Der Sieg Theoderichs des Großen über Odoaker


Hausarbeit, 2006

15 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhalt

A. Einleitung

B. Der Sieg Theoderichs des Großen über Odoaker
1. Zenons Auftrag an Theoderich
1.1 Zenons Misstrauen
1.2 Theoderichs Auftrag
2. Von der ersten Schlacht zu Odoakers Ermordung
2.1 Rabenschlacht
2.2 Verhandlungen und Ermordung
3. Sagengeschichte

C. Schluss

Quellen- und Literaturverzeichnis

A. Einleitung

Im Jahre 476 riss der Skire Odoaker gewaltsam die Herrschaft über das weströmische Reich an sich. Diese Usurpation duldete der oströmische Kaiser Zenon zwölf Jahre lang, ehe er dem Ostgotenkönig Theoderich dem Großen seine Bitte gewährte, nach Italien zu ziehen und den Skiren abzusetzen. Warum griff Zenon nicht früher ein? Was hatte er an Odoaker auszusetzen? Und welche Motive hatte Theoderich für seinen Feldzug? Diesen Fragen soll in der vorliegenden Hausarbeit nachgegangen werden.

Zu allererst ist die Stellung Odoakers aus seiner eigenen Sicht und aus der Konstantinopels zu klären. Hierfür möchte ich auf Laszlo Varadys Arbeit „Epochenwechsel um 476“[1] zurückgreifen, die sich u.a. auf Schriften von Prokop und Johannes Antiochenus stützt und aufschlussreiche Ergebnisse liefert. Anschließend möchte ich chronologisch darlegen, wie die Absetzung des Skiren ablief. Beginnen werde ich bei Theoderichs Unterredung mit Zenon. Die wesentlichsten historischen Quellen dafür lieferte Jordanes[2].

Um den Feldzug des Ostgotenkönigs nachzuzeichnen, stütze ich mich im Wesentlichen auf die bisher aktuellsten Biografien Theoderichs von Aulo Engler[3] und Frank M. Ausbüttel[4]. Daraufhin werde ich die Friedensverhandlungen zwischen dem Goten und Odoaker beschreiben, wie sie von gotischer und römischer Seite unterschiedlich dargestellt werden. Schließlich komme ich zu Theoderichs Mordanschlag auf Odoaker sowie seine Anhänger und seine Familie.

Abschließend möchte ich noch einen Blick darauf werfen, in welcher Ausgestaltung der Konflikt zwischen dem Goten und dem Skiren in der Sagengeschichte aufgegriffen wurde.

1. Zenons Auftrag an Theoderich

1.1 Zenons Misstrauen

Odoakers Herrschaft hatte für das Reich eine Zeit der Stabilität und des Friedens bedeutet. Der Skire ging geschickt mit den Adeligen um, indem er einige von ihnen nicht nur in seine Verwaltung berief, sondern auch als seine persönlichen Berater heranzog. Durch einen Pachtvertrag mit den Vandalen, der ihm die landwirtschaftliche Produktion Siziliens zugänglich machte, sicherte er auch die Lebensmittelversorgung, die einen dauernden Anlass für Unruhen dargestellt hatte. In Konstantinopel hätte man also mit der Herrschaft Odoakers zufrieden sein können.[5] Warum wollte man ihn nun loswerden?

Zenon zweifelte an der Loyalität des Skiren. Dieser hatte das Misstrauen des Kaisers vermutlich dadurch auf sich gezogen, dass der rebellische Heermeister Illus ihn im Jahre 484 für ein Bündnis gegen Zenon gewinnen wollte. Odoaker hatte damals abgelehnt, den Kontakt zu Illus aber nicht abgebrochen. Deshalb schien er in Zenons Augen nun untragbar. Dabei hatte der Skire mit der Absetzung des Romulus Augustulus nicht im Geringsten das Ziel verfolgt, in einem kaiserlosen Italien mit uneingeschränkter Macht zu regieren, sondern sich von Beginn seiner Herrschaft an der Oberhoheit Zenons unterstellt.

Um diese Haltung zu verdeutlichen, hatte er noch im Namen von Romulus Augustulus Senatoren nach Konstantinopel gesandt, die Zenon die Herrschaftsabzeichen des weströmischen Kaisers überbrachten und erklärten, dass man nur einen Kaiser für beide Reichsteile brauche. Zenon solle Odoaker den Ehrentitel ‚Patricius’ verleihen und ihn zum Herrscher Italiens machen.[6]

Der oströmische Kaiser hatte die Anerkennung des Kaisers Nepos nie widerrufen, weshalb es sich schon bei Romulus Augustulus um einen Usurpator gehandelt hatte und Odoaker demnach keinen Kaiser, sondern einen Usurpatoren abgesetzt hatte.[7] Deshalb verwies Zenon den Skiren in seinem Antwortschreiben an den Westkaiser, den er zurückholen solle.

