Rechtsextremismus in Deutschland und die behördlichen Reaktionen


Seminararbeit, 2005

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

1. Überblick über die rechte Szene in Deutschland
1.1 Die Entwicklung der rechten Parteien im Nachkriegsdeutschland
1.2 Die aktuelle rechte Parteienlandschaft
1.3 Die „rechte Szene“

2. Das Bundesamt für Verfassungsschutz
2.1 Die Aufgaben des BfV
2.2 Delikte und Probleme bei deren Strafverfolgung
2.3 Umsetzung I: Der NPD-Verbotsantrag
2.4 Umsetzung II: Der „Landser“-Prozess

3. Polizei
3.1 Die Arbeit der Polizei
3.2 Umsetzung: Demonstration in Schwäbisch Hall, 06.03.2004

Fazit

Quellen

Anhang

Selbständigkeitserklärung

Einleitung

Jede Demokratie impliziert das Aufkommen oder Vorhandensein einer extremen Rechtsentwicklung in unterschiedlichem Ausmaß. In den vergangenen Jahren hat sich die rechtsextreme Szene in Deutschland ständig ausgeweitet, die Zahl der aktiven Neonazis ist im Jahre 2004 sogar um 25% im Vergleich zum Jahr 2003 angestiegen. Parallel dazu verzeichnete das Bundeskriminalamt (BKA) einen Anstieg von politisch motivierten Straftaten und Propagandadelikten.[1]

Um diese Entwicklung zu stoppen oder zumindest einzudämmen, befassen sich die rechtsstaatlichen Organe wie das Bundesamt für Verfassungsschutz, die Staatsanwaltschaft und die Polizei mit dem „Phänomenbereich politisch motivierte Kriminalität – rechts“.

Die vorliegende Arbeit gibt einen Einblick in die Entwicklung sowie die aktuelle Situation. In Kapitel 1 wird die Entwicklung der bedeutsamen rechtsextremen Parteien im Nachkriegsdeutschland und das aktuelle Parteienspektrum betrachtet und der „rechten Szene“ gegenübergestellt.

In Kapitel 2 wird die Arbeit des Verfassungsschutzes vorgestellt. Weiterhin wird an zwei Beispielen deutlich gemacht, wie auf verfassungswidrige Ansätze sowohl im politischen, als auch im zivilen Leben von Seiten des Staates reagiert wird.

Das Spektrum der polizeilichen Arbeit, sowie der Staatanwaltschaft ist sehr weit gefächert, sodass nur ein verhältnismäßig kleiner Einblick gewährt werden kann. Ein Teilbereich der Arbeit der Polizei wird in Kapitel 3 vorgestellt und anhand eines Beispieles erläutert. Die Informationen, die in dieses Kapitel einflossen, habe ich in einem Gespräch mit einer Polizeikommissarin in Baden-Württemberg erhalten, eventuelle Unterschiede zum Polizeirecht in anderen Bundesländern werden hier nicht berücksichtigt.

1. Überblick über die rechte Szene in Deutschland

1.1 Die Entwicklung der rechten Parteien im Nachkriegsdeutschland

Bereits während der Weimarer Republik gab es in breiten Bevölkerungsgruppen einen Mangel an demokratischem Bewusstsein. Die junge Demokratie war nicht stark genug, um dem rechten Ansturm der Nationalsozialisten standzuhalten.

Die ersten rechtsextremen Gruppierungen nach dem zweiten Weltkrieg bildeten sich in den westlichen Besatzungsgebieten – bereits 1945 bekam die „Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung“ (WAV) die Betätigungserlaubnis der amerikanischen Militärregierung. Nicht zuletzt wegen der autoritären Führungsgewohnheiten von Parteigründer Alfred Loritz löste sich die WAV jedoch schon 1953 wieder auf. 1947 spaltete sich von der WAV der „Deutsche Block“ ab, der noch weiter rechts positioniert war und gleichermaßen an inneren Zerwürfnissen zerbrach. Ebenfalls 1945 erhielt Heinrich Leuchtgens eine Parteilizenz für seine „Nationaldemokratische Partei“ (NDP). Eine Radikalisierung vollzog sich, als sich bei dem Versuch, die Partei über die Grenzen von Hessen (dem Gründungsland der Partei) hinaus auszudehnen, ehemalige NSDAP-Mitglieder anschlossen, die sich bisher politisch nicht hatten betätigen können. Diese setzten sich z.B. gegen das „Unrecht der Entnazifizierung“ ein. Eine weitere rechtsextreme Partei entstand aus der Fusion der „Deutschen Konservativen Partei“ (DKP) und „Deutschen Aufbau-Partei“ (DAP). Als DKP-DRP kandidierten sie im Sommer 1949 bei der Wahl zum ersten deutschen Bundestag, scheiterten jedoch an der 5%-Klausel.

