Flechtheims Beiträge zur deutschen Innenpolitik:


Seminararbeit, 2001

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

Flechtheims Beiträge zur deutschen Innenpolitik: Partei, Bewegung, Pressure Group

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Inhalt
2. Flechtheims Beschreibung und Definition von Partei, Bewegung, Pressure Group
3. Diskussionsansätze aus der Betrachtung fast 40 Jahre später

III. Schlussbemerkung

Flechtheims Beiträge zur deutschen Innenpolitik: Partei, Bewegung, Pressure Group

I. Einleitung

Da Flechtheim sowohl die Weimarer Republik als auch den Nationalsozialismus hautnah erlebt hatte, scheint er als aufmerksamer Zeitgenosse und Wissenschaftler prädestiniert gewesen zu sein, diese beiden deutschen Epochen und die darauffolgende, der Bundesrepublik Deutschland genauer zu analysieren. In seiner Aufsatzsammlung „Vergangenheit im Zeugenstand der Zukunft“1 befindet sich auch der Beitrag zum Thema „Partei, Bewegung, Pressure Group“2 aus dem Jahre 1962. In diesem Jahr regierte noch der „Alte“ und erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, mit einer christlich-liberalen Regierung in Bonn. Dies im Hintergrund lässt vielleicht manches leichter verstehen. Der Beitrag gliedert sich in fünf Kapitel mit 46 Absätzen, von denen hier nach einer inhaltlichen Zusammenfassung einzelne herausgegriffen und genauer untersucht werden sollen.

II. Hauptteil

1. Inhalt

Im ersten Kapitel (147-149) weist Flechtheim einleitend darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen Partei, Bewegung und Pressionsgruppe oft enger ist als angenommen, und sich auch die Trennungslinien aufgrund des fließenden Übergangs nur unscharf ziehen lassen. Auch macht er sein Publikum aufmerksam, dass der Blickpunkt des Beobachters mitbestimmend wirkt. (147)

Ohne eine oder mehrere Parteien kann sich der moderne Mensch in der industrialisierten Welt Politik eigentlich nicht mehr vorstellen. Doch die „moderne Partei als Idealtypus [ist] wenig älter als 100 Jahre“ und befindet sich „im Westen in der Krise“ und „scheint – nach Flechtheim – bereits deutliche Anzeigen ausgesprochener Senilität aufzuweisen.“ (147)

Trotz aller seiner noch folgenden Kritik zeigt sich Flechtheim schon Eingangs zuversichtlich, dass „im 20.Jahrhundert die Politik auch weiter mehr oder weniger Parteipolitik bleiben und der Mensch von heute und morgen höchstens die Wahl zwischen einem Mehrparteien- oder Einparteienstaat“ (148) hat.

Þ Einwurf: Da hat er sich wohl verschätzt, da die Einparteienstaaten massiv rückläufig sind (China und Kuba v.a.), und in der Bundesrepublik nach und nach weitere demokratische Elemente wie Volksbegehren auf kommunaler und Landesebene Einzug in das politische Leben erhalten haben.

Zum Abschluss des Eingangskapitels kehrt Flechtheim zu den historischen Ursprüngen der modernen politischen Partei zurück, nach Großbritannien im 18. Jahrhundert. Dort hat sich das „Mehrparteiensystem vor allem als Zweiparteieinsystem“ durchgesetzt. Politische Streitigkeiten und Entscheidungsfragen wurden daher statt mit „Waffen durch den Appell an den Stimmzetteln“ ausgefochten. So entstanden die ersten Adels- und Honoratiorenparteien der britischen Oberschicht (148).

Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelten sich diese Gruppierungen zu Massenparteien, wobei die „moderne Partei mehr als Parlamentsfraktion [ist, und] sucht auch die Bürger im Lande zu organisieren“ (148).

Im zweiten Kapitel (149-153) beschäftigt sich Flechtheim unter anderem mit den unterschiedlichen Parteisystemen (Ein- und Mehrparteiensystem), den Parteirichtungen im Europa des 19. Jahrhunderts, dem komplizierten Vielparteiensystem in Deutschland von den Anfängen vor der Revolution 1848 an.

