgeführt wurde, war ein Symbol für die Eigenständigkeit und Zusammengehörigkeit des politisch zersrtittenen Reichsitaliens.“[18] Vor Heinrich VII. wurde als letztes Heinrich VI. im Jahre 1186 in Mailand zum König Italiens gekrönt.

Doch durch sein Auftreten als unparteiischer Richter und Herrscher und seine Rückführung der vertriebenen Visconti nach Mailand, verärgerte Heinrich VII. den Stadtherren Guido della Torre, der um seine Unabhängigkeit fürchtete und seine Machtstellung in Mailand gefährdet sah. Diese Situation wurde verschärft, als Heinrich auf eine sehr hohe Zahlung als Krönungsgeschenk bestand, welche auf die Mailänder Bevölkerung umgelegt wurde. Daraufhin kam es am 12. Februar 1311 zu Aufständen in Mailand, die aber erfolgreich von Heinrich niedergeschlagen werden konnten. Allerdings konnte Guido della Torre mit seinen Anhängern aus der Stadt fliehen. Die Kämpfe in Mailand schürten auch in anderen Gebieten der Lombardei Unruhen und viele von Heinrich rückgeführte Ghibellinen und eingesetzte Vikare wurden aus den Städten vertrieben.

Aber die Rebellionen konnten niedergeschlagen werden und gegen die Stadt Cremona, in der sich Guido della Torre aufhielt, fällte Heinrich am 10. Mai 1311 ein hartes Urteil: es wurden alle städtischen Freiheiten entzogen, viele Bürger wurden eingekerkert und hingerichtet. Außerdem musste die Stadt Cremona sehr hohe Strafsummen zahlen.

Um die Stadt Brescia gab es weiterhin sehr schwere und langandauernde Kämpfe, die immer mehr in Brutalität ausarteten. Der guelfische Stadtherr Tebaldo de Brusatis wurde während eines Kampfes von den königlichen Truppen gefangen genommen, auf einer Kuhhaut um die Stadtmauern geschliffen und daraufhin zerstückelt. Im Gegenzug zu dieser brutalen Tat erhängten die Brescianer ihre Gefangenen auf der Ringmauer. Weil aber in ihrer Stadt auch Pest und eine Hungersnot wüteten, kapitulierten die Brescianer nach einer viermonatigen Belagerung am 18. September 1311. Brescia wurde mit den gleichen Strafen wie die Stadt Cremonia belegt.

Obwohl Heinrich mit der Niederwerfung der Stadt Brescia die gesamte Lombardei eingenommen hatte, musste auch er durch Seuchen und Kämpfe große Verluste in seinem Heer verzeichnen. So starb auch sein Bruder Walram bei den Kämpfen um Brescia.

Da der direkte Weg durch die Toscana nach Rom von Florenz gesperrt war, das sich mit anderen Städten im März 1311 zu einer Allianz gegen den König zusammen geschlossen hatte, entschied Heinrich den Winter in Genua zu verbringen. Genua war eine reiche Seerepublik, die den König gegen Florenz unterstützte. Er wollte dort seine Kräfte regenerieren und wartete auf Unterstützung aus Deutschland.

Am 13.Dezember 1311 verstarb Heinrichs Gemahlin Margarete in Genua.

6.2. Der Kampf in Rom und die Kaiserkrönung

Heinrich brach mit einem neu erstarkten Gefolge von Genua auf dem Seeweg auf und erreichte am 06.März 1312 Pisa. Im April setzte er seinen Weg übers Land nach Rom fort.

In der Zwischenzeit traf Johann von Garvina, Bruder von König Robert von Neapel, mit einer großen Streitmacht in Rom ein. Er besetzte das Kapitol und das St. Peters-Viertel (Leostadt) und fand große Unterstützung in der guelfischen Adelsfamilie der Orsini.

Rom bestand im Mittelalter aus mehreren kleinen Ortschaften mit etwa 17000 Einwohnern. Die Orte wurden von ghibellischen und guelfischen Adelsfamilien beherrscht. Rom war „teilweise verödet, ruinenbedeckt oder von Bauern bewirtschaftete Flächen, verbarrikadierte Straßen dazwischen, verschanzte Häuser, Türme, Festungen, in Rom konnte Heinrich seinen Einzug nur blutig erzwingen. ... Man drang vor, schlug zurück, Sturmglockengeläut, tägliches Schanzenbauen, Schanzendemolieren, täglicher Straßenkampf, Verwüstungen.“[19]

König Heinrich konnte nun auch nicht mehr auf die Hilfe von Papst Clemens V. hoffen, da dieser vom französischen König Philipp gedrängt wurde, sich dessen Vetter König Robert zu nähern. Clemens hatte bereits 1311 Heinrich mitgeteilt, dass er selbst zur Kaiserkrönung nicht in Rom erscheint und ersatzweise einen Legaten schickt. Auch die Verhandlungen mit Robert waren endgültig gescheitert, da dessen Forderungen seine Vorherrschaft in Reichsitalien bedeutet hätten und Heinrich dies nicht billigen konnte.

