Das Verhältnis von 'Freiheit' und 'Eigenheit' in Stirners 'Der Einzige und sein Eigentum'


Hausarbeit, 2001

28 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

I. Einleitung

II. Max Stirner und sein Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum“ .
II.a. Biographie Max Stirners
II.b. Das Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum

III. Das Verhältnis vom Freiheit und Eigenheit
III.a. Der Begriff „Freiheit“
III.b. Der Begriff „Eigenheit“
III.c. Das Verhältnis von „Freiheit“ und „Eigenheit“
III.d. Kritik an Stirner und seinem Konzept

IV. Fazit

V. Quellen

I. Einleitung

Ich habe Mein‘ Sach‘ auf Nichts gestellt!

Max Stirner

„Der Name Max Stirner hat in der Welt der Philosophie, das steht außer Frage, keinen guten Klang. In philosophiegeschichtlichen Darstellungen wird er meist übergangen oder nur am Rand erwähnt. [...] Es gab und gibt nicht einen Philosophen, der sich positiv und spezifisch auf Stirner bezieht“

schreibt Bernd A. Laska in einer Würdigung über Max Stirner und seine Philosophie (Laska: 1986, S. 7). Trotz dieser Tatsache hat Stirner einen großen Einfluß auf die Philosophiegeschichte ausgeübt. Seine Philosophie hat unterschiedliche politische, philosophische und literarische Richtungen beeinflußt - auch wenn sie viele Mißdeutungen erfahren hat. Im Rahmen einer Einordnung seines Werkes werde ich auf diesen Punkt noch genauer eingehen.

Seine starke Betonung der Individualität, der Eigenheit des Individuums, gilt als die äußerste Form des Egoismus und führt dazu, daß er in erster Linie als Vertreter des Individual-anarchismus genannt wird. Die Eigenheit wird im Rahmen dieser Hausarbeit näher beleuchtet und im Zusammenhang mit ihrem Verhältnis zu Stirners Auffassung von Freiheit betrachtet. Die Fragestellung, die ich in diesem Rahmen untersuchen werde, lautet: Wie verhalten sich Freiheit und Eigenheit zueinander? Ich werde dafür im Hauptteil der Arbeit die beiden Begriffe zu erst unabhängig voneinander definieren, ihre unterschiedlichen Dimensionen aufzeigen und anschließend auf das Verhältnis zueinander eingehen. Dabei werde ich mich auf Stirners Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum“ beschränken – vor allem auf die zweite Abteilung des Buches- „Ich“. Aus diesem Grund werde ich nicht auf die Kritik an den Freiheitsbegriffen der drei Formen des Liberalismus, die Stirner in der ersten Abhandlung des Buches nennt, eingehen. Andere Schriften von ihm werde ich ebenfalls außer Acht lassen. Im Anschluß an die Erörterung der beiden Begriffe und ihres Verhältnisses werde ich exemplarisch unterschiedliche Kritikpunkte an dem Stirner‘schen Konzept auf ihre Stichhaltigkeit hin untersuchen. Einleitend wird in dieser Hausarbeit die Biographie Max Stirners, die Bedeutung seines Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum“ und dessen Rezeption erfolgen.

II. Max Stirner und sein Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum“

a) Biographie Max Stirner

Johann Caspar Schmidt – wie Stirners bürgerlicher Name lautet - wird am 25. Oktober 1806 im oberfränkischen Bayreuth als einziges Kind eines protestantischen Handwerkers geboren. Nach Abschluß seiner Schulzeit immatrikuliert er 1826 an der Berliner Universität, wo er u.a. Lesungen von Georg Friedrich Wilhelm Hegel, Heinrich Ritter und Friedrich Schleiermacher besucht. Er studiert Philosophie und Philologie. Andere Quellen sprechen davon, daß er auch Theologie studiert (vgl. Lucchisi: 1897, S. 4). Nach vier Semester verläßt er Berlin und studiert jeweils zwei Semester in Erlangen und in Königsberg. 1833 kehrt er zurück an die Berliner Universität, wo er vier weitere Semester verweilt. 1837 heiratet er die 22jährige Agnes Clara Kunigunde Burtz, die Nichte seiner Vermieterin. Seine Frau verstirbt im folgenden Jahr bei der Geburt ihres Kindes. Im Jahr 1839 erhält Max Stirner seine erste feste Anstellung als Lehrer an der Berliner Mädchenschule von Madame Gropius. Er unterrichtet Deutsch und Geschichte.