Dadurch war Zenon zum einen in formeller Hinsicht Nepos’ Forderung nachgekommen, seine Macht über Italien nach Möglichkeit wiederherzustellen, zum anderen jedoch Odoaker zum tatsächlichen Herrscher erklärt.[8] In den Augen des Skiren blieb Julius Nepos bis zu seinem Tod im Jahr 480 rechtmäßiger römischer Kaiser, was er u.a. in seiner Münzprägung deutlich machte.[9] Zudem trug er auch nach Nepos` Ermordung trug den Titel rex[10].

Zenon sprach Odoaker seine Anerkennung nie aus.[11] Wenn er ihn auch in seinem Antwortbrief im Jahre 476 als Patricius angeredet hatte, ließ er ihm dennoch weder einen offiziellen Titel noch Herrschaftsabzeichen zukommen.[12] Ein Klientelkönigtum wurde für den Skiren offenbar nie in Erwägung gezogen. Seine Macht über Italien war also als „Tyrannei“ gebrandmarkt.

Dies wäre für Konstantinopel eigentlich eine nahe liegende Veranlassung gewesen, seine Herrschaft auf militärischem Wege zu beenden. Seit der Reichsspaltung um 395 bekämpfte das oströmische Reich Usurpatoren aber erst, wenn diese wirtschaftliche Interessen gefährdeten oder mit einem Angriff auf Konstantinopel drohten. Da beides in Odoakers Fall nicht vorlag, wurde seine Herrschaft über Italien geduldet. Außerdem wurde ein militärisches Vorgehen gegen ihn durch innenpolitische Probleme Zenons behindert.[13]

1.2 Theoderichs Auftrag

Im Jahre 487 drang Odoaker nach Noricum in das Gebiet der Rugier vor und nahm das Königspaar gefangen. Zur Versicherung Zenons, dass er ihm weiterhin vertrauen könne, sandte er ihm einen Teil seiner Beute.[14] Laut Malchus wollte er durch den Sieg über die Rugier den Respekt des oströmischen Kaisers erlangen.[15] Sein Bruder Onoulphos gewann den Feldzug schließlich.[16] Der Königssohn Fridrich konnte jedoch fliehen und suchte bei dem Ostgotenkönig Theoderich Hilfe.[17]

Dieser war nach der Darstellung des Jordanes die treibende Kraft für die Unternehmung, den Skiren zu stürzen.[18] Laut Demandt wollte Theoderich nach Italien aufbrechen, weil die Lebensmittel für sein Volk in Thrakien nicht mehr ausreichten.[19]

Nach Krause verlockte es den Ostgotenkönig, in das wohlhabende und fruchtbare weströmische Reich vorzudringen und dort stellvertretend für Zenon zu regieren.[20] Theoderich wurde nämlich vom oströmischen Kaiser gesandt, um an Odoakers Stelle zu herrschen.[21]

Anonymus Valesianus schreibt, der Ostgotenkönig sollte mit seinem Volk nach Italien ziehen und den „Tyrannen“ Odoaker vertreiben. Anschließend sollte er an seiner Stelle herrschen, bis der Kaiser, der für sich das vollständige Verwaltungsrecht über Italien beanspruchte, selbst in den Westen kommen und die rechtliche Stellung der Ostgoten und ihres Königs, welcher diesen Titel bis dahin lediglich nach barbarischem Recht trug, festlegen sollte.

Sowohl Anonymus als auch Jordanes berichten, dass Theoderich bis zu diesem Zeitpunkt nach römischem Recht ein römischer Bürger war, nach barbarischem Recht aber seit 471 als rex gentium bzw. gentis suae gegolten hatte. Aus römischer Sicht war Theoderich ein Magistrat mit Befehlsgewalt über ein Föderatenheer, fürstliche Gewalt über die Römer durfte er allerdings erst nach der kaiserlichen Zuerkennung eines dominatähnlichen Königtums auf römischem Boden gemeinsam über Römer und Goten bzw. Barbaren und der Einsetzung durch die Übersendung von Herrschaftsinsignien aus Konstantinopel ausüben.[22]

