Die Probabilistische Testtheorie und das Raschmodell


Referat (Ausarbeitung), 2005

26 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Latent- Trait- Modelle
1.1 Die Item Charakteristik Kurve (ICC)

2. Die Raschskala
2.1 Die Modellannahmen des Raschmodells
2.1.1. Eindimensionalität
2.1.2 Lokale statistische Unabhängigkeit
2.2 In fünf Rechenschritten zur Raschskala
2.2.1 Die Schwierigkeitsmatrix
2.2.2 Umwandlung in eine Logit- Matrix
2.2.3 Annäherung an die Personen- und Itemparameter
2.2.4 Rechnerische Reproduktion der Schwierigkeitsindizes aus den Item- und Personenparametern
2.2.5 Standardisierungen der bestätigten Parameter

3. Kritische Zusammenfassung

4. Literaturverzeichnis

„...Die beste Aufklärung des Verstandes ist die, welche uns lehrt, mit unserer Lage zufrieden und in unsern Verhältnissen brauchbar, nützlich und zweckmäßig tätig zu sein...“

Adolph Freiherr Knigge. (1989).

Über den Umgang mit Menschen. (S. 239.). Dresden: Recklam. (Originalarbeit erschienen 1792)

0. Einleitung

Mit den Fortschritten der elektronischen Rechentechnik wurde man in der psychologischen Diagnostik zunehmend auf die Mängel aufmerksam, die der Klassischen Testtheorie immanent sind, da jede Veränderung in gewohnten Abläufen durch Optimierung und jede Erhöhung des Aufwandes bei der Testkonstruktion durch verfeinerte Verfahren nun nicht mehr zwangsläufig vom Diagnostiker mit dem Rechenschieber am Schreibtisch abgefangen werden müssen.

In der Klassischen Testtheorie beinhaltet der Itemschwierigkeitsindex die Schwierigkeit des Items und die Fähigkeit der zu testenden Person, wohingegen in den so genannten modernen Latet- Trait- Modellen davon ausgegangen wird, dass es latente Dimensionen gibt, die sich in den zu messenden Merkmalen manifestieren.

Einen ersten Schritt in diese Richtung stellt die Gutmann- Skala dar, die jedoch streng deterministisch ist, da die Items so geordnet werden, dass ein Proband, der ein Item zu lösen vermag, auch alle leichteren Items lösen können müsste. Erst wenn er versagt, wird davon ausgegangen, dass die Schwierigkeit des Items an dieser Stelle seine Fähigkeit in Bezug auf die zu messende Dimension unterschreitet und der Schwellwert gefunden worden ist, ab dem er bei allen folgenden schweren Items versagen müsste. Natürlich kann sich diese Art der Skalierung auch auf Einstellungen oder andere latente Variablen beziehen, die sich in einer

aufsteigenden Reihenfolge präsentieren lassen.

Der Vorteil dieser Methode liegt in der Stichprobenunabhängigkeit, sein Nachteil in der schwierigen empirischen Realität, die das geforderte Antwortmuster selten bestätigt. Wenn es funktionieren würde, hätte man mit dem Rohwert einer Versuchsperson auch die genaue Kenntnis seines Lösungsmusters, wohingegen bei der Klassischen Testtheorie schon bei einem kurzen Test mit sieben Items, Sieben Fakultät, also 5040 verschiedene Permutationen denkbar wären.

Wenn eine Person im gesamten Test einen höheren Rohwert hat als eine andere, kann sie auch bei einer Teilmenge der Items, keinen geringeren erreichen.

Dem theoretisch zwar stärkeren, weil deterministischeren Gutman- Modell wurde mit der Rasch- Skalierung ein „weicheres“ aber praktisch brauchbareres gegenüber gestellt.

Das Rasch- Modell ist weniger deterministisch, da Verletzungen des Gutman- Kriteriums durch stochastische Überlegungen in einem bestimmten Rahmen und unter gewissen Bedingungen vertretbar gemacht werden, wodurch es in der Praxis anwendbarer ist.

Während in der Klassischen Testtheorie einfach davon ausgegangen wird, dass der Rohwert in einem Test die Ausprägung der zu erfassenden Eigenschaft hinreichend abbildet, wenn man den Messfehler weitgehend im Griff hat, wird im Rasch- Modell behauptet, dass sich die

Fähigkeit der Person und der Aufgabenparameter stochastisch aus dem Testwert extrahieren lässt.

1. Latent- Trait- Modelle

Während die Klassische Testtheorie ein streng deterministisches Modell vorstellt, deren Nützlichkeit sich statisch nachweisen lässt, indem der Testwert mit bestimmten anderweitig erhobenen Eigenschaften korreliert wird, muss sie eine wissenschaftliche Überprüfung auf Eindimensionalität schuldig bleiben. Ob alle Items mit demselben Konstrukt zu tun haben, bleibt weitgehend dem guten Glauben überlassen.