Seit Mitte 1841 hält sich Max Stirner regelmäßig im Kreis der Freien auf, einem oppositionellen Zirkel von Literaten, Dichtern und Journalisten um den ehemaligen Theologen Bruno Bauer. Hier lernt er Marie Wilhelmine Dänhardt kennen, seine zweite Frau. Die Ehe hält nur drei Jahre. Er widmet ihr sein Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum“.

Zeitgleich mit der Begegnung der Freien beginnt er seine ersten schriftstellerischen und journalistischen Texte für oppositionelle Zeitungen zu verfassen, die er unter dem Pseudonym Max Stirner veröffentlicht. Das Pseudonym haben ihn seine Kommilitonen an der Berliner Universität wegen seiner auffällug hohen Stirn gegeben. 1844 erscheint sein Hauptwerk, das auf 1845 vordatiert ist, im Verlag von Otto Wigand in Leipzig. Wigand hat bereits Schriften von anderen kritischen Denkern seiner Zeit wie Arnold Ruge, Friedrich Engels und Richard Wagner veröffentlicht. Der Stirnerbiograph John Henry Mackay datiert die Anfänge für dieses Werk, das ursprünglich den Titel „Ich“ tragen sollte, auf das Jahr 1842.

Mit dieser Schrift erweckt Max Stirner für kurze Zeit großes Aufsehen bei seinen Zeit-.genossen. Angelika Machinek stellt in „B. Traven und Max Stirner“ fest: „Das Werk fand unter den Freien und (Links-) Intellektuellen der Zeit breite Resonanz“ ( Machinek: 1985, S. 58). Was erregte so das Interesse seiner Zeitgenossen? Der Soziologe Markus Henning beantwortet diese Frage in seinem Aufsatz „Max Stirners Egoismus“ mit dem Satz: „“Der Einzige und sein Eigentum“ ist über weite Strecken ein provokativer Aufschrei gegen die Philosophie seiner Zeit, mit deren Tradition er radikal bricht“ (Markus Henning in: Knoblauch, Jochen / Peterson, Peter (Hrsg.): 1996, S. 25). Einhellig gilt „Der Einzige und sein Eigentum“ als Bruch mit der Hegelschule - insbesondere mit den Junghegelianern. Bernd Kast schreibt im Vorwort zu „Die Thematik des Eigners bei Stirner“: „Stirners Philosophie ist in weitem Maße oppositionelle Philosophie, Philosophie in Opposition zu Hegel und zur Hegelschule und zur spekulativen Philosophie schlechthin“ (Kast: 1979, S. XII).

Das Werk wird zeitweise in mehren deutschen Staaten verboten. Zwei Tage nach Erhalt des Buches verbietet die sächsische Zensurbehörde es mit der Begründung, daß es Religion, Kirche, soziale Verfassung, Staat und Regierung angreife. In Leipzig kommt es daraufhin zu einer Beschlagnahmung von 250 Exemplaren. Nach wenigen Tagen wird es wieder zugelassen, weil der Inhalt als „zu absurd“ abgetan wird, als das es gefährlich werden könnte. (vgl.: John Henry Mackay: 1977, S. 128.)

Preußen zieht beim Verbot des „Einzigen und sein Eigentum“ durch Sachsens Entscheidung alarmiert bald nach. Hier wird „Der Einzige und sein Eigentum“ mit der Begründung verboten, daß in ihm „eine auf Vernichtung aller Religion und Sittlichkeit hinauslaufende Theorie“ entwickelt werde (zitiert nach Kast: 1979, S. 116).

Das Werk gerät schnell in Vergessenheit. Der Stirnerforscher Bernd A. Laska stellt fest: „Der öffentliche Diskurs über den „Einzigen“ war oberflächlich und verriet nichts von dem Effekt als „heimlicher Hit“, den das Buch ausweislich privater Zeugnisse auf Feuerbach, Ruge und andere hatte“ (Laska: 1996, S. 21f.). Als Grund für die nicht tiefergehendeWirkung auf seine Zeitgenossen – abgesehen vom linkshegelianischen Kreis - führt der marxistische Historiker Hans G. Helms das Argument an: „Weil Stirner das Klassenbewußtsein der Mittelklasse nicht zu formulieren vermochte, blieb die unmittelbare Wirkung des „Einzigen“ gering. Im Vormärz war die Mittelklasse noch zu schwach, um mit einer radikalen Ideologie operieren zu können“ (Hans G. Helms: 1966, S. 3). Eine weitere These von ihm lautet: „Die Zeitgenossen bezogen ihn [den Einzigen] mehr auf ihre private denn auf ihre öffentliche Existenz“ (Hans G. Helms : 1966, S. 47).

