Die Auswirkung des Bretton-Woods-Systems in der geschichtlichen Entwicklung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

55 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Weltwirtschaftliche Entwicklung vor der Konferenz von Bretton Woods
2.1 Der Zerfall des Goldstandards
2.2 Zwischenkriegszeit und weltwirtschaftliche Situation nach dem Zweiten Weltkrieg

3 Interessen der Teilnehmer und Zielsetzung der Konferenz von Bretton Woods
3.1 Die Teilnehmer der Konferenz und ihre Interessen
3.2 Der Interessenkonflikt zwischen Großbritannien und den USA
3.2.1 Grundsätze des britischen Keynes-Plans:
3.2.2 Grundsätze des amerikanischen White-Plans
3.3 Kurzer Vergleich der Unterschiede beider Pläne

4 Das Abkommen von Bretton Woods
4.1 Währungspolitische Beschlüsse
4.2 In Bretton Woods gegründete Institutionen
4.2.1 Der Internationale Währungsfonds (IWF)
4.2.2 Die Weltbank (IBRD) und (IDA)
4.2.3 Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT)

5 Die Schwächen und der Zerfall des Systems von Bretton Woods
5.1 Grundsätzliche Schwächen des Systems
5.1.1 Die Währungsreserve
5.1.2 Die Konvertibilität des Dollar in Gold
5.2 Der Goldpool
5.3 Die Spaltung des Goldpreises aufgrund der Krise am Goldmarkt
5.4 Die Einführung der Sonderziehungsrechte (SZR)
5.5 Die Dollarkrise und das Smithsonian-Abkommen
5.6 Mit dem "Floating" der EG-Länder endet das System fester Paritäten
5.7 Zusammenbruch und Kritik am System
5.7.1 Das Triffin-Dilemna
5.7.2 Das Problem der Währungsreserve
5.7.3 Machtverlust der USA?
5.7.4 Abschließende Betrachtung des Zerfalls

6 Die Umgestaltung des Wechselkurssystems
6.1 Flexible Wechselkurse
6.2 Mischformen
6.3 Entwicklungen in den siebziger und achtziger Jahren

7 Institutionsentwicklung nach dem Ende des Systems von Bretton Woods
7.1 Die neuen Aufgaben des IWF
7.2 Die neue Weltbank
7.3 Die World Trade Organization (WTO)

8 Entwicklungsländer während und nach dem System von Bretton Woods
8.1 Entwicklungsländer
8.2 Die Rolle der Entwicklungsländer während des Systems
8.3 Veränderungen der Entwicklungsländer nach dem System
8.3.1 Die Veränderung des Währungssystem
8.3.2 Die Verschuldung der Entwicklungsländer
8.3.3 Lehren aus den Krisen der Entwicklungsländer

9 Fazit

10 Literaturverzeichnis

Einleitung

Im letzten Jahrhundert haben sich die Weltwährungssysteme mehrfach geändert. Am Anfang des 20. Jahrhunderts regelte ein ungebundenes System die wirtschaftlichen Handelsbeziehungen aller Länder. Dieses System ist unter dem Begriff des Goldstandards bekannt geworden. Jedoch war es nicht möglich, den Goldstandard im Laufe der Zeit aufrecht zuerhalten. Somit wurde 1944 bei der Konferenz von Bretton Woods ein neues Weltwährungssytem von festen Wechselkursparitäten gegründet. Dieses System sollte für eine Stabiltiät außenwirtschftlicher Handelspolitik sowohl für Industrie, als auch für Entwicklungsländer sorgen. Trotz der festgelegten Regelung zur Sicherung des Systems kam es 1973 zum Zerfall des Bretton Woods Systems. Aufgrund dieser Tatsachen kam es nach dem Zerfall zu einer Vermischung unterschiedlicher Währungssysteme, die von festen bis zu flexiblen Wechselkursen schwankten.

Diese Hausarbeit soll unter anderem auf die bishierher erwähnte historische Entwicklung der Weltwährungssysteme eingehen. Dabei wird auf die einzelnen Systeme explizit Bezug genommen. Es werden hierbei sowohl Schwächen, Kritikpunkte, Veränderungen sowie Unterschiede als auch Besonderheiten der verschiedenen Systeme hervorgehoben. Des Weiteren werden die Institutionsentwicklung nach dem Ende des Systems von Bretton Woods und die Umgestaltung des Wechselkurssystems betrachtet.

