Der Entscheidungsprozess von Kinogängern


Hausarbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorbemerkung: Das Produkt Film

3. Der Entscheidungsprozess des Zuschauers
3.1 Diffusion-of-Innovations-Theorie
3.2 Schema des Entscheidungsverlaufs

4. Einflussfaktoren auf den Entscheidungsprozess
4.1 Soziale und psychologische Faktoren
4.2 Filminhärente Faktoren
4.3 Medial induzierte Faktoren
4.4 Störfaktoren

5. Zusammenfassung und Ausblick

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Produktion eines Kinofilms ist ein risikoreiches Unterfangen für die Filmindustrie. Hohe Investitionen stehen geringen Gewinnaussichten gegenüber. Lediglich drei von zehn Filmen aus Hollywood spielen an den Kinokassen Gewinn ein.[1] Davon decken zwei die Produktionskosten und nur einer lässt sich als wirklicher Blockbuster verbuchen.

Es ist wünschenswert für jedes Studio, genau diesen einen Film zu inszenieren. Um das Ziel zu erreichen, muss primär ausreichend box office umgesetzt werden. Das heißt, es müssen genügend Besucher die Säle füllen.

Aber wie kommen die Zuschauer an die Kinokassen? Welche Faktoren determinieren ihre Entscheidung, einen Film zu sehen? Die Antworten auf diese Fragen und somit die Möglichkeit, den Entscheidungsprozess der Kinogänger abschätz- und berechenbar zu machen, würde den Traum aller Studios, eine Gewinn- und Umsatzsicherheit, in Erfüllung gehen lassen.

Die vorliegende Arbeit stellt aber nicht den Anspruch, diese gewünschten Antworten zu finden. Ihr Augenmerk ist auch nicht auf Vollständigkeit ausgerichtet, sondern auf das Aufzeigen der Schwierigkeit, den Entscheidungsprozess der Kinogänger zu verallgemeinern. Sie ist bestrebt, diesen Prozess aufzuschlüsseln und die Komplexität und Vielfalt der potenziellen Einflussfaktoren vorzustellen. Aus diesem Grund werden auch nicht alle Faktoren mit gleicher Intensität betrachtet und ausgewertet werden können. Genauso wenig werden allgemeingültige Aussagen über die Einflussstärke der angeführten Faktoren getroffen werden können, denn die Bewertung der Signifikanz der einzelnen Einflüsse liegt im Endeffekt bei jedem Kinobesucher selbst.

Um sowohl den Entscheidungsprozess des Kinogängers als auch die Anstrengungen der Filmindustrie, ihn zu beeinflussen, nachvollziehbar zumachen, wird als Grundlage die Ambivalenz des Produktes Film aufgezeigt und ein Verlaufsschema des Prozesses entworfen. Anschließend werden verschiedene Einflüsse, die den Zuschauer bei seiner Wahl determinieren, vorgestellt. Den Abschluss bilden eine Zusammenfassung der Ergebnisse und ein Blick auf die momentane Forschung und deren Perspektiven.

2. Vorbemerkungen: Das Produkt Film

Der Film ist ein komplexes und ambivalentes Produkt. Neben der Klassifikation als Unterhaltungsgut und der Besonderheit seines sequenziellen Distributionswegs, definiert er sich vor allem als Erfahrungs- und Dienstleistungsgut. Das Wissen um diese beiden Charakteristiken, die sich entgegenstehen, ist wichtig, um die Wahl der Zuschauer und die damit verbundenen Anstrengungen der Film- und Werbeindustrie zu verstehen.

Jedes Erfahrungsgut ist eine Innovation. Wie bei allen Neuheiten gibt es keine konsumenteneigenen Erfahrungen und kein bestehendes Produktwissen. Der Verbraucher muss auf der Basis externer Informationen seine Meinung gründen. Da es dabei keine Sicherheiten gibt – weder geregelte Sucheigenschaften, noch Rückschlüsse auf der Basis alter Daten – entsteht beim Konsumenten eine große Unsicherheit hinsichtlich seiner Kaufentscheidung.[2]

Anders als das Konsumgut Film – käuflich erwerbbar – ist die eigentliche Filmvorführung eine Dienstleistung. Sie ist nach Hennig-Thurau/Wruck (2000) gekennzeichnet durch Immaterialität, Gleichzeitigkeit von Leistung und Konsum sowie durch die Integration eines externen Faktors[3]. Deshalb unterscheidet sie sich wesentlich vom bloßen Speichermedium des Films. Eng mit dieser Eigenschaft verbunden ist die Klassifikation des Films als experiential good. „Consumers choose, acquire and use experiential products solely to experience them and enjoy them.“[4] In ihrer Studie von 1991 stellt Cooper-Martin neben dem hedonischen Nutzen den Konsum, das Gefallen am Konsum als vordergründiges Merkmal heraus.[5] Im Sinne des Filmes ist dies gleichzusetzen mit dem Gefallen am Sehen, dem Sehen von neuem, dem „sensation seeking“[6].