Kaum das Heinrich Anfang Mai 1312 in Rom angekommen war, begannen am 06. Mai die Gefechte an der Milvischen Brücke. Mit Hilfe der ghibellischen Familien, insbesondere der Colonna, konnte Heinrich mit seinem Heer einige feindliche Festungen und Stadtteile erobern, aber der Versuch einen Weg in die Leostadt zur Peterskirche freizukämpfen scheiterte.

Heinrich, der nicht länger Zeit verschwenden wollte, wurde am 29. Juni 1312 in der Lateranbasilika von drei Kardinälen, die ihn begleiteten, zum Kaiser gekrönt. Doch selbst das Krönungsmahl auf dem Aventin wurde durch Angriffe seiner Gegner gestört.

Heinrich teilte seine Kaiserkrönung an alle großen Herrscher in Rundschreiben mit, „ in denen er den universalen Charakter des Kaisertums betonte und darauf abhob, dass alle Menschen dem Kaiser als oberstem Herrscher ebenso untertan seien, wie alle himmlischen Heerscharen Gott unterstünden.“[20]

Mit der Kaiserkrönung Heinrich VII. war das Ziel des Italienzuges erreicht und etliche deutsche Ritter und Fürsten verließen sein Gefolge, aber Heinrich kehrte noch nicht nach Deutschland zurück.

6.3. Italienpolitik Heinrichs nach der Kaiserkrönung

Nach seiner Krönung zum Kaiser wollte Heinrich seine Macht stabilisieren und durchsetzen, so dass er sich entschließ den Kampf gegen das aufrührerische Florenz und König Robert von Neapel aufzunehmen.

Im Spätsommer 1312 zog er mit 2000 Rittern und weiteren 15 000 Mann in florentinisches Gebiet ein. Heinrich konnte sich hierbei auf finanzielle und militärische Hilfe von italienischen Verbündeten stützen. Obwohl er die Florentiner bei der Schlacht bei Incisa am 17. September 1312 zurück drängte, gab er die Belagerung der Stadt Florenz am 31. Oktober auf und zog sich zurück. Er gründete bei Poggibonsi die Stadt Monte Imperiale, Kaiserberg, und leitete von dort aus ein Gerichtsverfahren gegen König Robert von Neapel ein. Daraufhin wurde am 26. April ohne die Anwesenheit Roberts ein Urteil gegen ihn gefällt. Er wurde als König abgesetzt, geächtet und zum Tode durch das Schwert verurteilt.

Bereits 1312 ging Kaiser Heinrich VII. ein Bündnis mit Friedrich III. von Sizilien, einen Gegner Roberts, ein, indem er ihm nun seine Tochter Beatrix als Gemahlin für seinen Sohn versprach. Mit ihm zusammen begann Heinrich im Sommer 1313 den Feldzug gegen König Robert. Bevor er aber Neapel erreichte und es zu einer endgültigen Schlacht kam, starb Kaiser Heinrich VII. am 24. August 1313 an Malaria. Nach seinem Tod löste sich sein Heer auf und die Kämpfe gegen König Robert wurden nicht fortgesetzt.

7. Schlusswort

Seit seiner Königskrönung strebte Heinrich VII. neben der Sicherung der Verhältnisse im deutschen Reichsteil und der Vergrößerung seiner eigenen Macht im Reich, seine Kaiserkrönung an. Um diese durchzuführen, nahm er bereits sehr früh durch Gesandtschaften Kontakt mit den oberitalienischen Städten auf um sein Kommen anzukündigen. Er selbst brach mit seinem Gefolge sehr früh auf, um die Kaiserkrönung so schnell wie möglich zu vollziehen. Man kann es als Verhängnis sehen, dass Heinrich nicht den direkten Weg nach Rom einschlug, sondern erst die aufkommenden Widerstände in Ober- und Mittelitalien niederwarf und immer wieder in Auseinandersetzungen zwischen Ghibellinen und Guelfen verwickelt wurde.

Auch könnte es ein Fehler gewesen sein, dass Heinrich nach seiner erfolgreichen Kaiserkrönung nicht direkt nach Deutschland zurück kehrte, sondern seine Stellung in Italien stärken wollte und den Kampf in Italien gegen Robert von Neapel aufnahm. Der Kampf gegen Robert schien mit der Unterstützung von Verbündeten nicht aussichtslos, aber durch den frühen Tod Heinrichs scheiterte das Vorhaben.

Heinrichs Romzug, seine Italien- und Kaiserpolitik hatten keine Wirkung. Seine Nachfolger hielten sich aus der italienischen Politik weitgehendst heraus.

Der dauerhafteste Beschluss Heinrichs während seiner Regierungszeit, war die Belehnung Böhmens an seinen Sohn, der Böhmen als Zentrum der Luxemburger etablieren konnte.

8. Literaturverzeichnis

Pauler, Roland: Die deutschen Könige und Italien im 14. Jahrhundert. Von Heinrich VII. bis Karl IV., Darmstadt, 1997.