Abschließend veranschaulichen wir die Auswirkungen der Weltwährungssysteme und deren Institutionen auf die Entwicklungsländer. Hierbei gehen wir auf die immer größer werdende Verschuldung der Entwicklungsländer ein und betrachten die daraus entstandenen Probleme kritisch.

Weltwirtschaftliche Entwicklung vor der Konferenz von Bretton Woods

Der Zerfall des Goldstandards

Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen richteten sich vor dem Ersten Weltkrieg nach dem Freihandelsprinzip, d.h. es herrschte neben der wirtschaftlichen Freiheit auch nahezu vollständige Freizügigkeit in der internationalen Kapitalbewegung. Aus diesem Grund bildete sich ein internationales Geldsystem heraus, das als "Goldstandard" bezeichnet wird und das die internationalen Austauschbeziehungen lenkte und regelte (vgl. Theler, R., 1965 S. 13) . Der Goldstandard entwickelte sich aus den vielfältigen Warengeldwährungen, die noch vor der Einführung von Papiergeld und Depositenbanken entstanden sind. In einem Goldstandard legt jedes beteiligte Land den Wert seiner Währung zum Gold fest, als Basis dieser Währungsordnung diente ein System von festen Wechselkursen. Ein Goldstandard zeichnet sich durch drei Charakteristika aus:

-Der Wert des Geldes ist an den Wert des Goldes gebunden: d.h., dass eine Währung in festen Paritäten zum Goldgewicht definiert wird.
-Konvertibilität im klassischen Sinn: das Papiergeld kann vollständig bei der Notenbank in Gold getauscht werden.
-Freier Kapitalverkehr: internationale Gold- und Kapitaltransaktionen werden nicht vom Staat beschränkt.

Insgesamt sind vier verschiedene Formen der Goldstandards zu unterscheiden:

-Goldumlaufwährung mit Goldmünzen als Zahlungsmittel.
-Entwickelte Goldumlaufwährung, neben den Goldmünzen sind im diesem System Banknoten im Umlauf
-Goldkernwährung: Dieses System dominierte vor dem ersten Weltkrieg. Hierbei ist das Gold nicht mehr das eigentliche Zahlungsmittel. Die Wirtschaftssubjekte können mit Banknoten jederzeit bei der Zentralbank Gold ankaufen. Die umlaufende Menge ist nicht mehr vollständig durch Gold gedeckt. Zentralbanken halten jedoch Gold, da sie in der Lage sein müssen, Gold anzukaufen und zu verkaufen. Durch die Veränderung des Deckungsverhältnisses kann eine konjunkturpolitische wirksame Geldpolitik verfolgt werden.
-Golddevisenwährung: Neben Gold hält die Zentralbank als Reserve in diesem System auch Devisen eines Landes mit einem Goldstandard, also in Gold einlösbare Devisen (Devisenreserven: der Bestand an liquiden internationalen Zahlungsmitteln). Ein Beispiel hierfür ist der Goldstandard der Zwischenkriegszeit (vgl. Eichengreen 2000 S.23-68) .

Das Kernstück des Goldstandards war ein Ausgleichsmechanismus bzw. -automatismus für Zahlungsbilanzdefizite, der wie folgt funktionierte: Wenn ein Land einen Exportüberschuss erzielte hatte, floss Gold in den nationalen Geldumlauf und bewirkte dadurch einen inflationistischen Prozess und dieser führte wiederum zu einer Senkung des Wechselkurses sowie auch zu einer Senkung des Zinsniveaus. Die durch diesen Prozess steigenden Löhne erhöhten dagegen die Kosten als auch den Konsum, so dass ein Gegenprozess in Gang gesetzt wurde:

-Aufgrund der steigenden Preise stieg die Konkurrenzfähigkeit der ausländischen Waren.
-Die steigenden Einkommen erhöhten die Importneigung.
-Das niedrige Zinsniveau führte zu Kapitalabfluss.
-Der steigende Wechselkurs erschwerte die Exporte und erleichterte die Importe.
-Die steigenden Löhne erhöhten die Produktionskosten des Goldes (verknappten also die Goldzufuhr), so dass die Umkehrung dieses Prozesses automatisch erfolgte (vgl. Altvater, 1972 S. 41) .