Prokop schrieb später, Theoderich sollte ins weströmische Reich ziehen, den Skiren angreifen und Kaiser Zenon und die Goten zu den Herrschern Italiens machen. Am ausführlichsten berichtet Jordanes über die Motive für den Italienfeldzug:

„quamvis nihil deest nobis imperio vestro famulantibus, tamen, si dignum ducit pietas vestra, desiderium mei cordis libenter exaudiat`. Cumque ei, ut solebat, familiariter facultas fuisset loquendi concessa: ‘Hesperia`, inquid, ‘plaga, quae dudum decessorum prodecessorumque vestrorum regimine gubernata est. et urbs illa caput orbis et domina quare nunc sub regis Thorcilingorum Rogorumque tyrranide fluctuatur? dirige me cum gente mea, si praecepis, ut ec hic expensarum pondere careas et ibi, si adiutus a domino vicero, fama vestrae pietatis inradiet. expedit namque, ut ego, qui sum servus vester et filius, si vicero, vobis donantibus regnum illud possedeam: haut ille, quem non nostis, tyrranico iugo senatum vestrum partemque rei publicae captivitatis servitio premat. ego enim si vicero, vestro dono vestroque munere possedebo; si victus fuero, vestra pietas nihil amittit, immo, ut diximus, lucratur expensas`. quo audito quamvis egrae ferret imperator discessum eius, nolens tamen eum contristare annuit quae poscebat, magnisque ditatum muneribus dimisit a se, senatum populumque ei commendans Romanum. igitur egressus urbe regia Theodoricus et ad suos revertens omnem gentem Gothorum, qui tamen ei prebuerunt consensum, Hesperiam tendit rectoque itinere per Sirmis ascendit vivcina Pannoniae, indeque Venetiarum fines ingressus ad Pontem Sontii nuncupatum castra metatus est.”[23]

Theoderich soll Zenon also darauf hingewiesen haben, dass das Abendland, das lange unter der Leitung der Vorgänger und Vorvorgänger des Kaisers gestanden hatte, und jene Stadt, die Hauptstadt und die Herrin der Welt, unter der Gewaltherrschaft des Königs der Thüringer und Rugier hin und her schwanke. Daraufhin habe er den Kaiser gebeten, ihn mit seinem Stamm nach Italien zu schicken. Zenon hätte dann keine Last mit den Ausgaben und im Falle eines Sieges werde der Ruhm seiner Frömmigkeit erstrahlen.

[...]


[1] Varady, Laszlo: Epochenwechsel um 476. Odoaker, Theoderich d. Gr. und die Umwandlungen. Budapest 1984.

[2] Jordanes: Iordanis Romana et Getica recensuit Theodorus Mommsen. Unveränderter Nachdruck der 1882 bei der Weidmannschen Verlagsbuchhandlung erschienenen Ausgabe. München 1982.

[3] Engler, Aulo: Theoderich der Große. Der Gotenkönig und seine Zeit. Berg am Starnberger See 1998.

[4] Ausbüttel, Frank M.: Theoderich der Große. Darmstadt 2003.

[5] Engler: Theoderich 115

[6] Ausbüttel: Theoderich 50-51

[7] Wolfram: Das Reich 266

[8] Ausbüttel: Theoderich 50

[9] Wolfram: Das Reich 266

[10] Ausbüttel: Theoderich 51

[11] Wolfram: Das Reich 267

[12] Ausbüttel: Theoderich 51

[13] Varady: Epochenwechsel 29-30

[14] Ausbüttel: Theoderich 52

[15] Barnwell: Emperor 134

[16] Ausbüttel: Theoderich 52

[17] Wolfram: Das Reich 269

[18] Engler: Theoderich 114

[19] Demandt: Die Spätantike 180

[20] Krause: Die Geschichte 174

[21] Barnwell: Emperor 135

[22] Varady: Epochenwechsel 37-40

[23] Jordanes: Getica 290-292

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Sieg Theoderichs des Großen über Odoaker
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Lehrstuhl für Alte Geschichte)
Veranstaltung
PS: Das Ende des Weströmischen Reiches im 5.Jh. n. Chr
Note
1,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V56580
ISBN (eBook)
9783638512275
ISBN (Buch)
9783638792318
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sieg, Theoderichs, Großen, Odoaker, Ende, Weströmischen, Reiches
Arbeit zitieren
Felix Brenner (Autor:in), 2006, Der Sieg Theoderichs des Großen über Odoaker, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56580

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