Frauen in Arbeitsmarkt und Wohlfahrtsstaat. Vergleich zwischen Schweden und Deutschland


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

35 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Rahmen
2.1 Wohlfahrts-Regime
2.2 Feministische Kritik und Gender Regime
2.3 Wohlfahrtsstaat Schweden
2.4 Wohlfahrtsstaat Deutschland

3. Geschlechtergerechtigkeit des deutschen und schwedischen Arbeitsmarktes
3.1 Arbeitsmarktintegration
3.1.1 Beschäftigungsquoten
3.1.2 Arbeitslosigkeit
3.2 Qualität der Erwerbstätigkeit
3.2.1 Einkommensunterschiede
3.2.2 Geschlechtliche Segregation
3.2.3 Atypische Beschäftigung

4. Wohlfahrtsstaatliche Anreize und Resriktionen
4.1 Steuerpolitik
4.2 Mutterschutz und Elternzeit
4.3 Finanzielle Leistungen
4.4 Kinderbetreuung

5. Schlussbetrachtung

III Literaturverzeichnis

II Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: Frauen-Beschäftigungsrate und Gender Gap in Abhängigkeit der Kinderzahl (2000)

Tabelle 2: Geschlechtsspezifisches Lohngefälle Deutschland und Schweden (2002)

Abbildung 1: Geschlechtersegregation nach Berufen und Wirtschaftszweigen (2000)

Abbildung 2: Frauen in Teilzeitarbeit 2003 Deutschland und Schweden (in % von allen Frauen)

Abbildung 3: Frauen und Männer mit befristeten Verträgen Europa (2000)

Abbildung 4: Gewünschte und tatsächliche Erwerbsmuster von Paarhaushalten mit Kindern unter

sechs Jahren in Deutschland und Schweden (1998)

Abbildung 5: Besuch von Betreuungseinrichtungen von Klein- und Kindergartenkindern (2001)und

ganztägige Betreuung von Grundschülern (1995/1996) in % der gleichaltrigen Kinder 25

1. Einleitung

„Die gesellschaftlich wichtigste Brücke zwischen Familie und Arbeitswelt schlägt am Ende des zwanzigsten, des ‚sozialpolitischen Jahrhunderts’ (Ralf Dahrendorf) die Sozialpolitik.“ (Opielka 2002: 2)

Seit den 70er Jahren hat sich die Rolle der Frau in der westlichen Welt stark gewandelt. Besonders Bildungsexpansion und zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen haben Veränderungen der domi­nierenden Leitbilder des Geschlechterverhältnisses hervorgerufen. Das lebenslange oder auch zeit­weilige Hausfrauendasein wird von der Vorstellung abgelöst, dass sich auch Frauen auf dem Ar­beitsmarkt verwirklichen. Viele Frauen sind neben ihrem Mutterdasein erwerbstätig, was oft zu einer Doppelbelastung führt, da das Engagement der Väter für Familien- und Haushaltsarbeit mit der Emanzipation der Frauen nicht Schritt gehalten hat. Aufgrund dieser Doppelbelastung stehen Frauen daher oftmals vor der Entscheidung entweder berufstätig zu sein oder Kinder zu haben. Einige verzichten auf Arbeit und andere auf Kinder.

Doch dies ist nicht nur im Sinne der Gleichberechtigung der Geschlechter von Nachteil sondern ge­rade in Zeiten niedriger Geburtenraten ist diese Entwicklung für den Wohlfahrtsstaat gefährlich. Prognosen sagen eine Verringerung des Erwerbspersonenpotentials in Deutschland von einem Drittel in den nächsten fünfzig Jahren voraus (vgl. Eichhorst/ Thode 2002: 7). Eine immer kleinere Zahl von Einzahlern in die deutschen Sozialversicherungssysteme steht einer immer größe­ren Zahl von Leistungsbeziehern gegenüber, was die Krise des Wohlfahrtsstaates verstärken wird. Die entstehenden Engpässe auf dem Arbeitsmarkt werden zudem bedeutende Konsequenzen für die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft haben. Der Anteil der Erwerbspersonen muss also lang­fristig erhöht werden. Zum einen durch Zuwanderung und zum anderen durch Integration von Er­werbspersonen die bisher unzureichend am Arbeitsmarkt präsent sind, neben älteren Arbeitnehmern vor allem Frauen.