Dies alles passierte auf der Grundlage ungeschriebener Spielregeln und ohne institutionelle Verankerungen. Der Goldstandard war kein Währungssystem, wie wir es heute kennen, er war nicht durch internationale Vereinbarungen, Konventionen und Institutionen geregelt und überwacht. Der Goldstandard war eher eine historische gewachsene, einzigartige Institution, die aufgrund sehr spezieller wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen in seinem Zentrum relativ lang und reibungslos funktioniert hat.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges zerbrach die alte weltwirtschaftliche Ordnung. Aufgehoben wurde auch der Goldstandard durch die Nationalstaaten mit der Annullierung der Konvertibilität der Noten in Gold. England versuchte zwar nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1922 den Goldstandard wiederherzustellen. Dies scheiterte aber an den Interessengegensätzen der kapitalistischen Staaten. Außerdem kam es zu der allgemein befürchteten Goldknappheit, welches wiederum zum Erstarken der wirtschaftlichen Nationalismen und das isolationistische Verhalten der USA führte (vgl. Theler, S. 14) .

Um Gold zu sparen, gingen die meisten Länder zum Golddevisenstandard über, d.h. dass die Zentralbanken neben dem Gold auch konvertible Devisen hielten. Schwachpunkt des Systems des Goldstandards war seine Blindheit gegenüber internen (nationalen) Preis- und Beschäftigungsschwankungen. Schon vor dem Ersten Weltkrieg plädierten führende Geldtheoretiker, wie Wicksell und Fisher, für den Ersatz der Golddeckung und Wechselkursorientierung durch eine am Preisniveau orientierte Indexwährung. Dennoch scheiterte das System nicht an den damaligen Inflationsausschreitungen, sonder es scheiterte an der Unfähigkeit Englands, seine alte Rolle als Weltbankier mit einem goldgedeckten Pfund Sterling weiter zu sichern und gleichzeitig die interne Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die Golddeckung verlangte eine Hochzinspolitik und die interne Beschäftigungslage eine Tiefzinspolitik, einen solchen Teufelskreis konnte die damalige englische Regierung nicht bewältigen, somit wurde das Ende des Goldstandards eingeleitet. 1933 hat nur noch eine kleine Gruppe kontinental-europäischer Länder an den Goldstandard festgehalten, die sich gegenseitig versicherten, in ihren Ländern das freie Funktionieren des Goldstandards zu den bestehenden Paritäten aufrecht zu erhalten. Dieser so genannte Goldblock, der Belgien, die Niederlande, Frankreich, Italien und die Schweiz umfasst hat, fiel jedoch bereits 1936 auseinander. Somit geschah das unwiederbringliche Ende des Goldstandards (vgl. Eichengreen 2000 S.21-68) .

Zwischenkriegszeit und weltwirtschaftliche Situation nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Weltwirtschaftskrise von 1929 leitete einen entsetzenden schweren volkswirtschaftlichen Einbruch ein. In allen wichtigen Industrienationen kam es unter anderem zu Unternehmens-zusammenbrüchen, massiver Arbeitslosigkeit und Deflation. Die Weltwirtschaftskrise kann auf mehrere Ursachen zurückgeführt werden. Für die Wirtschaft der Rohstoff- und Industrieländer war die Weltwirtschaftskrise eine Katastrophe. Die Krise ging aus von einem weltweiten Preisverfall auf den Agrar- und Rohstoffmärkten. Die Preise für Rohstoffe und Halbwaren gingen auf 44% zurück, Nahrungsmittel fielen auf 52%, die der Fertigwaren gar auf 63,5%. Im Ersten Weltkrieg hatten die USA, Südamerika und auch einige Kolonien ihre Produktion stark ausgeweitet, um die gewachsene Nachfrage der europäischen Staaten, die als Produzenten kriegsbedingt weitgehend ausfielen, zu befriedigen. Als Europa seine Produktion nach 1918 dann wieder aufnahm, kam es zu einem Überangebot, auf das die Märkte mit fallenden Preisen reagierten. Aufgrund der Verschlechterungen der „Terms of Trade“ (Die Terms of Trade stellen das Verhältnis der durchschnittlichen Preise für Exportgüter zu denjenigen für Importgüter dar. Man bezeichnet sie auch als „reales Austauschverhältnis“, weil sie angeben, wie viel Güter man bei einer gleich bleibenden Ausfuhrmenge einführen kann) und der hohen Schulden gerieten viele Entwicklungsländer in Zahlungsbilanz-Schwierigkeiten und konnten die für ihre Entwicklung wichtigen Importe nicht mehr tätigen. Der Börsencrash an der New Yorker Börse am 24 Oktober 1929, auch bekannt als der „Schwarze Donnerstag“ hatte eine ähnliche Wirkung. Das Ergebnis war ein mächtiger Kurseinbruch von mehreren Tagen, wobei einige Aktienkurse bis zu 90 % gefallen sind. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Investitionen, zu sinkenden Konsum und zu sinkenden Preisen. Der Zusammenbruch des Welthandels und der Preise setzte die Industrieländer einem schweren Deflationsdruck aus. Infolge von Massenarbeitslosigkeit, Zahlungsbilanzungleichgewichten und Reserveverlusten wurden zahlreiche Länder dazu getrieben, eine autonome Wirtschaftspolitik und einen extremen Protektionismus zu betreiben. Es wurde ein Abwertungswettlauf gestartet, im Zuge dessen versuchte man, durch Steigerung des Exports, Arbeitslosigkeit zu exportieren („beggar-the-neighbour-policy“: Ruiniere deinen Nächsten wie dich selbst). Da es sich um eine weltweit auftretende Krise handelte, war es nicht möglich, durch den Export überschüssiger Ware einen Ausgleich zur rückläufigen inländischen Nachfrage zu schaffen. Außerdem wurden Zollerhöhungen, Handelsbeschränkungen und Abwertung der Währung zum Schutz der heimischen Wirtschaft durchgeführt (vgl. Aschinger, 1973 S. 18, Kindleberger, 1973 S. 121-153) .