Hier tritt nun die Probalistische Testtheorie oder auch Item- Response- Theorie auf den Plan, die mit einigem Aufwand eine Überprüfung der

Eindimensionalität gestattet. Mit ihrer Hilfe lassen sich aus einem Itempool die besten Items heraussuchen.

Bei dieser Schwesterntheorie handelt es sich um ein probalistisches Modell. Der Lösung eines Items wird eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet, die von der Fähigkeit der Person, die ein Item zu lösen hat und von der dem Item innewohnenden Schwierigkeit bestimmt wird, und die beide als Parameter schätzbar sind, während die Klassische Testtheorie davon ausgeht, dass die Versuchsperson alle Items ganz sicher zu lösen vermag, die unter seinem Fähigkeitsniveau liegen und sie bei allen Fragen zu versagen hat, die über seinem Level liegen.

Dass die Lösung eines Items keinesfalls absolut determiniert sein kann, auch wenn der Messfehler in den Griff bekommen wird, erscheint logisch, wenn bedacht wird, dass jedes Verhalten eine physiologische Basis in Form des Zentralnervensystems hat. Es ist unmöglich, ein Lösungsergebnis genau vorherzusagen, da die Anzahl unterschiedlicher Stoffwechselzustände des Gehirns zwischen zwei Zeitpunkten gegen unendlich geht. Das schließt zwar nicht aus, dass das Lösungsverhalten genau determiniert ist, verringert aber die Vorhersagegenauigkeit drastisch.

Die Klassische Testtheorie stammt aus dem Arsenal der Persönlichkeitspsychologie und ist daher auch für die Veränderungsmessung weniger geeignet, da das Konstrukt der Persönlichkeit nur Sinn macht, wenn sie aus Variablen zusammengesetzt ist, die eine gewisse Stabilität aufweisen.

Der große Vorteil der probalistischen Testtheorie liegt darin, dass zwei Probanden nun unabhängig von anderen getesteten Personen und auch

unabhängig von der Auswahl der vorgelegten Items verglichen werden können. Wie die Klassische Testtheorie auf Axiomen beruht, hantieren diese auch Modelle mit einer Annahme, nämlich der, dass die beobachteten Reaktionen einer Person in einer Verhaltensstichprobe, wie sie ein Test darstellt, von einer latenten nicht beobachtbaren Eigenschaft, Trait genannt, verursacht

werden.

Der Trait und die Lösung eines Items stehen in einem wahrscheinlichkeitstheoretischen Zusammenhang, den diese Modelle aufzudecken vermögen (Kubinger. S. 414). Die Angabe eines funktionalen Zusammenhangs zwischen Testwert und latenter Variable als abhängige Wahrscheinlichkeit, setzt zwar einigen Rechenaufwand voraus, lässt aber

letztendlich mehr Spielraum und macht daher diese Modelle robuster gegen einzelne Modellverstöße.

1.1 Die Item Charakteristik Kurve (ICC)

Die Technik der Itemanalyse in den probabilistischen Modellen basiert auf der Latent trait Theorie von Birnbaum aus den sechziger Jahren und ist besser bekannt als Item Response Theorie (IRT). Diese wählt die Items auf einem in Bezug auf die Klassische Testtheorie alternativen Weg aus. Sie ist weitaus präziser als das klassische Modell und hat das Potential, präzisere und empfindlichere Items zu kreieren bzw. zu seligieren.

Die IRT basiert auf dem Konzept der Item Charakteristik Kurve (ICC), welche für jedes Item eine Wahrscheinlichkeit für die richtige Beantwortung im Verhältnis zu der latenten Fähigkeit des Probanden angibt.

Eine Item- Charakteristk- Kurve hat im Idealfall die ungefähre Form einer normalen Ogive, welche eine

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die Probabilistische Testtheorie und das Raschmodell
Hochschule
Universität Potsdam
Autor
Jahr
2005
Seiten
26
Katalognummer
V55973
ISBN (eBook)
9783638507899
ISBN (Buch)
9783638664257
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Probabilistische, Testtheorie, Raschmodell
Arbeit zitieren
Heiko Böttcher (Autor:in), 2005, Die Probabilistische Testtheorie und das Raschmodell, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55973

Kommentare

  • Gast am 20.5.2008

    Guter Einblick.

    Dies ist der beste Artikel, den ich zum Raschmodell gelesen habe. Keins der gängigen Lehrbücher konnte in Ausführlichkeit und Genauigkeit mithalten.

    Zu gute kommt, dass der Autor Student ist und noch nicht "Betriebsblind", was die Ausführungen auch für Studierende im Grundstudium leicht verständlich erscheinen lässt.

    Ich persönlich habe den Artikel als Prüfungsvorbereitung zum Prüfungsschwerpunkt in Diagnostiok verwendet und habe ihm mehr oder weniger die Bestnote zu verdanken.

    Mit den besten Empfehlungen!

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Titel: Die Probabilistische Testtheorie und das Raschmodell



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