Arbeitsmarktpolitik in der Weimarer Republik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Sozialpolitische Aufgaben und Probleme der Jungen Republik
1.1. Bedeutung von Arbeit in der Weimarer Republik

2. Gestaltung der Arbeitsbeziehungen
2.1. Betriebsräte und Gewerkschaften
2.2. Tarifverträge
2.3. Regelungen von Arbeitsstreitigkeiten
2.4. Weiterentwicklung des Arbeitsschutz

3. Arbeitslosenversicherung
3.1. Anspruch auf Leistungen
3.2. Umfang der Leistung
3.3. Finanzierung
3.4. Entwicklung der Arbeitslosenversicherung

4. Arbeitsvermittlung und Organisation der Arbeitsverwaltung
4.1. Notstandsarbeiten und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Sozialpolitische Aufgaben und Probleme der Jungen Republik

„Die neue Regierung darf nicht gestört werden in ihrer Arbeit für den Frieden, in ihrer Sorge um Arbeit und Brot.“[1] Mit diesem Satz skizzierte Phillip Scheidemann, als er am 9.November 1918 die deutsche Republik ausrief, sei es gewollte oder zufällig, wesentliche sozialpolitische Probleme und Aufgaben der jungen Weimarer Republik. Der Krieg hatte seine Spuren an Deutschland hinterlassen. Zahlreiche Kriegsopfer und deren Familien galt es zu versorgen. Vor und während des Krieges hatte das Kaiserreich in großem Maße Anleihen beim Mittelstand und wohlhabenden Bürgertum gemacht, um die Kriegskosten zu decken. Diese Schulden konnten nun nicht mehr beglichen werden. Dies stellte zahlreiche Familien vor große finanzielle Schwierigkeiten. Auch hier war die Republik zum Handeln aufgefordert.[2]

Zusätzlich stellte sich das Problem der Arbeitslosigkeit. Während es unter Bismarck und in der wilhelminischen Ära noch Vollbeschäftigung gegeben hatte, ließen die Einschränkung der Kriegsproduktion, und des Heeres, die Ruhrbesetzung durch Frankreich und nicht zuletzt die anhaltende Rationalisierung das Problem der Massenarbeitslosigkeit entstehen.[3]

Alle diesen Versorgungsengpässe sollte nun die Sozialpolitik der Weimarer Republik gerecht werden. Doch die Republik stand, angesichts der immensen Reparationsforderungen, die sich aus dem Versailler Vertrag vom 28.Juni 1919 ergaben, selbst vor unlösbaren finanziellen Problemen. Doch nicht nur die finanzielle Situation war unklar, sondern auch und vor allem die politische.

Scheidemann war mit der Ausrufung der Republik nur wenige Stunden Karl Liebknecht zuvor gekommen, der die „sozialistische Republik“ proklamierte und mit seinem linksrevolutionären Spartakusbund, das System einer „Räterepublik“ nach sowjetischem Vorbild vorantreiben wollte, während Scheidemann und die Mehrheitssozialdemokraten die parlamentarisch-republikanische Staatsform wollten. Es folgten Unruhen und Straßenkämpfe, die in einen offenen

Bürgerkrieg mündeten. Die Niederwerfung dieser Aufstände gelang der MSPD nur durch die Zusammenarbeit mit der ehemals kaiserlichen Militärführung und den gemäßigten Parteien, wie dem Zentrum und der Demokratischen Partei (DP).[4] Es kam so zu einer Koalition zwischen linksorientierten Sozialisten und liberalen, sowie eher konservativen Kräften. Die Folge war eine regierungspolitische Instabilität und permanente Krise des Parlamentarismus. In knapp 14 Jahren lösten 14 Kabinette einander ab.[5] Unter dieser politisch instabilen Situation hatte auch die Sozialpolitik zu leiden. Die „Große Koalition“ von 1930 sollte schließlich an einer sozialpolitischen Frage, der Frage nach der finanziellen Sanierung der Arbeitslosenversicherung, endgültig scheitern.

1.1. Bedeutung von Arbeit in der Weimarer Republik

Wichtigster Bereich der Sozialpolitik in der Weimarer Republik war wohl eben die Frage von Arbeit, Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit.[6] Zum Einen war da die Massenarbeitslosigkeit, die das Reich politisch, sowie finanziell in hohem Maße belastete. Zum Anderen musste das Erbe des vergangenen Jahrhunderts, das unter dem Vorzeichen der Industrialisierung gestanden hatte, aufgearbeitet werden und damit die Stellung und die Rechte der Arbeiter befriedigend geregelt werden.

Das Thema Arbeit spielte auch gesamtgeschichtlich betrachtet eine tragende Rolle. Viele Historiker sehen im Problem der Arbeitslosigkeit, neben den Lasten des Versailler Vertrags und der fehlenden Unterstützung der republikanisch-demokratischen Idee, einen der Hauptgründe für den Untergang der Weimarer Republik und den Aufstieg der Nationalsozialisten.[7]

2. Gestaltung der Arbeitsbeziehungen

Die Gestaltung der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer war, wie bereits erwähnt, eine wichtige Aufgabe von Sozialpolitik gleich zu Beginn der Weimarer Republik. Ein Streik- und Koalitionsrecht hatte den Arbeitern formal zwar schon im Kaiserreich zugestanden, welches jedoch mit administrativen und juristischen Mitteln fast vollständig ausgehöhlt worden war.[8] Ebenso gab es zwar Tarifverträge, die aber höchstens in Form einer freiwilligen Selbstverpflichtung seitens des Arbeitgeber zu verstehen waren, daher gesetzlich in keiner Weise an sie gebunden war.