Um ein Chaos zu verhindern, schlossen die USA, Großbritannien und Frankreich 1936 das so genannte „Tripartite Agreement“, dem sich später Belgien, Italien, die Niederlande und die Schweiz anschlossen. Vereinbart wurde darin, sich hinsichtlich der Wechselkurspolitik abzustimmen, einen Abwertungswettlauf zu vermeiden und nationale Stabilisierungsfonds zur Vermeidung bzw. Minimierung der Wechselkursschwankungen einzusetzen.

Es bestand unter diesen Ländern allerdings keine konkrete Übereinstimmung in der monetären Politik, außerdem gab es keine internationale Währungszusammenarbeit bzw. eine internationale Hilfsinstitutionen (vgl. Aschinger, 1973 S. 18) .

Als im September 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, waren weder die Weltwirtschaftskrise noch das internationale Währungschaos überwunden. Wegen des Krieges sahen sich nun viele Länder gezwungen, ebenfalls zur Devisenkontrolle überzugehen. Viele Währungen kamen bei Kriegsende infolge von Währungsverlusten und Inflation an den Rand des Abgrunds. Darüber hinaus wurde befürchtet, dass nach Kriegsende die Rückkehr der Soldaten zu neuer Massenarbeitslosigkeit führen könnte (vgl. Nohlen, D./Nuscheler, 1993 S. 381) .

Interessen der Teilnehmer und Zielsetzung der Konferenz von Bretton Woods

Die Teilnehmer der Konferenz und ihre Interessen

Der erste Ansatz, eine internationale währungspolitische Institution zu gründen wurde bereits 1929 mit der Gründung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) (engl.: Bank for International Settlements, BIS) in Basel gemacht. Die BIZ stellte ein Informations- und Koordinationszentrum der monetären Politik dar. Dennoch war 1930 ihr Hauptziel die deutschen Reparations-Zahlungen nach dem Ersten Weltkrieg abzuwickeln (vgl. Andersen, 1977 S. 25) . Diese Institution war damals nicht dafür ausgerichtet, die damaligen Währungsprobleme zulösen. Sie konnte nicht die weltwirtschaftlichen Desintegration und den Autonomiebestrebungen der meisten Länder zwischen den Ersten und Zweiten Weltkrieg verändern. Im Gegensatz zum Ersten und Zeiten Weltkrieg war die Nachkriegszeit durch eine Umorientierung gekennzeichnet. Die Zielsetzung der meisten Länder war es, die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit wieder auf eine breitere Basis zu stellen. Am 1. Juli 1944 war es so weit, dort trafen sich Mitglieder aus 44 Länderdelegationen in Bretton Woods, New Hampshire, zu einer Währungs- und Finanzkonferenz der Vereinten Nationen, um zu beraten, wie in der Nachkriegszeit finanzielle Stabilität und ungehinderter nationaler Handel für alle Nationen gewährleistet werden könnte.