Drei größere Aufsätze wenden sich zu Stirners Lebzeit gegen sein Hauptwerk. Die Autoren sind die Junghegelianer Moses Hess, Franz Szeliga und Ludwig Feuerbach, der seine Schrift zu erst anonym veröffentlicht. Die Polemik von Karl Marx gegen Stirners Werk mit dem Titel „Sankt Max“, wird erst nach dem Tod von Marx im Rahmen des Werkes „Deutsche Ideologie“ veröffentlicht. Bernd A. Laska begründet den Umstand, daß Marx diese Schrift nicht zu Lebzeiten publizierte mit den beiden Vermutungen: „Erstens, weil er die Stichhaltigkeit seiner polemischen Gegenschrift bezweifelte; zweitens, weil S[tirner]. inzwischen – bereits ein Jahr vor den Ereignissen des März 1848 und ihren politischen Folgen, die den radikalen philosophischen Diskussionen ohnehin ein Ende setzten – zur Unperson geworden war, öffentliche Kritik an ihm somit fehl am Platz gewesen wäre“ (Bernd A. Laska in: Degen (Hrsg.): 1993).

In seiner Berliner Zeit lernt Stirner den russischen Anarchisten Michail Bakunin (1814-1876) kennen, der sich allerdings nie öffentlich zu ihm äußert. Bernd Senft verweist in seiner Schrift „Im Schatten des Einzigen“ jedoch auf einen deutlichen Einfluß der Stirnerschen Philosophie auf Bakunins Hauptwerk „Gott und der Staat“ (vgl.: Bernd Senft: 1996, S. 79f.).

Kurz vor Erscheinen des Werkes „Der Einzige und sein Eigentum“ hat Stirner bereits seine Stellung als Lehrer gekündigt. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich seit dem mit selbständiger Erwerbstätigkeit. 1847 erscheint ein mehrbändiges Werk über „Die Nationalökonomen der Franzosen und Engländer“. Im Rahmen dieses Werkes übersetzt er u.a. Texte des englischen Nationalökonomen Jean Baptiste Say. Fünf Jahre später erscheint das letzte Werk Stirners – „Die Geschichte der Reaktion“. Sein letztes Werk findet kaum eine Würdigung im Rahmen der Stirner-Forschung. Am 25. Juni 1856 stirbt Max Stirner an den Folgen einer Lungenentzündung in Berlin und wird drei Tage später auf dem Sophienfriedhof beerdigt.

b) Das Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum“ und die Rezeption

„Alle Bände aller Bibliotheken der Welt könnten es [das Werk „Der Einzige und sein Eigentum“] nicht ersetzen, wäre es verloren gegangen. Alles vor und nach ihm gesagte erscheint ihm gegenüber überflüssig“ sagt der schottische Dichter und Individualanarchist John Henry Mackay, der als der erste bekennende Stirnerianer gilt, über Stirners Hauptwerk (zitiert nach: Markus Henning in: Knoblauch / Peterson: 1996, S. 18).

Bernd A. Laska schreibt über die Rezeption von Stirner: „Stirners „Einziger“ gilt philosophiegeschichtlich fast einhellig als der „irgendwie“ absurde, sich selbst widerlegende, wahrscheinlich gar nicht ernst gemeint, jedenfalls nicht wirklich ernst zu nehmende Schlusspunkt des sog. Links- oder Junghegelianismus“ (Laska: 1996, S. 17).

„Der Einzige und sein Eigentum“ ist in zwei Abschnitte geteilt. Der erste Abschnitt, der den Titel „Der Mensch“ trägt, ist eine Betrachtung der Menschheits- und Geistesgeschichte. Max Stirner hat diesen Abschnitt in drei Teile aufgeteilt – „Die Alten“, „Die Neuen“ und „Die Freien“. Das Zeitalter der Alten bezeichnet er als das „Negertum“. Es ist charakterisiert durch die Abhängigkeit des Menschen von der ihn umgebenden Natur und es entspricht zeitlich dem Altertum. Das Zeitalter der Neuen, worunter als die „Neuesten der Neuen“ auch die „Freien“ fallen, nennt er „Mongolentum“. Das Mongolentum zeichnet sich aus durch die Abhängigkeit vom Gedanken - dem Christentum. Zeitlich wird es daher durch das aufkommende Christentum eingeleitet. Im Abschnitt über die „Freien“ betrachtet er drei zu seiner Zeit moderne Geistesrichtungen – den politischen (klassischen Liberalismus), den sozialen (Sozialismus / Kommunismus) und den humanen Liberalismus (die Geisteshaltung der zeitgenössischen Junghegelianer). Die Betrachtung des humanen Liberalismus geht mit Kritik an der Geisteshaltung von der Denkrichtung des Junghegelianismus einher. So kritisiert er in diesem Zusammenhang über weite Strecken sowohl Ludwig Feuerbach als auch Bruno Bauer.