Im Parlamentarismus des Kaiserreichs waren die Parteien von der Regierungsverantwortung ausgeschlossen. Infolgedessen entstand ein „Parteitypus, für den die Kombination von recht umfassender und ausgeprägter Weltanschauung mit Vertretung oft recht gegensätzlicher Interessen, zum Teil auch engbegrenzter Gruppen, Schichten oder Klassen bezeichnend war, dem aber die Kunst der parlamentarische Kompromisspolitik verschlossen blieb“ (150). Dies führte im späteren Verlauf der Weimarer Republik zu einer Entwicklung, die den Aufstieg der republikfeindlichen Nationalsozialisten erst ermöglichte und damit in der deutschen Geschichte böse Folgen hatte.

Bei der plötzlichen Übernahme der Regierungsverantwortung durch die Parteien 1918 nach dem I. Weltkrieg haben die meisten Parteien der Kaiserzeit nur ihren Namen verändert, und existierten mit kaum veränderter Ideologie und Ausrichtung weiter.

Auf den deutlichen Bruch in der Parteiengeschichte durch die nationalsozialistische Gleichschaltungspolitik folgte der Neubeginn auf Ruinen 1945 unter den Fittichen der alliierten Besatzungsmächte. Erst mit diesem Neuanfang, konstatiert Flechtheim, entwickelte sich ein Parteiensystem, dass sich „von dem der Weimarer Republik und des Kaiserreichs zusehends entfernte“ (152).

Darauf folgt eine kurze Bestandsaufnahme der Parteien Westdeutschlands 1962. Flechtheim beschreibt die Parteien als ein „Organisationsgeflecht konservativer Bewahrung“ in einem „Zeitalter restaurativer Erstarrung und Rückbildung.“ Es handelt sich nicht um ein „Gegen- oder Nebeneinander dynamischer Bewegung“, sondern um das „Akkomodieren mit den machtvollen kapital- oder organisationsstarken Verbänden und Pressionsgruppen, deren Orientierung noch kurzsichtiger und begrenzter ist als der Parteien“, während „vorwärtsschauende und zukunftsträchtige Personen und Gruppen zurückgedrängt werden.“ Und bemerkt, dass die „Tätigkeit unabhängiger und fortschrittlicher Kräfte imvorparlamentarischenRahmen verpönt“ (152) ist.

Þ Einwurf: An dieser Stelle fragt man sich, inwieweit sich daran etwas verändert hat, und wie sich diese Veränderungen auswirken.

In seiner eigenen Partei, der SPD, kritisiert er die wachsende Anpassung an den Status quo „eines konservativen und geteilten Deutschlands“ und „Versachlichung und Entideologisierung der Parteipolitik.“ Auch wenn die „SPD als traditionelle Linkspartei im Bereich der Sozialpolitik noch immer stärker als CDU/CSU oder FDP an Reformen interessiert“ ist, scheint sie wie gelähmt in Resignation und Gleichschaltung „in den großen Fragen der Außen- und Deutschlandpolitik“ (152) wie 1914, und nach 1918. Die SPD hat sich „im wesentlichen mit dem Westen identifiziert und damit auf denDritten Wegverzichtet, obwohl wahrscheinlich nur dieser auf Dauer die Katastrophe eines dritten Weltkrieges verhindern“ (153) könne.

Hingegen sieht er Schuhmachers düstere Perspektiven von 1949 verwirklicht, der als Antwort auf die erste Regierungserklärung Adenauers vor dem „autoritären Besitzverteidigungsstaat“ und „Staat der überwiegenden sozialen Restauration“ warnte, und stellt fest, dass die „politische Wirklichkeit der Bundesrepublik autoritärer und restaurativer geworden“ ist.

Dennoch ist die „formale Regierungsstruktur Westdeutschlands im wesentlichen sodemokratischgeblieben, wie sie das Grundgesetz vorsah,“ trotz gewisser „Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Verbot der KPD oder der Wiederaufrüstung“ (153).