Die beiden angeführten Eigenschaften stehen in einem ambivalenten Verhältnis: Dem Verbraucher müssen Informationen zugänglich gemacht werden, um seine Unsicherheit zu reduzieren und Produktwissen aufzubauen. Gleichzeitig darf es nicht zu einem Datenoverload kommen, da sonst das Bedürfnis nach Neuheit gestillt ist und dem Kinobesuch der Reiz fehlt. Aus diesem Grund strebt die Filmindustrie bei der Bewerbung eines Films die Balance zwischen Konsumsicherheit und Überraschungseffekt an. Um dieses Ziel jedoch umsetzten zu können, muss der Verlauf einer Zuschauerentscheidung bekannt sein, um nach ihr die Informationsverteilung steuern zu können.

3. Der Entscheidungsprozess des Zuschauers

3.1 Diffusion-of-Innovation-Theorie

Da jeder Film eine Innovation ist, verläuft die Entscheidung des Zuschauers zum Besuch des Kinos nach der allgemeinen Theorie der Annahme einer Innovation. Nach Rogers gliedert sich dieser Prozess in fünf Schritte: Der erste Schritt ist das Aufbauen von Wissen (knowledge) beim Konsumenten, um ihn vom Produkt zu überzeugen. Aus diesem Wissen heraus fällt der Verbraucher ein persönliches Urteil (persuasion). Je nachdem, wie seine Bewertung ausfällt, entscheidet er sich für die Annahme oder die Ablehnung des Produkts (decision). Wenn sich der Konsument für die Annahme der Innovation entschieden hat, folgt die implementation, die Einführung des Produkts in seinen Alltag. Um diese auch vollständig umzusetzen, versucht der Konsument eventuelle Dissonanzen durch wiederholte Bestätigung seiner Entscheidung zu unterbinden (confirmation).[7]

Im Falle des Films muss heraus gestellt werden, dass die Existenz von ex-ante-Informationslücken einen besonderen Stellenwert haben[8]. Zwar sprechen sie gegen die gewünschte Konsumsicherheit, erhöhen aber für den Zuschauer den Überraschungseffekt und somit den hedonischen Nutzen.

3.2 Schema des Entscheidungsverlaufs

Das hier entworfene Schema geht von einem unvoreingenommenen Zuschauer aus. Das heißt, es lässt eventuelle persönliche Präferenzen, wie Genre- und Schauspielervorlieben, die zu einer Verzerrung dieses Schemas führen, außen vor. Es entwirft die wahrscheinlichste temporäre Abfolge der Zwischenschritte des Entscheidungsprozess. Diese Folge von Geschehnissen ist aber nicht als absolut zu setzten. So kann es sein, dass die Schritte des Modells je nach Zuschauer zeitlich anders organisiert sind, eventuelle Einflussfaktoren nicht zugänglich sind oder durch Spontanentscheidungen oder Einladungen ins Kino der hier aufgezeigte Entscheidungsprozess übersprungen wird.

Das Modell greift Austins Vergleich der Zuschauerentscheidung mit einem Kamerazoom, der aus der Totalen des Filmangebots die Nahe des ausgewählten Films herausfiltert, auf. Dabei spiegelt die Anzahl der Einflussfaktoren die gestiegene Selektion des Kinogängers bei der Filmauswahl wieder.[9]

[...]


[1] Vgl. Hennig-Thurau (2003), S. 368.

[2] Vgl. Hennig-Thurau/Wruck (2000), S. 4.

[3] Vgl. Ebd. S. 3.

[4] Cooper-Martin (1991), S. 1.

[5] Vgl. Ebd. S. 2-3.

[6] Vgl. Hennig-Thurau/Heitjans (2004), S. 66-67.

[7] Vgl. Austin (1989), 59-61.

[8] Vgl. Hennig-Thurau/Heitjans (2004), S. 67.

[9] Vgl. Austin (1989), S. 62-63.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der Entscheidungsprozess von Kinogängern
Hochschule
Bauhaus-Universität Weimar
Veranstaltung
Ökonomie des Spielfilms
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V56356
ISBN (eBook)
9783638510530
ISBN (Buch)
9783656771135
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entscheidungsprozess, Kinogängern, Spielfilms
Arbeit zitieren
Judith Biedermann (Autor:in), 2004, Der Entscheidungsprozess von Kinogängern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56356

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