Mit der Absicht, niemals mehr zu den konkurrierenden Währungsabwertungen, Ausfuhrbeschränkungen, Importquoten und anderen Maßnahmen zurückzukehren, die den Handel unterdrücken, wurde ganz besonders betont (vgl. George, S./ Sabelli, 1995 S. 25, Ohr, 2001 S.11 ) .

Im Gegensatz zum früheren Goldstandard, der hauptsächlich sein Augenmerk auf die Zahlungsbilanz und auf die Aufrechterhaltung der Währungsparität legte, war das wirtschaftspolitische Ziel von Bretton Woods auf einen ausgewogenen Wachstum des Welthandels, eine niedrige Arbeitslosigkeit, Wechselkursstabilität und die Einhaltung geordneter Wechselkursvereinbarungen angelegt (vgl. Aschinger, 1978 S. 12) .

Innerhalb der Diskussion um die Währungsordnung der Nachkriegszeit war man sich bewusst, dass ein institutionelles System errichtet werden musste, das zum einen genügend Liquidität bereitstellen konnte und zum anderen den Nationalstaaten die Möglichkeit offen ließ Einfluss auf die Volkswirtschaft auszuüben. Es war klar, dass Gold qualitativ und quantitativ als alleiniges Weltgeld nicht ausreichte und daher eine zusätzliche Liquidität geschaffen werden musste. Darüber hinaus musste, um den Welthandel zu erleichtern, ein System fester Wechselkurse eingerichtet und außerdem eine international verwendbare Menge an Geld bereitgestellt werden, um mit Krediten gefährdeten Währungen helfen zu können, damit Zahlungsbilanzschwierigkeiten nicht zu Währungskrisen führen würden (vgl. Altvater, 1972 S. 46) .

Der Interessenkonflikt zwischen Großbritannien und den USA

Zwei Vorschläge dienten als Diskussionsgrundlage dieser Konferenz, die schon im Frühjahr 1943 entwickelt wurden. Vorschlag eins kam vom Amerikaner Harry D. White, Leiter der Forschungsabteilung im Finanzministerium seines Landes. Dieser hatte schon lange vor der Konferenz von Bretton Woods ein Memorandum „Proposal for a Stabilisation Fund of the United an Associated Nations“ entwickelt, welches jetzt Kern der amerikanischen Vorlage war.

Der zweite Vorschlag kam vom Briten John Maynard Keynes, welcher einen starken Gegenpol zum White-Plan darstellte. Dieser Plan hatte nur wenig Chancen auf Zustimmung, da die USA nach dem Zweiten Weltkrieg als einzige Nation über einen funktionsfähigen Produktionsapparat verfügten, nicht gewillt waren auf die Vorteile ihrer ökonomisch - politischen Vormachtstellung zu verzichten und sich einem internationalen Automatismus zu unterwerfen, wie ihn der Keynes - Plan vorsah (vgl. Altvater, 1969 S. 47) . Keynes wollte die Förderung des nationalen Marktes, White hingegen, dass der Weltmarkt belebt wird. Mit Blick auf seine Kolonien und der daraus entstehenden Vorteile, war Großbritannien entschieden gegen den Freihandel. Die USA wollten dagegen einen ungehinderten Zugang zu allen Märkten. Somit war ein Interessen- und Zielkonflikt zwischen den USA und Großbritannien vorprogrammiert.

Grundsätze des britischen Keynes-Plans:

