Fremde in der DDR


Hausarbeit, 2003

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Zahlen und Aufenthaltgründe
1.1. Asylsuchende
1.2. Ausländische Studenten
1.3. Lehrlinge und Praktikanten
1.4. Russische Soldaten – „Die sowjetischen Freunde“?

2. Rechtliche Regelungen, Unterbringung und Alltag

3. Kontakte und Konflikte zwischen DDR-Bürgern und Ausländern

4. Ausländer – kein Thema öffentlicher Aufmerksamkeit und ein Phänomen kapitalistischer Gesellschaften

4. Fazit – die DDR als idealer Nährboden für Diskriminierung?

Literaturverzeichnis

Einleitung

In der vorliegenden Arbeit befasse ich mich mit dem Thema „Ausländer und Minderheiten in der DDR“.

Die teils kurzen, teils ausführlicheren Beschreibungen der einzelnen Ausländergruppen und Minderheiten und ihrer Lebensbedingungen in der DDR ergänze ich durch die Erfahrungen, die sowohl die Autorin Jana Simon in ihrem Roman „Denn wir sind anders. Die Geschichte des Felix S.“ ihrem farbigen Freund Felix und seinen aus Südafrika in die DDR eingewanderten Großeltern zuschreibt, durch die autobiographischen Schilderungen der Abini Zöllner, die als Kind einer Jüdin und eines afrikanischen Vaters in der DDR aufwuchs und durch die Erfahrungen, die Jana Hensel in ihrem ebenfalls autobiografischen Roman „Zonenkinder“ beschreibt. Des weiteren widme ich mich den Beziehungen der DDR-Bürger zu den im Lande lebenden Ausländern und dem Umgang des Staates mit den „Fremden“.

1. Zahlen und Aufenthaltsgründe

Am 31.12. 1989 befanden sich 191.190 Ausländer in der DDR, wobei neben Touristen, Geschäftsreisenden und Diplomaten die zahlreichen Angehörigen der Sowjetarmee und ihre Familien nicht in die offizielle Ausländerstatistik mit einbezogen wurden.

Ohne diese Personengruppen ergab sich ein Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung der DDR von 1,1,%. Im Vergleich mit westeuropäischen Industrieländern war das eine geringe Quote; die BRD hatte z.B. zum gleichen Zeitpunkt eine Ausländerquote von 7,7%. Unter den sozialistischen Ländern nahm aber die DDR hinsichtlich des Anteils der Ausländer an der Wohnbevölkerung einen führenden Platz ein.[1]

Im Laufe der Zeit waren rund 43.000 Ausländer in der DDR sesshaft geworden, d.h. sie besaßen ein uneingeschränktes Aufenthaltsrecht. Unter ihnen waren sowohl Asylberechtigte als auch mit Deutschen verheiratete Bürger anderer sozialistischer Staaten, bzw. deren Kinder.

Was die regionale Verteilung der Ausländer anbetraf, so lebten mehr als die Hälfte in 5 Bezirken: Karl-Marx-Stadt (27.582), Dresden (25.297), Berlin-Ost (20.667), Leipzig (19.801) und Erfurt (13.274).[2]

Die statistischen Angaben, die von staatlicher Seite zur Größe der einzelnen Ausländergruppen kurz vor und kurz nach der Wende gemacht wurden, sollten lediglich als Annäherung an tatsächliche Zahlen betrachtet werden und mit entsprechender Vorsicht interpretiert werden. „Eine der Ursachen hierfür dürfte die Tatsache sein, dass es mehrere staatliche Stellen gab, die für Fragen der Ausländerbeschäftigung zuständig waren: das Ministerium für Arbeit und Löhne, das Innenministerium, die jeweiligen Fachministerien (die zum Teil die Abkommen mit dem jeweiligen Fachministerium des Entsendelandes geschlossen haben) und seit 1990 das Büro der Ausländerbeauftragten.“[3]

Um einen zumindest groben Überblick über die Größenordnung einzelner Ausländergruppen zu geben und die Vielfalt der Staaten aufzuzeigen, deren Bürger zeitweise und dauerhaft in der DDR lebten, soll an dieser Stelle trotz eventueller Ungenauigkeiten folgende Tabelle einbezogen werden:

Tabelle 1: Ausländische Wohnbevölkerung in der DDR nach Staatsangehörigkeit, 31.12. 1989

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt nach Angaben des (DDR-)Ministeriums des Inneren[4]

Hauptsächlich kamen Ausländer in die DDR, um als politisch Verfolgte Asyl zu suchen, um ein Studium aufzunehmen, eine berufliche Aus- oder Weiterbildung zu erhalten oder aber, um als ausländische Arbeitskräfte im Rahmen von - teilweise geheimen - zwischenstaatlichen Abkommen in DDR-Betrieben zu arbeiten.

Die ausländischen Arbeitskräfte – es waren vor allem Vietnamesen, Polen und Menschen aus Mosambik, zumeist Männer zwischen 20 und 40 Jahren alt – bildeten in den 80er Jahren die größte Ausländergruppe.