Der zweite Abschnitt – „Ich“ – teilt sich in die folgenden Abschnitte „Die Eigenheit“, „Der Eigner“ und „Der Einzige“. Der Abschnitt handelt von dem Sichfinden, dem Sichgewinnen und beinhaltet eine Untersuchung des Ich Selbst. Dabei zeigt Stirner auch die Kräfte auf, die das „Ich“ versuchen zu unterdrücken. Eine der Hauptthesen Stirners lautet, daß das Eigeninteresse, der Egoismus, alle anderen Interessen überwiegt. Stirnerbiograph Max Messer verweist in seiner Stirnerbiographie darauf, daß Stirner mit diesem „einzigen Werke die konsequenteste, aber auch einseitigste und schroffste Fassung der Philosophie der Persönlichkeit gegeben“ hat (Max Messer: 1907, S. 4).

"Obwohl der „Einzige“ ein Verkaufserfolg wurde – bisher mehr als 100.000 Exemplare – blieb S[tirner]. eine Randfigur der Ideengeschichte“ schreibt Bernd A. Laska in seinem Beitrag für das Lexikon der Anarchie (Laska: Stirner in: Degen (Hrsg.): 1993).

Die Rezeption seines Werkes war sehr unterschiedlich. Friedrich Engels, der nach der ersten Lektüre des Werkes sehr angetan ist, bezeichnet Stirner später als den „Propheten des heutigen Anarchismus“ und charakterisiert ihn als „bedächtigen Schrankenhasser“. Die erste These wird auch von dem Menschewiki Georg Plechanow in seinem Buch „Anarchismus oder Kommunismus“ in ähnlicher Form vertreten. Er schreibt in Hinblick auf dessen Hauptwerk: „Max Stirner hat somit ein ziemlich wohlbegründetes Recht auf den Titel „Vater der Anarchie.““ (Georg Plechaow: 1920, S. 17). Guntolf Herzberg schreibt relativierend über die Wirkung Stirner auf die beiden Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus: „Für die philosophische Entwicklung von Marx und Engels ist die Auseinandersetzung mit Stirner eine – wenn auch notwendige – Durchgangsstufe“ (Herzberg: 1968, S. 14). Ebenfalls große Bedeutung für den modernen Sozialismus unterstellt ihm der Austromarxist Max Adler. Er bezeichnet ihn als einen wichtigen Theoretiker des modernen Sozialismus (vgl. Max Adler: 1992, S. 4f.) und stellt ihn mit Ludwig Feuerbach und Karl Marx in eine Reihe.

Der Individualanarchist und Dichter John Henry Mackay hat hingegen dazu beigetragen, Stirner als (individualistischen) Anarchisten zu qualifizieren. Bernd A. Laska argumentiert gegen diese Vereinnahmung:

„Die von [Benjamin] Tucker und [John Henry] Mackay unbekümmert vorgenommene Amalgamierung des ursprünglichen individualistischen Anarchismus mit Stirners Ideen scheiterte indes, ohne dass dies von ihnen oder anderen individualistischen Anarchisten bemerkt worden wäre. Mackay und Tucker bekannten sich zwar nominell, zuweilen sogar sehr emphatisch, zu Stirner, wußten aber gerade mit jenen Inhalten, die für ihn spezifisch sind, nichts anzufangen“ (Laska: 1996 S. 63).

Georg Adler vertritt ebenfalls die These, daß Stirner Anarchist sei. Er schreibt:

„Der ‚Einzige und sein Eigentum‘ ist das Werk eines großen, von der Autonomie des Individuums begeisterten Denkers. Obwohl Stirner nirgendwo das Wort „Anarchismus“ braucht, so enthält doch sein Buch die konsequenteste anarchistische Doktrin, die je in der Weltgeschichte in Erscheinung getreten ist.“ (Georg Adler: 1907, S. 31.)