Þ Einwurf: Die Geschichte hat den „Dritten Weg“ zwischen den beiden Systemen überflüssig gemacht. Dennoch streiten sich die Wissenschaftler bis heute, was die deutsche Einheit und den Zusammenbruch des Ostblocks bewirkt hat: Die Entspannungspolitik und die KSZE-Verträge oder das Wettrüsten und der NATO-Doppelbeschluss?

Im dritten Kapitel (153-155) wird die Verfassung eines Staates als Skelett bezeichnet, dem erst die Parteipolitik Leben verleiht. Erst „im modernen Parteienstaat gibt es zahlreiche Bindeglieder zwischen Öffentlichkeit und Regierungsorganen“ (154) wohingegen davor die „Partei [...] lange Zeit als wichtigste Triebwelle im politischen Getriebe“ (154) erschien.

Doch gibt Flechtheim zu bedenken, dass „Politik kein Murmelspiel zum Vergnügen ist, sondern jeden Bürger und vielleicht seine Kinder und Enkel berührt,“ und mit all seiner „Spannung und Ungewissheit mehr als andere Aspekte des Staatslebens an die Komödie und Tragödie des wirklichen Lebens“ erinnert. Und er beschreibt den Zustand der (Partei-)Politik weiter, wo „krassester Egoismus und selbstlose Hingabe zusammen stoßen“ (154).

Im Folgenden geht Flechtheim noch auf die Unterschiede und Ursprünge der Parteien ein, die „von Honoratioren- oder Parlamentscliquen“ oder als „legitime oder illegitimen Kinder von Massenbewegungen“ (154) abstammen, und manche „noch eher Bewegungen oder Pressionsgruppen“ (154) gleichen.

Þ Einwurf: In diesem Zusammenhang dient vielleicht die Entwicklung der Partei „Die Grünen“ (später Bündnis 90/ Die Grünen) als Beispiel, die sich von der Sponti-Gruppe zur staatstragenden Partei in weniger als einem Vierteljahrhundert entwickelt hat, und dies wird insbesondere in der Gestalt des jetzigen Außenministers Joschka Fischer3 deutlich. Auch die FDP, die „Liberalen“, gleicht manchmal eher einer Wirtschaftspressionsgruppe oder Bewegung als „Partei der Besserverdienenden“.

Das vierte Kapitel (155-159) befasst sich mit den Unterschieden von Parteien im Bezug auf folgende Kriterien: die Grundlagen der Parteibildung aus verschiedenartigen Interessen, den inneren Aufbau und Machtapparat unter anderem am Beispiel der kommunistischen und faschistischen Kaderparteien im 20.Jahrhundert, den Differenzen zwischen Einpartei- und Mehrparteisystemen und dem Kontrast zwischen totalitären Monopolparteien und rechtsstaatlich-pluralistischen Parteien was mit einer „außerordentlich weitreichenden Gleichschaltung von Gesellschaft und Staat“ (157) verbunden ist, und anhand diverser Kriterien erläutert wird, bevor er seine Vorstellungen eines Idealtyps einer Partei beschreibt.

Abschließend vergleicht er die Veränderungen durch sozialistische Parteien: Während die SPD lange Zeit „frei von Terror und Täuschung die Gesellschaft human-demokratischrevolutionierenwollte,“ und es bei dieser Absichterklärung blieb, hat die „englische Arbeiterpartei nach [der Machtübernahme] 1945 tatsächlich [...] die soziale Wirklichkeit erheblich“ verändert (159).

[...]


1 Ossip K. Flechtheim: Vergangenheit im Zeugenstand der Zukunft / Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Egbert Joos, Berlin 1991

2 ebenda: S. 147-166

3 Vergleiche dazu Titelgeschichte „Joschkas wilde Jahre“ in: Der Spiegel 2/2001, 8.I.2001

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Flechtheims Beiträge zur deutschen Innenpolitik:
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Veranstaltung
Ossip K. Flechtheim: Systemkritische Analyse der BRD PS
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V57118
ISBN (eBook)
9783638516457
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Flechtheims, Beiträge, Innenpolitik, Ossip, Flechtheim, Systemkritische, Analyse
Arbeit zitieren
Dipl. Pol. Tobias Raschke (Autor:in), 2001, Flechtheims Beiträge zur deutschen Innenpolitik:, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57118

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