Keynes strebte mit seinem Plan der internationalen Währungsordnung eine Sequenzlösung an, welche als Teil eines Gesamtplanes gedacht war, „der neben dem Währungssystem auch die internationale Handelspolitik, eine vernünftige Lenkung von Produktion, Verteilung und Rohstoffpreisen sowie der Bereitstellung der Mittel langfristiger Entwicklungshilfe umfassen sollte“ (vgl. Aschinger, 1973 S. 19). Kernstück seines Planes war ein geschlossenes Bankensystem und die Schaffung einer International Clearing Union (ICU), einer Art Zentralstelle bzw. Weltzentralbank der nationalen Zentralbanken. Diese sollte ein bestimmtes Quantum an internationalem Weltgeld, genannt Bancor, verwalten, welche den Liquiditätsanforderungen des Welthandels entsprechen. Der Bancor sollte auf der Basis eines bestimmten Goldgewichts festgelegt werden. Mitgliedstaaten sollten ihre Währungsparitäten gegenüber dem Bancor fixieren. Wechselkursanpassungen mussten von der ICU genehmigt werden. Ausnahme bildete hier nur eine einmalige Abwertung von bis zu 5 %. Gold sollte in Bancor wechselbar sein, aber nicht umgekehrt. Gold war somit zwar noch als Reservemittel zu sehen, hatte aber dadurch an Kraft verloren und wurde durch den Bancor entthront. Bei der internationalen Zentralbank konnten die nationalen Zentralbanken ihre Zahlungssalden begleichen. Dieses bedeutet für Länder mit aktiver Zahlungsbilanz ein Kreditsaldo und umgekehrt für Länder mit negativer Zahlungsbilanz ein Debetsaldo bei der ICU, dementsprechend gibt es für die Zentralstelle immer eine ausgeglichene Bilanz (vgl. Aschinger, 1973 S. 21, Altvater, 1969 S. 4 6). Defizite oder Überschüsse der Zahlungsbilanzen der Länder hätte demnach eine Mehrung bzw. Minderung auf ihrem Bancorkonto bedeutet. Es wurde ein Kreditlimit festgelegt, welches sich innerhalb einer Jahresperiode auf die Bancorquote bezog. Bei einem Zahlungsbilanzdefizit sollte die Bancorquote die 25 % nicht übersteigen, ansonsten hätte die ICU die Währung des verschuldeten Landes abwerten können. Bei überschreiten dieser Quote von mehr als 50 %, würde die ICU auf jeden eingreifen müssen: „das Land hätte zur Abwertung, zu einer veränderten Wirtschaftspolitik veranlasst werden können. Ein Teil seiner Gold- und Devisenreserven hätten zur Tilgung herangezogen, Kapitaltransaktionen hätten kontrolliert werden können.“ (vgl. Altvater, 1969 S. 47) . Bei einer Überschreitung der Quote von sogar 75 % wäre die ICU imstande gewesen, dass betreffende Land in Verzug zu setzen, d.h. dass die Partnerländer, die diesem Land Geld schulden, ihre Zahlungen nur noch über die Zentralestelle leiten dürften. Dieser Fall würde nur eintreten, wenn das betreffende Land diese Quote von 75 % innerhalb von zwei Jahren nicht zurücksetzen könnte (vgl. Aschinger, 1973 S. 21).

Ähnliche Maßnahmen wären auch für den Fall getroffen, wenn ein Land einen Zahlungsbilanzüberschuss vorweisen würde. Grundlegende Maxime des Keynes-Planes war es, länger ungenutzte Überschüsse automatisch aufzuheben, um die internationale Liquidität nicht zu gefährden bzw. stillzulegen. Jede währungstechnische Störung des Welthandels sollte dadurch verhindert werden. Die Überschussländer würden gezwungen sein zu importieren, um ihr Guthaben nicht verfallen zulassen, was für die USA ein unannehmbarer Zustand gewesen wäre (vgl. Altvater, 1969 S. 47) .

Grundsätze des amerikanischen White-Plans

Die Amerikaner litten bereits in den dreißiger Jahren unter dem Englischen Handelsblocken und unter der englischen Politik, da die englische Regierung die ertragreichsten Märkte, wie auch die Rohstoffe der Welt kontrollierten. Während und auch nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich die Machtstruktur der Welt. Die amerikanische Regierung übte immer mehr Einfluss auf andere Regierungen aus, somit forderten die Amerikaner nach dem Krieg ungehinderten Handel sowohl zu allen Märkten als auch zu den Rohstoffen.