Im Oktober 1949 wurde mit der „Sozialistischen Reichspartei“ (SRP) eine Partei gegründet, die mehr als alle anderen rechten Gruppierungen an Inhalte des NS-Regimes anknüpfte. Die SRP fand ihre Anhänger unter anderem unter jenen, die durch den Prozess der Entnazifizierung arbeitslos geworden waren oder die aufgrund von Kriegsfolgen (Kriegsverletzungen, etc.) Schwierigkeiten hatten, ihre Familien zu ernähren. Weiterhin warb die Partei offen um ehemalige NSDAP-Mitglieder. Bereits 1951 stellte die Bundesregierung einen Verbotsantrag für diese Partei. Das Verbot wurde 1952 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Die SRP hatte sich jedoch in Erwartung dieses Urteils kurz zuvor selbst aufgelöst. Mit dem Verbot sollte verhindert werden, dass sich kurz nach dem Ende des Dritten Reiches eine Partei etablierte, die so offensichtlich an den Nationalsozialismus anknüpfte. Nach der Auflösung der Partei versuchten ehemalige Mitglieder, bereits bestehende politische Organisationen umzufunktionieren, um eine Folgepartei zu schaffen.

Im November 1964 wurde die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ als „Sammelbecken“ für die Mitglieder der mehr oder weniger erfolgreichen und nur bedingt beständigen rechten Parteien gegründet. Auf NS-Parolen wurde bewusst verzichtet, jedoch fanden sich schon damals im Parteiprogramm rechtsextreme Äußerungen, die auch heute noch in der Partei aktuell sind (z.B. „Vorrangiger Anspruch Deutscher auf Arbeit gegenüber Gastarbeitern“). Bei der Bundestagswahl 1965 erzielte die NPD bereits 2,0%. Bei den Landtagswahlen 1966 in Hessen und Bayern erzielte sie mit 7,9%, bzw. 7,4% erste große Erfolge. Bereits 1968 war die NPD in 7 Landesparlamenten vertreten. Schon zu diesem Zeitpunkt setzten Verbotsdiskussionen ein, da auch das Ausland diese Entwicklung mit wachsender Sorge verfolgte. Die NPD verfehlte jedoch bei der Bundestagwahl 1969 knapp die 5%-Hürde, sodass eine weitere Diskussion zunächst überflüssig erschien.

In den folgenden Jahren bildeten sich kleinere rechtsextreme Gruppierungen, die aber keine nennenswerten Erfolge erzielten. Anfang 1971 bildete sich mit der „Deutschen Volksunion“ (DVU) - anfangs als Verein - eine weitere noch heute aktive Partei. 1986 kam es erstmals zu einer Annäherung zwischen NPD und DVU.[2]

1989 nahm die DVU als „DVU-Liste D“ mit Unterstützung der NPD an der Europawahl teil, erhielt jedoch nur 1,6% der Stimmen.[3] Bei den Landtagswahlen 2004 in Sachsen konnte die NPD zum ersten Mal seit 1968 wieder in ein Landesparlament einziehen.[4]

1.2 Die aktuelle rechte Parteienlandschaft

Aktuell sind in Deutschland drei rechte Parteien zu nennen. Die DVU ist mit geschätzten 11.000 Mitgliedern die zahlenmäßig stärkste Partei. Sie wird seit ihrer Gründung 1987 vom Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard Frey geleitet, der nicht nur die ideologischen Positionen der Partei festlegt, sondern den weiteren Mitgliedern des Bundesvorstandes nicht mehr als eine Statistenrolle zugesteht.[5] Über den Erfolg der DVU bei den Landtagswahlen 2004 in Brandenburg schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz[6]: „Populistische Phrasen, die über die Konzeptlosigkeit hinwegtäuschen, und ein mit hohem finanziellen Aufwand betriebener Propagandafeldzug haben dieses Ergebnis ermöglicht.“[7]

Die in Freys Verlag „DSZ-Druckschriften- und Zeitungsverlag GmbH“ erscheinende „National-Zeitung“ (NZ) kann, obwohl nicht offiziell als solche herausgegeben, als publizierendes Sprachrohr der DVU verstanden werden. In der NZ werden offenkundig fremdenfeindliche Artikel publiziert. Mit Schlagzeilen wie „Millionen Türken wollen nach Deutschland – Die mitteleuropäische Zielländer der im Falle einer EU-Mitgliedschaft des vorderasiatischen Staates zu erwartenden Völkerwanderung kommen schon mit den bereits bei ihnen vorhandenen Türken nicht mehr klar.“[8] soll die Angst vor der häufig propagierten „Überfremdung“ Deutschlands geschürt werden. Unterschwellig, aber dennoch deutlich wird auch der von der DVU vertretene Antisemitismus zum Ausdruck gebracht. In der NZ werden z.B. Bücher wie „Jüdische Kriegserklärungen an Deutschland“ empfohlen, die im von Freys Ehefrau geleiteten FZ-Verlag erscheinen.