In den skandinavischen Ländern ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen wesentlich höher als in Deutschland. Dies gilt jedoch genauso für die Geburtenrate, die in den skandinavischen Ländern um ein Drittel höher ist (vgl. Thode7 Eichhorst 2002: 3) . Hier scheint es zu gelingen, Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren ohne dass sie dabei auf Kinder verzichten müssen.

Arbeitsmarkt und Wohlfahrtsstaat beeinflussen sich gegenseitig, insbesondere was die Integration von Frauen in die Erwerbstätigkeit angeht. Zudem er­hält der Arbeitsmarkt seine Bedeutung für die Wohlfahrtsproduktion durch die Tatsache, dass er neben Familie und Staat einer der wichtigsten Hauptschauplätze ist, in dem die individuellen Lebens­bedingungen und damit die Kriterien des individuellen Wohlergehens bestimmt werden und im Sinne der Gleichberechtigung der Geschlechter Frauen und Männer gleichen Zugang zum selben haben sollten.

Als Paradebeispiel für Gleichstellung der Geschlechter in Gesellschaft und Arbeitsmarkt gilt Schwe­den, neben den anderen skandinavischen Ländern. „Nach wie vor ist Esping-Andersen davon überzeugt, die kontinentaleuropäischen könnten und sollten von Schweden lernen (...)“ (Ostner 1998: 227) auch im Bezug auf die Gleichberechtigung von Männern und Frauen. „Die Schweden sind besessen von der Idee der Gleichstellung der Geschlechter.“ (Veil 2003: 12). Dies spiegeln zahlreiche familienpolitische Insti­tutionen wieder. Insbesondere ist hier eine flächende­ckende Kinderbetreuung und Altenpflege ge­währleistet. Was gleichzeitig den Nebeneffekt hat, dass der Dienstleistungssektor ausgebaut wird, was wiederum Arbeitsplätze schafft. Doch die Kri­tiker des schwedischen Modells sehen genau hier ein Problem. Auf den gering entlohnten Dienst­leistungs-Arbeitsplätzen finden sich überwiegend Frauen womit sich die Frage stellt ob der vermeintliche Vorsprung der Gleichstellung in Schweden nur ein quantitativer ist und auf Kosten der Qualität der Erwerbstätigkeit von Frauen entsteht.

Nach einer Erörterung des Wohlfahrts-Regime-Konzeptes von Esping-Andersen und einer Gegen­überstellung der feministischen Kritik, mit Vorschlägen zur Klassifizierung von Wohlfahrtsstaaten nach Gendergesichtspunkten, sollen Deutschland und Schweden gegenübergestellt werden. Nach einer Analyse der Quantität und Qualität der Erwerbsintegration von Frauen, werden Anreize bzw. Fehlanreize der Wohlfahrtspolitik von Schweden und Deutschland diskutiert.

2. Theoretischer Rahmen

2.1 Wohlfahrts-Regime

Es gibt verschiedene Konzeptionen, Wohlfahrtsstaaten zu analysieren und zu klassifizieren. Eines der bedeutends­ten der aktuellen Wohlfahrtsstaatsforschung ist das Konzept wohlfahrts­staatlicher Regime von Esping-Andersen.[1] Im Sinne Esping-Ander­sens sind sie „spezi­fische Formen des institutionellen Umgangs fortgeschrittener kapitalisti­scher Gesellschaften der westlichen Welt mit den ineinander verflochtenen Prob­lem­komplexen gesellschaftlicher Arbeit und sozialer Sicherheit“ (Lessenich/ Ostner 1998: 11). Die Regime haben sich jeweils aus der historischen politischen Kräftekonstellation während des Auf­baus der Wohlfahrtsstaaten und der Ent­stehungsgeschichte derselben konstituiert. Esping-Andersen setzt einen Fokus auf die Gewährung sozialer Rechte im Wohlfahrtsstaat die nach den Prinzipien der De-Kommo­difizierung, sozialer Stratifikation und dem Verhältnis von Markt, Staat und Familie[2] analysiert und kategorisiert werden (vgl. Esping-Andersen 1998: 35ff).