Der Präsident der Vereinigten Staaten Franklin Delano Roosevelt erklärte, dass nach dem Zweiten Weltkrieg ein freier Handel notwendig sei, um den Frieden zu garantieren. Es sollte daher keine speziellen Handelsvereinbarungen geben, vor allem nicht zwischen dem britischen Königreich und seinen Kolonien. Natürlich war England nicht ohne weiteres bereit, die Handelsvereinbarungen aufzuheben, da diese sozusagen den Kern des Imperiums bildeten. Doch die USA, die nach dem Krieg die mit Abstand stärkste Wirtschaftsmacht waren, bestanden darauf, dass der Frieden Gleichberechtigung unter den Völkern verlange, die auch freien Handel umfasse. Die speziellen Handelsvereinbarungen Großbritanniens waren nach Ansicht der USA die Ursache für die Rückständigkeit der britischen Kolonien und da England auf die militärische Unterstützung der USA angewiesen war, blieb ihnen nichts anderes übrig, als der Atlantischen Charta zuzustimmen, die besagte, dass alle Länder auf derselben Basis Zugang zu den Märkten und Rohstoffen der Welt haben sollten, die sie für ihren wirtschaftlichen Wohlstand brauchten. In den USA war man sich sehr wohl bewusst, dass mit dem Kriegsende auch ihre blühende Kriegswirtschaft zu Ende geht und man dann vor dem Problem stehen würde, was mit all den zusätzlichen Produktionskapazitäten geschehen sollte. Es war offensichtlich, dass die USA die ausländischen Märkte brauchten, um ihre Überschussproduktion abzusetzen, damit Vollbeschäftigung und Wohlstand im Land auch weiterhin gewährleistet sein würden.

Aus Sicht der USA sollte die Konferenz von Bretton Woods zu folgenden Ergebnissen kommen: In der Nachkriegszeit sollte es freien Handel ohne Diskriminierung der amerikanischen Waren geben und ein günstiges Klima für US-Investitionen im Ausland geschaffen werden. Da die USA das einzige Land waren, das noch einen Überschuss an Waren für den Export hatte und auch als einziges Land über solide Rücklagen für Investitionen verfügte, die sich aufgrund der hohen Produktionsquoten während des Kriegsbooms angesammelt hatten, waren diese beiden Forderungen leicht zu erfüllen.

Aufgrund der Tatsache, dass die amerikanische Produktion während des Krieges so enorm zugenommen hatte und sich die USA daher von einem rohstoffexportierenden zu einem rohstoffimportierenden Land verwandelt hatte, war man darauf bedacht, einen ungehinderten Zugang der USA zu Rohstoffen zu gewährleisten, um auch weiterhin günstige Importe sicherzustellen.

Ausgehend von dieser Grundlage begann White mit der Planung der internationalen Finanzpolitik der Nachkriegszeit, die einen Zusammenbruch der Wechselkurse und des Geld- und Kreditsystems in Zukunft verhindern und den Wiederaufbau des Außenhandels sichern sollte. Ferner sollte eine große Menge an Kapital zur Verfügung gestellt werden, um Hilfestellung beim Wiederaufbau und für die Erholung der Wirtschaft zu ermöglichen (vgl. George, S./Sabelli, F, S. 27, Altvater, 1969 S. 48) .

Im Unterschied zum Keynes-Plan, der auf dem Prinzip eines geschlossenen Bankensystems basierte, baute der White-Plan auf einem internationalen Fonds auf, in den alle Mitgliedstaaten Beiträge einzuzahlen hatten und dessen Kreditvolumen durch diese Beiträge sowie durch eventuelle Anleihen beschränkt wurden. Je nach den besonderen Umständen eines eventuellen Mitgliedstaates sollten 10-25% dieser Einzahlung in Gold sein, 20-45% in nationalen Zahlungsmitteln und 50% in Schuldverschreibungen geleistet werden. Die Beitragsleistungen der einzelnen Mitgliedstaaten sollten auf Länderquoten basieren, die nach dem Volkseinkommen, den Währungsreserven und dem Außenhandel zu berechnen sind.

Vorgesehen war, dass Länder, deren Zahlungsbilanz sich im Defizit befand, einen Kredit vom Fonds erhielten, der ihrer Quote entspricht. Ein höherer Kredit sollte dann gewährt werden können, wenn das Land sich dazu verpflichtete, vom Fonds empfohlene Gegenmaßnahmen zur Herstellung des Zahlungsgleichgewichts anzunehmen.

Wie Keynes basierte auch White seinen Währungsplan auf einem System fester Währungsparitäten, jedoch mit Abänderungsmöglichkeiten, die grundsätzlich nur unter Zustimmung des Fonds durchgeführt werden konnten. Bei beiden Plänen sollte eine autonome Wechselkursänderung grundsätzlich untersagt sein.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Plänen bestand in der Rolle des Goldes. Bei White hatte das Gold die Funktion eines internationalen Reserve- und Zahlungsmittels und erhielt somit eine langfristige und zentrale Stellung im internationalen Zahlungsverkehr. Darin konnte man ganz deutlich die Interessen eines Landes (USA) erkennen, das über große Goldreserven verfügte (vgl. Aschinger, 1973, S. 22 ff.) .