Darüber hinaus sind bei der DVU deutlich revisionistische Bestrebungen zu erkennen – nicht nur der Holocaust, sondern NS-Verbrechen im Allgemeinen werden immer wieder angezweifelt oder es wird wenigstens versucht, sie in einem „besseren Licht“ erscheinen zu lassen.[9] Offenkundiger als die anderen rechtsextremen Parteien verfolgt die DVU auch antiamerikanische Ziele, in der NZ wurde kurz nach den Anschlägen von Madrid im März 2004 polemisch berichtet: „Die USA haben seit den Anschlägen des 11. September 2001 mehr als zehntausend Menschen hingemordet, darunter ungezählte Kinder und Wehrlose.(...)Doch die USA werden weiter auf Lüge und Heuchelei setzen, um die Welt zu täuschen.“[10]

Weiterhin wird gerne der Vergleich zwischen deutscher Wehrmacht und US-Armee gezogen, mit dem Hinweis, die Wehrmacht habe sich moralischer verhalten.[11]

Die zahlenmäßig zweitstärkste in Deutschland etablierte rechtsextreme Partei sind die „Republikaner“ (REP). Durch innerparteiliche Auseinandersetzungen über die Zusammenarbeit mit anderen Parteien des rechten Spektrums und die Wahlerfolge von NPD und DVU verloren sie an Bedeutung. Ihr Bundesvorsitzender Dr. Schlierer versucht nur bedingt erfolgreich, der Partei einen demokratischen „Anstrich“ zu verleihen, in den vergangenen Jahren jedoch waren immer wieder Anhaltspunkte für rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Aktivitäten festzustellen. Die Propaganda der REP besteht in erster Linie darin, „gezielt Angst vor Überfremdung und einen gegen Ausländer gerichteten Sozialneid schüren“[12]. Auch in dieser Partei sind unbestreitbar revisionistische Bestrebungen erkennbar, wie z.B. die „Beanstandung“ der deutschen Grenzen. So heißt es in einer Pressemitteilung zum Thema „Keine EU-Gelder für Polen“: „…die Okkupation Schlesiens nach dem zweiten Weltkrieg stellt einen völkerrechtswidrigen Landraub dar, der nicht hingenommen werden kann.(…)Landräuber haben keinen Anspruch auf Reparationen.“[13] Zwar lehnen die REP eine „Kooperation mit NPD und Neonazis“ laut einer weiteren Pressemitteilung „kategorisch ab“[14], diese Abgrenzung wird aber laut der ehemaligen sächsischen Landesvorsitzenden Lorenz nach „Gutdünken umgesetzt“.[15]

[...]


[1] Vgl. Verfassungsschutzbericht 2004, S. 27 und S. 30.

[2] Ab Beginn Kap.1.1 vgl. Backes/Jesse, Pol. Extremismus in der BRD Bd. 2, S.44-96.

[3] Vgl. Verfassungsschutzbericht 2004, S. 76.

[4] Vgl. Verfassungsschutzbericht 2004, S. 56,73.

[5] Vgl. Verfassungsschutzbericht 2004, S. 83.

[6] Im Folgenden abgekürzt mit BfV.

[7] „Verfassungsschutz gegen Rechtsextremismus“, Broschüre des BfV, Mai 2005, S.8.

[8] NZ Nr. 01-02/2004, S.1.

[9] Vgl. Verfassungsschutzbericht 2004, S.80, f.

[10] NZ Nr. 13/2004, S. 13.

[11] Vgl. Verfassungsschutzbericht 2004, S. 82.

[12] Verfassungsschutzbericht 2004, S. 87.

[13] Pressemitteilung der REP-Geschäftsstelle, Nr. 39/04.

[14] Pressemitteilung der REP-Geschäftsstelle, Nr. 07/05.

[15] Verfassungsschutzbericht 2004, S. 93.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Rechtsextremismus in Deutschland und die behördlichen Reaktionen
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Veranstaltung
Rechtsextreme in Wahlkämpfen und Medien
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
24
Katalognummer
V57258
ISBN (eBook)
9783638517607
ISBN (Buch)
9783656792772
Dateigröße
443 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zuzügl. 4 Seiten Anhang
Schlagworte
Rechtsextremismus, Deutschland, Reaktionen, Rechtsextreme, Wahlkämpfen, Medien
Arbeit zitieren
Juliane Engberding (Autor:in), 2005, Rechtsextremismus in Deutschland und die behördlichen Reaktionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57258

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