De-Kommodifizierung ist ein Kriterium für die Entkoppelung von Verteilungsfragen vom Marktmecha­nismus, also dafür, inwieweit der Wohlfahrtsstaat Optionen des Ausstiegs aus dem Ar­beitsmarkt aus gesundheitlichen, fami­liären oder altersbedingten Gründen bietet. Weiteres Klassifikations­prinzip ist Stratifizierung, das Verhältnis zwi­schen Staatsbürgerrechten und sozi­alen Klassen im Wohlfahrts­staat. Die zentrale Frage ist hier ob die wohlfahrts­staatliche Ord­nung Klassenunter­schiede zu über­winden sucht oder gar selber Stratifizierung fördert. Drittes Unter­scheidungs­kriterium ist die Frage nach der Rolle die Markt, Staat und Familie bei der Produktion sozialer Dienst­leistungen spielen, in welcher Sphäre Solidarität eingefordert wird.

Nach diesen Kriterien werden drei Wohlfahrtsregime unterschieden (vgl. Esping-Andersen 1998: 44ff):

Das liberale Regime, in dem De-Kommodifizierung gering ist, Klassenunterschiede gefördert und dem Markt zentrale Rolle bei der Wohlfahrtsproduktion eingeräumt wird, lässt sich vor allem in angel­sächsischen Nationen finden.

Im konservativen Regime, vor allem in Österreich, Frankreich, Deutschland und Italien zu fin­den, sind wohlfahrts­staatliche Leistungen vor allem auf Statuserhalt ausgelegt, De-Kommodi­fizierung spielt hier also nur eine mittlere Rolle

Das sozialdemokratische Regime, vor allem in den skandinavischen Ländern zu finden zeichnen sich durch Universalismus und starke de-kommodifizierende Rechte aus.

„Statt den Dualismus zwischen Arbeiterklasse und Mittelschicht hinzunehmen, strebten die Sozial­demokraten einen Wohlfahrtsstaat an, der Gleichheit auf höchstem Niveau (...) bieten sollte.“ (Esping-Andersen 1998: 45)

Das Konzept wohlfahrtsstaatlicher Regime ist ein wichtiger Fortschritt in der Wohlfahrtsstaats-forschung, da es wie kaum ein anderes einschlägiges Buch der Zeit, frischen Wind in die Wohl-fahrtsanalyse brachte (vgl. Ostner 1998:228). Doch bleibt es nicht unumstritten und hat besonders unter feministischem Blickwinkel einige Schwächen aufzuweisen.

2.2 Feministische Kritik und Gender Regime

Wesentlicher Kritikpunkt der feministischen Wohlfahrtsstaatsanalyse entzündet sich am Krite­rium der De-Kom­modifizierung als „Gütesiegel für Sozialstaaten“ (Ostner 1998: 231). So geht Esping-Andersen von kontinuierlicher Vollerwerbstätigkeit und damit verbundenen Rechten des Ausstiegs aus dem Arbeitsmarkt aus. Wesentliche Frage ist hier jedoch, ob Männer und Frauen überhaupt gleichberechtigt kommodifiziert, also in den (Arbeits-) Markt eingebunden sind bevor De-Kommo­difizierung überhaupt ein Gütekriterium sein kann.