Deschner, Karlheinz: Kriminalgeschichte des Christentums 13. und 14. Jahrhundert. Von Kaiser Heinrich VI. zu Kaiser Ludwig IV. dem Bayern, Reinbek bei Hamburg, 2002.

Franke, Maria Elisabeth: Kaiser Heinrich VII. Im Spiegel der Historiographie, Köln, Weimar, Wien, 1992.

Boockmann, Hartmut: Heinrich VII. (1308 – 1313).In Beumann, Helmut: Kaisergestalten des Mittelalters. München, 1984.

Thorau, Peter: Heinrich VII. In: Die deutschen Herrscher des Mittelalters. Historische Portraits von Heinrich I. bis Maximilian I., München, 2003.

Heyen, Franz-Josef: Kaiser Heinrichs Romfahrt. Die Bilderchronik von Kaiser Heinrich VII. und Kurfürst Balduin von Luxemburg (1308-1313), Boppard am Rhein, 1965.

[...]


[1] Heyen, Franz-Josef: Kaiser Heinrichs Romfahrt. Die Bilderchronik von Kaiser Heinrich VII. und Kurfürst Balduin von Luxemburg (1308 –1313), Boppard am Rhein, 1965, Seite16.

[2] Vasall war ein Gefolgsmann oder Lehensmann, im französischen bedeutet es „freier Diener“

[3] Franke, Maria Elisabeth: Kaiser Heinrich VII. im Spiegel der Historiographie. Köln, Weimar, Wien, 1992, Seite 314/315.

[4] Beumann, Helmut: Kaisergestalten des Mittelalters. München, 1984, Seite 242.

[5] Franke, Maria Elisabeth: Kaiser Heinrich VII. im Spiegel der Historiographie. Köln, Weimar, Wien, 1992, Seite 304.

[6] Pauler, Roland: Die deutschen Könige und Italien im 14.Jahrhundert. Von Heinrich VII. bis KarlIV., Darmstadt, 1997, Seite 45.

[7] Pauler, Roland: Die deutschen Könige und Italien im 14.Jahrhundert. Von Heinrich VII. bis KarlIV., Darmstadt, 1997, Seite 45.

[8] Approbation: lat.: approbare=anerkennen; im Mittelalter war die Approbation, der Anspruch auf Bestätigung der Wahl des Rex Romanorum durch den Papst.

[9] Pauler, Roland: Die deutschen Könige und Italien im 14.Jahrhundert. Von Heinrich VII. bis KarlIV., Darmstadt, 1997, Seite 47 Zitat.

[10] Deschner, Karlheinz: Kriminalgeschichte des Christentums 13. und 14. Jahrhundert. Von Kaiser Heinrich VI. zu Kaiser Ludwig IV. dem Bayern, Reinbek bei Hamburg, 2002, Seite 453.

[11] Ghibellinen war im mittelalterlichen Italien die Bezeichnung für die kaiserliche Partei, benannt nach der Stauferburg Waiblingen.

[12] Guelfen waren die Gegenpartei der Ghibellinen und vertraten die Politik des Papsttums, sie sind nach dem Geschlecht der Welfen benannt.

[13] Dante lebte von 1265 bis 1321. Er wurde aus 1302 aus Florenz verbannt, nachdem die papsttreuen Guelfen die Macht erhielten.

[14] Deschner, Karlheinz: Kriminalgeschichte des Christentums 13. und 14. Jahrhundert. Von Kaiser Heinrich VI. zu Kaiser Ludwig IV. dem Bayern, Reinbek bei Hamburg, 2002, Seite 452.

[15] Ein Reichsverweser ist eine Vertretung des Königs bei dessen längerer Abwesenheit oder in der Zeit zwischen dem Tod des Königs und der Thronbesteigung seines Nachfolgers.

[16] Pauler, Roland: Die deutschen Könige und Italien im 14.Jahrhundert. Von Heinrich VII. bis Karl IV., Darmstadt, 1997, Seite 56.

[17] Es hatte sich die Sage gebildet, dass die lombardische Krone aus Eisen, die deutsche aus Silber und die römische Krone aus Gold sei.

[18] Pauler, Roland: Die deutschen Könige und Italien im 14. Jahrhundert. Von Heinrich VII. bis Karl IV., Darmstadt, 1997, Seite 68.

[19] Deschner, Karlheinz: Kriminalgeschichte des Christentums 13. und 14. Jahrhundert. Von Kaiser Heinrich VI. zu Kaiser Ludwig IV. dem Bayern, Reinbek bei Hamburg, 2002, Seite 455.

[20] Thorau, Peter: Heinrich VII. In: Schneidmüller, Bernd, Weinfurter, Stefan: Die deutschen Herrscher des Mittelalters. München, 2003, Seite 390.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Heinrich VII. und der Romzug
Hochschule
Universität Erfurt  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
IPS: Reisen im Wandel der Zeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V58087
ISBN (eBook)
9783638523776
ISBN (Buch)
9783656786719
Dateigröße
544 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heinrich, Romzug, Reisen, Wandel, Zeit
Arbeit zitieren
Evelyn Buhr (Autor:in), 2005, Heinrich VII. und der Romzug, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58087

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