Im Gegensatz zum Keynes-Plan, der durch die Einführung des Bancor-Systems das Gold praktisch entthront hätte, änderte die White-Lösung nichts an den strukturellen Verhältnissen des bisherigen Goldstandards.

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass die USA eher darauf bedacht waren, den Welthandel zu beleben und die Währungsstabilität sicherzustellen, während Großbritannien aufgrund seiner damaligen zerrütteten Wirtschaftslage anstrebte, die zu erwartende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die Wirtschaft im nationalen Bereich anzukurbeln. Daher lässt sich auch nachvollziehen, dass sich der amerikanische und der britische Plan im Grad des Freihandels unterscheiden.

Kurzer Vergleich der Unterschiede beider Pläne

Vergleicht man die beiden Pläne von White und Keynes, so ist festzustellen, dass die grundsätzliche Zielsetzung weitgehend gleich anzusehen ist, sich aber in der Verfahrensweise der Bewältigung der Aufgaben Unterschiede aufzeigen. Keynes System wird von Aschinger als revolutionär bezeichnet, da es versucht Zahlungsbilanzungleichgewichte auf dem Buchungsweg in einem geschlossenen multilateralen Verrechnungssystem zu finanzieren. Es wäre möglich gewesen, dass dieses Modell bisherige Reservesysteme redundant gemacht hätte. Der White-Plan hingegen verläuft eher in einer evolutionären Bahn, da er nur eine Ergänzung zum bestehenden Reservesystem anstrebte.

Des Weiteren unterscheiden sich beide Pläne bei der Stellung der Gläubigerländer, die bei White an den geringen Bestand der Fondsanlagen des jeweiligen Überschusslandes gebunden war, während bei Keynes nur direkte Grenzen auf der Schuldnerseite bestanden. Hier leiten sich die Kreditverpflichtungen aus der Summe der Schuldnergrenzen ab (vgl. Aschinger 1973, S. 23) . Keynes-Plan hätte bei seiner Einführung schon von Anfang an ein Verschuldungspotential von 26 Mrd. $ eingebracht, wohin gegen der White-Plan und sein vorgeschlagener Fond nur auf einen Anfangswert von 5 Mrd. $ gekommen wäre, wovon zudem nur die Hälfte eingezahlt werden würde. Würden die USA einen ständigen Zahlungsbilanzüberschuss erwirtschaften, wie in den Jahren zuvor, hätten die USA nach Keynes-Plan fast die gesamten Ziehungsrechte (Verschuldungspotenzial) anderer Länder finanzieren müssen, die sich auf 23 Mrd. $ beliefen. Nachdem White-Plan würden die gesamten Ziehungsrechte sich auf bescheidene 5 Mrd. $ belaufen, wobei die Vereinigten Staaten eine Verpflichtung von 2 Mrd. $ zutragen hätten (vgl. Eichengreen, 2000 S.136-137) .

Ferner stellte die Rolle des Goldes einen weiteren grundlegenden Unterschied dar. Für White war Gold das zentrale Element im internationalen Zahlungsverkehr, während Keynes durch das Bancor-System vor allem einen Verrechnungsmechanismus ohne Gold schaffte, praktisch dem Gold seine Vormachtstellung beraubte, was einem Land, wie der USA mit Sicherheit nicht gefallen hätte, da sie mit beträchtlichen Goldreserven ausgerüstet war. Dementsprechend befürwortete die amerikanische Regierung die Pläne des Wirtschafts-wissenschaftler und Ökonomen Harry Dexter White.

[...]

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Details

Titel
Die Auswirkung des Bretton-Woods-Systems in der geschichtlichen Entwicklung
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltung
Wirtschaftspolitik
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
55
Katalognummer
V55890
ISBN (eBook)
9783638507271
ISBN (Buch)
9783656771197
Dateigröße
592 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auswirkung, Bretton-Woods-Systems, Entwicklung, Wirtschaftspolitik, Weltwährungssysteme, Goldstandard
Arbeit zitieren
Markus Büter (Autor:in), 2005, Die Auswirkung des Bretton-Woods-Systems in der geschichtlichen Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55890

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