Das politische Interesse an den Arbeitsbeziehungen war selbstverständlich nicht zuletzt nun stärker den je gegeben, weil, in den Kriegsjahren bereits beginnend, sog. Arbeiterparteien (MSPD) oder kommunistisch-proletarisch ausgerichtete Kräfte in Deutschland politischen Einfluss und Macht erlangten.[9]

2.1. Betriebsräte und Gewerkschaften

Die Arbeiter und Angestellten in der Weimarer Republik sollten stärker an der Arbeitsbeziehung und den Interessen des Unternehmens beteiligt werden. Der Arbeitnehmer sollte nicht mehr bloßes Objekt der Wirtschaft, sondern mitgestaltendes Subjekt sein.[10] Deshalb sah Art. 165 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) die Einrichtung von Betriebsräten vor. Diese Betriebsräte sollten die Interessen der Arbeitnehmer in den Betrieben (i.d.R. ab 20 Arbeitnehmern), vor allem was die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung betraf, vertreten. Darüber hinaus sah die WRV die Einrichtung von sog. Wirtschaftsräte vor, die mit Vertretern der Arbeitnehmer besetzt, an gesamtwirtschaftlichen Entwicklung beteiligt werden sollten. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch. Der „vorläufige Reichswirtschaftsrat“ war bis zu seiner Abschaffung 1933 stets ein Provisorium geblieben.

Anders schlug sich die Idee der Betriebsräte in der Praxis nieder. Die Vorstellungen der WRV wurden vor allem durch das Betriebsrätegesetz vom 4.Februar 1920 realisiert. Darin wurde das Recht auf die Interessenvertretung durch einen Betriebsrat in Betrieben mit mehr als 19 Beschäftigten gesetzlich festgeschrieben. Die Aufgabe der Betriebsräte war vor allem die Interessenvertretung der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber und die Unterstützung des Arbeitgebers im Sinne des Betriebszwecks. In der Realität hatten die Betriebsräte in der Tat im Bereich der sozialen und personellen Angelegenheiten (Kontrolle der Einhaltung der Tarifverträge, Regelung von durch die Tarifverträge nicht erfasste Bereiche, Einstellungen und Kündigungen) ein aktives Mitspracherecht. Im Bereich der wirtschaftlichen Fragen hatten die Betriebsräte jedoch nur eine beratende Funktion.[11] Erweitert wurde das Recht der Betriebsräte durch das Betriebsbilanzgesetz vom 5.Februar 1921, dass den Arbeitgeber in Betrieben mit mehr als 500 Arbeitern dazu verpflichtete, dem Betriebsrat jährlich Einblick in die Bilanzen zu geben. Außerdem sah das Aufsichtsratgesetz vom 15.Februar 1922 vor, dass bis zu zwei Vertreter der Arbeitnehmer gleichberechtigte Mitglieder des Aufsichtsrates eines Unternehmens waren.

Die zweite wichtige Vertretung der Arbeitnehmer bildeten die Berufsvereine und Gewerkschaften. Während diese im Kaiserreich unter schweren Auflagen zu leiden hatten, verbesserte sich ihre Stellung in der Weimarer Republik deutlich. Bereits Ende 1918 wurden sämtliche Beschränkungen des Vereins- und Versammlungsrechts für Gewerkschaften aufgehoben. Durch die Zentralarbeitergemeinschaft und deren Einfluss waren nun auch die Arbeitgeber genötigt die Gewerkschaften anzuerkennen. Das Recht der Koalitionsfreiheit wurde schließlich in Art. 159 der WRV sichergestellt.[12]

[...]


[1] Phillip Scheidemann, zit. auf http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/scheidemann/

[2] Boeckh/Huster/Benz 2004, S.72

[3] Boeck/Huster/Benz 2004, S.72

[4] Frerich/Frey 1993, S.171

[5] Frerich/Frey 1993, S.171

[6] Boeckh/Huster/Benz 2004, S.75

[7] Deutscher Bundestag (Hrsg.) 2000, S.249

[8] Frerich/Frey 1993, S. 176

[9] Deutscher Bundestag (Hrsg.) 2000, S.201

[10] Frerich/Frey 1993, S.11

[11] Frerich/Frey 1993, S.179

[12] vgl. Boeck/Huster/Benz 2004, S.71

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Arbeitsmarktpolitik in der Weimarer Republik
Hochschule
Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe
Veranstaltung
Geschichte der Sozialpolitik Deutschlands
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V56921
ISBN (eBook)
9783638514842
ISBN (Buch)
9783656798262
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dies Arbeit stellt die Arbeitsmarktpolitik in der Weimarer Republik dar. Aspekte wie Arbeitslosigkeit, Arbeitslosenversicherung, Arbeitsschutz und Jugendarbeitslosigkeit werden beleuchtet und für die Relevanz für die gesamtgeschichtliche Entwicklung erörtert.
Schlagworte
Arbeitsmarktpolitik, Weimarer, Republik, Geschichte, Sozialpolitik, Deutschlands
Arbeit zitieren
Florian Karcher (Autor:in), 2005, Arbeitsmarktpolitik in der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56921

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