Von anderen Richtungen des Anarchismus wurde Stirner hingegen abgelehnt. So bezeichnet Peter Kropotkin, einer der führenden Theoretiker des kommunistischen Anarchismus, die Philosophie Stirners als „aristokratischen Individualismus“. Der russische Anarchist bezeichnete ihn weiterhin als „Pseudoanarchist“. Der deutsche Anarchist Gustav Landauer, der zeitweise Stirner ambivalent gegenübersteht und dessen bürgerlichen Namen als Pseudonym verwendet, äußert sich seiner Theorie später ablehnend gegenüber.

Stirner selber hat sich nie als Anarchist bezeichnet – wie es Adler bereits in seinem Werk schreibt - und übt über weite Strecken Kritik an Pierre J. Proudhon, dem ersten Anarchisten, der sich selbst als solcher bezeichnet hat.

Der Freiwirt Rolf Engert versucht Stirner zum Philosophen der von dem Kaufmann Silvio Gesell erdachten Freiwirtschaftstheorie zu erklären (vgl. Bernd Senft: 1990, S. 59f.; Rolf Engert: 1998) - mit Erfolg. „In mehreren Aufsätzen [in Zeitschriften der Freiwirtschaftslehre] wurde die Weltanschauung der Bewegung explizit auf Stirner festgelegt; Stirner und Gesell sollten sich zueinander verhalten wie Überbau und Unterbau“ (Helms: 1966, S. 418). In den 20er Jahren begann ebenfallsdie Klassifikation Stirners als Vorläufer des Existenzialismus (vgl. Laska: 1996, S. 78-81). Herbert Scheit schreibt: „Stirner ist der Vater des Existentialismus, weil er kein vorgegebenes Wesen kennt, sondern sich in jedem Moment neu aus dem Nichts schafft“ (Herbert Scheit in: Knoblauch / Peterson: 1996, S. 98.).

Der Begründer der Antroposophie, Rudolph Steiner, bezeichnete Stirner als den „freiesten Denker, den die neuzeitliche Menschheit hervorgebracht hat“ (zitiert nach: Laska: 1996, S. 71). Sein Hauptwerk „Die Philosophie der Freiheit“ bezeichnete er nach Erscheinen der Erstauflage gegenüber Mackay als den „philosophischen Unterbau für die Stirnersche Lebensauffassung“ (zitiert nach: Laska: 1996, S. 71). Ein weiterer Denker den Stirner beeinflußt haben soll ist Nietzsche. Diese These ist sehr umstritten. Dennoch schreibt Laska:

„Die Wirkung Stirners auf die philosophischen Entwicklung Friedrich Nietzsches, des anderen großen, das Denken noch unserer Zeit dominierenden Philosophen des 19. Jahrhunderts, läßt sich nicht unanfechtbar dokumentieren wie bei Marx, wohl aber durch eine genügende Anzahl biographischer Indizien plausibel belegen“ (Laska in: Ulrich Klemm: 1993, S. 33).

Weiter von Stirners Philosophie beeinflußte Persönlichkeiten sind seiner Meinung nach: Edmund Husserl und Carl Schmidt bis herauf zu Jürgen Habermas.“ (Laska in: Ulrich Klemm:1993, S. 33 f.) Hans G. Helms bezeichnet Stirner als einen Theoretiker der Mittelklasse und rückt ihn in die Nähe des Faschismus. Er stellt die These auf, „daß Stirnerianismus und Nationalismus Variationsformen desselben faschistischen Ungeistes sind“ (Hans G. Helms: 1966, S.5). Allerdings erklärt er auch: „Die Entfaltung des Stirner’schen Dogmas zur faschistischen Realität scheint Stirners Wünschen entschieden zu widersprechen und ist dennoch seiner Lehre implizit“ (Helms: 1996, S. 91). Der Führer der faschistischen Partei Italiens, Benito Mussolini, sagte in einer Rede 1919: „Laßt den Weg für die Elementarkräfte des Individuums; denn es gibt keine andere menschliche Realität als das Individuum! Warum sollte Stirner nicht wieder zu Aktualität gelangen?“ (zitiert nach Helms: 1966, S. 6)

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Das Verhältnis von 'Freiheit' und 'Eigenheit' in Stirners 'Der Einzige und sein Eigentum'
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-suhr-Institut für Politologie)
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
28
Katalognummer
V57155
ISBN (eBook)
9783638516778
ISBN (Buch)
9783656784074
Dateigröße
543 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verhältnis, Freiheit, Eigenheit, Stirners, Einzige, Eigentum
Arbeit zitieren
Maurice Schuhmann (Autor:in), 2001, Das Verhältnis von 'Freiheit' und 'Eigenheit' in Stirners 'Der Einzige und sein Eigentum', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57155

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