„Diese [die Frauen] sind aber vor jeder De-Kommodifizierung nicht nur auf Dienstleistungen al­ler Art, die ihnen Familienaufgaben abnehmen, sondern auch auf Gleichbehandlungsmaß­nahmen im Arbeitsmarkt angewiesen, die ihre Verfügbarkeit dort erhöhen und jener der männ­lichen Kon­kurrenten angleicht.“ (Ostner 1998: 229)

Für Frauen ist Kommodi­fizierung also wesentlicher Wohlfahrtsindikator und De-Kom­modifi­zierung könne sich sogar als Exklusion mani­festieren (vgl. Kulawik 2005: 7).

So hat die feministische Wohlfahrtsstaatsforschung die These entwickelt, dass Regime weniger nach De-Kommo­difizierung als vielmehr nach ihrem Einfluss auf Unabhängigkeit der Frauen von Ehe und Familie unterschieden werden sollten (vgl. Veil 2003a: 1 f.). In diesem Zusammen­hang gibt es eine rege wissenschaftliche Diskussion und es wurden verschiedene Konzepte vor­ge­schlagen, Wohl­fahrtsstaaten unter Gender-Gesichtspunkten zu klassi­fizieren und sogenannte ‚Genderregime’ zu identifizieren[3].

Lewis und Ostner schlagen vor, Wohlfahrtsstaaten in ihrer Abweichung zu einem modellhaften „männlichen Er­nährermodell“, in dem Männer, mit Sozialleistungen ausgestattet, ihre abhängi­gen Frauen ernähren und diese wiederum unbezahlte Reproduktionsarbeit leisten, zu analy­sieren. So stellen Lewis und Ostner einen starken, einen modifizierten und einen schwachen Typus des männ­lichen Ernährermodells fest. Deutschland gehört nach dieser Klassifizierung zu den starken Ernäh­rermodellen in denen die Erwerbstätigkeit von Müttern und Frauen ver­gleichsweise niedrig ist und eine hohe weibliche Abhängigkeit von Sicherungsleistungen die der Mann erworben hat besteht. In Schweden und den anderen skandinavischen Ländern herr­sche hingegen ein schwaches männliches Ernährermodell. Hier weisen Mütter und Frauen hohe Erwerbsquoten auf, die Siche­rungssysteme gehen von einem geschlechtslosen Erwerbs-Eltern-Bürger aus, abgeleitete Siche­rungselemente gibt es kaum noch und Erziehungs­arbeit wird in diesen Ländern von umfassenden Sozialleistungen und staatlichen Dienstleistungen unterstützt. Der moderate Typ stellt einen Mit­telweg zwischen beiden Extremen dar (vgl. Kulawik 2005: 8).

[...]


[1] Vgl. hierzu auch Esping-Andersen, Gøsta 1990; The three Worlds of Welfare Capitalism, Cambridge und Esping-Andersen, Gøsta, 1998

[2] nach Ostner (1998: 7ff.) auch Wohlfahrtsdreieck

[3] vgl. hierzu u.a. Ostner/ Lewis 1994; Ostner 1995; Sainsbury 1996; Lewis 2003; Schunter-Kleemann 1992

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Frauen in Arbeitsmarkt und Wohlfahrtsstaat. Vergleich zwischen Schweden und Deutschland
Hochschule
Universität Osnabrück
Veranstaltung
Europäische Wohlfahrtsstaaten: International vergleichende Perspektiven
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
35
Katalognummer
V55677
ISBN (eBook)
9783638505659
ISBN (Buch)
9783656795605
Dateigröße
697 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Umfassende Arbeit mit zahlreichen Darstellungen und Tabellen.
Schlagworte
Frauen, Arbeitsmarkt, Wohlfahrtsstaat, Schweden, Deutschland, Wohlfahrtsstaaten, International, Perspektiven, Europa, Gender Mainstreaming, Gender
Arbeit zitieren
Cynthia Dittmar (Autor:in), 2005, Frauen in Arbeitsmarkt und Wohlfahrtsstaat. Vergleich zwischen Schweden und Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55677

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