1.1. Asylsuchende

Seit der Gründung der DDR im Jahre 1949 war es für im Ausland politisch Verfolgte möglich, in der DDR Asyl zu erhalten. Die Gewährung von Asyl hing allerdings allein von politischen Entscheidungen der Partei- und Staatsführung ab und konnte jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Erst durch die 1990 in Kraft getretene Asylverordnung konnten Ausländer, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die Gerichte anrufen.[5]

Offenbar wurden bestimmte, ausgewählte Personen aus anderen sozialistischen Staaten, bzw. Mitglieder ausländischer kommunistischer Gruppierungen zur ärztlichen Behandlung und zum vorübergehenden Aufenthalt in die DDR sogar eingeladen. Dies berichtet Jana Simon in ihrem Roman „Denn wir sind anders. Die Geschichte des Felix S.“ Arnold, weißer Südafrikaner und Mitglied der Kommunistischen Partei Südafrikas, wurde von der ostdeutschen Gewerkschaft FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) zu einer Augenoperation in die DDR eingeladen. Er scheint einer von vielen Ausländern gewesen zu sein, die in der DDR medizinisch versorgt wurden: „Jeannette, Arnold und ihre Tochter wohnten sechs Monate in dem Hotelzimmer in der Ostberliner Invalidenstraße. Viele Ausländer lebten hier, Griechen, Chilenen, die nur kurz ärztlich behandelt wurden und dann in ihre Heimatländer zurückkehrten.“[6]

Griechen kamen ab 1949 als Opfer des Bürgerkriegs und politischer Verfolgung in ihrer Heimat in die DDR. 1961 befanden sich 980 Erwachsene und 337 griechische Kinder und Jugendliche in der DDR, von denen viele das in Dresden-Radebeul geschaffene Heimkombinat „Freies Griechenland“ durchliefen. Die meisten der in die DDR geflohenen Griechen kamen aus ländlichen Gebieten und hatten nur eine geringe Schulbildung, die sie teilweise in der DDR erweiterten. Viele Griechen wurden jedoch auch in der Produktion, also in staatseigenen Betrieben als Arbeitskräfte eingesetzt. Die meisten Griechen verließen die DDR ab Mitte der 70er Jahre, als die Kommunistische Partei Griechenlands und das Komitee „Freies Griechenland“ sich um die Wiederherstellung der griechischen Staatsbürgerschaft für Remigranten bemühten. Diese Remigranten wurden angeblich auch finanziell von der DDR unterstützt.[7]

Eine weitere relativ große Gruppe von Asylsuchenden bildeten die insgesamt ca. 2000 Chilenen, die nach dem Sturz Salvador Allendes 1973 in der DDR Aufnahme fanden. Sie entstammten zumeist einer gebildeten Schicht, d.h. es handelte sich um ehemalige Funktionäre des Staats- und Parteiapparats Chiles, um Angestellte und Studenten und sie bekamen von der DDR umfangreiche materielle und finanzielle Unterstützung (siehe Kap. 2. Rechtliche Regelungen, Unterbringung und Alltag).[8]

1.2. Ausländische Studenten

Eine seit 1951 ständig anwachsende Gruppe bildeten die ausländischen Studenten. Sie stammten überwiegend aus jungen Nationalstaaten, sowie aus sozialistischen Ländern, die mit der DDR bilaterale Verträge über Ausbildung und Studium an Hochschulen geschlossen hatten. Bestimmte Studenten folgten auch der ausdrücklichen Einladung der DDR, ihrer gesellschaftlichen Organisationen oder auch auf die Initiative internationaler Vereinigungen oder Verbände. In den meisten Fällen, sofern nicht Gegenseitigkeit vereinbart war, finanzierten Staat und Bürger der DDR Aufenthalt und Studium der Ausländer über den Solidaritätsfonds.[9] Es war das erklärte Bestreben der DDR, für die Heimatländer der Studenten qualifizierte Kader heranzubilden. In den 80er Jahren ging man allerdings dazu über, einen Teil der Studienplätze auch an Bürger nichtsozialistischer Staaten zu verkaufen. 1989/90 studierten an der Karl-Marx-Universität in Leipzig zum Beispiel bereits 10% aller ausländischen Studierenden auf kommerzieller Basis.[10]

Wie die Bildungssituation der ausländischen Studenten aussah, schildert Jana Simon: „Die Lehrer und Dozenten der Hochschule kamen aus der DDR und waren „Hundertprozentige“, wie man sie damals nannte. Hundertprozentige Genossen. Arnold betreute die ausländischen Studenten, die an dieser Hochschule in Propaganda für den Sozialismus geschult wurden und lernen sollten, wie sie Gewerkschaften in ihren eigenen Ländern aufbauen könnten. „Nur war die DDR nicht Afrika“, sagt Arnold. Vieles, was sie hier lernten, konnten die Studenten nie anwenden. Und einige waren zu Arnolds großem Kummer nicht gekommen, um sich im Sinne des Sozialismus zu bilden, sondern um sich in Europa zu vergnügen.“[11]

[...]


[1] Vgl. Elsner/Elsner 1994, S. 18

[2] Vgl. Elsner/Elsner 1994, S. 19

[3] Krüger-Potratz 1991, S. 170

[4] Elsner/Elsner 1994, S. 77/78

[5] Vgl. Elsner/Elsner 1994, S. 19/20

[6] Simon 2002, S. 205

[7] Vgl. Elsner/Elsner 1994, S. 21

[8] Vgl. Elsner/Elsner 1994, S. 21/22

[9] Vgl. Elsner/Elsner 1994, S. 23

[10] Vgl. Elsner/Elsner 1994, S. 23

[11] Simon 2002, S. 205

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Fremde in der DDR
Hochschule
Universität Bremen  (Fachbereich 9 Kulturwissenschaft)
Veranstaltung
Die Ostdeutschen und wir
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
25
Katalognummer
V57722
ISBN (eBook)
9783638520768
ISBN (Buch)
9783656782599
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fremde, Ostdeutschen
Arbeit zitieren
Hayat Caroline Issa (Autor:in), 2003, Fremde in der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57722

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Fremde in der DDR



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden